Anselm Feuerbach
Ein Vermächtnis von Anselm Feuerbach
Anselm Feuerbach

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Die Bilder für die Galerie des Herrn Grafen v. Schack

Juli 1863

»Ich habe Deinen Brief erhalten und bin wie neu geboren. Ich bin dem Geschick tief dankbar, daß die Pietà nicht reisen muß, sondern eine ehrenvolle Heimat in München erhält.

Gestern sind Zeichnungen, die seit 1857 geplante Francesca von Rimini, an Herrn Baron v. Schack abgegangen.

Ich war die letzte Zeit sehr angegriffen. Der erste ungetrübte Erfolg seit mehreren Jahren, welcher sich zugleich auf die folgenden erstreckt, wird mir gut tun.«

Januar 1864

»Ich fühle mich in Sicherheit und hoffe Gutes zu leisten, sowohl für meine jetzigen Aufgaben als für das, was in der Zukunft dämmert; bin ich zufrieden?

Die Rastlosigkeit meiner Phantasie ist leider immer die süße Qual, die an meiner Seele zehrt. – Glück ohne Ruh!« –

Januar 1864

»Meine Sendung wirst Du erhalten haben. Es geht mir gut. Nur wurde ich nachgerade gewöhnt, daß die Freudigkeit, der Übermut fehlt, welchen ich sonst wohl für die Produktion notwendig erachte; aber was willst Du? Ich bin jetzt Genremaler und werde mit weniger Begeisterung, aber dafür mit desto mehr Vernunft auskommen können, wie so viele andere auch.

Das Gastmahl steht ganz im Hintergrund meiner Seele, von einem undurchdringlichen Vorhang verhüllt. Ich weiß nur, daß es da ist, sonst nichts.

Übrigens bin ich mit der Nymphe und den badenden Kindern, die ich Herrn Baron v. Schack jetzt vorschlagen werde, in gutem Fahrwasser.«

Juni 1864

»Die Bilder für Herrn v. Schack sind nahezu vollendet. Ich arbeite doch mit großer Liebe daran; es sind künstlerisch schöne Aufgaben, und ich hoffe, sie erschöpfend zu lösen. Neue Vorschläge will ich bei der Absendung machen. Bis jetzt weiß ich wohl eine Menge Gegenstände, aber keinen, der mir das Herz bis zur Produktion erwärmte. In der Kunst ist es wie in der Liebe. Es heißt dieses oder keines. Übrigens ordnet sich meine Existenz allmählich, und aus dem himmelstürmenden Genie wird ein bedächtig friedlicher Maler. Wenn es Dir recht ist, solls mich freuen!

Hafis am Brunnen ist lebensgroß, ein glückliches Bild. Die Frauen steigen auf und ab, es ist kühl in der Schlucht. Die Kinder am Brunnen wachsen auch. Die Nymphe gedenkt nicht minder ein feines Bild zu werden, und so eines nach dem andern. Wäre das Gastmahl nicht, so könnte ich glücklich sein; aber es macht sich breit und drängt sich vor und verengt in mir das Denken. Es nährt sich von meinem Herzblut und greift mir ins innerste Leben. Wenn ich an das Machen auf der Leinwand denke, so ist das die pure Seligkeit. Soll ich mich nochmals an Herrn Baron v. Schack wenden? Totschlagen kann ich das Bild nicht, denn ich träfe mich selber.«

18. März 1865

»Ich habe nach langem Überlegen und Zaudern doch endlich am 6. d. selbst an Herrn Baron v. Schack wegen des Gastmahls geschrieben. Nun soll die Sache ihren Lauf haben. Inzwischen war ich in Gesellschaft eines Schweizer Freundes, des jetzigen Besitzers meiner Madonna, acht Tage in Neapel; es war nötig, da ich mich wieder gemütlich zu verkränkeln anfing.

Den holdseligen Eindruck Pompejis, des Meeres, der Bronzen und Vasen zu schildern, ist unmöglich. Dies muß auf mündlichen Bericht verspart bleiben. Ich habe an hoher Anschauung gewonnen und mich dem reinsten Genuß hingeben können, und ich habe innerlich geschworen, daß die Kleinlichkeit und Engherzigkeit meines Vaterlandes meinen Geist nicht unterdrücken soll.

Durch die stillen Straßen Pompejis zu wandern, in die heiteren, bemalten Häuser hineinzusehen, jetzt nur von kleinen Eidechsen bewohnt, dazu die flüchtigen Durchsichten auf das Meer, der reinste Himmel, das schönste Gebirge der Welt, das sind Dinge, die sich unauslöschlich ins Herz graben. Bei meiner Rückkunft habe ich zu meiner großen Freude unbewußte Anklänge davon in meiner Kunst gefunden.

Einen Blick von der Höhe des Posilipp herab auf die Inseln in der Abendsonne. – So müßten die Inseln der Seligen aussehen! Im Museum waren wir täglich und haben studiert. In Pompeji lernt man einsehen, auf welcher niederen Bildungsstufe des Geschmacks wir Kinder des neunzehnten Jahrhunderts stehen. Kein Zimmer, noch so klein, das nicht heiter und kunstreich ausgemalt wäre, und wir bewundern in den Gemälden der Zimmermaler den feinen Sinn für Maß und Farbe, der uns Modernen verloren gegangen ist.«

27. April

»Meinen letzten Brief wirst Du erhalten haben; der Deinige mit der Antwort des Herrn v. Schack ist heute eingetroffen. Ich habe eigentlich nichts Anderes erwartet und bin deshalb nicht außer Fassung. Ich werde mir Mühe geben, das gegenwärtige Verhältnis noch für ein Jahr aufrecht zu erhalten. Das Symposion beginne ich auf eigene Rechnung. Mit diesem Hintergrund heben sich auch alle kleineren Gedanken wieder.«


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