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Liebesbriefe aus dem Feld

Drei viertl Stunden vor Perthe
Im Schützengrabn bei Dreck und Schnee
Schreib ich an Dich ein Brieflein gar
Am zwoarazwanzigsten Februar.

Vielgeliebte Mariandl

Bist aa im Kriag mei Zuckerkandl!
Du möchst gern wissen, wies mir geht
Und wies mit mein Befinden steht;
Drum will i Dir a Verslein gebn
Von meinem Schützengrabenlebn.
Brauchst ja deswegn net drüber z' lacha,
I kanns halt aa net anders macha.
I kunnt mi ärgern, oft scho woana,
Hab nix mehr fast wia Haut und Boana!
Ja; und am ganzen Gwand koan Fleck
Der net strotzt vor lauter Dreck!
Das ganze Gsicht is voller Haar,
Und der Kriag is no net gar;
Zwoa Monat ham mir scho koa Bett
Dös waar dir so a Gfrett!
Kreizsakkra, is dir dees a Lebn;
Mir müaßen uns halt drein ergebn.
I bsinn mi zwar scho um und um:
Koa Bier, – koan Wein, – dös is mir z' dumm!
Mei Herr, wo tat ma's denn hernehma,
Wo mir gar nia ins Wirtshaus kemma!
Koan Hasen siechst und aa koa Reh;
Aber Läus kannst fanga – und erst Flöh!
Woaßt, wia mir da oft schabn und kratzn,
Daß uns glei auffahrn ganze Batzen!
Grad fangens wieder 's Beißen an,
Daß i gar nimmer schreiben kann;
Drum muaß i jetz mein Briaf beschliaßn,
Gell, tua fei 's Lieserl aa schön grüaßn!
Aufs Jahr, wann's Glück will, Marianderl,
Wird Dein Sepp Dein Ehemanderl.
Geh schick mir doch a Liebesgab,
Weil i koa Zigarrn nimmer hab!
Als Dank kriagst wieder a Gedicht –
Jetz pfüati Good – vergiß mein nicht!

*

Flandern, geschrieben auf Josefi.

Liebste Kuni!

Es streibt sich mir die feder reschbegtife Bleistift an Dich zu richten.

Du ausgschaamtes weipbsbilld Du! Wo ich anungslos im Felde der Ehrre den Heldendot fürs Vaderland bestreite und Du last mich sizen. Was hast Du den an dem geschnigelten Lapen den Gustl, wo er schon so ville Mätchen verfürt hat und gar nichz gleichsicht. auch errverlust und ist gar nicht fäig ein Soldat zu werden indem das ich doch ein stramer luipold kanonier bin wo ich es Dir imer noch recht gemacht habe und ausgeführt ins apolo und zum Albrecht und in kino. aber gnade God wenn der krieg gar ist und mir deitschen Helden mit den sigeslorber heimwärtz zien dann hau ich Dir die fozen schon so voll daß Du kein verlangen nicht mehr trägst.

Achtungsvolst
Dein getreier Hans.

 


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