Alexander Dumas
Zwanzig Jahre nachher
Alexander Dumas

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Wie die Unglücklichen manchmal den Zufall für die Vorsehung halten

»Nun, Madame?« sprach de Winter, als die Königin ihre Diener weggeschickt hatte. »Was ich voraussah, das geschieht, Mylord.« »Er weigert sich?« »Sagte ich es denn nicht voraus?« »Der Kardinal weigert sich, den König zu empfangen, Frankreich verweigert einem unglücklichen Fürsten die Gastfreundschaft, Madame? Das geschieht hier zum erstenmal.« »Mylord, ich sagte ja nicht: Frankreich, sondern ich sagte: der Kardinal, und der Kardinal ist nicht einmal Franzose.« »Allein die Königin – sahen Sie die Königin?«»Das ist unnötig,« versetzte die Königin Henriette, traurig den Kopf schüttelnd; »wenn der Kardinal einmal Nein gesagt hat, wird die Königin niemals Ja sagen. Wisset Ihr denn nicht, daß dieser Italiener alles leitet, im Innern wie im Äußern? Überdies, ich komme hier auf das zurück, was ich Euch schon sagte, es sollte mich nicht wundernehmen, wenn uns Cromwell zuvorgekommen wäre; er war betroffen, als er mich sah, blieb aber doch fest in seinem Willen, sich zu weigern. Bemerktet Ihr dann nicht jene Aufregung im Palais-Royal, jenes Hin- und Herlaufen geschäftiger Leute? Mylord, haben Sie etwa Nachrichten erhalten?« »Nicht von England, Madame, ich beeilte mich so sehr, daß ich versichert bin, es sei mir niemand zuvorgekommen; ich brach vor drei Tagen auf, und schlüpfte wie durch ein Wunder mitten durch das puritanische Heer; dann nahm ich mit meinem Bedienten Tony die Post, und die Pferde, welche wir reiten, haben wir erst in Paris gekauft. Überdies bin ich überzeugt, ehe der König etwas wagt, wird er die Antwort Ihrer Majestät abwarten.« »Mylord,« entgegnete die Königin voll Verzweiflung, »meldet ihm, daß ich nichts vermag, daß ich eben so viel ausgestanden habe wie er, noch mehr wie er, da ich genötigt bin das Brot der Verbannung zu essen, und Gastfreundschaft von falschen Freunden zu verlangen, die über meine Tränen lachen, und daß er, was seine königliche Person betrifft, sich großmütig opfern und als König sterben müsse; ich will an seiner Seite sterben!« »Madame!« rief de Winter aus, »Ihre Majestät gibt sich der Mutlosigkeit hin; vielleicht haben wir doch noch eine Hoffnung übrig.« »Keine Freunde mehr, Mylord! keine Freunde mehr auf der ganzen Welt, außer Euch! O mein Gott! mein Gott!« »Ich hoffe noch, Madame,« versetzte de Winter tiefsinnig; »ich habe Ihnen von vier Männern erzählt.« »Was wollt Ihr denn mit vier Männern?« »Vier getreue Männer, vier Männer, die zu sterben bereit sind, vermögen viel, glauben Sie mir, Madame, und diejenigen, von denen ich spreche, haben einmal viel ausgerichtet.« »Und wo sind diese vier Männer?« »Ah, das weiß ich nicht. Ich habe sie seit etwa zwanzig Jahren aus den Augen verloren, und doch dachte ich bei jeder Gelegenheit an sie, wo ich den König in Gefahr schweben sah. »Und waren diese vier Männer Eure Freunde?« »Der eine von ihnen hatte mein Leben in seiner Gewalt, und hat es mir bewahrt; ich weiß nicht, ob er mein Freund geblieben ist, allein ich blieb wenigstens immer der seinige.« »Und befinden sich diese Männer in Frankreich, Mylord?« »Ich glaube.« »Nennt ihre Namen, vielleicht hörte ich sie einmal nennen und könnte Euch bei Euren Nachforschungen behilflich sein.« »Der eine von ihnen nannte sich Chevalier d'Artagnan.« »O, Mylord, wenn ich nicht irre, so ist dieser Chevalier d'Artagnan Leutnant bei den Garden; doch gebt acht, denn ich fürchte, dieser Mann ist ganz dem Kardinal ergeben.« »In diesem Falle wäre das ein letztes Unglück, und ich fange an zu glauben, daß wir wahrhaft verflucht seien.« »Allein die andern,« sprach die Königin welche sich an diese letzte Hoffnung klammerte wie ein Schiffbrüchiger an die Trümmer seines Schiffes, »die andern, Mylord?« »Der zweite – ich hörte diesen Namen nur zufällig aussprechen, denn ehe sich diese Edelleute mit uns schlugen, nannten sie uns ihre Namen – der zweite nannte sich Graf de la Fère. Was die zwei anderen betrifft, so habe ich ihre wahren Namen vergessen, weil ich gewohnt war, sie nur bei ihren angenommenen Namen zu nennen.«

