George Byron
Don Juan
George Byron

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Neunter Gesang.

                               1.
O Wellington! (Auch Vilainton – die Masse
Spricht so und so die Heldensylben aus,
Den Namen selbst, beschwert mit Frankreichs Hasse,
Verdrehte es zu seinem Ohrenschmaus,
Geschlagen oder schlagend hängt's am Spaße.)
Du schlugst viel Ehre und Pension heraus.
Wollt' wer bestreiten solchen hohen Ruhm,
So riefe: Ne!Frage: Ney? – Druckerjunge. die Menschheit um und um.

                               2.
Du bist mit Kinnaird nicht ganz gut verfahren
In Marinets Geschichte, das war schlecht,
Man wird das nicht auf deiner Gruft gewahren,
Westminster wird dir sicher nicht gerecht.
Das Uebrige will ich mir hier ersparen,
Es ist für Feste alter Jungfern recht.
Doch ob du gleich an Jahren längst ein Mann,
Fängst du als Held erst deine Jugend an.

                               3.
England hat dir zu danken (und zu zahlen),
Jedoch Europa schuldet dir noch mehr;
Du leimtest frisch die Krücke der Loyalen,
Doch hält sie deshalb noch nicht allzu sehr.
Wie stark du restaurirt die alten Strahlen,
Fühlt Spanier, Franzos und Vlame schwer.
Durch Waterloo ward Schuldner dir die Welt
– Wenn's nur die Dichter nicht so ausgeschellt! –

                               4.
»Du Fürst der Halsabschneider!« – nicht erhitzen!
Von Shakespeare kommt's und ist hier ganz am Ort;
Krieg ist die Kunst, Gehirne zu verspritzen,
Wenn nicht ein Recht geheiligt hat den Mord.
Verfuhrst du einmal gut mit deinen Blitzen,
So wird's die Welt entscheiden da und dort,
Und freuen soll mich's, sagt mir einer an,
Wer außer dir durch Waterloo gewann.

                               5.
Kein Schmeichler bin ich; Viel hast du genossen
Von Schmeichelei; man sagt, du liebst sie sehr.
Wer immer fortgestürmt, gehaun, geschossen,
Dem macht das Donnern endlich doch Beschwer,
Und da ihm Lob weit mehr als Schimpf geflossen,
So will er Preis für jedes Ungefähr.
Man nennt ihn »Retter,« wo zu retten noch,
»Der Welt Befreier,« die noch stets im Joch.Siehe die Parlamentsreden nach der Schlacht bei Waterloo.

                               6.
Ich bin zu Ende. Geh' nun hin und speise
Vom Silber, das Brasiliens Fürst dir gab,
Doch daß was Gutes auch dein Posten beiße,
Schick' ihm von deinem leckern Mahl hinab.
Er focht, doch aß heut' nicht nach deiner Weise;
Und mancher Andre wankt am Bettelstab.
Verdient hast du gewißlich die Ration,
Doch gib dem Volke auch Etwas davon.

                               7.
Ich mache keine Reflexion – erhaben
Darüber ist ein großer Mann wie du.
Des Cincinnatus römisches Gehaben
Trifft gar nicht mit des Tags Geschichte zu.
Und liebst du's, an Kartoffeln dich zu laben,
Laß sie mit deiner Protection in Ruh'.
Die Halbmillion für dein Sabinergut
War etwas viel; doch drum kein böses Blut!

                               8.
Ein großer Mann will nichts von großem Lohne,
Epaminondas schlug den Feind und starb,
Für Leichenkosten ließ er keine Krone;
George Washington nur großen Dank erwarb,
Dazu den Ruhm – der fehlet manchem Throne –
Daß er sein Land befreit. Auch Pitt verdarb
Als Mann des Staats, von edlem Stolz entbrannt,
Bekanntlich gratis unser Vaterland.

                               9.
Gelegenheit war Keinem so im Leben
Und Keiner auch mißbrauchte sie so sehr,
Europa konntest du dem Bund entheben
Der Tyrannei, und segnen hinterher.
Und nun? Welch' Lob darf dir die Muse geben?
Da nun des Pöbels eitles Füllhorn leer?
Sieh' wie das Land von Hunger matt und stumpf,
Blick' auf die Welt und fluche dem Triumph!

                              10.
Da diese Strophen Kriegsgeschichte singen,
So widmet Sprüche meine Muse dir,
Wie sie die feilen Zeitungen nicht bringen.
Doch Zeit ist's, sie zu sagen dem Gethier,
Das sich dran labt des Landes Blut zu schlingen,
Gesagt muß werden ohne Furcht und Zier:
Du thatest Großes, doch dein kleines Herz
Versah das Größte, ließ die Welt im Schmerz.

                              11.
Es lacht der Tod: Betrachte das Gerippe,
In dem man sich das Unbekannte malt,
Das Welten birgt, wie jene Sonn' die Klippe,
Die anderswo in neuem Glanze strahlt.
Es lacht der Tod ob Allem; seine Hippe
Wie schrecklich Allen, denen sie einst zahlt,
Selbst wenn sie noch nicht sichtbar ist zur Stund'!
Schau, wie da grinst sein lippenloser Mund!

