George Byron
Don Juan
George Byron

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Siebenter Gesang.

                               1.
O Liebe und o Ruhm, die ihr uns immer
Umtanzt und selten zu uns niedersteigt,
Am weiten Himmel ist kein Stern und Schimmer
So unstät, flüchtig und so weit verzweigt!
Wie in dem Meere ausgesetzte Schwimmer
Spähn wir, ob nicht sich euer Licht uns neigt.
In tausend Farben lächelt es uns an,
Dann läßt es uns auf unsrer eis'gen Bahn.

                               2.
Und so wie ihr ist diese Herzgeschichte
Ein unbeschreiblich wechselvoller Reim,
Aurora borealis im Gedichte,
Die hinflammt ob des Eises weitem Heim.
Wie kläglich wir, wenn wir erschaun bei Lichte,
Was wir hier sind. Doch geht nicht aus dem Leim
Das Weltall, wenn man über Alles lacht,
Ist Alles doch zum Schauspiel nur gemacht!

                               3.
Man klagt mich an, mich, nämlich den Verfasser
Des schönen gegenwärtigen Gedichts,
Ich sei der Menschentugend böser Hasser
Und schätze weder Kraft noch Geist, kurz Nichts;
Man sagt's in einer Sprache, die noch krasser!
Was will man denn? du Herr des ew'gen Lichts!
Ich sagte nichts, als was auch Salomo,
Cervantes, Dante sagten frei und froh.

                               4.
Was Luther, Swift, Macchiavel schon sagte,
Plato, Laroche Foucault und Fénélon,
Was Rousseau, Wesley, Tillotson beklagte:
Daß unser Leben werth nicht sei die Bohn'! –
Wer ist's, der uns drum anzuklagen wagte?
Ich halte mich nicht für des Cato Sohn,
Für Diogen. Wir leben, sterben hier,
Was besser sei, wer weiß? – ich oder ihr?

                               5.
Auch Sokrates sagt: unser einzig Wissen
Sei wissen, daß wir Alle wissen Nichts.
So stellt er jeden Eselskopf beflissen
Auf Eine Stufe mit dem Mann des Lichts.
Selbst Newton, der des Geistes Nacht zerrissen,
Trotz allem Finden und Entdecken spricht's:
Er sehe sich als einen Knaben an,
Der Muscheln sucht am Wahrheitsocean.

                               6.
Daß Alles eitel, sagten schon Propheten,
Moderne Pfarrer sagen's ebenfalls
Und zeigen's durch ihr Leben und ihr Reden,
Kurz, voll davon ist Jeder bis zum Hals;
Und nun da Heilige, Pfarrer und Poeten
Hinzugegeben ihren Senf und Salz,
Soll ich allein aus feiger Angst vor Streit
Nichts sagen von des Lebens Nichtigkeit?

                               7.
Ihr Hunde oder Menschen – sag' ich Hunde,
So schmeich'l ich euch, denn die sind mehr als ihr –
Ihr mögt's nun lesen oder nicht, zur Stunde
Erklär' ich euch, was ihr für ein Gethier.
So wenig Luna hemmet ihre Runde,
Heult sie ein Wolf an, wird die Muse hier
Auch einen Strahl nur löschen. Darum bellt
Nur zu, indeß sie euern Pfad erhellt. –

                               8.
»Wild Liebeswerk und Krieg, wo nicht zu spaßen!«
Ich weiß nicht recht, ob dies die Lesart ist,
Die Sache ist's, ihr könnt euch drauf verlassen.
Ich singe beide, und in kurzer Frist
Werd' eine Stadt mit Sturm ich nehmen lassen.
Zu Land und Wasser, mit Gewalt und List
Berannte sie Suwórow, der das Blut
Wie Knochenmark ein Rathsherr liebt mit Wuth.

                               9.
Die Festung nennt sich Ismail, gelegen
Am linken Donauufer, wohl gebaut
Und im Geschmack wie Orientalen pflegen,
Als Festung ersten Rangs und keusche Braut;
Das heißt, sie war's! jetzt ist sie ja erlegen
Und so verfault, wie ihres Siegers Haut.
Vom Meere liegt sie achtzig Werste, und
Mißt wol dreitausend Klafter in der Rund'.

