Friedrich Baron de la Motte Fouqué
Aslauga's Ritter
Friedrich Baron de la Motte Fouqué

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Zehntes Kapitel.

»Ihr edlen Herren und Ritter, die Ihr gestern rühmlich gestritten habt um Eurer Waffen Preis und um der schönen Hildegardis Hand! Wohlauf! Wohlauf! Laßt Eure Rosse satteln und frisch in's Feld! Die schöne Hildegardis ist geraubt!«

So riefen im hellen Morgenrothe des nächsten Tages viele Herolde durch Burg und Stadt, und nach allen Seiten stäubte es hinaus von Rittern und edlen Knappen, auf alle Straßen fort, über welche noch jüngst im Abendlicht Hildegardis stolz und still ihre Freier heranreiten sah.

Zwei, die ihr wohl kennt, blieben auch jetzt unzertrennlich beisammen, aber ob sie nach der rechten Seite hintrabten, wußten sie so wenig, als alle Andere, denn wie und wann die gefeierte Herrin aus ihren Kammern habe verschwinden können, blieb dem ganzen Hofhalt ein furchtbares, ungelöstes Räthsel.

Edwald und Frode waren geritten, so lange die Sonne über ihren Häuptern hinzog, rastlos wie sie; jetzt, da sie in den Fluthen des Stromes versank, gedachten sie ihr den Preis abzugewinnen und spornten abermals ihre müden Rosse, aber die edlen Thiere schwankten und stöhnten, und man mußte sich schon entschließen, ihnen einige Erholung auf einem grasigen Anger zu gönnen. Sicher, sie mit dem ersten Ruf zu sich heranzulocken, nahmen ihnen die Ritter Zügel und Trense ab, damit sie sich mit der Weide und dem frischblauen Trank der Maineswellen erquicken mochten, während die Herren selbst unter den Zweigen eines nahen Erlengebüsches ruhten.

Und tief in den kühl dunkeln Schatten erglomm es wie ein mildes, aber starkfunkelndes Licht und hemmte Frode's Worte, der eben jetzt seinem Freunde Kunde von seiner Ritterschaft im Dienste der hohen Herrin Aslauga geben wollte, früher durch Edwalds Gram und nachher durch dessen reisige Ungeduld davon zurückgehalten. Ach, dies zarte, liebliche Goldlicht kannte Frode wohl! – »Laß uns ihm folgen, Edchen,« sagte er leise, »und gönne den Rossen derweil ihre Weide und ihren Trank.« – Edwald that schweigend, wie ihm sein Waffenbruder rieth. Eine Ahnung, halb süß, halb schaurig, verkündete ihm, hier gehe der Weg zu Hildegarden und zwar der einzig rechte Weg. Nur einmal sagte er staunend: »ich habe das Abendroth noch nie so wunderlieblich auf den Blättern leuchten sehen.« – Frode schüttelte lächelnd sein Haupt, und sie verfolgten stumm ihren heimlichen Pfad.

Als sie auf der andern Seite des Erlengehölzes herauskamen, gegen die Ufer des Maines hin, welcher es durch eine Wendung fast umschloß, sahe Edwald wohl, daß ein anderer Schein als der des Abendlichtes ihnen leuchte, denn schwarz und wolkig stand bereits die Nacht am Himmel, und der leitende Schimmer hielt am Strande des Flusses still. Die Wellen wurden davon genugsam erhellt, daß man einen kleinen waldigen Inselberg in ihrer Mitten wahrnehmen konnte und einen Nachen, diesseits an einem Gehäge festgebunden. Aber näherkommend sahen die Ritter noch mehr: eine Reiterschaar, wunderlich und fremd gestaltet, Alles schlafend, und in deren Mitte auf Polstern schlummernd eine Frauengestalt in weißen Gewändern.

»Hildegardis,« lächelte Edwald mit kaum vernehmlichem Laut in sich hinein. Und zugleich zückte er sein Schwert, sich schlagfertig haltend, dafern die Entführer erwachen möchten, und winkte Froden, die schlafende Herrin aufzuheben und in Sicherheit zu bringen. Aber im selben Augenblicke schwirrte etwas wie eine Eule über die finstre Rotte hin, und rasselnd fuhr Alles empor und mit häßlichem Geheul zu den Waffen. Ein wüster, ungleicher Kampf erhub sich in der tiefen Dunkelheit, denn verschwunden war jener leuchtende Schimmer; Frode und Edwald wurden auseinander gedrängt und vernahmen nur noch fern herüber Einer des Andern muthigen Kampfesruf; Hildegardis, aus ihrem Zauberschlummer aufgeschreckt, nicht wissend, ob sie wache oder träume, floh mit verwilderten Sinnen und bitterlich weinend in die tiefsten Schatten der Erlen hinein.

 


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