                              12.
Sieh' wie er Alles, was du bist, verhöhnet!
Doch war er, was du bist! Von Ohr zu Ohr
Lacht er nicht mehr? weil ihn kein Ohr mehr krönet;
Er hört nicht mehr, der possenhafte Thor.
Doch lächelt er und ist seit lang gewöhnet,
Dem Menschen abzuziehn den Rockelor,
Die Haut – die theurer als jed' Kleid uns kommt,
Die weiß und schwarz, doch nur dem Tode frommt.

                              13.
So lacht der Tod – ein trauriges Vergnügen!
Doch ist es so, und warum sollte nicht
Das Leben sich dem gleichen Brauche fügen
Und all das Nichts mit lächelndem Gesicht
Zertreten, das wie Blasen in den Zügen
Des Lebensmeers sich aufwirft und dann bricht,
Des Meers, das selbst der Sündflut weichen muß,
Die Jahre, Welten tilgt mit ihrem Guß.

                              14.
Sein oder nicht sein! das ist hier die Frage,
Sagt Shakespeare, der jetzt sehr in Mode ist.
Ich bin kein Alexander und ich sage,
Daß Ruhmsucht mir nicht an dem Herzen frißt;
Ich liebe mehr Verdauung alle Tage,
Als jenen Krebs, der mit Napoleon ißt.
Was hilft es – ohne guten Magen – mich,
Wenn fünfzig Mal der Feind vor mir entwich?

                              15.
Oh dura ilia messorum! Besser
Auf Deutsch: Du stark Gedärm der Schnitter, du!
Ich übersetze es zum Wohl der Esser,
Die wissen, wo so oft sie drückt der Schuh:
Ach! Unverdaulichkeit, der Lebensmesser,
Läßt Leib und Leber nimmermehr in Ruh';
Der Herr und Knecht ist gleich mit Noth gestraft,
Der Glücklichste ist, wer am besten schlaft.

                              16.
Sein oder nicht sein – eh' ich hier entscheide,
Möcht' ich erst wissen, was es heißt zu sein.
Wol speculiren wir in alle Weite
Und sehen Alles, wenn uns winkt ein Schein.
Ich neige mich vorerst auf keine Seite,
Bis beide Seiten einmal stimmen ein.
Oft kommt das Leben wie der Tod mir vor,
Mehr Athmung nur, als wirklich Lebens Flor.

                              17.
Que sais-je? War einst Montaigne's Devise
Und aller Weisen mit und ohne Glatz':
Daß zweifelhaft was nur der Mensch erkiese,
War immerdar ihr Lieblings-Glaubenssatz.
Klar ist, daß sicher keine Ader fließe,
So weit nur sterblich unser Quellenschatz.
So wenig wissen wir, wie wir daran,
Daß zweifelhaft, ob Zweifel nicht ein Wahn.

                              18.
Vielleicht ist's süß wie Pyrrho hinzuschwimmen
Im weiten Meer der Speculation,
Doch hat man Segel, warum dafür stimmen?
Das wäre eine schlechte Schifffahrt schon.
Auch wird man müd' vom langen Wellenklimmen
Im Denkermeer, und eine Haltstation
Am Strand, wo man mit Muscheln sich zerstreut,
Ist's beste für die Mittelmäßigkeit.

                              19.
Doch strahlt, sagt Cassio, der Himmel Allen.Siehe Othello.
Nichts mehr davon! Wir wollen beten drum,
Wir haben's noch, seit Adam so gefallen,
Und mit ihm fiel das ganze Menschenthum
Und Fisch und Thier – daß auch die Nachtigallen,
War Gottes eigner Rath, obschon warum?
Ich nicht verstehen kann; vielleicht sie saß
Auf jenem Baum, von dem die Eva aß.

                              20.
Ihr Götter sagt, was ist Theogonia?
Du Sterblicher, was heißt Philanthropie?
O Welt, was ist und war Cosmogonia?
Oft klagt man an mich der Misanthropie?
Doch weiß ich selbst so wenig wie Uria,
Was darin steckt. Ich fass' Lykanthropie,Hundswuth.
Oft wird ein Mensch ja ohne allen Grund
Beim ersten Anlaß ein gemeiner Hund.

                              21.
Doch ich der weichste, frömmigste der Frommen,
Wie nur ein Moses, ein Melanchthon gar,
Der niemals eine Bosheit unternommen,
Und wenn ich's nicht vermochte immerdar,
Der Seele Trieb und Neigung zu entkommen,
Zur Schonung neigte, wo zu schonen war,
Warum werd' ich als Menschenfeind beehrt?
Weil mich sie hassen, nicht weil's umgekehrt.