                              10.
Noch in dem Umkreis dieser Festungswälle,
Links auf der Höhe ein Gehöfte lag,
Das so die Stadt wie eine Citadelle
Beherrschen mußte ohne alle Frag';
Ein Grieche baute drum an dieser Stelle
Von Palissaden einen Holzverschlag,
So daß der Festung Feuer ward genirt
Und das des Feindes trefflich protegirt.

                              11.
Der Umstand zeuge von den hohen Gaben,
Die dieser Vauban Numro zwei besaß.
Doch war gewaltig tief der Festungsgraben,
Der Wall so hoch, wie nie ein Galgen maß.
Doch Manches mocht' man übersehen haben
– Sprech' ich im Handwerkston, entschuldigt das!
Da war kein Vorwerk, kein bedeckter Weg
Als Wink, daß hier verbotenes Gehäg'.

                              12.
Doch eine Steinbastion mit enger Kehle
Und Mauern wie die meisten Schädel, dick,
Zwei Batterieen, eine bis zur Seele
Gewölbt, die andre offen für den Blick,
Beschützten hier der Donau Uferpfähle;
Zur rechten Seite war der Stadt Geschick,
Wol zwanzig Feuerschlünden anvertraut,
Für die man einen Cavalier erbaut.

                              13.
Doch von dem Fluß her ist die Festung offen,
Weil niemals träumt' der Türken Apathie,
Es werde hier ein russisch Schiff betroffen,
Und daran hielten eigensinnig sie,
Bis nichts zu helfen mehr und nichts zu hoffen.
Doch da die Donau hier durchwatbar nie,
Sahn sie die russische Flotille an
Und riefen Allah! Damit war's gethan.

                              14.
Die Russen waren fertig zum Berennen;
Wie aber, o ihr Göttinnen des Ruhms!
Den Namen jedes Gardkosaken nennen,
Der würdig wäre eures Heiligthums;
Wol muß ich hier zu ihrer Ehr' bekennen,
Achilles selbst, der Stolz des Heldenthums,
War wilder nicht als Tausend' der Nation,
Die auszusprechen ganz unmöglich schon.

                              15.
Doch unsrer Sprache Wohlklang zu vermehren,
Nenn ich nur Stroganoff, Lascy, Wolkoff,
Mecnop, Arseniew, Ripopierren
Und Severitsch, Tschipeka, Tschitschagoff,
Für andre, wo zwölf Consonanten wären,
Fänd' ich in jeder Zeitung wol noch Stoff.
Doch Fama, dieses grillenhafte Weib,
Hat, scheint's, ein allzu feines Ohr am Leib.

                              16.
Sie kann den Mißton nicht in Reime bringen,
Der in KiewKioff. als Name gelten mag;
Da waren ein'ge, die so gellend klingen,
Wie das Metall bei einer Glocke Schlag,
Ja Worte waren's, passend zum Verschlingen
Für Castlereagh an einem Redetag,
Sie endigten in ischkin, uschkin, off,
In alle Formen, die nur hart und schroff.

                              17.
Da gab's Scheremeteff und andere Namen,
Kozlowski, Puschkin, Kurakin und mehr,
Die wackersten, die je zum Treffen kamen,
Die rücksichtslos hantirten Schwert und Speer,
Und sich nur scheerten um Muhammed's Samen,
Sofern der Reif der Kesselpauken leer,
Weil sie das Fell, wenn Schweinshaut theuer war,
Aus Türken schnitten, was ja sonnenklar.

                              18.
Auch Fremde jedes Volks, von leichten Sitten,
Freiwillige von Namen waren hier,
Die aber nicht für ihre Heimat stritten,
Sie wollten einzig werden Brigadier
Und Städte plündern, wenn man es gelitten,
Für junge Leute immer ein Plaisir;
Viel Britten gab's darunter, und von Stand,
Zehn wurden Thomson, neunzehn Smith genannt.

                              19.
Jack Thomson gab's und Bill, die andern Alle
Sie nannten Jemmy nach dem Dichter sich,
Und hatten Kränze auf in jedem Falle.
Ja solch ein Ahnherr freuet männiglich!
Drei Peter Smith gab's auch; die beste Kralle,
Die nie vor einem Stoß und Schlage wich,
Wuchs aber dem, der seither im Quartier
Zu Halifax, jetzt diente er noch hier.

