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4. Kapitel.
Auf Befehl des Königs


Einige Tage später hielt vor dem Forsthause eine königliche Equipage. Auf dem Bock saß Sepperls Vater als Kutscher und der Wagen war leer.

Der Förster und die Försterin, Sepperl, Burgerl und Tonerl, alle kamen herbeigestürzt und begrüßten den Kutscher voll Herzlichkeit.

»Heinerl, wo kommst denn Du daher in aller Früh – und gar mit einer königlichen Kutsche! Grüß' Gott auch, grüß' Gott!« rief die Försterin, ihrem Bruder die Hand schüttelnd.

Heinrich Ronacher, Sepperls Vater, schob sich den Hut aus der Stirn und wischte sich den Schweiß ab, ehe er allen die Hand schüttelte und seinem Buben einen herzhaften Kuß aufdrückte.

»Grüß' Gott Euch alle miteinand'!« sagte er. »Gelt, Ihr tut Euch wundern, daß i hier vorfahr? Ja, i selbst bin net weni' erstaunt. Dös is eine verzwickte Sach'. Gib acht, Lonerl, gleich wird Dir der Verstand a wengerl stehen bleiben, wenn Du hörst, was i hier mit meiner Kutschen will!«

»No, no, schaust ja selber ganz verdattert aus, Heinerl, was is denn los?« fragte nun auch der Förster seinen Schwager.

Dieser wischte sich wieder über die Stirn.

»No, alsdann paßt fein auf. Also – i bin hier im Auftrag Seiner Majestät. Jawohl!«

»Waaas?« rief die Försterin erstaunt. »Ach geh', machst 'leicht wieder Deine Spasetteln, Heinerl. Willst uns weismachen, daß Dich der Herr König mit seiner Kutschen ganz expreß zu uns herausg'schickt hat!«

Heinrich Ronacher schüttelte den Kopf.

»Verlaßt's Euch nur d'rauf. Was i sag', hat seine Richtigkeit. Seine Majestät der König tut mich hierherschicken!«

Die Förstersleute sahen sich verdutzt an.

»Ja, meiner Seel', was sollst denn nachher bei uns? So tu doch nur reden, Heinerl!« rief die Försterin unruhig.

Ihr Bruder weitete sich mit dem Finger den Halskragen. Und dann stieß er hastig heraus:

»Das Burgerl soll i holen – und den Sepperl – zu Seiner Majestät ins Schloß – ja – Seine Majestät haben es mir selbst befohlen. »Fahren Sie zum Förster Malwinger und holen Sie mir das Burgerl und den Sepperl,« hat er g'sagt, ja – und da bin i und mehr weiß i selber net!«

Alle sahen sich bestürzt an.

»Burgerl und Sepperl ins Schloß?« fragte die Försterin atemlos vor Schreck.

Da sprang aber Burgerl jauchzend empor und klatschte in die Hände:

»Dös wird schon seine Richtigkeit haben, Mutterle! Denkst nimmer an unseren lieben Gast? Er hat mir doch versprochen, daß i den Herrn König sehen soll, und gar bald, 'leicht war er wirklich einer von den Hofleuten und hat es dem König g'sagt, daß i ihn mir gar zu gern anschaun möcht. »Ach, Du mei liebes Herrgottel – Sepperl, hast's g'hört, aufs Schloß sollen wir zwei kommen? Schnell, Mutterl, schnell, mei Sonntagsg'wanderl, i kann's nimmer derwarten, schnell, hilf mir in mei G'wanderl!«

So sprudelte Burgerl aufgeregt hervor und schüttelte den verdutzt dastehenden Sepperl, daß ihm Hören und Sehen verging.

Nun gab es eine große Unruhe. Der Förster und die Försterin berieten mit Sepperls Vater.

Darüber war man einig, daß des Königs Befehl befolgt werden müsse. Und schließlich sagte der Förster zu seiner Frau:

»Nun geh' schon, Lonerl, und richt' die Kinder sauber her. Es kann schon sein, daß Burgerl recht hat. Und wenn auch net, nix Schlimmes kann ja den Kinderln net passieren. Also geh' und richt' sie her!« –

Burgerl und Sepperl wurden nun von Grund aus gewaschen, mit frischer Wäsche und ihrem besten Gewand bekleidet, gebürstet und gekämmt, daß sie beide vor Sauberkeit blitzten und blinkten.

Auch die neuen, derben Nagelschuhe und ganz neue Strümpfe mußten sie anziehen, und jedes setzte ein kleines Filzhütchen auf.

