Johann Gottlieb Fichte
Einige Vorlesungen über die Bestimmung des Gelehrten
Johann Gottlieb Fichte

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Siebente Vorlesung.

Vom vollendeten Gelehrten im Allgemeinen.

Der rechtschaffene Gelehrte denkt seine Bestimmung, des göttlichen Begriffes von der Welt theilhaftig zu werden, – als den Gedanken der Gottheit von ihm; und hierdurch wird sowohl seine Person als sein Geschäft ihm über alles ehrwürdig und heilig, und diese Heiligkeit zeigt sich in allen seinen Aeusserungen: dies ist der Hauptgedanke, bei welchem wir stehen.

Wir haben bisher gesprochen von dem angehenden Gelehrten, dem Studirenden, und gesehen, wie die Ueberzeugung von der durch jene erhabene Bestimmung erhaltenen Würde seiner Person sich in seinem Leben ausspreche. Wie seine Ueberzeugung von der Heiligkeit der Wissenschaft auf sein Studiren einfliesse, haben wir schon in einer der früheren Vorlesungen bemerkt; und es ist nicht nöthig, über diesen Punct noch etwas hinzuzufügen.

Es ist dies umsoweniger nöthig, da in den Erscheinungen und Aeusserungen des Studirenden die Achtung für die Wissenschaft ganz zunächst und vorzüglich in der zweckmässigen Ansicht und Heiligung seiner Person sich zeigt und in derselben aufgeht: was bei dem vollendeten Gelehrten sich anders verhält. In dem angehenden Gelehrten soll die Sache, welche er anstrebt, die Idee, eine Gestalt und ein eigenthümliches Leben erst gewinnen; sie hat es noch nicht. Der Studirende besitzet noch nicht unmittelbar, noch durchdringet er die Idee: er verehret sie nur in ihrer Verborgenheit, und erfasset sie nur vermittelst seiner Person, als dasjenige, wozu diese sich erheben und von ihm ergriffen werden soll. Er kann noch nichts unmittelbar für sie thun; nur mittelbar kann er für sie leben, indem er seine Person, als ihr bestimmtes Werkzeug, ihr weihet und heiliget, und dieselbe rein erhält an Sinn und Geiste, überzeugt, das jede Unreinigkeit sie für diesen Zweck verderbe und zerstöre; indem er sich ganz ihrer Wirksamkeit hingiebt, und mit unermüdetem Fleisse alles dasjenige treibt und thut, was ein Mittel werden kann, dass diese Idee in ihm sich entwickele. Anders verhält es sich mit dem vollendeten Gelehrten. So gewiss er dies ist, hat die Idee in ihm ihr eigentümliches und selbstständiges Leben begonnen; sein persönliches Leben ist nun wirklich in dem Leben der Idee aufgegangen und in demselben vernichtet, welche Selbstvernichtung in der Idee von dem Studirenden nur angestrebt wurde. So gewiss er ein vollendeter Gelehrter ist, giebt es für ihn gar keinen Gedanken mehr an seine Person, sondern sein sämmtliches Denken geht immerfort auf im Denken der Sache. Und so giebt mir denn die zuerst gemachte Eintheilung in die Heiligkeit der Person, und die des Geschäftes, zugleich einen Uebergangspunct von der Betrachtung des angehenden Gelehrten zu dem vollendeten, dessen Bild neben das Bild des Studirenden zu stellen ich aus den ehemals angeführten Gründen mir vorgenommen.

Wir haben bisher den angehenden Gelehrten grösstentheils betrachtet, als den auf einer Universität studirenden, und beide Begriffe sind in unserem bisherigen Gebrauche derselben fast gänzlich zusammengefallen. Erst jetzt, da wir den Studirenden von der Akademie in das Leben zu begleiten gedenken, wird es Zeit zu erinnern, dass das Studiren und der Zustand des erst angehenden Gelehrten sich nicht nothwendig mit dem Aufenthalte des jungen Mannes auf der Akademie schliesse; ja wir werden tiefer unten einen Grund einsehen, um dessen willen in der Regel erst nach den Universitätsjahren das Studiren recht eigentlich anhebt. So viel aber bleibt richtig, und steht als Resultat des bisherigen fest, dass derjenige Jüngling, der nicht wenigstens auf der Universität vom Respecte für die Heiligkeit der Wissenschaft ergriffen worden, und nicht wenigstens da seine Person schon in dem Grade achten gelernt, dass er sie für jene hohe Bestimmung nicht verdorben, späterhin niemals eine Ahndung von der Würde der Wissenschaft bekommen wird; und, was er auch einst im Leben treiben möge, es treiben wird, wie ein gemeines Handwerk, und mit den Gesinnungen eines Söldlings, der bei seiner Arbeit keine höhere Aussicht hat, als auf die Bezahlung, die er dafür erhalten wird. Von diesem noch weiter zu reden, liegt ausserhalb der Grenzen dieser Betrachtungen.

