Felix Dahn
Sigwalt und Sigridh
Felix Dahn

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IV.

Allein abermals sah er das nicht, wie er nun aufsprang und, die Rechte zu dem König emporreckend, freudig rief: »Ja! Mich verzehrte ein Sehnen: – ich wußte nicht, nach was? Nach wem? Nun weiß ich's: nach der Heimat, die den Retter, den Rächer ruft. So heisch' ich denn Urlaub, König Hengist, Schoßvater – nein, den Blutvater hast du mir ersetzt. Habe denn Dank, mein Vater, für alle Liebe und Güte! Urlaub heisch' ich für immerdar!«

Da schwebte unhörbar ein Seufzer aus den zuckenden Lippen des Mädchens.

Der alte König aber sprach gar ernst: »Leicht wird dir, kurz machst du das Scheiden – nach so langen Jahren! Doch ist's der Jugend Art: in die Zukunft schaut sie, freudig hoffend, vor-, nicht rückwärts blickt sie auf das Vergangene! Und ich darf nicht schelten, nicht wehren. Dich ruft dein Volk, dich entsendet der waltende Wodan. So zieh hin im Schutze guter Gewalten. Zum Abschied – als letzte Gabe! – geb' ich dir mit mein bestes Orlogschiff und hundert Helme: ich brauche sie nicht zu bannen zu dieser Heerfahrt: ich weiß, viel mehr als hundert werden sich drängen unter deine Fahne: denn aller Herzen – ach aller! – Liebling warst du hier. In wenigen Nächten sind Schiff und Schar gerüstet: dann magst du scheiden – wie du es wünschest! – für immer.«

Des Alten Stimme bebte: er stockte: ein rascher Blick suchte der Tochter Auge: aber diese hielt die dunkeln Wimpern tief gesenkt. »Doch,« schloß er, »vergiß in der Heimat nicht ganz dieses Landes . . . .« – »Zweite Heimat ward es mir!« rief der Jüngling. – »Noch der treuen Herzen, welche dir hier schlagen.« – »Oh mein Vater! Oh Guntfride! Laß dich Schwester nennen! Aber . . . wohin – wie – entschwand die Jungfrau so rasch?«



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