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Vorbereitungen

Von Alexandrien nach Kairo fuhr man damals mit der Bahn in sechs bis sieben Stunden, wenn alles gut ging. Ein Dampfpflug auf einem Güterzug brauchte etwa vierzehn Tage. Von Zeit zu Zeit brachte mir der eine oder andre meiner Bekannten die Nachricht von Schubra, wie die Leistungen des Howardschen Apparates im Hotel Shepheard in diesen zwei Wochen von Tag zu Tag wuchsen. Ich konnte dies Bridledrum nicht allzusehr verübeln. Vierzehn Tage lang auf Shepheards Veranda oder an der Gasthoftafel selbst des besten ägyptischen Hotels auf einen Dampfpflug warten zu müssen, ist eine schwere Prüfung. Jedermann fragt den Armen wohl zehnmal täglich, ob denn sein Pflug noch nicht angekommen sei, zehnmal des Tages muß er das System und seine Vorzüge bald einem General, bald einer jungen Witwe, bald einem Kreise gelangweilter Nilreisender auseinandersetzen, die ebenfalls schon seit acht Tagen vergeblich auf ihre Dahabieh warten. Kommt dann vollends jemand von einem Ritt nach Schubra zurück, der meine Maschinen in der Ferne dampfen gesehen hat, so steigt die Bedrängnis des Ärmsten bis zur Unleidlichkeit. »Nein,« muß er erregt versichern, »das war nicht der berühmte Howardsche Dampfpflug. Das waren nur ein paar alte Maschinen der Firma Fowler, die mit folgenden Nachteilen kämpfen.« Und dann holte Bridledrum ein Modell aus einem Winkel der Veranda hervor, das er sich in seiner Not zurechtgemacht hatte und das ihm ein armenischer Photographienhändler, der in jenem Winkel seinen bleibenden Wohnsitz aufgeschlagen hatte, um eine kleine Vergütung bewachte. Es bestand aus zwei kleinen Schnupftabaksdosen, die die Dampfmaschinen vorstellten, und einem Hausschlüssel aus Bedford, der den Pflug bedeutete. Das Drahtseil konnte fast immer ohne Schwierigkeit durch Striche im Staub angedeutet werden, der die Marmorplatten der Veranda bedeckte. ›Sehen Sie, meine Damen‹, erklärte Bridledrum, seine Dosen heute vielleicht zum fünftenmal auf den Boden setzend, »Fowler braucht zwei Dampfmaschinen, die er an den entgegengesetzten Enden seines Feldes aufstellt – hier – und hier! Zwischen den Dosen wird das Ackergerät – Sie können sich diesen Schlüssel bequem als den Fowlerschen Balancepflug denken, ein Instrument, das überaus schwierig zu handhaben ist – von Drahtseilen hin und her gezogen, die jede Dose, ich meine jede Maschine, abwechslungsweise auf einer Trommel aufwindet.« – »Hat er auch einen Trommler?« fragte das achtjährige Söhnchen der Witwe mit plötzlich erwachendem Interesse. – »Ist der Schlüssel einmal hin und her gelaufen – so!« fährt Bridledrum fort, ohne das Söhnchen einer Antwort zu würdigen, »so hat er einen schmalen, einen ziemlich schmalen Streifen gepflügt – ich meine natürlich den Pflug, nicht den Schlüssel. – Und die beiden schweren Maschinen müssen nun mit ihrer eigenen Dampfkraft mühselig vorrücken, so daß ein neuer Streifen in Angriff genommen werden kann; wobei sie gewöhnlich versinken. Man nennt das ein Doppelmaschinensystem. Fowler baut es allerdings erst seit einem Jahr – das reinste Experiment –, und Sie werden kaum begreifen, Herr General, was er eigentlich damit bezweckt. Wir auch nicht! – Nun, bei Howard ist die Sache viel einfacher. Er hat nur eine Schnupftabaksdose nötig. Sie wird in der Ecke des Feldes aufgestellt: – so! – und daneben die Seilwinde mit ihren zwei Trommeln und davor der sogenannte Snatschblock, von dessen zwei Seilscheiben aus das Drahtseil in jeder Richtung über das Feld laufen kann. Dieses wird um das ganze Feld herumgezogen und läuft in den Ecken desselben über Seilscheiben, die ich mit diesen Kupfermünzen bezeichnen will und die von verlegbaren Ankern festgehalten werden. Zwischen den zwei entferntesten Ankern läuft nun unser Pflug oder Kultivator, ein patentiertes, vielfach verbessertes Instrument, wie der Kuckuck hin und her, und ehe man sich's versieht, ist das Feld bearbeitet. Sie verstehen?«