Welchem Studirenden aber die Ueberzeugung aufgegangen, dass der eigentliche Zweck seines Studirens verfehlt sey, wenn nicht die Idee in ihm eine innere Gestalt und ein selbstständiges Leben bis zur höchsten Fertigkeit ausbilde, derselbe wird mit seinem Abgange von der Universität sein Studiren und seine wissenschaftlichen Uebungen keinesweges schliessen. Selbst falls er durch äussere Gründe genöthigt würde, ein bürgerliches Geschäft zu übernehmen, wird er alle an ihm zu ersparende Zeit und Kraft der strengeren Wissenschaft widmen, und kein Mittel höherer Ausbildung, das ihm dargeboten wird, sich entgehen lassen: noch nebenbei versichert, dass selbst zur Betreibung seines Geschäftes die fortgesetzte Schärfung seines Geistes an ernster Wissenschaft ihm sehr erspriesslich seyn werde. Rastlos wird er, selbst im glänzenden Amte stehend, selbst in die reiferen Jahre gekommen, streben und arbeiten, sich der Idee zu bemächtigen; niemals, so lange ihn seine Kraft noch hoffen lässt, die Hoffnung aufgebend, mehr zu werden, als er dermalen ist. Ohne dieses rastlose Fortarbeiten würde manches wahrhaft grosse Talent verlorengegangen seyn; denn in der Regel entwickelt ein grosses wissenschaftliches Talent, je mehr inneren Gehalt und Gediegenheit es hat, sich desto langsamer, und die innere Klarheit desselben erwartet das reifere Aller und die männliche Kraft.

Welchen Studirenden tiefer Respect für die Heiligkeit des Gelehrten-Berufes ergriffen, den wird dieser Respect in der Wahl seines bürgerlichen Berufes leiten; von dem eigentlichen Gebiete desselben, falls er nicht mit innigster Ueberzeugung die Tüchtigkeit dazu in sich fühlt, durch die Verehrung desselben zurückgehalten, wird er ein untergeordnetes Geschäft für sich wählen. Ein untergeordnetes gelehrtes Geschäft aber ist ein solches, dem die zu erreichenden Zwecke durch einen anderen bis zur Erkenntniss der Idee ausgebildeten Verstand aufgegeben worden, und in welchem die beim Studiren, als einem Streben nach der Idee, nebenbei erworbenen Fertigkeiten bloss als Mittel für die Erreichung jener von aussen her gegebenen Zwecke gebraucht werden. Er selbst für seine Person wird dadurch nicht zum Mittel herabgewürdigt, dagegen sichert ihn seine vom Leben überhaupt gewonnene Ansieht auf immer; er dient im Geiste und in der Gesinnung lediglich Gott, und befördert, nur unter der Leitung seines Oberen, welchen er die ihm ertheilten Aufträge und die Absichten derselben verantworten lässt, Gottes Zwecke mit den Menschen, welche alles menschliche Treiben im Auge behalten muss. – So verfährt er ganz gewiss in der Wahl seines bürgerlichen Berufes, so gewiss er schon in der Jugend von Achtung für die Würde des eigentlichen Gelehrten-Geschäftes ergriffen worden. Ohne inniges Bewusstseyn des Besitzes der angemessenen Kraft und Ausbildung dieses übernehmen, heisst dasselbe entheiligen, und ist Rohheit und Gewissenlosigkeit zugleich. Auch kann er über diesen Punct unmöglich sich im Irrthume befinden; denn so gewiss er auch nur seine Universitätsjahre zweckmässig verlebt hat, ist das Würdige denn doch sicher in irgend einem Grade ihm in die Augen gefallen, und er hat einen Maassstab erhalten, an dem er sich messen kann. Wenn ein gewissenhaftes Studiren auf der Universität auch nur den einzigen Vortheil gewährte, dass es den Jüngling mit einem Bilde der würdigen Verwaltung des Gelehrten-Berufes für sein Leben ausstattete, und jeden, dem die Kraft dazu nicht verliehen ist, aus dieser Sphäre zurückscheuchte, so würde schon dadurch der Vortheil des Studirens gross und höchst wichtig.