»Ach, mein Gott! es wäre doch ungemein vonnöten, sie wieder aufzufinden,« sprach die Königin, »da Ihr glaubt, diese würdigen Edelleute könnten dem Könige so nützlich sein.« »O ja,« entgegnete de Winter, »denn es sind dieselben, Madame, beachten Sie wohl und sammeln Sie alle Ihre Erinnerungen; hörten Sie nicht erzählen, daß die Königin Anna einmal aus der größten Gefahr gerettet wurde, in die je eine Königin geraten kann?« »Ja, zur Zeit ihres Abenteuers mit Buckingham und ich weiß nicht betreffs welcher diamantenen Nestelstifte.« »Wohl, ganz richtig, Madame; diese Männer sind dieselben, welche sie retteten, und ich lächle vor Mitleid bei dem Gedanken, daß, wenn Ihnen diese Namen nicht bekannt sind, dieses seinen Grund darin hat, weil sie die Königin vergaß, indes sie dieselben zu den ersten Würdenträgern des Reiches hätte erheben sollen.« »Gut, Mylord, man muß sie aufsuchen. Allein was vermögen vier – oder vielmehr nur drei Männer auszurichten, denn ich sage Euch, auf Herrn d'Artagnan dürfen wir nicht zählen.« »Da wäre dann ein wackerer Degen weniger, Madame, indes bleiben noch andere drei übrig, ohne den meinigen zu rechnen; nun würden aber vier treue Männer rings um den König genügen, um ihn vor seinen Feinden zu behüten, in der Schlacht zu beschützen, im Rate zu unterstützen, bei seiner Flucht zu schirmen, nicht damit sie den König zum Sieger machten, wohl aber, daß sie ihn retten, wenn er besiegt würde, und ihm beistehen bei seiner Fahrt über das Meer. Und was auch Mazarin darüber sagen mag, wäre einmal Ihr königlicher Gemahl an Frankreichs Küsten, so fände er daselbst so viele Verstecke und Zufluchtsorte, als die Vögel des Meeres zur Zeit der Stürme finden.« »Sucht, Mylord, sucht diese Edelleute auf, und wenn Ihr sie wiederfindet und wenn sie mit Euch nach England zu gehen einwilligen, so will ich jedem von ihnen ein Herzogtum an dem Tage verleihen, da wir wieder unsern Thron einnehmen, und überdies so viel Geld, als man brauchte, um damit den Palast von Whitehall zu pflastern. Sucht also, Mylord, sucht, ich beschwöre Euch!« »Ich würde sie wohl aufsuchen, Madame,« entgegnete de Winter, »und sie zweifelsohne auch finden, allein es gebricht mir hierzu an Zeit. Vergißt Ihre Majestät, daß der König Ihre Antwort erwartet, und zwar mit banger Sehnsucht?« »So sind wir denn verloren!« rief die Königin mit dem Tone eines gebrochenen Herzens.

