Alexander Dumas
Zwanzig Jahre nachher
Alexander Dumas

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Die Flucht

Ungeachtet sich in der Stadt Zeichen von Aufregung bemerkbar machten, so bot doch das Palais-Royal, als sich d'Artagnan um fünf Uhr dahin begab, ein sehr fröhliches Schauspiel dar. Das war nicht zu verwundern, da die Königin Broussel und Blancmesnil dem Volke zurückgegeben hatte. Die Königin hatte sonach in der Tat nichts mehr zu fürchten, weil das Volk nichts mehr zu fordern hatte. Sein Tumult war ein Überrest von Aufregung, der man Zeit gönnen mußte, um sich zu legen, gleich wie nach einem Sturme oft mehrere Tage nötig sind, um die hohen Meeresfluten wieder zu glätten. Es gab im Palais-Royal eine große Festlichkeit, wozu die Siege von Lens zum Vorwand genommen wurden. Die Prinzen und Prinzessinnen waren geladen, und ihre Staatskarossen erfüllten schon seit Mittag die Hofräume. Nach dem Festmahl sollte Spiel bei der Königin sein. Die Königin Anna war an diesem Tage voll Anmut, Huld und Witz, man hatte sie noch nie so frohmütig gesehen. Lachlust strahlte aus ihren Augen, machte die Lippen beben. Als man vom Tische aufstand, schlüpfte Mazarin hinweg. D'Artagnan stand bereits auf seinem Posten, und wartete auf ihn im Vorgemach. Der Kardinal kam mit lachender Miene dahin, faßte ihn bei der Hand und führte ihn in sein Kabinett, wo er sich niederließ und zu ihm sprach: »Lieber Herr d'Artagnan, ich will Euch den sprechendsten Beweis meines Zutrauens geben, den nur ein Minister einem Offizier geben kann.« D'Artagnan verneigte sich und sagte: »Ich hoffe, Ew. Eminenz wird ihn mir ohne Rückhalt und mit der Überzeugung geben, daß ich seiner würdig bin.« »Ihr seid der Würdigste von allen, an die ich mich wende, lieber Freund.« »Jawohl, gnädigster Herr,« versetzte d'Artagnan, »ich bekenne, daß ich schon seit langem auf eine solche Gelegenheit wartete. Sagen Sie mir somit schnell, was Sie mir mitzuteilen haben.« »Lieber Herr d'Artagnan,« erwiderte Mazarin, »Ihr werdet diesen Abend das Wohl des Staates in Euren Händen haben.« Er hielt inne. »Gnädigster Herr, erklären Sie sich, ich erwarte . . .« »Die Königin hat beschlossen, mit dem König eine kleine Reise nach Saint-Germain zu machen.« »Ah, ah!« rief d'Artagnan, »die Königin will nämlich Paris verlassen.« »Ihr seht, es ist Frauenlaune.« »Ja, das sehe ich,« erwiderte d'Artagnan. »Deshalb berief sie Euch diesen Morgen und sagte, daß Ihr um fünf Uhr wiederkommen sollet.« »Seid Ihr etwa mit dieser kleinen Reise nicht einverstanden, lieber d'Artagnan?« fragte Mazarin bekümmert. »Ich, gnädiger Herr?« antwortete d'Artagnan, »und warum?« »Weil Ihr die Achseln zuckt.« »Das pflege ich so in Gedanken zu tun, gnädigster Herr.« »Ihr seid also mit dieser Reise einverstanden?« »Ich billige ebensoviel, als ich mißbillige, gnädigster Herr; ich erwarte Ihre Befehle.« »Wohl, Ihr seid es nun, auf den ich mein Augenmerk richtete, daß er den König und die Königin nach Saint-Germain bringe.« »Doppelt schlauer Fuchs,« dachte d'Artagnan. »Ihr seht sonach,« versetzte Mazarin, als er d'Artagnans Gleichgültigkeit sah, »daß das Wohl des Staates in Euren Händen liegt.« »Ja, gnädigster Herr, ich fühle die ganze Verantwortlichkeit eines solchen Befehles.« »Doch nehmt Ihr ihn an?« »Ich nehme ihn an.« »Ihr haltet die Sache für möglich?« »Alles ist möglich.« »Wird man Euch wohl unterwegs angreifen?« »Wahrscheinlich.« »Was wollt Ihr aber in diesem Falle tun?« »Ich will durch die, welche mich angreifen, hindurchschreiten.« »Wenn Ihr aber nicht hindurchkommt?« »Dann desto schlimmer für sie, da ich über sie wegschreiten werde.