                              22.
Zeit ist's, dies gute Epos fortzusetzen,
Denn ich behaupte, daß es wirklich gut,
Daß Hauptstück sei und Vorwort hochzuschätzen,
Wenn man auch beiden jetzt noch Unrecht thut,
Die Wahrheit wird schon aus die Scharte wetzen
Und Alle bringen unter Einen Hut.
Bis dahin muß ich wol zufrieden sein,
Mit ihr zu theilen Kreuz und Heil'genschein.

                              23.
Wir ließen unsern Helden und auch deinen,
Hoff' ich, mein Leser, auf dem Weg, der trug
Zur Hauptstadt Peters, den polirten Schweinen,
Die stets mehr tapfer sich gezeigt als klug.
Man läßt dies Reich im Lichte gern erscheinen.
Selbst Voltaire thut's, von ihm kein schöner Zug!
Mir ist ein absoluter Autokrat
Nicht ein Barbar, nein, wen'ger als Kroat.

                              24.
Und kämpfen will ich, wenigstens in Worten,
Und glückt es mir, auch wahrlich durch die That,
Mit allen Denen, die Gedanken morden;
Es waren immer, wer den Geist zertrat,
Die rohesten Tyrannen aller Orten.
Ich weiß nicht, wem der Sieg am Ende naht;
Könnt' ich es ahnen, hemmte es doch nie
Mein offen Hassen jeder Despotie.

                              25.
Ich will dem Volk nicht Schmeicheleien sagen,
Auch ohne mich gibt's Wühler ja genug
Und Skeptiker, um Kirchen zu zerschlagen
Und drauf zu setzen eigenen Betrug.
Ob sie den Zweifel in die Herzen tragen,
Um, wie man lehrt, zu ernten Höllenlug,
Mir gleich! Ich will die Menschen nur befrei'n
Von Fürst und Plebs, von allen Tyrannei'n.

                              26.
Ich werde die Parteien all verletzen,
Weil ich zu keiner halte – schadet nicht!
Doch wird mein Wort man deshalb höher schätzen,
Als wenn ich folgte dem Parteigewicht.
Wer nichts verlangt, braucht wenig einzusetzen,
Wer nicht um Andre zu beherrschen ficht,
Wer sich nicht bückt, der spricht wie ich so frei
Und haßt den Schakalruf der Sklaverei.

                              27.
Ein gutes Bild, der Schakal! – In den Resten
Von Ephesus hört' ich ihn oft bei Nacht,In Griechenland hörte und sah ich diese Thiere nie; aber in den Ruinen von Ephesus hörte ich sie zu Hunderten.
Wie es der Brauch bei diesen feilen Gästen,
Den schnöden Beutelieferern der Macht,
Die immer lauern, ihre Herrn zu mästen.
Doch ist der Schakal, der den Schaffner macht
Des tapfern Leu, ein minder häßlich Thier,
Als Menschgewürm, das schafft für Spinnen-Gier.

                              28.
Heb' nur den Arm und weg ist das Gewebe
Und ohne dieses nutzlos Klau' und Gift.
Bedenk', mein Volk, was ich zu denken gebe!
Bedenkt es, Völker! haut nur, wen es trifft!
Es wächst das Netz, daß jeder daran klebe;
Verbindet euch, heißt meine Flammenschrift!
Sich frei zu machen, sticht jetzt mit Bravour
Die span'sche Fliege, Hellas Biene nur!

                              29.
Don Juan, weil er im Kampf geglänzt von Muthe,
Ward mit dem Schlachtberichte abgeschickt,
Wo wie von Wasser, Rede war von Blute;
Ja Menschen-Leichen, die wie Stroh geknickt
In Städten lagen, die gezähmt die Knute,
Sie wurden von Cath'rinen angeblickt
Wie eines Hahnenkampfes Rudera,
Worin sie gern den eig'nen siegen sah.

                              30.
In der Kibitke rollte er von hinnen;
Schlimm, federlos ist diese Wagenart,
Man bricht sich fast die Glieder ab darinnen;
Gar Manches kam ihm auf der langen Fahrt:
Ruhm, Orden, Könige und sein Beginnen –
Er wünscht' die Post mit Pegasus gepaart,
Zum wenigsten der Chaise Federkraft,
Wenn sie den Gast durch schlimme Wege schafft.

                              31.
Bei jedem Puff, und deren gab es viele,
Kehrt' er den Blick nach seinem kleinen Pfand,
Als wollt' er ihm abbitten jede Schwiele,
Die 's auf der schnöden Heeresstraße fand,
Von der Natur erbaut im rohsten Stile,
Denn Pflaster ist und Barke unbekannt,
Wo Gott Land, Wasser, Acker, Fischerei,
Höchst selbst besorgt in eigener Amtei.

                              32.
Er zahlt auch keinen Zins, und mag im Grunde
Der Erste jener Herrengattung sein,
Die Gutsherrn heißt, und die gedrückt zur Stunde,
Da längst schon keine Zinsen gingen ein,
So daß die Herren elend auf dem Hunde,
Und ihre Güter nur noch leerer Schein.
Der Preis sank mit Napoleon. O Schmach!
Der Hafer fiel dem großen Kaiser nach!