Die Damen verstanden ohne Zaudern; der General, der nicht so sicher war, ob er verstanden hatte, entfernte sich nachdenklich, Er hatte mit dem Dampfpflug, den er bei seinem Morgenritt entdeckte, glänzen wollen und fühlte, daß er den kürzeren zog. – Waren keine Damen im Spiel, so wurde gewöhnlich ohne Modell gearbeitet. Die Berichte waren dann ernster, eingehender. Die Stundenleistung des Howardschen Apparates stieg täglich, der Kohlenverbrauch nahm entsprechend ab, die Wasserzufuhr, die beim Fowlerschen System ganz besondere Schwierigkeiten mache, erschien noch am Schluß der ersten Woche bei Howard als Quantité négligeable, schon weil die Howardsche Maschine auf einem Fleck stehenbleibe – und aus anderen Gründen. »Aber man konnte doch den armen Fowlerschen Experimentierpflug nicht gar zu schlecht machen, indem man seine hundert Nachteile breit ausmalte,« entschuldigte sich Bridledrum.

O'Donald brachte mir diese Geschichten in meine Landeinsamkeit, strahlend vor Vergnügen; sie versprachen doch einige Bewegung in das Wüstenleben bei Shepheard zu bringen, das im März unerträglich zu werden beginnt. Beinhaus, seiner ernsteren Lebensauffassung entsprechend, berichtete ähnliches mit grimmiger Miene. Anfangs lachte ich. Nachgerade ärgerte mich das unablässige Trompeten Bridledrums doch ein wenig, namentlich nachdem mich eine Gesellschaft junger englischer Damen in den Palastgärten von Schubra gefragt hatte, ob sie den mißglückten englischen Dampfpflug nicht sehen könnten, der hier herum arbeiten solle. Und gerade an diesem Nachmittag war in dem furchtbar harten Boden der vertrockneten Baumwollfelder ein Drahtseil gerissen, so daß der ganze Apparat in der Tat der Beschreibung Bridledrums alle Ehre machte und ich zum erstenmal ernstlich zornig über ihn wurde.

Doch auch der Ungeduldigste überlebt schließlich vierzehn Tage. Bridledrum besuchte mich zum zweitenmal. Er war in froher Erregung. Seine Maschinen standen auf dem Bahnhof in Kairo. Auch seine Leute waren angekommen und kamen, vier Mann hoch, auf vier Eseln hinter ihm dreingeritten; ruhige, wortkarge Menschen, die keinen schlechten Eindruck machten, wenn sie auch auf ihren kleinen Reittierchen mit den Füßen den Boden streiften und unbehaglich genug dreinsahen. Wir führten die Gesellschaft nach dem für die Prüfung bestimmten Feldstück: genau fünfzig Hektar Land, flach wie ein Teller und zehn Minuten von der Straße nach Kairo so bequem gelegen wie nur denkbar, um der Welt die Wunder der Dampfkultur zu zeigen. Ich hatte bereits das Stück in zwei gleiche Teile abstecken lassen und bat Bridledrum, sich seine Hälfte zu wählen. Die andre werde ich von meinen Fellachen pflügen lassen, wie verabredet.

»Gewiß! gewiß!« sagte er mit unnatürlicher Heiterkeit. »England gegen Ägypten, Ägypten gegen England! Ist es nicht eigentlich spaßig, was wir hier machen, Herr Eyth? Ich hoffe, der Prinz nimmt es nicht übel, wenn seine kleinen Nigger zermalmt werden. Denn wissen Sie, es ist doch eigentlich ein Unsinn: Ägypten gegen England!«

»Ich denke, wir sollten es nicht so auffassen,« antwortete ich ebenso vergnügt. »Es handelt sich nicht um Rassen- und Völkerkämpfe, sondern um Maschinen, vortreffliche englische Maschinen in beiden Fällen. Eine Schnupftabaksdose gegen zwei. Ich weiß, Halim Pascha sieht es nur so an. Im übrigen bleiben Sie in seinen Augen unser Gast. Alles, was Sie brauchen, sollen Sie haben: und den besten Tabak für Ihr Döschen. Eigentlich will er Sie's gewinnen lassen. Ganz kann ich mich damit noch nicht befreunden. Aber ehrlich soll gespielt werden, wenn Ihnen der Boden nicht zu hart ist.«