In diesem Momente öffnete man die Türe, die junge Henriette trat ein, und die Königin drückte mit der erhabenen Kraft, welche den Heldenmut der Mutter ausdrückte, ihre Tränen auf den Grund ihres Herzens zurück, und gab de Winter einen Wink, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben. Allein wie mächtig auch diese Gegenwirkung war, so entging sie doch den Augen der jungen Prinzessin nicht; sie blieb an der Schwelle stehen, stieß einen Seufzer aus, wandte sich an die Königin und fragte: »Weshalb weinst du denn immer ohne mich, meine Mutter?« Die Königin lächelte, und statt ihr eine Antwort zu geben, sprach sie: »Nun, de Winter, ich habe dabei wenigstens das gewonnen, daß ich nur noch zur Hälfte Königin bin, daß nämlich meine Kinder noch Mutter zu mir sagen, statt mich Madame zu nennen.« Und zu ihrer Tochter umgewendet fuhr sie fort: »Was willst du mir, Henriette?« »Es kam eben ein Kavalier in den Louvre, meine Mutter,« erwiderte die junge Prinzessin, »der Ihrer Majestät seine Ehrerbietung zu bezeugen wünscht; er kommt von dem Heere, und wie er sagte, so hat er dir einen Brief, ich glaube von dem Marschall von Grammont, einzuhändigen.« »Ach!« rief die Königin zu de Winter, »das ist einer meiner Getreuen; allein bemerkt Ihr nicht, Mylord, wie armselig wir bedient sind, indem meine Tochter sogar das Anmeldeamt versehen muß?« »Erbarmen Sie sich meiner, Madame,« sagte de Winter, »Sie brechen mir das Herz.« »Und wer ist dieser Edelmann, Henriette?« fragte die Königin. »Ich habe ihn durch das Fenster gesehen, es ist ein junger Mann, der kaum sechzehn Jahre zu zählen scheint, und den man Vicomte von Bragelonne nennt.«

Die Königin winkte lächelnd mit dem Kopfe, die junge Prinzessin öffnete wieder die Türe und Rudolf erschien auf der Schwelle. Er machte drei Schritte gegen die Königin und kniete nieder. »Madame,« sprach er, »ich überbringe Ihrer Majestät einen Brief meines Freundes, des Herrn Grafen von Guiche, der, wie er mir sagte, die Ehre hat, Ihr Diener zu sein; dieser Brief enthält eine wichtige Nachricht und den Ausdruck seiner Ergebenheit.« Bei dem Namen des Grafen von Guiche flog eine Röte an die Wangen der jungen Prinzessin; die Königin blickte mit einem gewissen Ernste auf sie und sagte: »Du hast mir aber gemeldet, Henriette, daß der Brief von dem Marschall von Grammont käme.« »Ich glaubte das, Madame,« stammelte das junge Mädchen. »Daran bin ich schuld, Madame,« versetzte Rudolf; »ich meldete mich in der Tat, als käme ich von dem Marschall von Grammont; da er aber am rechten Arm verwundet wurde, so konnte er nicht schreiben, und der Graf von Guiche diente ihm als Sekretär.« »Hat man sich also geschlagen?« fragte die Königin, und gab Rudolf ein Zeichen, sich zu erheben. »Ja, Madame,« antwortete der junge Mann, indem er den Brief de Winter überreichte, welcher sich genähert hatte, um ihn zu empfangen, und der ihn sodann der Königin übergab.

Bei der Nachricht, daß eine Schlacht stattgefunden, öffnete die Prinzessin den Mund, um eine Frage zu stellen, die sie ohne Zweifel interessierte; allein ihr Mund schloß sich wieder, ohne ein Wort ausgesprochen zu haben, während die Röte ihrer Wangen nach und nach wieder verblich. Die Königin bemerkte alle diese Erscheinungen, und sicher erklärte sie sich ihr mütterliches Herz, denn sie wandte sich abermals an Rudolf und sprach: »Und ist dem jungen Grafen von Guiche kein Unfall begegnet? er ist ja nicht bloß unser Diener, sondern er gehört auch noch zu unsern Freunden.« »Nein, Madame,« erwiderte Rudolf; »im Gegenteil hatte er an diesem Tage einen glänzenden Ruhm erworben und die Ehre gehabt, daß ihn der Prinz auf dem Schlachtfeld umarmte.« Die junge Prinzessin klatschte mit den Händen; jedoch ganz beschämt, daß sie sich zu einer solchen Äußerung ihres Entzückens hinreißen ließ, wandte sie sich halb ab und neigte sich zu einer Vase voll Rosen, als ob sie ihren Duft einatmen wollte. »Sehen wir nun, was der Graf uns schreibt,« sprach die Königin. »Ich hatte bereits die Ehre, Ihrer Majestät zu sagen, daß er in seines Vaters Namen geschrieben hat.« »Ja, mein Herr.« Die Königin erbrach und las den Brief.