                              33.
Doch Don Juan blickte auf die süße Kleine,
Die als Trophä' er brachte aus der Schlacht.
O die ihr Maale baut und deren Steine
Mit Blute leimt, wie's Nadir Schah gemacht,
Der Indien durchtobt gleich einem Schweine,
Kaum mit Kaffee den Großmogul bedacht,
Sein Weh zu lindern – und den man erschlug,
Als er den Tod vom Fraß schon in sich trug –Er wurde durch Verschworene umgebracht, nachdem sein Temperament durch seine außerordentliche Anlage zur Verstopfung bis zur Tollheit gereizt war.

                              34.
O ihr und du! Bedenkt, wie doch ein Leben,
Das ihr gerettet, wenn es jung noch ist,
Weit süßere Erinn'rung euch muß geben,
Als selbst der grünste Lorbeer, der dem Mist
Des Menschenthons entsprang, sollt' ihn umweben
Das höchste Lob, das nur aus Schlachten sprich!
Der Ruhm der Harfe ist ein leerer Schall,
Kommt aus dem Herzen nicht sein Wiederhall.

                              35.
Ihr bändereichen, herrlichen Autoren,
Ihr hunderttausend arme Schreibersknecht',
Die ihr uns leuchtet, wo wir nichts verloren,
Euch zahlt wol die Regierung, daß ihr sprecht:
»Die Staatsschuld lass' uns alle ungeschoren.« –
Vielleicht auch schimpft ihr manchmal, wo es recht,
Und euer Schriftchen bringt euch selber Brod,
Indem ihr singt des Reiches Hungerstod.

                              36.
Ihr großen Autor'n! – Doch mir ist entfallen,
Was ich hier sagen wollt'. Dem Klügsten zwar
Kann manchmal eine Redensart verknallen.
Den Ingrimm wollt' ich mildern offenbar
Bei Manchem Seiner Majestät Vasallen;
Zwar wär's verlorne Mühe, das ist klar.
Dies tröstet mich für den verlornen Satz,
Der jedenfalls ein tiefer Weisheitsschatz.

                              37.
Doch er fahr' hin! Man wird ihn einstmals finden
Mit andern Resten einer frühern Welt,
Wenn diese Welt bedeckt sein wird mit Rinden,
Tief unten umgedreht, verwirrt, zerschellt,
Geschmort, ersäuft, verweht nach allen Winden,
Wie alle Welten, die vor ihr geschnellt,
Erst aus dem Chaos flogen, dann hinein,
Das einstens auch wird unsre Decke sein.

                              38.
Cuvier sagt so. Dann wird von alten Dingen,
Die längst zerstört und luftig, fabelhaft,
Zur neuen Schöpfung eine Kunde dringen
Mit mystischer, geheimnißvoller Kraft,
Wie jene Märchen, die uns Dichter singen,
Von Riesen, die der starke Lebenssaft
Wol hundert Schuh, ja Meilen aufwärts trieb,
Vom Krokodil und Mammuths holdem Lieb.

                              39.
Wird dann der vierte Georg ausgegraben,
Dann fragt sich wol der Mensch der neuen Erd',
Was solche Thiere einst gefressen haben?
(Der Mensch ist dann natürlich abgezehrt,
Denn Welten, die zu viel schon von sich gaben,
Verdünnen sich, der Vorrath wird geleert;
Jed neu Geschöpf nimmt stark an Größe ab,
Der Mensch ist Wurm im großen Erdengrab.)

                              40.
Und sehen diesem neuen Volk – das eben
Vom neuen Eden weg am Pflug wird gehn,
Um dran, zu schwitzen, keuchen und zu streben,
Zu schaffen, ernten, mahlen und zu sä'n,
Bis endlich neu die Künste sich erheben,
Sogar die Kriegs- und Steuerkunst – und sehn
Die mächt'gen Reste solchen Manns nicht aus,
Wie Saurier im Naturalienhaus?

                              41.
Da bin ich auf zu metaphys'schem Wege,
Die Zeit und ich, wir sind aus Rand und Band;
Mein Werk trägt doch ein heiteres Gepräge,
Ich aber wate in dem trocknen Sand.
Drum weiß ich nie, was ich zunächst nun wäge.
Zu viel Licenz! Stets wisse Kopf und Hand,
Wozu man schreibt. Ich kenne nie das Wort,
Das mir zunächst läuft aus der Feder fort.

                              42.
So schlend'r ich hin, indem ich bald erzähle,
Bald wieder sinn'. Zu Erstrem ist's nun Zeit! –
Don Juan flog rasch vorbei die Werstepfähle
Und trieb die Pferde zur Geschwindigkeit.
Man will wol nicht, daß mit Detail ich quäle,
So manches' Buch hat man ihm schon geweiht.
Er hat bereits Sanct Petersburg erreicht,
Die feine Hauptstadt, die im Schnee erbleicht.

