Anselm Feuerbach
Ein Vermächtnis von Anselm Feuerbach
Anselm Feuerbach

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Medea. Urteil des Paris

Rom, 25. Oktober 1869

»Ich bin in Arbeit an einem großen Bilde, welches ich bereits seit sechs Jahren in der Seele trage, und das sich durch verschiedene Perioden seines Daseins in meinem Kopfe allmählich bis zur Reife hindurch gearbeitet hat, nachdem es eine Reihe von Skizzen in Kreide, Aquarell und Öl glücklich passiert ist. Ich wünsche es nach Karlsruhe zu schicken; ein anderes steht im Entwurf, mit welchem ich zum drei- oder vierundzwanzigstenmal in Berlin anklopfen will. Weiter mag ich nicht sprechen. Sei des Erfolges sicher.«

November 1889

»Medea vor der Tat, Medea nach der Tat, Medea auf der Flucht am nächtlichen Meeresstrande, Medea als liebende Mutter, als mörderische Furie, im Schlaf, im Wachen, in Reue und Leid!

Das ist nun wieder ein Gegenstand, in den ich mich sozusagen verbissen habe, von dem ich nicht loskomme.

Am meisten dramatisch wirkt, glaube ich, unter all diesen Versuchen eine Skizze, auf der Medea als Flüchtende dargestellt ist, in Nacht und Sturm am Meeresufer, die aufgelösten Haare im Winde flatternd und einen Knaben an der Hand führend.

Dramatisch, ja dramatisch ist am Ende jede Einzelszene; ein Historienbild soll aber in einer Situation ein Leben darstellen, es soll vor- oder rückwärts deuten und in und auf sich selbst beruhen für alle Ewigkeit. Alte Geschichten, die jeden Tag neu werden!

Nun, Du weißt, daß die abgeklärte, die wirkliche große Medea jetzt auf der Leinwand steht. Alle kleinlichen Gedanken, die wie eine Sintflut über mich hereinbrechen wollten, habe ich hinter mich gelegt. Ich und mein Genius, das ist das Nächste.

Wie sollte es auch sonst werden? Alles, was die Menschen dem Künstler als Hochmut und Selbstüberschätzung auslegen, was ist es denn anders als Arbeitskraft und Arbeitsfreude; und wie sollte man ohne diese etwas zustande bringen, welches andern Kraft und Freude geben könnte?

Meine Vergangenheit war eine Kette kleinlichsten Hereinhackens, Dareinredens, Abhaltens. Dies hat jetzt aufgehört. Ich gehöre nur noch meiner Kunst.«


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