»Madame und Königin! Da ich einer Wunde wegen, die ich an der rechten Hand erhalten, nicht die Ehre haben kann, selber zu schreiben, so lasse ich Ihnen durch meinen Sohn, den Herrn Grafen von Guiche, schreiben, welchen Sie, wie seinen Vater, als Ihren Diener kennen, um Ihnen zu melden, daß wir die Schlacht bei Lens gewonnen, und daß dieser Sieg notwendig dem Kardinal Mazarin und der Königin eine große Macht über die Angelegenheiten Europas verschaffen muß. Möge somit Ihre Majestät, wenn Sie meinem Rate folgen will, diesen Moment nützen, um bei der Regierung des Königs zugunsten Ihres erlauchten Gemahls Schritte zu tun. Der Herr Vicomte von Bragelonne, der die Ehre haben wird, Ihnen diesen Brief zu überbringen, ist der Freund meines Sohnes, dem er nach aller Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet hat; er ist ein Kavalier, dem Ihre Majestät gänzlich vertrauen kann, falls Sie mir irgendeinen mündlichen oder schriftlichen Auftrag wollen zukommen lassen. Ich habe die Ehre mit Ergebenheit zu sein

Marschall von Grammont.«

In dem Momente, wo die Rede von dem Dienste war, welchen Rudolf dem Grafen leistete, konnte er nicht umhin, den Kopf nach der jungen Prinzessin zu wenden, und da sah er denn, daß sich ihre Augen mit einem Ausdrucke der innigsten Dankbarkeit gegen ihn erfüllten. Es war außer allem Zweifel, daß die Tochter des Königs Karl I. seinen Freund liebte.

»Die Schlacht von Lens gewonnen!« rief die Königin. »O, hier sind sie glücklich, da sie Schlachten gewinnen. Ja, der Marschall von Grammont hat recht, das wird die Gestalt ihrer Angelegenheiten verändern; allein mir bangt sehr, daß es nichts für uns beiträgt, wenn es uns etwa nicht gar noch Nachteil bringt. Diese Nachricht ist neu, mein Herr,« fuhr die Königin fort: »ich danke Euch, daß Ihr Euch so beeilt habt, sie mir zu überbringen; ohne Euch hätte ich sie erst morgen, vielleicht übermorgen als die letzte von ganz Paris erfahren.« »Madame,« versetzte Rudolf, »der Louvre ist der zweite Palast, wohin diese Nachricht gelangt; es weiß sie noch niemand, und ich habe es dem Herrn Grafen von Guiche geschworen, Ihrer Majestät dieses Schreiben zu übergeben, selbst ehe ich noch meinen Vormund umarmt hätte.« »Ist Ihr Vormund, so wie Sie, ein Bragelonne?« fragte Lord Winter. »Ich kannte vor Zeiten einen Bragelonne – ist er noch am Leben?« »Nein, mein Herr, er ist gestorben, und von ihm hat mein Vormund, mit dem er ziemlich nahe verwandt war, wie ich glaube, jenes Gut geerbt, von dem ich den Namen trage.« »Mein Herr, wie nennt sich Euer Vormund?« fragte die Königin, welche sich einer Teilnahme an diesem schönen jungen Manne nicht enthalten konnte. »Graf de la Fère, Madame,« entgegnete der junge Mann mit einer Verbeugung. Lord Winter machte eine Bewegung der Überraschung; die Königin blickte ihn freudestrahlend an, rief dann aus: »Der Graf de la Fère! Habt Ihr mir nicht diesen Namen angeführt?« Lord Winter konnte gar nicht glauben, was er da gehört hatte, und rief nun gleichfalls aus: »Graf de la Fère! O, mein Herr, sagen Sie mir, ich bitte, ist der Graf de la Fère nicht ein Edelmann, den ich als stolz und tapfer kannte, der Musketier Ludwigs XIII gewesen, und jetzt sieben- bis achtundvierzig Jahre zählen mag?« »Ja, mein Herr, es ist durchaus so.« »Und der unter einem angenommenen Namen gedient hat?« »Unter dem Namen Athos. Ich hörte noch, unlängst, wie ihm sein Freund, Herr d'Artagnan, diesen Namen gab.« »Ganz richtig, Madame, ganz richtig, Gott sei gelobt!« »Und befindet er sich in Paris?« fragte der Lord, gegen Rudolf gewendet. Dann kehrte er sich wieder zur Königin und sprach zu ihr: »Hoffen Sie noch, Madame, hoffen Sie noch, die Vorsehung erklärt sich für uns, denn sie fügte es, daß ich diesen tapferen Edelmann auf so wundersame Art wiederfinde. Und wo wohnt er, mein Herr, ich bitte Sie.« »Der Graf de la Fère wohnt in Paris und zwar in der Gasse Guénégaud, im Gasthofe ›Karl der Große‹.« »Ich danke, mein Herr. Melden Sie doch diesem würdigen Freunde, er wolle zu Hause bleiben, denn ich werde kommen, um ihn zu umarmen.« »Ich gehorche mit großem Vergnügen, mein Herr, wenn mich Ihre Majestät zu entlassen geruht.« »Geht, Herr Vicomte von Bragelonne, und seid unserer Huld versichert.« Rudolf verneigte sich voll Ehrerbietung vor den beiden Fürstinnen, beurlaubte sich von de Winter und ging hinweg.