                              43.
Er schreitet schon im schönen Kriegsgewande,
Im rothen Rock mit schwarzem Ueberschlag,
Die Feder wallt bis an des Hutes Rande,
Dem Segel gleich an einem wind'gen Tag,
Die Pantalons in allerfeinstem Stande,
Wie Kasimir nur immer glänzen mag,
Der weiße Strumpf gehörig festgeschnallt.
Die Seide hebt der Beine Wohlgestalt:

                              44.
So schreitet er mit Modehut und Degen,
Ruhm, Jugend und der Schneider hat's vollbracht,
Der große Mann, vor dessen Zauberschlägen
Schönheit entspringt, Natur versinkt in Nacht,
Wenn sie erschaut, wie Kunst ihr überlegen,
(Sofern sie nicht den Gliederspanner macht)
So schreitet er, der Artillerielieutenant,
Nie ward ein schön'rer Amor ausgesandt.

                              45.
Die Binde Amors ward ihm zur Cravatte,
Zur Epaulette, die Schwinge goldverklärt,
Zur Scheide sich verengt der Köcher hatte,
Der Pfeil drin ward zum kleinen scharfen Schwert,
Und aus dem Bogen eine Hutfregatte:
So Amor-ähnlich, daß es Psychen ehrt',
Wenn sie geschickter als so manche Dam'
Den Lieutenant gleich für den Cupido nahm.

                              46.
Der Höfling glotzte und die Dame girrte;
Sie lächelte, es grollt' der Mann der Wahl,
Ich weiß nicht mehr, wen Sie gerade kirrte,
Zu groß war stets der Auserwählten Zahl,
Die in der Tour der schwere Dienst anschirrte,
Seit Katharina auf dem Thron befahl,
Doch waren's meist Gesellen, stark und groß,
Daß es 'nen Patagonier verdroß.

                              47.
Zu ihnen zählte Don Juan nicht, denn schmächtig
Und schlank war er, ja bartlos, rosenroth;
Doch zog Etwas in seinem Wesen mächtig,
Noch mehr im Blick, der voller Feuer loht',
Wol sah er höchst seraphisch aus und prächtig,
Doch sah man wohl, daß sich ein Mann hier bot.
Auch war ein Knab' manchmal nach ihrem Sinn
Und eben erst ihr hübscher Lanskoi hin.Er war die große Leidenschaft der großen Katharina.

                              48.
Kein Wunder drum, wenn ein Yermóloff dachte,
Auch ein Scherbátoff oder andrer Off:
Die Majestät möcht' in des Herzens Schachte
Für neue Glut entdecken neuen Stoff,
Ein Furchtgefühl, das den bedenklich machte
Und ihm aus Blick und allen Zügen troff,
Der nach des Hofes artigem Jargon
Gerade war »in höchster Staatsmission.«

                              49.
O holde Damen, wenn ihr diese Phrase
Nach ihrem wahren Werth erkennen wollt,
Ersuchet Londonderry, diese Base,Dies wurde lange vor dem Selbstmord dieses Mannes geschrieben.
Um seiner Reden unschätzbares Gold.
In seines Wortschwalls dunklem Uebermaße,
Das Keiner faßt, dem Jeder Ehrfurcht zollt,
Entdeckt vielleicht ihr einen Unsinns-Sinn,
Und die Bedeutung jener Phrase drin.

                              50.
Ich denke doch, ich kann es euch erklären
Auch ohne jenes finst're Raubgethier,
Den Sphynx, deß Worte ewig dunkel wären,
Enthüllten sie nicht seine Thaten mir;
Ich kann das Ungeheuer wol entbehren,
Den Castlereagh, den Mann der blut'gen Gier.
In einer Anekdote, die nicht lang,
Erklär' ich euch der Phrase dunkeln Klang.

                              51.
Als eine Brittin eine Donna fragte,
Worin bestehe eigentlich die Pflicht
Des seltnen Dings, das Mancher schon behagte
Und das auf Eh'fraun ist so sehr erpicht,
Des Cavalier servente, der's oft wagte,
Statu'n zu wecken (wahr ist die Geschicht')
Wie einst Pygmalion – sprach sie zur Miß:
»Ich bitte, Liebe, denken Sie sich dies.«

                              52.
So bitt' auch ich, die Stellung sich zu denken
Und auszulegen möglichst mild und zart,
Die solchen Herrn die Kaiserin mocht schenken.
Sie war sehr hoch, die höchste ihrer Art,
Und bitter mußte die Befürchtung kränken,
Ein neuer Günstling sei hier auf der Fahrt;
Da jeder Neue, der bestand die Prob',
Das Staatspapier und dessen Träger hob.

                              53.
Don Juan war, wie gesagt, ein schöner Knabe
Und wahrte seinen mädchenhaften Blick
Noch nach der Zeit, wo mit des Schnurbarts Gabe
Verloren geht die fesselnde Musik,
Der Parisduft, der Troja trug zu Grabe,
Und Doctor Commons schuf. – O Mißgeschick!
Ich kannte manchen Ehescheidungsbrief,
Der mir zurück die Iliade rief.