                              20.
Jacks, Gills und Wills verletzten noch die Ohren,
Der ältre Jack schließt ruhmvoll ihre Schaar,
Der in den Bergen Cumberlands geboren
Und dessen Vater biedrer Hufschmied war,
Der aber hier sein Leben schön verloren.
Sein Namen füllt drei Linien auf ein Haar
Im Schlachtbericht bei einem Moldauort,
Er nahm ihn ein und fiel unsterblich dort.

                              21.
Obschon ich Mars, den Kriegsgott, hoch verehre,
Bezweifl' ich doch, daß so ein Schlachtbericht
Der Kugel nimmt die Schmerzen und die Schwere.
Man nimmt den Zweifel mir doch übel nicht?
Gesetzt, daß ich ein blöder Pinsel wäre,
Ein sichrer Shakespeare ganz dasselbe spricht.
In seinen Dramen wird es proclamirt,
Man gilt für witzig, wenn man es citirt.

                              22.
Dann gab's Franzosen auch, galante Jungen.
Ich aber bin zu guter Patriot,
Als daß ich ihre Namen hier gesungen.
Nein, lieber als ein wahres Wort, bei Gott!
Zehn Lügen doch! Sonst schrieen tausend Zungen:
»Verrath, Verrath!« die Wahrheit ist Complot!
Verräther ist, wer nur den Franken nennt,
Geschieht es nicht mit einem »Sakerment.«

                              23.
Die Russen hatten nun zwei Batterieen
Auf einer Insel bei der Stadt erbaut,
Und dachten die mit Brand zu überziehen
Und zu durchlöchern jeder Wohnung Haut,
Wie viel auch arme Teufel dabei schrieen,
Die Form der Stadt verlangte es ja laut.
Da diese amphitheatralisch war,
Bot jedes Haus als Scheibenbild sich dar.

                              24.
Zugleich gedachte man zu profitiren
Vom ersten Schreck' und jähen Donnerschlag,
Und jene Flotte keck zu attakiren,
Die ahnungslos ganz nah' vor Anker lag,
Man hoffte selbst auf ein Capituliren
An der Beschießung erstem Schreckenstag,
Ein Wahn, der oft schon Krieger machte blind,
Wenn sie nicht ganz nur wilde Doggen sind.

                              25.
Höchst tadelnswerth ist's, jene zu verachten,
Die man bekämpft und oft schon gab sich kund,
Daß falsche Rechnung die Verächter machten.
Dies Mal ging Tschitschikeff und Smith zu Grund,
Ein tapfrer Smith fiel so im wilden Schlachten
Aus jener Neunzehn int'ressantem Bund.
Fürwahr der Name ist so allgemein,
Der erste Smith mußt' wol Freund Adam sein.

                              26.
Die Batterieen waren nicht gelungen,
Weil übereilt und lässig angelegt,
Derselbe Grund, durch den ein Vers mißlungen;
Der Longman und John Murray aufgeregt,
Wenn nicht so rasch ein neues Buch verschlungen,
Als der's erwartete, der es verlegt,
Derselbe Grund hemmt (nur für den Moment)
Was Der Gemetzel, jener Ehre nennt.

                              27.
Ob Ignoranz die Schuld daran getragen,
Ob Eile und Verschleud'rung kam an's Licht,
Ob man die Lieferanten sollt' verklagen,
(Die gegen Gott damit gethan die Pflicht,
Daß ihre Waare übel angeschlagen)
Genug! die Batterieen taugten nicht:
Sie fehlten stets und sie verfehlt' man nie,
So mehrten sich die Fehlenden durch sie.

                              28.
Ein trauriges Verrechnen der Distanzen,
Vernichtete, was sie zur See gebraut,
Drei Brander mußten in das Jenseits tanzen,
Noch ehe sie den Wirkungsort geschaut,
Zubald entflammte man die Luntenlanzen
Und nicht zu löschen war das Zündungskraut.
So flogen sie im Flusse in die Luft,
Die Türken schliefen, während sie verpufft.

                              29.
Um sieben standen sie dann auf und sahen,
Wie näher kam die russische Flottill',
Und neun Uhr war's, da rückten ihre Raaen
Auf Kabellänge bis an Ismail
Und ihr Geschütz begann es zu umfahen,
Doch machte es der Türke beinah' still.
Und gab mit Zinsen ihm zurück das Schrot,
Den Bomben-, Kugeln- und Kartätschentod.