« »Und werdet Ihr die Königin und den König wohlerhalten nach Saint-Germain bringen?« »Ja.« »Bei Eurem Leben?« »Bei meinem Leben.« »Ihr seid ein Held, mein Lieber,« rief Mazarin und blickte voll Verwunderung auf den Musketier. D'Artagnan lächelte. »Und ich? –« fragte Mazarin nach kurzem Stillschweigen und d'Artagnan fest anblickend. »Wie doch, Sie, gnädigster Herr?«, »Ja, ich, wenn ich abreisen will?« »Das wird viel schwieriger sein.« »Wieso?« »Man kann Ew. Eminenz erkennen.« »Auch unter dieser Verkleidung?« fragte Mazarin. Er hob einen Mantel auf, der einen Lehnstuhl überdeckte, auf dem ein vollständiger, perlgrauer und granatfarbiger, ganz mit Silberborten verbrämter Kavalieranzug lag.« »Wenn sich Ew. Eminenz verkleidet, so wird es leichter sein.« »Ha,« rief Mazarin, Atem holend. »Doch muß Ew. Eminenz tun, was Sie neulich gesagt haben, das Sie an unserer Stelle getan hätten.« »Was soll ich denn tun?« »Rufen: »Nieder mit Mazarin!« »Ich will es rufen.« »Französisch und gut französisch, gnädigster Herr, achten Sie wohl auf den Akzent; man hat uns in Sizilien sechstausend Anjouer ermordet, weil sie das Italienische schlecht ausgesprochen haben. Haben Sie acht, daß die Franzosen wegen der sizilianischen Vesper nicht Wiedervergeltung nehmen.« »Ich will mein möglichstes tun.« »Es gibt auf den Straßen gar viele bewaffnete Leute,« begann d'Artagnan wieder. »Sind Sie versichert, daß niemand um den Plan der Königin weiß?« Mazarin sann nach. »Das wäre für einen Verräter ein schönes Geschäft, gnädigster Herr, das Sie mir da antragen; ein zufälliger Angriff würde alles entschuldigen.« Mazarin schauderte, dachte aber, daß ein Mann, der ihn warne, nicht auch die Absicht habe, ihn zu verraten. Er sprach: »Ich vertraue mich somit auch nicht jedem an, und der Beweis ist, daß ich Euch zu meiner Bedeckung auserwählte.« »Reisen Sie nicht zugleich mit der Königin?« »Nein,« erwiderte Mazarin. »So reisen Sie erst nach der Königin ab?« »Nein,« sprach Mazarin abermals. »Ha,« rief d'Artagnan, der nun zu begreifen anfing. »Ja, ich habe meine Pläne,« fuhr der Kardinal fort. »Mit der Königin verdopple ich die möglichen Gefahren, die ihr drohen; nach der Königin verdoppelt ihre Abreise die Gefahr der meinigen; denn ist der Hof einmal gerettet, so kann man mich vergessen; die Großen sind undankbar.« »Das ist wahr,« entgegnete d'Artagnan und richtete unwillkürlich die Blicke auf den Diamant der Königin, welchen Mazarin am Finger trug. Mazarin folgte der Richtung seiner Blicke, und drehte den Stein des Ringes langsam nach innen. »Ich will sie also verhindern, gegen mich undankbar zu sein,« sprach Mazarin mit seinem feinen Lächeln. »Die christliche Liebe will, daß man seinen Nächsten nicht in Versuchung führe,« bemerkte d'Artagnan. »Eben deshalb will ich vor ihnen abreisen,« sprach Mazarin. D'Artagnan lächelte, da er schlau genug war, um diese Hinterlist zu verstehen. Mazarin bemerkte das Lächeln, nützte den Augenblick und sagte: »Nicht wahr, lieber d'Artagnan, Ihr werdet nun damit anfangen, daß Ihr mich zuerst von Paris wegbringet?« »Gnädigster Herr, dieser Auftrag ist schwierig,« entgegnete d'Artagnan und nahm wieder seine ernste Miene an. »Aber,« sprach Mazarin und faßte ihn fest ins Auge, damit ihm kein Ausdruck seiner Züge entging, »aber Ihr habt nicht dasselbe in bezug auf den König und die Königin bemerkt.« »Der König und die Königin sind mein König und meine Königin,« erwiderte der Musketier; »mein Leben gehört ihnen, ich bin es ihnen schuldig. Sie sollen es von mir fordern, ich habe nichts dagegen zu fordern.« »Das ist wohl wahr,« murmelte Mazarin, »allein da dein Leben nicht mir gehört, so muß ich's von dir erkaufen, nicht so?