                              54.
Doch in Cath'rinen, die für Alle fühlte
– Nur nicht für ihren abgefahrnen Mann –
Und sich gar gern an jenen Riesen kühlte
– Die eine Zarte nicht ertragen kann –
Von Zeit zu Zeit auch sanftre Regung wühlte.
So war es Lanskoi, der sie ganz gewann,
Der manche Thräne einst gekostet ihr,
Obwol er gab 'nen schlechten Grenadier.

                              55.
Teterrima des belli causa – Minne!Horaz Satiren, Buch I, Satire 3, der schlechteste Grund zum Kriege.
Du unbeschreiblich Lebens-, Todes-Thor,
Du unser Aus- und Eingang! Wenn ich sinne,
Kommt Alles doch aus deinem Born hervor.
Wie einst der Mensch fiel, ward ich niemals inne,
Weil sich Erkenntniß mit der Frucht verlor,
Doch wie er seither steigt und wieder fällt,
Hast du mehr als wir ahnen festgestellt.

                              56.
Man nennt dich wol »den schlechtsten Grund zum Kriege,«
Ich aber sag', daß du der beste bist;
Du unser Grab und ebenso die Wiege,
Wer wollte nicht mit Waffen und mit List
Um dich erkämpfen tausend blut'ge Siege?
Du füllst doch wieder jede Welt, die ist.
Mit dir – und ohne dich! – ist Alles Tand,
Du holde See auf Lebens trocknem Land.

                              57.
Cath'rina, diese große Prachtausgabe
Des großen Grunds von Frieden oder Krieg
Und was ihr wollt! – denn jede Lust und Labe,
Wie Schmerz und Noth der Minne Schooß entstieg –
Sie freute innig dieser hübsche Knabe,
Auf dessen Federbusche saß der Sieg.
Und als er kniete mit dem Brief vor ihr,
Vergaß sie ganz zu öffnen das Papier.

                              58.
Doch bald war ganz die Kaiserin sie wieder,
Wobei sie doch des Weibes nicht vergaß,
Das ihr ja ging durch Adern und durch Glieder;
Und als sie nun das Schreiben nahm und las,
Betrachtete der Hof sie, auf und nieder,
Bis ihre Lippe, das Schönwetterglas,
Ein Lächeln hob. Ob ihr Gesicht auch rund,
War's edel doch, und Auge schön und Mund.

                              59.
Heut' ward ihr Glück und Freude zur Genüge:
Zuerst die Stadt, der Todten große Zahl –
Ruhm und Triumph flog über ihre Züge,
Wie über's Meer der ind'schen Sonne Strahl.
Als ob ein Regen durch die Wüste pflüge,
Stillt nun ihr Ehrgeiz seines Durstes Qual.
Doch nur für kurz! Wie Thau vergeht im Sand,
Wäscht doch dies Blut dem Ehrgeiz nur die Hand.

                              60.
Die zweite Freude galt dem Sonderbaren.
Sie lachte ob Suwórow's Reimewuth,
Der eine Welt voll Mord und Tod'sgefahren
In einem Vers zu malen ihr geruht.
Ihr dritt Gefühl läßt uns das Weib gewahren
Und dämpfet wieder das empörte Blut,
Empört, daß Herrscher freuen sich an Schlacht
Und ihre Feldherrn Witze draus gemacht.

                              61.
Die Regungen durchliefen ihr Gebiete
Und hellten erst ihr Auge, dann den Mund,
Der ganze Hof sah aus wie süßer Friede,
Wie welke Blumen, die durch Thau gesund.
Doch als der Lieutenant ihr zu Füßen kniete
Und Sie, der Jugend ein so lieber Fund
Wie Siegesbotschaft, hold ihn angeblickt,
War alle Welt gefesselt und bestrickt.

                              62.
Ob üppig schon und voll und geil von Wesen
War sie, wenn lieberregt, ein schönes Weib,
So wie sich Einer möchte auserlesen,
Der Saft'ges liebt, hat er noch Kraft im Leib;
Sie zahlte gerne ihre reichen Spesen
Für jeden Blick im Liebeszeitvertreib;
Doch streng trieb sie Cupido's Rechnung ein,
Erlaubte keinen Abzug, noch so klein.

                              63.
Der war bei ihr, wenn er sich sonst auch schickte,
Nicht angezeigt, denn sie war heiß von Blut
Und liebenswerth, wenn sie auch heftig blickte,
Auch für die Freunde immer nur zu gut.
Und Wen einmal ihr Boudoir umstrickte,
Der schwoll bald auf von seines Glückes Flut,
Wie Gileser schwillt von seinem Glück, es ist zu groß, er ist verheiratet!
Sir Giles Overreach in Massingers: Ein neuer Weg alte Schulden zu bezahlen.
es nennt; denn fraß ihr Heeresbann
Auch Männer viel, so liebt' sie doch den Mann.