Burgerls lockiges Haar wurde immer wieder von der Försterin glatt gebürstet, aber die widerspenstigen Löckchen stahlen sich doch überall wieder hervor.

Endlich war die Toilette beendet. Die Kinder bekamen nun soviel Verhaltungsmaßregeln, daß ihnen der Kopf brummte und sie alles durcheinander warfen.

Klopfenden Herzens legte die Försterin erst zwei große, frische Taschentücher von ihrem Manne über die grauseidenen Wagenpolster, ehe sie die Kinder vorsichtig hineinhob in die vornehme Kutsche.

»Daß Ihr fein still sitzt und Euch net rührt!« gebot sie und drückte ihrem Burgerl schnell noch einen Kuß auf die blühende Wange.

Burgerl strahlte vor wonnevoller Erwartung. Ihre lebhafte Phantasie eilte dem Wagen voraus und im Geiste sah sie sich schon in einem Wunderland.

Sepperl saß beklommen und unbehaglich auf dem weichen Polster. Ihn freute die ganze Geschichte gar nicht recht. Er wäre am liebsten daheim geblieben, und wenn sein Vater nicht dabei gewesen wäre, hätte er sich gegen diese Fahrt heftig gesträubt.

Als der Wagen abfuhr, rief die Försterin noch schnell leise zu ihrem Bruder hinauf:

»Gelt, Heinerl, nix Schlimmes laßt Du ihnen net g'schehen, da verlaß i mich drauf!«

Heinerl nickte bedächtig:

»Dös braucht Dich net zu b'kümmern, Lonerl. Seine Majestät hat mir doch g'sagt, i soll Euch sagen, daß i die Kinderln heut abend wohlbehalten wieder zurückbring'!«

Die Försterin schlug die Hände zusammen.

»Du Lackel, Du dummer, dös, wenn Du mir gleich g'sagt hättest. I komm bald um vor Angst, und Du sagst mir die Hauptsach' z'letzt!« schalt sie halb lachend, halb ärgerlich.

»No, no, ich hab' halt drauf vergessen, Lonerl!« brummte Heinerl. »No also, b'hüt Gott, Lonerl, b'hüt Gott auch, Schwager. Bis heut' abend!«

Nun ging es vorwärts auf dem weichen Waldweg.

Der Förster und die Försterin sahen dem Wagen nach, bis er verschwunden war. Dann sagte die Försterin aufatmend:

»Er is ja ein guter Herr, unser König. Gelt, Vaterl, Du bist auch g'wiß, daß ihnen nix Schlimmes passieren tut?«

Der Förster legte seinen Arm um seine Frau.

»Sorgen darfst Du Dich net, Lonerl. Der König hat g'sagt, daß sie am Abend wohlbehalten heimkommen. Da dürfen wir uns scho' fest d'rauf verlassen!« sagte er ruhig. Aber ein wenig beklommen war den Eltern doch zumute. – –

Burgerl und Sepperl saßen inzwischen steif und unbeweglich im Wagen. Burgerls Füßchen wollten zuweilen einen Tanz aufführen, aber dann klapperten die schweren Schuhe laut an den Wagensitz und schnell hielt sie wieder still.

Nur flüsternd tauschten die beiden Kinder ihre Vermutungen aus, denn auch in diesem Wagen umgab sie schon Hofluft. Und wer nicht gewohnt ist, diese zu atmen, dem legt sie sich beklemmend auf die Brust.

Aber schön fanden sie diese schnelle Fahrt durch den hellen Sommermorgen doch über die Maßen. Wenn Sepperl immer wieder seiner Befürchtung Worte gab, daß diese Fahrt ins Schloß etwas Uebles bedeuten könne, dann tröstete ihn Burgerl zuversichtlich:

»Wirst schon sehen, Sepperl, dös is von dem lieben, guten Herrn aus'gangen, der neulich bei uns im Giebelstüberl g'schlafen hat. Er hat es mir gar fest versprochen, daß i den Herrn König anschaun soll. Und was so ein fürnehmer Herr verspricht, dös halt er auch g'wiß. I hab' kein bisserl Angst und tu mich nur freuen!«

Sepperl hatte aber alle Mannhaftigkeit eingebüßt und war gar nicht zuversichtlich, daß dieser herrlichen Fahrt noch weitere Genüsse folgen würden. Er dachte wohl bei sich, daß mit großen Herren nicht gut Kirschen essen ist.

So schnell die Fahrt auch ging, dünkte sie den Kindern doch eine Ewigkeit. Aber endlich sahen sie das Schloß vor sich liegen, und sich fest bei den Händen fassend, schauten sie aus den Wagenfenstern zu dem stolzen Gebäude empor.

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