Was ein untergeordnetes gelehrtes Geschäft sey, ist soeben im Allgemeinen angegeben worden; man bedarf zu dessen Verwaltung keinesweges des unmittelbaren Besitzes der Idee, sondern nur der im Streben darnach erworbenen Kenntnisse. Es versteht sich, dass es auch hierin wieder höhere und niedere Grade gebe, je nachdem das Geschäft eine grössere oder geringere Masse von Kenntnissen erfordert, und dass der gewissenhafte Mann auch in dieser Rücksicht nichts über seine Kräfte Gehendes übernehmen werde. Es ist nicht nothwendig, dass wir diese untergeordneten gelehrten Geschäfte noch ins besondere angeben. – Der höhere und eigentliche Gelehrten-Beruf lässt in allen seinen besonderen Arten erschöpft sich angeben; und es ist sodann leicht diese Folgerung zu machen: alles dasjenige, was von studirten Männern getrieben zu werden pflegt, das in jenem erschöpfenden Verzeichnisse des höheren Gelehrten-Berufes nicht vorkommt, sondern dadurch ausgeschlossen wird, ist untergeordnetes Gelehrten-Geschäft. Wir haben sonach nur jenes erschöpfende Verzeichniss aufzustellen.

Schon in unserer ersten Vorlesung haben wir das Leben desjenigen, in welchem die gelehrte Bildung ihren Endzweck erreicht hat, bestimmt charakterisirt: sein Leben ist selbst das Leben der die Welt fortschaffenden und von Grund aus neu gestaltenden göttlichen Idee innerhalb der Welt. Ebendaselbst ist angegeben worden, dass dieses Leben in zweifacher Form vorkommen könne, entweder nemlich im wirklichen äusseren Leben und Wirken, oder im blossen Begriffe, welches zwei verschiedene Hauptgattungen des eigentlichen Gelehrten-Berufes giebt. Die erste Gattung befasst alle diejenigen, welche selbstständig und nach ihrem eigenen Begriffe die menschlichen Angelegenheiten zu leiten haben, und stets zu neuer, der fortschreitenden Zeit angemessener Vollkommenheit zu erheben, welche die gesellschaftlichen Verhältnisse der Menschen unter einander, so wie das Verhältniss des Ganzen zur willenlosen Natur, ursprünglich und als letztes und höchstes freies Princip anordnen; nicht bloss solche, welche auf der höchsten Stufe als, Könige oder unmittelbare Räthe der Könige stehen, sondern alle ohne Ausnahme, welche entweder für sich allein, oder in Verbindung mit anderen über die ursprüngliche Anordnung jener Angelegenheiten selbst zu denken, selbst zu urtheilen, und etwas Geltendes zu beschliessen, das Recht und den Beruf haben. Die zweite Gattung befasst die eigentlichen und vorzugsweise also genannten Gelehrten, deren Beruf es ist, die Erkenntniss der göttlichen Idee unter den Menschen zu erhalten, dieselbe immerfort zu höherer Klarheit und Bestimmtheit zu erheben, und sie in dieser sich stets verjüngenden und verklärenden Gestalt von Geschlechte zu Geschlechte fortzupflanzen. Die ersteren greifen geradezu ein in die Welt, und sind der unmittelbare Berührungspunct Gottes mit der Wirklichkeit; die letzteren sind die Vermittler zwischen der reinen Geistigkeit des Gedankens in der Gottheit, und der materiellen Kraft und Wirksamkeit, welche dieser Gedanke durch die ersteren erhält, die Bildner der ersten, und das bleibende Unterpfand für das Menschengeschlecht, dass es stets Männer dieser ersten Gattung geben werde. Keiner kann wahrhaft das Erste seyn, ohne erst das Zweite gewesen zu seyn, und ohne es fortdauernd zu bleiben.