                              64.
Der Mann ist seltsam, doch stets mehr noch waren
Die Weiber es! Ein Wirbel ist ihr Sinn,
Und welch ein wilder Strudel von Gefahren
Kreist um sie her! Die Jungfrau, die Gattin,
Die Mutter Wittwe ändert ihr Gebaren
Wie Wind. Was sie gesagt, gethan fährt hin
Und weicht dem, was sie thun und sagen wird,
Das ält'ste Ding, das immer neu verwirrt.

                              65.
O Catharina – denn mit Recht gebühren
Die O und Ach von Krieg und Liebe dir –
Wohin doch oft uns die Gedanken führen,
Wenn sie sich stoßen in des Geists Quartier,
Wie seltsam jetzt die deinen sich berühren!
Erst war dir Ismail das Hauptpläsir,
Sodann der Traum vom neuen Ritterschlag,
Dann der Depeschenträger, der hier lag.

                              66.
Shakespeare spricht von Mercur als abgestiegen
Auf einem Berge, der den Himmel küßt;
So etwas mochte durch den Kopf ihr fliegen,
Als jener Herold knieend sie begrüßt.
Der Berg mocht' hoch für einen Lieutenant liegen,
Doch Kunst zwang selbst den Simplon, und Gelüst,
Mit Gottes Segen und durch Jugendpracht,
Wird jeder Kuß zum Himmelskuß gemacht.

                              67.
Sie sah herab, der Jüngling sah nach oben
Und so verliebte sie in sein Gesicht,
In seine Anmuth sich und andre Proben.
Cupido's Trank betäubt wie starkes Licht,
Bald fühlt man sein Laudanum in sich toben
Und ist berauscht, es braucht des Trinkens nicht;
Der Liebe Blick trinkt alle Quellen leer,
Die Thränen einzig fließen um so mehr.

                              68.
Er andrer Seits verfiel, wo nicht in Liebe,
So doch in Selbstsucht, jene Leidenschaft,
Die uns bethört, wenn eines Weibes Triebe,
Das weil es Mode, himmlisch, zauberhaft,
Ob Sängerin ob Fürstin – wie Polype
Sich an uns heften mit der Sehnsucht Kraft.
Wir glauben dann, weil sie so gnädig ist,
Wir seien mehr als jeder andre Christ.

                              69.
Er stand zudem in jenen schönen Jahren,
Wo alle Frau'n gleich liebenswerth uns sind,
Wo wir statt heikel, tapfer darein fahren,
Wie Daniel in der Löwengrube blind,
Und unsre Glut zu löschen da uns schaaren,
Wo immer nur ein lustig Wasser rinnt;
Wie auch Apollo in der Thetis Schooß
Die große Hitze wird am besten los.

                              70.
Und Catharina, das muß man gestehen,
War wild und grausam, aber doch ein Ding,
Deß Liebe Einen schmeichelnd könnt' umwehen,
Weil am Geliebten halb ein König hing,
Geschaffen ganz nach weiblichen Ideen,
Ein König-Ehgemahl nur ohne Ring,
Was nur den Stachel nahm dem Paradies,
Doch ihm der Ehe vollen Honig ließ.

                              71.
Nimmt man dazu die reifen Frauengaben,
Die blauen Augen oder auch die graun,
– Die letztern sind, wenn sie nur Seele haben
So int'ressant, wie jene anzuschau'n:
Wie durften die Maria's Manchen laben,
Der Schottin, jener lieblichsten der Frau'n!
Auch Pallas einstens diese Farbe trug,
Für blaue Gläser war sie viel zu klug. –

                              72.
Ihr Lächeln, ihre majestät'schen Glieder,
Die kaiserliche Huld, womit sie sich
Vor vielen Männern ließ zu ihm hernieder,
(Sie, die doch einer Messalina glich)
Die Lebenskraft, das übervolle Mieder,
Nebst Andrem mehr, das reizend, wonniglich,
Erklärt genug, wenn man's noch nicht gewußt,
Wie so ein Bürschchen eitel werden mußt'.

                              73.
Und dies genügt! Denn eitel ist die Liebe,
Selbstsüchtig stets von Anfang bis zu End',
Wenn ganze Tollheit nicht die heißen Triebe;
Toll muß man sein, wenn man total verkennt,
Daß leer die Schönheit, eitel ihr Getriebe,
Wenngleich durch sie die Leidenschaft nur brennt;
Und daher ward von Weisen aufgestellt:
Die Liebe sei das Triebrad aller Welt.

                              74.
Doch neben der platon'schen Lieb', dem Glauben,
Der Lieb' zu Gott, und zur Empfindung gar,
Der Liebe treuer Paare (Ach mit »Tauben,«
Dem alten Dampfer, der bereit stets war,
Die Verse gegen die Vernunft zu schrauben,
Muß ich hier reimen; denn Vernunft, was klar,
Geht niemals mit dem Reim), ja neben all
Den Lieben hier ist man der Sinne Ball;

                              75.
Ja dieser körperlichen höchsten Spitzen,
Die Allen noch die Sehnsucht riefen wach:
Trotz ihrem Staub, 'ne Göttin zu besitzen;
Das ist ja Jede, wär' sie auch ein Drach'! –
Wie hehr der Traum, wie schön das Liebes-Blitzen,
Das diesem Trieb folgt auf dem Fuße nach!
Und welches tiefe, wunderbare Ding,
Daß eine Seele man mit Thon umfing!