                              30.
Sechs Stunden ohne Unterbrechung hielten
Sie jenes Feuer aus, und unterstützt
Vom Lande her die Schlünde trefflich zielten,
Doch endlich fanden sie, daß nichts genützt
Das Bombardiren, so famos sie spielten,
Und zogen sich zurück, bis sie geschützt.
Ein Schiff flog in die Luft, ein zweites kam
Zum Fall am Strand, wo es der Türke nahm.

                              31.
Die Türken auch verloren Schiff und Todte,
Doch als sie sahn, wie rückwärts ging der Feind,
Bemannten ihre Delhis ein'ge Boote,
Beschossen jene heftig und vereint,
Verbrannten aber tüchtig sich die Pfote,
Als ungestört zu landen sie vermeint.
Graf Damas trieb in's Wasser sie zurück,
Da gab's im Metzeln ein gehörig Stück.

                              32.
Wenn – sagt die Zeitung – ich berichten wollte,
Was an dem Tag die Russen All's gethan,
Ich wahrlich ganze Bände haben sollte
Und käme doch nicht an dem Ende an, –
Drum sagt sie weiter nichts, und macht die Holde
Für fremde Herrn, die kämpften auf dem Plan.
Den Fürst von Ligne, Damas und Langeron,
Kein größrer steht in Fama's Lexikon.

                              33.
Wer möchte fest auf seinen Nachruhm zählen!
Wie wenig Leser haben doch geahnt,
Daß jemals lebten diese Ritterseelen!
– Jetzt leben sie, da wir den Weg gebahnt –
Man kann den Ruhm so treffen wie verfehlen
Und an das Glück wird man auch hier gemahnt.
Doch hat das Werk des Fürsten Ligne gewiß
Entrissen ihn der ew'gen Finsterniß.

                              34.
Zwar gibt es Männer die gefochten haben,
So tapfer wie nur jemals focht ein Held,
Doch in dem Wust der Schreiberei begraben,
Hört ihre Namen selten nur die Welt.
Ihr guter Ruf wird also untergraben
Und lischt schon aus, eh' er recht festgestellt.
Aus allen neuen Schlachten, wett' ich, kennt
Ihr nicht neun Namen, die die Zeitung nennt! –

                              35.
Der letzte Angriff, ob zwar reich an Ehre,
Bewies, daß irgendwo es fehlen mußt';
Ribas der Admiral – im Russenheere
Bekannt – empfahl den Sturm aus voller Brust.
Da setzten Alt' und Junge sich zur Wehre,
Ein langer Streit bewies die schwache Lust.
Doch schrieb ich jedes Hauptmann's Rede hier,
So stieg kein Leser auf die Bresch' mit mir.

                              36.
Da war ein Mann, wenn man ihn so durft nennen,
Ob seine Mannheit schon ganz zweifellos,
Denn kurz nur durft' sein Lebenslämpchen brennen,
Wenn nicht herkul'sche Stärke in ihm floß,
Wie aus der letzten Krankheit zu erkennen,
Als er erschöpft noch kämpfte um sein Loos
Und auf dem Land, das er verwüstet, starb
Wie eine Heuschreck', die am Fraß verdarb.

                              37.
Es war Potemkin, groß in jenen Tagen,
Da Mord und Unzucht Manchen groß gemacht.
Wenn Orden, Titel – Ehre übertragen,
So kam die seine gleich fast seiner Macht.
Er maß sechs Fuß, war wie ein Roß beschlagen
Und hatte so die Phantasie entfacht
Der Herrin Rußlands, die die Menschen maß,
Wie einen Thurm – nur nach dem Ellenmaß.

                              38.
Indeß man sich noch um den Sturm gestritten,
Schickt' Ribas an Potemkin 'nen Courier
Und der willfahrte seinen Sturmesbitten.
Ich weiß nicht wie er kirrte diesen Stier,
Doch es gelang; von allen Seiten schritten
Die Batterieen vorwärts voller Gier,
Wol achtzig Schlünde schossen lebhaft drein
Und die Erwid'rung war nicht minder fein.

                              39.
Am dreizehnten, als schon, um abzuschweben,
Ein Theil der Truppen in den Schiffen lag,
Kam ein Courier und brachte neues Leben
Den Herren all vom Ruhmerschnapper-Schlag,
Den Dilettanten in den hohen Stäben;
Denn die Depesche nannte schon den Tag,
Wo als Gen'ral – Suwórow kommen sollt',
Er, der den Schlachten, und die ihm so hold.