Die zweite Gattung zerfällt wieder in zwei Unterarten, nach der Weise der Mittheilung ihrer Begriffe von der Idee. Entweder nemlich ist ihr nächster Zweck der, durch unmittelbare und persönliche freie Mittheilung ihrer idealen Begriffe, in künftigen Gelehrten die Fähigkeit auszubilden, dass sie selber durch sich selbst die Idee fassen und begreifen; sie sind Gelehrten-Erzieher, Lehrer an niederen oder höheren Schulen, – oder sie legen ihren Begriff von der Idee in einer vollendeten und abgeschlossenen Bearbeitung hin für diejenigen, welche zur Fähigkeit, dieselbe zu fassen, sich schon gebildet haben. Dieses geschieht gegenwärtig durch Schriften; also sie sind Schriftsteller.

Die jetzt genannten Gattungen und Klassen, deren verschiedene Geschäfte nicht gerade an verschiedene Personen ausgetheilt werden müssen, sondern gar füglich auch in einer und ebenderselben Person sich vereinigen können, befassen die wahren eigentlichen Gelehrten, und drücken aus den Gesammtberuf derjenigen, in denen die gelehrte Bildung ihren Endzweck erreicht hat. Jedes andere Geschäft, wie es immer Namen haben möge, das von Studirten, welche man auch durch diese Benennung von den eigentlichen Gelehrten unterscheiden könnte, getrieben zu werden pflegt, ist ein untergeordnetes Gelehrten-Geschäft. Der Studirte bleibt bei diesem stehen, bloss deswegen, weil er durch sein Studiren nicht zum Gelehrten geworden ist, die dennoch aber bei dieser Gelegenheit erlangten Fertigkeiten und Kenntnisse in diesem Geschäfte eine nützliche Anwendung finden. Es ist durchaus nicht der Zweck der Gelehrten-Bildung Subalterne zu erziehen, und Niemand soll auf den Subalternen-Dienst hinstudiren; denn es könnte ihm sodann begegnen, dass er sogar diesen Zweck nicht erreichte. Nur weil vorauszusehen war, dass die Mehrheit der Studirenden ihres eigentliches Zweckes verfehlen würde, hat man subalterne Geschäfte auch für Studirte bestimmt. Dem Subalternen wird der Zweck seines Geschäftes durch einen fremden Verstand gegeben; er bedarf der Beurtheilung nur über die Wahl der Mittel , und in Absicht der Zwecke des pünktlichsten Gehorsams. Die anerkannte Heiligkeit des eigentlichen Gelehrten-Berufes hält jeden gewissenhaften Studirten, der sich des Besitzes der Idee nicht bewusst ist, von der Uebernehmung desselben zurück, und verbindet ihn, sich mit einem untergeordneten Geschäft zu bescheiden; dieses und nichts mehr hatten wir über ihn zu sagen, da sein Geschäft kein eigentliches Gelehrten-Geschäft ist. Wir-überlassen ihn dem sicheren Geleite der allgemeinen Rechtschaffenheit und Pflichttreue, die schon während seines Studirens die innigste Seele seines Lebens geworden.

Dieser beweiset durch die Verzichtleistung auf den eigentlichen Gelehrten-Beruf, dass er denselben für heilig halte; wer mit Rechtschaffenheit und gutem Gewissen in irgend einer Art und Gattung diesen Beruf übernimmt, zeigt durch sein Thun und ganzes Leben, dass er ihn für heilig hält. Wie diese Anerkennung des Heiligen insbesondere in jeder besonderen Art und Gattung des Gelehrten-Berufes, dessen Gattungen wir vollständig angegeben haben, sich zeige, davon werden wir nach der Reihe in den künftigen Vorlesungen reden. Heute wollen wir nur noch angeben, wie sie im Allgemeinen, immer sich gleichbleibend bei der Verschiedenheit der Gattungen, sich äussere und offenbare.