« Er stieß dabei einen tiefen Seufzer aus, und drehte den Diamant seines Ringes wieder langsam nach außen. D'Artagnan lächelte. Diese zwei Männer verstanden sich in einem Punkte, in der Arglist. Hätten sie sich ebenso gut im Mute verstanden, so würde einer den andern große Dinge haben verrichten lassen. »Wenn ich Euch also um diesen Dienst ersuche,« begann Mazarin wieder, »so werdet Ihr wohl einsehen, daß ich dafür auch erkenntlich sein wolle.« »Hat Eure Eminenz diesen Gedanken?« fragte d'Artagnan. »Da seht und nehmt, lieber Herr d'Artagnan,« sprach Mazarin, indem er den Ring vom Finger zog, »das ist der Diamant, der Euch einst angehört hat, es ist gerecht, daß er Euch wieder zukomme, ich bitte Euch also, nehmt ihn.« D'Artagnan ließ nicht lange in sich dringen, er nahm den Stein, und als er sich von der Reinheit seines Wassers überzeugt, steckte er ihn mit einem unsäglichen Vergnügen an den Finger. »Ich habe sehr viel auf ihn gehalten,« sprach Mazarin, indem er ihm einen letzten Blick nachschickte, »aber gleichviel, ich gebe ihn Euch mit großem Vergnügen.« »Und ich, gnädigster Herr, ich nehme ihn an, wie er mir gegeben wird. – Lassen Sie uns nun von Ihren Angelegenheiten reden, Sie wollen vor allen andern abreisen?« »Ja, ich bin gesonnen, so zu tun.« »Um wieviel Uhr?« »Um zehn Uhr.« »Und wann will die Königin abreisen?« »Um Mitternacht.« »Sonach ist es möglich, ich bringe Sie aus Paris, lasse Sie vor der Barriere, und kehre zurück, um die Königin abzuholen.« »Recht schön, allein wie bringt Ihr mich aus Paris?« »O, in dem müssen Sie mich gewähren lassen.« »Ich gebe Euch alle Vollmacht, und nehmt eine Bedeckung, so stark Ihr sie haben wollet.« D'Artagnan schüttelte den Kopf. »Ich denke aber,« sagte Mazarin, »daß dies das sicherste Mittel wäre.« »Ja, gnädigster Herr, für Sie, allein nicht für die Königin.« Mazarin biß sich in die Lippen und sagte: »Was sollen wir also tun?« »Sie müssen mich gewähren lassen, gnädigster Herr.« »Hm,« murmelte Mazarin. »Und Sie müssen mir die gänzliche Leitung dieses Unternehmens überlassen.« »Jedoch . . .« »Oder dafür einen anderen suchen,« versetzte d'Artagnan und wandte ihm den Rücken zu. »Ha,« murmelte Mazarin. »ich glaube gar, er geht fort samt dem Diamant.« Er rief ihn zurück und sagte mit schmeichelnder Stimme: »Herr d'Artagnan, lieber Herr d'Artagnan!« »Gnädigster Herr?« »Bürgt Ihr mir für alles?« »Ich bürge für nichts, sondern will nur mein möglichstes tun.« »Euer möglichstes?« »Ja.« »Wohlan, so geht, ich will mich auf Euch verlassen.« »Das ist ein großes Glück,« dachte d'Artagnan bei sich. »Ihr werdet also um halb zehn Uhr hier sein?« »Werde ich auch Ew. Eminenz bereit finden?« »Allerdings, ganz bereit.« »Somit ist die Sache abgemacht. Wollen mich nun Ew. Eminenz die Königin sehen lassen?« »Wozu?« »Ich wünsche die Befehle Ihrer Majestät aus ihrem eigenen Munde zu vernehmen.« »Sie beauftragte mich, sie Euch zu geben.« »Sie könnte aber irgendeinen Umstand vergessen haben.« »Besteht Ihr darauf, sie zu sehen?« »Gnädigster Herr, das ist unerläßlich.« Mazarin zögerte ein Weilchen; d'Artagnan blieb in seinem Willen unerschütterlich. »So wollen wir denn gehen,« sprach Mazarin, ich will Euch führen; doch sprecht kein Wort von unserer Unterredung.« »Was wir unter uns gesprochen haben, gnädigster Herr, das betrifft nur uns,« entgegnete d'Artagnan. »Ihr schwöret mir, zu schweigen?« »Gnädigster Herr, ich schwöre nie; ich sage Ja oder ich sage Nein und halte mein Wort, da ich Edelmann bin.« »Wohlan, ich sehe, daß ich mich Euch ohne Vorbehalt anvertrauen muß.« »Glauben Sie mir, gnädigster Herr, das wird am besten sein.« »Kommt!« rief Mazarin.