                              40.
Der Brief des Fürsten an denselben Helden
Wär' würdig eines Sparters, wenn das Ziel
Ein solches war, dem edle Herzen schwellten,
Wenn es auf Vaterland, auf Freiheit fiel,
Doch da es nur der Herrschsucht sollte gelten
Mit ihrer stolzen Stirn', so war der Stil
Das einzige Verdienst. Hier der Beweis:
»Ihr nehmet Ismail um jeden Preis.«

                              41.
Gott sprach: Es werde Licht! – und sieh', es wurde.
Blut werde! sprach der Mensch, und ach! es ward.
Die Ordre, die der böse Nachtsohn knurrte,
– Der Tag hat kein Verdienst an ihm gewahrt –
Schuf mehr des Unheils, wenn Natur auch murrte,
Als dreißig Sommer Segen aufgespart
Und waren sie wie Edens Sommer reich –
Denn Zweig und Wurzel traf des Krieges Streich.

                              42.
Die Türken, die mit lautem Allah schreien
Schon froh begrüßt der Russen Weiterzug,
Sie irrten schwer. Doch das ist zu verzeihen.
Man glaubt so gern, daß man die Feinde schlug
(»Geschlagen hat,« macht ihr in Tüfteleien,
Ich denk' nicht dran in der Gedanken Flug)
Der Türke irrte, der auf Schweine speit,
Jedoch nicht gern die eignen Schinken weiht.

                              43.
Am sechzehnten gewahrte man zwei Reiter
Im vollen Lauf, die von der Ferne man
Hielt für Kosaken, die bekannten Streiter.
Ein dünn Gepäck saß hinter jedem Mann,
Sie hatten nur drei Hemden und nichts weiter
Und ritten auf Ucrainekleppern an,
Doch in der Nähe sah das Heer entzückt,
Suwórow sei nebst Führer eingerückt.

                              44.
»Heut' dringt der Jubel Londons zu den Sternen!«
Hieß es, als dort Illumination,
Was für John Bull, den Helden der Tavernen,
Der schönste Traum von allen Träumen schon,
In allen Straßen farbige Laternen!
Es gibt der Weise selbst (besagter John)
Die Börse, Seele, Sinn und Unsinn hin,
Um mottengleich zu freu'n den Einen Sinn.

                              45.
Warum nun fluchen: »Gott verdamm' die Augen!?«
Sie sind verdammt und dieser schöne Fluch
Kann jetzt dem Teufel wenig weiter taugen,
Seit John so blind und nimmer liest ein Buch.
Schuld nennt er Wohlstand, Steuern – Honig saugen,
Und Hungersnoth mit ihrem Grabgeruch,
Die blaß ihn anstarrt, sieht er nicht mit Fleiß
Und schwört, der Ceres liebe Tochter sei's. –

                              46.
Jedoch zurück! – Das Lager jubilirte,
Franzose, Britte, Russ', Kosak, Tatar,
Suwórow, der wie lichtes Gas brillirte,
Versprach 'nen Sturm, der schon gewonnen war;
Ein Strohwisch war's, der Moore illustrirte
Und Wandrern wies die feste Straße klar;
Er flatterte, ein tanzend Licht voran,
Und Alle folgten dieser neuen Bahn.

                              47.
Und in der That, es wechselten die Dinge,
Begeist'rung kam und Beifall überall,
Flottill' und Lager wetzte neu die Klinge
Und Alles bürgte für der Feste Fall.
Auf Schußbereich vom äußern Schanzenringe,
Ward reparirt der Russen morscher Wall,
Man band Faschinen, schleppte Leitern her
Und jede Art von holdem Mordgewehr.

                              48.
So macht der Geist von einem Mann alleine,
Daß eine Masse Eine Richtung hält;
So führt der Stier zum Troge die Gemeine,
So weht der Wind die Aehren über's Feld,
So lenkt der Hund den Blinden an der Leine,
Der Hammel eine Heerde durch die Welt,
Durch ein Geklingel, das zum Fressen führt,
– Der große Mann den gleichen Klang erkürt.

                              49.
Das ganze Lager schallte laut von Freude,
Es war als ging's zu einem Hochzeitfest;
Das Gleichniß taugt, das wissen alle Leute,
Auf Beides folgt der Händel böse Pest,
Ein jeder Troßbub' klammerte sich heute
An die Gefahr, als sei's das allerbest'.
Warum? Nur weil im Hemd ein alter Mann
Nun führen sollte ihren Heeresbann.