                              76.
Die schönste Liebesweise, zum Beginnen
Wie zum Beenden ist doch Plato's Band;
Die nächste heiß' ich das kanon'sche Minnen,
Weil Geistlichkeit das Ding nimmt in die Hand;
Die dritte blüht, so viel wir uns entsinnen,
In jeder Stadt, in jedem Christenland,
Wenn keusche Frau'n zu manchem andern Stück
Erringen noch geheimen Bundes Glück.

                              77.
Wir gehn nicht weiter ein, denn die Geschichte
Spricht für sich selbst: Die Hohe ward behext,
Don Juan durch ihre Lieb' und Lust zu Nichte, –
Ich kann nicht ändern, was ich hier geklext,
Die Zwei sind ja beisammen stets so dichte,
Daß Eins nothwendig aus dem Andern wächst.
Auch war hierin die große Kaiserin
Solider nicht wie jede Nähterin.

                              78.
Der Hof ging auf in einem Rundgeflüster,
Ein jeder Mund lag stets an jedem Ohr,
Die alten Damen wurden nur noch wüster,
Die jungen blinzten unterm Fächer vor;
Man lächelte, es spannte sich jed' Nüster,
Wenn irgendwo ein Lispeln sich verlor.
Doch bei der ganzen stehenden Armee
Trat in die Augen bittres Naß und Weh'.

                              79.
Es fragten die Gesandten aller Mächte,
Wer denn der nagelneue junge Mann,
Der sich nach Stunden groß zu sein erfrechte,
Was gar zu bald (wenn's Leben schnell auch rann!).
Schon sahn sie Rubel, silberne und ächte,
So schnell hinrollen, als ein Rubel kann,
Zu ihm! zu ihm! Dazu der Orden Schmuck
Und tausend Bauern zum belieb'gen Druck,Ein russische? Gut wird stets nach der Zahl der darauf befindlichen Leibeigenen taxirt.

                              80.
Freigebig war Cath'rine, wie sie Alle!
Die Liebe die da jedes Herz erschließt,
Und jede Bahn, die führt zu dessen Falle,
Ob sie nun weiter oder enger fließt,
Die Lieb' (trotz ihrer Lust am Pulver-Knalle,
Trotzdem als Gattin sie kein Lob genießt,
Wofern es nicht auch Clytemnestra thut,
Weil oft ein Tod der Ehe kommt zu gut.)

                              81.
Die Liebe trieb sie, immer zu beglücken,
Nicht wie die halb nur keusche Lisabeth,
Die schäbig war in all und jeden Stücken,
Wenn die Geschichte mit der Wahrheit geht;
Und mocht' sie Kummer vor der Zeit entrücken,
Weil sie den Günstling grimmig hingemäht,
Der schnöde Bund von Geiz und Kokett'rie,
Der Frau und Kön'gin bringt er Infamie.

                              82.
Als das Lever ward endlich aufgehoben
Und von dem Kreise fiel der steife Bann,
Da drängten sich von Unten und von Oben
Glückwünschend Alle um den jungen Mann;
Auch rauschten schon gefährlich seidne Roben
Und manche Dame schmiegte sich ihm an,
Die gern auf schöne Männer speculirt,
Besonders wenn sie sich damit poussirt.

                              83.
Don Juan, der sich, er wußt' nicht wie's geschehen,
Als Mittelpunkt der Complimente sah,
Wußt' sich alsbald so anmuthsvoll zu drehen,
Als ob es ihm schon seit Geburt geschah.
Ihm schrieb Natur, er brauchte nicht zu flehen,
Auf seine Stirn', er sei kein Paria.
Er sprach nicht viel, doch gut, und die Manier
Schwang über ihm der Grazien Panier.

                              84.
Der Kaiserin Gebot empfahl indessen
Den jungen Lieutenant der bewährten Hut
Der Frau vom Dienst; sie blickte süß zum Fressen,
– Wie oft die Welt beim ersten Blicke thut,
Die Jugend sollte Solches nie vergessen –
Auch Fräulein Protosoff war ihm so gut.
Sie hieß die Eprouveuse nach ihrem Amt,
Ein Wort, vor dem in Scham die Muse flammt.

                              85.
Mit ihr, die ihn von nun an pflichtlich hütet,
Zog Don Juan sich zurück, so thu' auch ich,
Da meinen Pegasus der Weg ermüdet.
Auf einem Berg so »himmelküsserich«
Stehn wir, daß mir's im Kopfe dreht und wüthet,
Und bald mein Denken einem Mühlrad glich,
Was mir für Hirn und Nerven ein Signal,
Im Schritt zu reiten durch ein grünes Thal.

 


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