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Nach Amerika

Auch die Neue Welt hat Brehm kennen gelernt, freilich nur flüchtig und nicht als Forscher in Wasserstiefeln, Jagdjoppe und Lodenhut, sondern als Vortragsredner in Lackschuhen, Frack und Oberhemd. Er hat wohl keine seiner Auslandreisen so schweren Herzens angetreten wie gerade diese, die seine letzte sein sollte, hatte doch der Würgengel Diphtheritis in seinem stillen, rosenumhegten Heim in Renthendorf seinen Einzug gehalten und alle fünf Kinder ergriffen. Eine hohe Geldstrafe wäre beim Nichteinhalten des Vertrages zu zahlen gewesen, und der Arzt glaubte die beruhigendsten Versicherungen geben zu dürfen. In der Tat genasen vier von den Kindern, aber als Brehm seinen Fuß auf den amerikanischen Boden setzte, traf ihn wie ein Keulenschlag die niederschmetternde Nachricht, daß sein Liebling, der jüngste Sohn, das letzte Vermächtnis der unvergeßlichen Lebensgefährtin, der tückischen Krankheit erlegen sei. Tief erschüttert erledigte er fast mechanisch die schwere Arbeit von 50 Vorträgen, mit echt amerikanischer Rücksichtslosigkeit vorwärtsgepeitscht von seinem unbarmherzigen Manager, bis ihn schließlich im Mississipa-Tale die alte Malaria, der die seelische Aufregung vorgearbeitet haben mochte, niederwarf. Als ein an Körper und Seele gebrochener Greis mit grauem Haar und trübem Blick kehrte er zurück. Schon am 11. November 1884 erlöste den erst 55jährigen ein Schlaganfall von weiteren Leiden. In seinem geliebten Renthendorf hat man den Rastlosen an der Seite des Vaters zur letzten Ruhe bestattet. Der schlichte Grabhügel wölbt sich über einem Edelmenschen im vornehmsten Sinne des Wortes, über einem Manne, auf den sein Vaterland mit Recht stolz sein darf.


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