                              50.
So war's, und jede Anstalt ward getroffen
Mit größter Munterkeit; der erste Theil
Aus drei Colonnen stand in bangem Hoffen
Auf das Signal zum Sturm und – ew'gen Heil!
Der zweite Haufen, aus den gleichen Stoffen,
War auf das Blut wie auf den Lorbeer geil.
Der dritte Haufen, in zwei Säulen, griff
Die arme Türkenfestung an zu Schiff.

                              51.
Auch neue Schlünde drohten den Basteien;
Ein Kriegsrath ward gehalten und darin
Einstimmigkeit gewonnen der Parteien,
Wie oft in größter Noth sich eint der Sinn,
Und als beseitigt alle Häkeleien,
Erschien der Ruhm ein sicherer Gewinn,
Suwórow aber, ihn zu fesseln auch,
Belehrte selbst im Bajonnetgebrauch.

                              52.
Thatsache ist's, daß der Gen'ral geruhte,
Das plumpe Volk in eigener Person
Zu drillen, und des Corporales Knute
Mit Eifer schwang; er wußte, daß es lohn';
Und wie man Molchen, weil es liegt im Blute,
Das Feuer schlucken lernet mit Passion,
So wies er, wie man sich auf Leitern schwingt,
(Auf Jacob's nicht) und Gräben überspringt.

                              53.
Auch ließ er zu dem Zweck Faschinen zieren
Mit Turban, Hosen, Dolch und Schwert
Und mit dem Bajonnet sie attakiren.
So wurden sie höchst praktisch angelehrt.
Als sie geübt durch solches Instruiren,
Hielt er den Sturm für unternehmenswerth.
Die Weisen lachten, witzelten recht platt,
Er gab nicht Antwort, aber nahm die Stadt.

                              54.
In dieser Lage fanden sich die Sachen
Am Tage vor dem Sturm. In ernster Ruh'
Das ganze Heer. Das könnte irre machen,
Doch nicht geschwätzig wie ein Kakadu
Sind Leute, die bereit in Teufels Rachen
Zu gehn, wenn Alles fertig nun hierzu.
Still ward's. An Freund und Heimat dachte Der,
Der an sich selbst, sein Ende und noch mehr.

                              55.
Suwórow war besonders auf den Beinen
Mit Aufsicht, Ueberlegung, Sporn und Spaß.
Es war ein Mann, so gibt's nicht wieder Einen,
Der Wunderbarste aus dem Wunderfaß.
Er konnte Held, Narr, halber Teufel scheinen,
Er betete, belehrte, würgte baß.
Bald Mars, bald Momus; wenn's an's Stürmen ging,
Ein Harlequin, an dem die Schärpe hing.

                              56.
Am Tage vor dem Sturm, als er im Sande
Das Drillen eben trieb in vollem Schwung,
Stieß ein Kosakentrupp, der schweift' im Lande,
Auf eine Rotte in der Dämmerung,
Von welcher Einer ihre Sprache kannte,
Obwol mit fremder ungelenker Zung'.
Doch Stimme, Rede und Manier bewies,
Daß er einst diente unterm Russenspieß.

                              57.
Sie brachten ihn und seine Kameraden
Auf deren Bitte nach dem Hauptquartier.
Die Tracht war türkisch, aber leicht zu rathen,
Man habe nur maskirte Türken hier,
Und unter all den türkischen Ornaten
Sitz' Christenthum, das gegen äußre Zier
Den innern Werth oft tauscht, wodurch man leicht
Mißgriffe macht und ab vom Pfade weicht.

                              58.
Suwórow, der im Hemde drillend eben
Vor einer Schaar Kalmücken sich befand,
Schrie, tollte, schnupfte, daß sie ohne Leben,
Sprach von der Kunst zu tödten allerhand.
So prägte dieser Philosoph, dem neben
Gemeinem Koth die Menschenerde stand,
Die Lehre ein, daß so ein Tod im Feld
So gut sei, wie Pension und baares Geld.

                              59.
Als den Kosakentrupp und dessen Beute
Suwórow sah, bog er sich lebhaft hin,
Und warf den scharfen Blick auf jene Leute.
»Woher?« – Grad aus der Stadt des Constantin,
Wo wir entronnen einer bösen Meute. –
»Wer seid Ihr?« – Was Ihr seht. – So voll von Sinn
Und kurz war das Gespräch, denn der Kam'rad
Wußt' wohl mit wem er sprach und was er that.