»Natürlich, natürlich!« lachte Bridledrum, sichtlich etwas geärgert, daß ich von seinem Tabaksdosensystem wußte. Dann hielt er einen kleinen Kriegsrat mit seinen Getreuen und wählte sein Feldstück. Die vier Arbeiter suchten mit den Absätzen ihrer wuchtigen Stiefel ein paar Schollen loszubrechen und schüttelten wortlos, aber einmütig, wie vier Automaten, die Köpfe. Ich verstand sie, auch ohne daß sie einen Laut von sich gaben. Backsteinklumpen wie diese sonngebrannte Nilerde im März hatten sie in England nicht zu zertrümmern.

Es war Montag; die Schlacht sollte am nächsten Samstag geschlagen werden. Schon am Dienstag abend kamen einige Teile des Howardschen Pflugs – ein paar Anker, drei Seilscheiben und ein Schwungrad – und wurden nach ägyptischer Art in einem falschen Felde abgeladen, dann mit dem Beistand Allahs wieder aufgepackt und in der falschen Hälfte des richtigen niedergelegt.

Am Mittwoch brachte mir O'Donald die neueste in Alexandrien erscheinende Nummer der »Egyptian Times«, die an der Spitze ihrer etwas dünnen Leitartikel eine begeisterte Beschreibung der Howardschen Fabrik, ihrer überall siegreichen Dampfpflüge und des bevorstehenden Probepflügens in Schubra brachte. Daß hiermit nicht nur der beste, sondern auch der erste Dampfpflug in Ägypten erscheine, verwunderte mich einigermaßen, denn ich war damals noch nicht an die Genauigkeit technischer Mitteilungen in politischen Zeitschriften gewöhnt. Jackson, das Kamel von einem Redakteur, der mich schon oft besucht hatte, hätte sich wenigstens besser erkundigen können, meinte ich. Aber er hatte meinem Ungarwein stets größere Aufmerksamkeit geschenkt als meinen Pflügen, und ich – auch ich, war nicht ohne Schuld – seinem hübschen, klugen Töchterlein, das er beim letzten Besuche mitgebracht hatte und die den Orangengarten hinter meinem Hause sehr nach ihrem Geschmack fand. Miß Lucy sollte, wie gesagt wurde, die Seele der Redaktion der »Egyptian Times« sein. Das hatte ich, während sie, wie eine liebliche schwarzäugige Pomona, unter den Orangenbäumen meines Gartens wirtschaftete, leichtfertig vergessen.

Am gleichen Tage kam auch die Lokomobile und mit vielem Geschrei die wuchtige Seilwinde, weitere Anker und Ankerscheiben und eine Schar von dreirädrigen Seilträgern, auf denen die Fellahjungen von Schubra in dem der semitischen Rasse eignen prophetischen Geiste Veloziped fuhren, schließlich auch der Pflug und der Kultivator und ein Wagen voll Pflugscharen und Kultivatorspitzen. Die vier stummen Engländer holten sich schweigend vier Zuschlaghämmer aus meiner Schmiede, um große Holzkeile in den steinharten Boden zu treiben und ihre Maschinen festzustellen. Den ganzen Freitag hörte man die wuchtigen Schläge und manchmal einen kräftigen, halberstickten Fluch in der Richtung des Versuchsfeldes. Ein solcher Boden war in der Tat mehr, als der ruhigste Mann ertragen konnte. Schließlich sägten sie die Pflöcke ab, die nicht tiefer einzuschlagen waren. Während nämlich die Erde des Deltas im November und Dezember, wenn der hohe Nil sie befeuchtet hat, krümelt wie Sand, wird sie gegen Januar trocken und hart und gleicht im März einer Steinkruste, die, wenn sie sich überhaupt dazu versteht, in Schollen aufbricht, hart wie Ziegelmasse und groß wie Felsblöcke. Auch Bridledrum fing an zu schimpfen. »Solches Zeug,« erklärte er mir, »werde ein vernünftiger Mensch überhaupt nicht pflügen.« – »Ich habe Sie von Anfang an für einen vernünftigen Menschen gehalten!« sagte ich höflich. Es war nicht zu verhehlen, er hatte mich doch schließlich geärgert. Unter Shepheards Veranda ging alles so viel besser!