Lord Winter und die Königin unterredeten sich noch eine Zeitlang, doch ganz leise, damit sie die Prinzessin nicht höre. Als sich dann de Winter entfernen wollte, sprach die Königin: »Höret, Mylord, ich bewahrte mir dieses diamantene Kreuz, welches von meiner Mutter kommt, und diesen St.-Michaels-Orden, der von meinem Gemahl ist; sie sind etwa fünfzigtausend Livres im Werte. Ich habe geschworen, daß ich eher des Hungers sterbe, als diese kostbaren Pfänder verkaufen wolle, allein jetzt, wo diese zwei Kleinodien ihm oder seinen Beschützern nützlich sein können, muß ich alles dieser Hoffnung aufopfern. So nehmt sie denn und gebricht es Euch an Geld zu Euren Unternehmungen, Mylord, so verkauft sie ohne alles Bedenken. Findet Ihr jedoch ein Mittel, sie zu bewahren, so bedenkt, Mylord, daß ich es Euch als den größten mir erwiesenen Dienst anrechne, den nur ein Edelmann einer Königin zu leisten vermag, und daß derjenige, welcher mir am Tage meines Glückes diesen Orden und dieses Kreuz zurückbringt, von mir und meinen Kindern gesegnet sein soll.« »Madame,« entgegnete de Winter, »Ihre Majestät wird von einem getreuen Mann bedient sein. Ich will mich beeilen, diese zwei Kleinodien an einem sicheren Orte niederzulegen, und würde sie nicht annehmen, wären uns die Mittel unseres früheren Wohlstandes übriggeblieben; allein unsere Guter sind eingezogen, unser bares Geld ist verausgabt, und auch mit uns ist es so weit gekommen, daß wir alles, was wir besitzen, zu Geld machen müssen. In einer Stunde begebe ich mich zu dem Grafen de la Fère, und bis morgen wird Ihre Majestät eine entscheidende Antwort erhalten.« Die Königin reichte Lord Winter die Hand, welcher sie ehrerbietig küßte, dann wandte sie sich zu ihrer Tochter und sagte: »Ihr hattet den Auftrag, Mylord, diesem Kinde etwas von ihrem Vater zu übergeben.« Lord Winter war betroffen, da er nicht wußte, was die Königin sagen wollte. Nun näherte sich die junge Henriette lächelnd und errötend und bot dem Edelmann ihre Stirne, indem sie sagte: »Meldet meinem Vater, daß er, ob er König oder Flüchtling, Sieger oder Besiegter, mächtig oder arm sei, an mir stets die gehorsamste und liebevollste Tochter haben werde.« »Ich weiß es, Madame,« erwiderte Lord Winter, indem er Henriettens Stirn mit den Lippen berührte.

 


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