                              60.
»Der Name?« – Johnson heiß' ich, mein Gefährte
Nennt Don Juan sich, die zwei sind Fraun, doch der
Ist weder Mann noch Frau. – Nach jener Heerde
Warf einen Blick der Chef; dann sagte er:
»Ich stieß schon sonst auf Eures Namens Fährte;
Der ist mir neu. Was die hier, fass' ich schwer;
Doch meinethalb! Ihr standet, meine ich,
In Nicolajew's Corps?« – Ja sicherlich.

                              61.
»Ihr ward bei Widdin?« – Ja. – »Grifft an die Flesche?«
– So ist's. – »Und dann ?« – Ich weiß es selbst nicht recht. –
»Ihr ward der Erste ja auf jener Bresche?«
– Ich folgte denen, die voran, nicht schlecht. –
»Was dann?« – Ein Schuß durchbohrte mir die Wäsche. –
»Ihr ward gefangen und der Türken Knecht.
Euch wird nun Rache, diese Stadt ist mehr
Als jene war, wo's euch gepackt so schwer.

                              62.
Wo wollt ihr dienen?« – Wo's Euch mag belieben. –
»Ich weiß, Ihr führt gern die Verlornen an
Und würdet jetzt nicht sparsam sein mit Hieben,
Nach all dem Bösen, das sie euch gethan.
Und dieser Bursch, wo ist der hinzuschieben,
Das glatte Kinn im staubigen Kaftan?«
– Nun wenn er in der Lieb' ist wie im Krieg,
Müßt' er vor Allen führen uns zum Sieg!

                              63.
»Ja, wenn er's wagt.« – Bei diesem Complimente
Verneigt' sich Don Juan tief. Suwórow sprach:
»Ich geb' die Ehre eurem Regimente,
Daß ihm zum Sturm die andern folgen nach.
Ich schwur's den Heiligen beim Sakramente:
Es soll der Pflug die Stelle legen brach,
Wo Ismail jetzt steht; es soll sein Zahn
Selbst durch Moscheen brechen sich die Bahn.

                              64.
Wohlan, auf glorreich Wiedersehn!« – Hier kehrte
Er um und drillte auf gut Russisch fort,
Bis heilig Feuer jede Brust verzehrte
Nach Ruhm und Geld, wie wenn ein Pfarrer dort
Gepredigt hätt' (der sich um nichts doch scheerte
Als um den Zehenten) und durch sein Wort
Sie trieb, die Heiden alle hinzumähn,
Die Rußlands Heer gewagt zu widerstehn.

                              65.
Da Johnson merkte aus der langen Rede,
Daß er begünstigt, wagt er noch einmal
Suwórow's Zorn, obgleich der alte Schwede
Schon wieder donnerte als Corporal.
– Ich bin Euch dankbar, daß in nächster Fehde
Ich sterben soll in der Erwählten Zahl,
Doch wolltet Ihr zu sagen uns geruhn,
Wo, wie und was? wir würden leichter thun.

                              66.
»Recht! Recht! ich war beschäftigt, hab's vergessen.
Ihr tretet ein beim frühern Regiment,
Es wird zuerst sich mit dem Feinde messen.
He Katskoff!« rief er, »Ihr seid mir tenent,
Daß von Nicolajéw er kriegt die Tressen.
Das Bürschchen da wird nicht von ihm getrennt.
Es ist ein hübscher Kerl. Die Weiberwelt
Soll zum Gepäcke oder Krankenzelt.«

                              67.
Doch nun erfolgte eine kleine Scene,
Die Fraun, bis dahin keineswegs gewöhnt,
Daß man sie schob wie diese oder jene,
Obschon der Harem mählich sie versöhnt
Mit dem Gehorsam, und sie manche Thräne
Ob dieser harten Nuß vergossen und gestöhnt;
Sie fuhren auf, ihr Auge blitzt' und floß,
Es flog ihr Arm geflügelt, hoffnungslos

                              68.
Um jenes Paar so vorgezogner Braver,
So hochgeehrt vom größten General,
Der je zur Hölle lieferte Cadaver
Und Land und Leute stürzt' in Noth und Qual.
O Sterbliche, daß stets euch sticht der Hafer!
O hehrer Lorbeer! daß so hundert Mal
Für Ein Blatt von so flüchtigem Genuß
Ein Meer von Blut, von Thränen fließen muß.