Mit Ach und Krach hatten meine beiden Pflüge die ganze Woche an der Grenze des Gutes, fast bei Heliopolis, gearbeitet; einer wenigstens unablässig; der andere war gewöhnlich. zusammengebrochen. Wenn sie in dieser Weise brüderlich abwechselten, mußte ich mich wohl oder übel zufrieden geben. Am Freitag nachmittag machten sich die beiden Maschinen des für den Augenblick kampfestüchtigsten Apparates Nummer zwei auf den Weg nach dem Schlachtfeld. In meinem blutjungen Arabisch und mit Hilfe des an meiner Ferse klebenden Dragomans Abu-Sa, eines phlegmatischen, dicken Kopten, hatte ich meinen besten Maschinenwärter beiseite gerufen: einen jungen schlanken Fellah, dessen feine Züge und aufgeweckte, glänzende Augen zu großen Hoffnungen berechtigten. »Morgen, o Achmed,« sprach ich feierlich, »mußt du und deine Brüder zeigen, was ihr gelernt habt. Ihr werdet im Wettkampf mit den Engländern pflügen, die einen neuen Dampfpflug gebracht haben, um euch zu besiegen. Unser Pascha wird euch zusehen, vielleicht sogar der große Effendi aus Kairo, der Vizekönig. Ihr habt den besseren Dampfpflug und seid so gute Leute wie die Engländer. Ihr müßt siegen. Wenn aber Allah euch den Sieg verleiht, so erhält jeder fünfzig Piaster türkisch. Verstanden?«

Achmeds Augen funkelten. »Inschallah!« rief er inbrünstig und küßte meine Hand. Die Kunde verbreitete sich wie durch Zauberei nach der Lokomotive am anderen Ende des Feldes, die ungeheißen, in plumpem Eifer, über den halbfertigen Acker uns entgegengehumpelt kam. Eine halbe Stunde später hatten beide Maschinen ihre Drahtseile abgewickelt, den Pflug zum Transport angehängt und dampften auf dem breiten Damm neben dem Hauptbewässerungskanal des Gutes hinter mir her gegen Schubra.

Nun ist der Boden Ägyptens auch in der trockensten Jahreszeit, wenn er steinhart zu sein scheint, für Straßenlokomotiven ein gefährlich Ding, namentlich in der Nähe eines Bewässerungsgrabens. Ein Mausloch in der Böschung, eine Wurzel, die durstend dem Wasser zuwuchs, kann diesem den Weg in den Untergrund bahnen und ihn auf weite Strecken in seinen alten Nilschlamm verwandeln, wovon die hartgebackene Oberfläche nichts verrät. Wenn dann eine englische Straßenlokomotive mit ihrem Gewicht von dreihundert Zentnern ahnungslos über die Stelle fährt, so setzt sie sich großen Überraschungen aus. Einige Jahre später wußten wir dies alles sehr genau und waren besser auf der Hut als an jenem verhängnisvollen Abend.

Das plötzlich unregelmäßige Pusten der hinteren Maschine veranlaßte mich, nach rückwärts zu sehen. Ihr Schornstein, aus dem dichter schwarzer Rauch in angstvollen Stößen in den Abendhimmel hinaufwirbelte, stand etwas schief. Noch ein Ruck, und er neigte sich um zwanzig Grad gegen Süden. Ich sprang vom Esel, der sich nicht schnell genug drehen konnte, und der Unglücksstätte zu. Das rechte Hinterrad war trotz seiner Riesenbreite von dreiviertel Meter bis halb an die Achse eingesunken. Der Kessel stand auf dem Aschenkasten der Feuerbüchse statt auf seinen Rädern und schien am liebsten in dem zwei Schritte entfernten Kanal versinken zu wollen, aus dem uns das dicke gelbe Nilwasser gurgelnd entgegenkam.

Neu war die Sachlage nicht. Meine Leute hatten sie in der ersten Zeit ägyptischer Dampfkultur in den verschiedensten Varianten erlebt. Achmed galoppierte nach einer halben Minute auf meinem Esel nach Schubra, um Winden, einen Wagen Holz, Palmstämme, Faschinen, Bauholz – was er erwischen konnte – und ein Dutzend Fellachen herbeizuholen. Dies kostete qualvolle drei viertel Stunden, in denen nichts zu tun war, als den Wasserstand in dem immer tiefer sinkenden Kessel zu beobachten, den zischend abblasenden Dampf zu regeln und einen prachtvollen Sonnenuntergang zu genießen, aus dessen Glut die ferne Cheopspyramide wie aus einer stillen, kaum mehr irdischen Welt jenseits aller Not und Angst herüberstrahlte. Wie hatte Cheops es so gut – das heißt, wenn er noch in seinem Porphyrsarkophag läge, was bekanntlich nicht der Fall ist.