Der würdige Gelehrte will kein anderes Leben und Wirken haben, sich gestatten und an sich dulden, ausser dem unmittelbaren Leben und Wirken der göttlichen Idee in ihm. Dieser unveränderliche Grundsatz durchdringt und bestimmt nach sich innerlich sein ganzes Denken; derselbe Grundsatz durchdringt und bestimmt nach sich äusserlich sein Handeln. Was zuvörderst das erste betrifft, da er durchaus keine Regung in sich und an sich duldet, die nicht unmittelbar sey Regung und Leben der göttlichen Idee, die ihn ergriffen hat, so wird begleitet sein ganzes Leben von dem unerschütterlichen Bewusstseyn, dass es einig sey mit dem göttlichen Leben, dass an ihm und in ihm Gottes Werk vollbracht werde, und sein Wille geschehe; er ruhet darum auf demselben mit unaussprechlicher Liebe und mit der unzerstörbaren Ueberzeugung, dass es recht sey und gut. Hierdurch wird nun sein Blick überhaupt geheiliget, verklärt und religiös; in seinem Innern geht ihm die Seligkeit auf, und in ihr stete Freudigkeit, Ruhe und Stärke: alles auf dieselbe Weise, wie dieses auch der ungelehrte, ja der allerniedrigste im Volke, durch treue Ergebung in Gott, und durch redliche Erfüllung seiner Pflichten, als göttlichen Willens, gleichfalls sich erwerben und gemessen kann; so dass daher dies keinesweges eine Eigenthümlichkeit des Gelehrten ist, und dasselbe hier nur in der Bedeutung angemerkt wird, dass er dieser religiösen Ansicht seines Lebens gleichfalls theilhaftig sey, und derselben theilhaftig werde auf dem angezeigten Wege. –

Jener Grundsatz durchdringt äusserlich das Handeln des wahren Gelehrten. Er hat mit diesem Handeln niemals noch einen anderen Zweck ausser dem, seine Idee auszudrucken, und die erkannte Wahrheit darzustellen in Werk oder Wort. Keine persönliche Rücksicht auf sich selbst oder andere treibt ihn zu thun, was nicht durch diesen Zweck gefordert wird; keine solche Rücksicht hält ihn zurück, so dass er irgend etwas durch diesen Zweck gefordertes unterlasse, Seine Person und alle Persönlichkeit in der Welt ist ihm schon vorlängst verschwunden, und rein aufgegangen in dem Anstreben der Verwirklichung der Idee. Nur die Idee treibt ihn, und wo sie ihn nicht treibt, da ruht er und bleibt unthätig. Er übereilt nichts, von Unruhe und Rastlosigkeit getrieben, welche Erscheinungen zwar wohl Vorbedeutungen einer sich entwickelnden Kraft seyn können, niemals aber bei der wahrhaft entwickelten, reifen und männlichen Kraft angetroffen werden. Ehe nicht die Idee ihm klar und lebendig, bis zum Worte oder zur That vollendet und abgerundet da steht, treibt ihn nichts zur Thätigkeit: die Idee treibt ihn ganz und bemächtigt sich aller seiner Kraft, füllt aus alles sein Leben und Streben. Er setzt immer und ununterbrochen sein ganzes persönliches Daseyn, das er bloss und lediglich als Werkzeug derselben betrachtet, an derselben Ausführung.

Möchte ich nur über diesen einzigen, nunmehro von allen Seiten berührten und angeregten Punct Ihnen verständlich werden und Sie überzeugen. Was der Mensch auch immer thun möge, so lange er es aus sich selber, als endliches Wesen, und durch sich selbst und aus eigenem Rathe thut, ist es nichtig, und zerfliesst in das Nichts. Erst wie eine fremde Gewalt ihn ergreift, ihn forttreibt, und statt seiner in ihm lebendig wird, kommt wirkliches und wahrhaftes Daseyn in sein Leben. Diese fremde Gewalt nemlich ist immer die Gewalt Gottes. Auf dessen Rath zu schauen, und diesem sich ganz hinzugeben, ist die einzige wahre Weisheit in jedem menschlichen Geschäfte, und darum ganz vorzüglich in dem höchsten, was dem Menschengeschlechte zu Theil wurde, im Berufe des wahren Gelehrten.


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