Mazarin ließ d'Artagnan in das Betzimmer der Königin treten; fünf Minuten darauf kam die Königin in großem Staate. In diesem Putze schien sie kaum 35 Jahre alt und war noch immer schön. »Ha,« sprach sie huldreich lächelnd, »Ihr seid es, Herr d'Artagnan? Ich danke Euch, daß Ihr darauf bestanden habt, mich zu sehen.« »Ich bitte deshalb Ihre Majestät um Vergebung, allein, ich wollte Ihre Befehle aus Ihrem eigenen Munde empfangen.« »Wißt Ihr, um was es sich handelt?« »Ja, Madame.« »Übernehmt Ihr das Geschäft, welches ich Euch anvertraue?« »Mit Dank.« »Wohl, so seid um Mitternacht hier.« »Ich werde mich einfinden.« »Herr d'Artagnan,« fuhr die Königin fort, »ich kenne Eure Uneigennützigkeit zu sehr, als daß ich in diesem Momente von meiner Erkenntlichkeit sprechen wollte; allein ich schwöre Euch, daß ich diesen zweiten Dienst nicht wie jenen ersten vergessen werde.« »Ihrer Majestät steht es frei, sich zu erinnern oder zu vergessen, ich verstehe also diese Worte nicht.« D'Artagnan verneigte sich. »Geht, mein Herr,« sprach die Königin mit ihrem huldreichsten Lächeln, »geht und kommt um Mitternacht wieder.« Sie entließ ihn mit einem Winke der Hand und d'Artagnan entfernte sich, warf aber im Fortgehen die Augen auf den Türvorhang, durch den die Königin eingetreten war und bemerkte unter der Tapete die Spitze eines Samtschuhes. »Wohl,« dachte er, »Mazarin lauschte, ob ich ihn nicht verriet.« D'Artagnan war aber darum nicht weniger pünktlich bei dem Stelldichein; er trat um halb zehn Uhr in das Vorgemach. Bernouin, der seiner schon harrte, führte ihn ein. Er traf den Kardinal im Kavalieranzuge, der ihm sehr gut stand, da er ihn mit Würde trug, nur sah er blaß aus und bebte. »Ganz allein?« fragte Mazarin. »Ja, gnädigster Herr.« »Wo ist der gute Herr du Vallon?« »Werden wir uns seiner Gesellschaft nicht erfreuen?« »Doch, gnädigster Herr, er wartet in seiner Staatskarosse.« »Wo?« »An der Gartentüre des Palais-Royal.« »Fahren wir denn in seinem Wagen?« »Ja, gnädigster Herr.« »Ohne andere Bedeckung außer Euch beiden?« »Ist das nicht hinreichend? Einer von uns beiden genügte schon.« »In der Tat, lieber Herr d'Artagnan,« sprach Mazarin, »Eure Kaltblütigkeit erfüllt mich mit Schauder.« »Ich dachte im Gegenteil, daß ich Ihnen Vertrauen einflößen müßte.« »Nehme ich etwa Bernouin nicht mit?« »Wir haben für ihn nicht Platz. Er wird Ew. Eminenz nachkommen.« »So sei es denn, da ich schon durchaus tun muß, was Ihr wollt.« »Gnädigster Herr, es wäre noch Zeit zurückzutreten, Ew. Eminenz ist vollkommen frei!« sagte d'Artagnan. »Nein,« rief Mazarin, »nein, laßt uns von hinnen.