Paula Dehmel
Singinens Geschichten
Paula Dehmel

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Vom Nacktspielen

Gestern freute ich mich sehr. Förster Fröhlich kam mit Erich und Marie zu Besuch. Erst gabs Kaffee mit frischen Waffeln, dann spielten wir Versteck auf dem Hof und Brückenmännchen; das war lustig.

Nachher gingen wir auf die Wiese und machten Kränze aus Gänseblümchen und lange Ketten von Nußblättern; damit putzten wir unsre Haare und Kleider. Aber ich sagte: Wißt ihr was? das Spiel muß viel hübscher sein, wenn wir nackend sind. Und wir liefen hinter das Gartenhaus, wo uns niemand sehn konnte, und zogen uns aus.

Unsre Kränze hingen wir uns um den Hals und um die Schultern, und dann faßten wir uns an und gingen in der Sonne spazieren. Wir spielten alte Griechen. Erich war der Prinz Paris und sollte der Schönsten einen Apfel schenken. Er fand uns aber alle beide am schönsten und aß den Apfel selber auf; da mußten wir sehr lachen.

Plötzlich kam meine Mutter. Sie sah ganz erschrocken und zornig aus. Schämt ihr euch denn nicht, ihr großen Kinder, sagte sie; sofort zieht ihr euch wieder an!

Die kleine Marie fing an zu weinen, und wir suchten rasch unsre Kleider.

Ich war fast böse auf meine Mutter. So schrecklich unartig waren wir doch garnicht gewesen. Und geschämt hatte ich mich eigentlich auch nicht. Das tue ich blos wenn mich einer sehr lobt, oder wenn ich was Dummes gemacht habe.

Und Mutter fragt mich doch nie, ob ich mich schäme, wenn ich in der Badewanne sitze und sie mich abseift; und da bin ich doch auch nackt.

Und das Spiel war so lustig, und die Nußblätter sahen so grün und frisch aus auf unsrer weißen Haut. Blos ein bißchen bange war mir gewesen, ob ich die Schönste sei – ja, das ist wahr –

Ob Mutting vielleicht doch Recht gehabt hat? – –


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