In sinkender Nacht ging es ans Schrauben, Heben, Unterbauen. Die zwölf Fellachen hingen, laut nach Allah rufend, an einem Palmstamm, der als Riesenhebel vortreffliche Dienste leistete, bis er krachend zusammenbrach und die ganze Gesellschaft heulend, aber wohlbehalten, am Boden lag. Ein zweiter Baum, der einem benachbarten Fellahhäuschen entrissen wurde, half weiter. Das Geschrei der Hausbewohner, die sich schon zur Ruhe begeben hatten und ihr Dach verschwinden sahen, förderte die Arbeit mehr, als es sie störte. Der Mond stand zum Glück strahlend am Himmel, Hunde und Grillen hatten ihr Abendlied angestimmt, die ganze Natur um uns her atmete den etwas lärmenden Frieden einer orientalischen Nacht. Nur um meine Maschine knarrte, krachte, stöhnte und schrie es weiter. Aber der tiefgeneigte Schornstein richtete sich mehr und mehr auf; ein kurzer Knüppeldamm war über die gefährlichste Stelle gelegt. Weitere fünf Minuten waren erforderlich, um den gesunkenen Dampf wieder in Ordnung zu bringen. Dann schickte Achmed einen gellenden Pfiff in die Nacht hinaus, und dröhnend und krachend, den Holzbau zermalmend, den Knüppeldamm nach allen Seiten schleudernd und wie ein Schiff im Sturm hin und her schwankend, wälzte sich das schwarze Ungetüm auf die trockene, feste Seite des Weges hinüber. Auch dort schwankte der Boden wie im wildesten Erdbeben. Vorwärts! vorwärts! – Krach!! – Die Vorderräder flogen, als wären sie toll geworden, plötzlich nach links herum dem Kanal zu. Doch die Maschine stand still. Sie war auf festern Boden; nur die Steuerkette, welche die Vorderräder beherrscht, war gebrochen. Ein Stück der herumfliegenden Balken hatte sich in derselben verfangen. Der Mann am Steuerrad war dabei von der Maschine heruntergeschleudert worden, und nur Achmeds, meines braven Maschinenführers, rasches Abstellen des Dampfes hatte verhindert, daß wir mit vollem Dampf in den Kanal hineingefahren wären.

»Malisch! Macht nichts!« rief ich, um den Mut der Leute zu stärken. Es ist das Wort der Worte jedes Ägypters und hilft in rätselhafter Weise über den Jammer selbst seines Daseins hinweg. Wir waren wenigstens aus dem Sumpf heraus. Auf unser morgiges Schlachtfeld mußte die Maschine heute noch gebracht werden, koste es, was es wolle. Ich ritt nun selbst nach Schubra, meine Truppe von Fellachen keuchend hinter mir her. Was wir an Ketten finden und an Laternen auftreiben konnten, war in einer Viertelstunde auf dem Weg nach dem Kanal. Dann ging es an ein Probieren, Flicken, Verschlingen, Zusammenschrauben der Ketten im Schlamm unter dem Bauch der unwirsch dastehenden Maschine, die uns gelegentlich mit einem Guß siedender Wassertropfen ermunterte, daß es eine Freude war. Die Leute arbeiteten unverdrossen, sobald und solange ich mich selbst mit ihnen im Schlamm wälzte, und nach einer weiteren Stunde konnten wir langsam und bedächtig weiterfahren. Die geflickte Steuerkette wollte mit Vorsicht behandelt sein; aber sie hielt stand, bis wir in das mondbeglänzte Feld einbogen, an dessen fernem Ende Howards Apparat, sauber und korrekt aufgestellt, unser dröhnendes, staub- und schlammbedecktes Fuhrwerk mit aristokratischer Ruhe erwartete.

Dann ritt ich heim, müde und hungrig und zufrieden. Soweit wir heute kommen konnten, waren wir gekommen. Geschlagen waren die zwei Schnupftabaksdosen noch nicht.


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