« Beide stiegen nun über die geheime Treppe hinab, wobei Mazarin seinen zitternden Arm in d'Artagnans Arm stützte. Sie gingen durch die Höfe des Palais-Royal, wo noch einige Kutschen verspäteter Gäste standen, traten in den Garten und erreichten die kleine Ausgangstüre. Mazarin versuchte, sie mit einem Schlüssel zu öffnen, den er aus der Tasche zog, doch zitterte seine Hand dergestalt, daß er das Schlüsselloch nicht treffen konnte. »Geben Sie,« sprach d'Artagnan. Mazarin reichte ihm den Schlüssel, d'Artagnan öffnete und steckte den Schlüssel in seine Tasche, da er durch diese Türe zurückzukehren gedachte. Der Kutschentritt war schon niedergelassen, der Schlag offen, Mousqueton stand am Schlage und Porthos saß im Wagen. »Steigen Sie ein, gnädigster Herr,« sagte d'Artagnan. Mazarin ließ sich nicht zweimal auffordern und sprang in die Kutsche. D'Artagnan stieg hinter ihm ein; Mousqueton machte den Schlag wieder zu und schwang sich unter heftigem Stöhnen hinten auf den Wagen; er hatte unter dem Vorwande, daß ihn die Wunde noch schmerze, einige Schwierigkeiten gemacht mitzufahren; allein d'Artagnan sprach zu ihm: »Bleib, wenn du willst, lieber Mouston, ich sage dir aber im voraus, Paris wird diese Nacht in Flammen aufgehen.« Mousqueton verlangte sonach nichts weiter mehr, sondern erklärte sich bereit, seinem Herrn und Herrn d'Artagnan bis ans Ende der Welt folgen zu wollen. Der Wagen rollte in einem mäßigen Trab von hinnen und verriet nicht im geringsten, daß darin Leute sitzen, welche Eile haben. Der Kardinal wischte sich mit dem Sacktuche den Schweiß von der Stirne und blickte rings herum. Zur Linken saß ihm Porthos und zur Rechten d'Artagnan, während jeder einen Schlag bewachte und ihm als Wall diente. Auf einem Vordersitze gegenüber lagen zwei Paar Pistolen, das eine Paar für Porthos, das andere für d'Artagnan: überdies trugen die zwei Freunde jeder sein Schwert an der Seite.

Der Kutscher hieb gewaltig auf die Pferde ein, und die edlen Tiere flogen von hinnen. Man hörte Geschrei wie das von Menschen, welche niedergerannt werden. Dann empfand man einen zweimaligen Stoß; zwei Räder waren über einen weichen und runden Körper gerollt. Es trat auf einen Augenblick Stillschweigen ein. Der Wagen fuhr durch das Tor. »Nach dem Cours-la-Reine«, rief d'Artagnan dem Kutscher zu. Darauf wandte er sich zu Mazarin und sagte: »Nun, gnädigster Herr, können Sie Gott für Ihre Befreiung danken; nun sind Sie gerettet, nun sind Sie frei.« Mazarin antwortete unter Seufzen, er konnte an ein solches Wunder nicht glauben. Fünf Minuten darauf hielt der Wagen an; er war in Cours-la-Reine angekommen. »Ist Ew. Gnaden zufrieden mit der Bedeckung?« fragte der Musketier. »Ich bin entzückt, mein Herr,« entgegnete Mazarin und wagte es, seinen Kopf durch den Kutschenschlag hinauszustecken; »nun tut dasselbe auch für die Königin.« »Ich habe es beschworen.« D'Artagnan ergriff ohne weitere Erklärung die Pistolen, welche auf dem Vorsitze lagen, steckte sie in seinen Gürtel, wickelte sich in seinen Mantel, und da er nicht durch dasselbe Tor zurückkehren wollte, durch das er gekommen war, so nahm er den Weg nach dem Tore Richelieu.

 


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