                              69.
Suwórow, der um Thränen sich nicht scheerte,
Und der aus Blut sich niemals viel gemacht,
Sah wie die Angst die Frauen fast verzehrte,
Und sie in wahre Todespein gebracht.
Er spürte, daß auch er Gefühle nährte,
Denn wenn Gewohnheit taub für Tausend macht,
So rührt oft Helden eines Einz'gen Schmerz.
Dies war der Fall hier bei Suwórow's Herz.

                              70.
Er sprach im mildesten Kalmukentone:
»Nun, Johnson, was habt Ihr denn da gedacht,
Fraun mitzuziehn, hierher in diese Zone?
Ich werde sorgen, daß man sie bewacht,
Bei unsern Wagen trifft sie keine Bohne,
Dort sind sie sicher, wenn es vornen kracht.
Ihr wißt doch, daß das Zeug hier nicht gedeiht.
Es taugt mir nicht, wenn ein Rekrute freit.«

                              71.
Verzeihung, Excellenz, sprach unser Britte;
Es sind nicht unsere Frauen, nein! vielmehr
Von Andern; denn mit militär'scher Sitte
Und Dienstgebrauch bin ich vertraut zu sehr,
Um meine Frau in eines Lagers Mitte
Zu bringen. Nein, ich weiß von lange her,
Daß nichts den Krieger so beim Angriff preßt,
Als wenn er hinten Weib und Kinder läßt.

                              72.
Türkinnen sind's, die uns behilflich waren
Nebst ihrem Diener, als wir dort entflohn,
Und die sodann durch Tausend von Gefahren
Sich festgeknüpft an unsere Person.
Mir ist nicht neu dies in der Welt 'rumfahren,
Doch diesen Aermsten ward ein schlechter Lohn.
Drum wollt Ihr, daß ich freien Herzens fecht',
Behandelt gut das schwächere Geschlecht.

                              73.
Inzwischen schauten unsre armen Frauen
Mit nassem Aug' und zweifelvollem Herz,
Ob ihren Freunden denn auch ganz zu trauen.
Ihr Staunen war so mächtig wie ihr Schmerz
Beim Anblick dieses wilden alten Grauen,
Der völlig aussah wie ein schlechter Scherz,
Bestaubt und rocklos, schmutzig und doch mehr
Gefürchtet als ein ganzes Paschaheer.

                              74.
Denn Alles schien an seinem Wink zu hängen,
Wie man in des Gefolges Augen las.
Gewöhnt, dem Sultan Weihrauch nur zu sprengen,
Wenn er ein Gott, voll Jaspis und Topas
Daherstolzirt', ein Pfau mit Pfauengängen,
(Dem oft ein Diadem im Schweife saß),
Begriffen sie nicht recht, wie Majestät
Auch ohne Pomp und Pfauenglanz besteht.

                              75.
Als Johnson sah, wie sie von Furcht befallen,
Ließ er, mit türk'schem Fühlen nicht bekannt,
Auf seine Art ein gutes Trostwort fallen;
Doch Don Juan weicher, heißer und galant,
Schwur, sie zu sehn, und müßt' er aus den Krallen
Des Russenheers sie reißen mit der Hand.
Sie fanden Trost in diesem tollen Eid,
Denn Weiber lieben Ueberschwänglichkeit.

                              76.
Dann schieden sie mit Seufzern und mit Zähren
Und etlich Küssen für den heut'gen Tag,
Um zu erwarten von dem Feld der Ehren,
Was man Bestimmung, Schicksal nennen mag
(Das größte Glück, das Gott uns könnt' gewähren,
Ist Ungewißheit über manchen Schlag.)
Indessen sich die Freunde schickten an
Zum Sturm der Stadt, die ihnen nichts gethan.

                              77.
Suwórow, der im Großen sah die Dinge,
Denn für's Detail war er doch selbst zu groß,
Dem Leben war wie Unkraut und Geschlinge,
Was eines Volks Geheul dem Windesstoß,
Der tausend Todte schätzte so geringe,
(Wenn nur ihr Blut nicht ganz vergebens floß)
Wie Hiobs Elend Weib und Freund erschien,
Was war das Schluchzen zweier Frau'n für ihn?

                              78.
Gar nichts! – Das Werk des Ruhmes schritt nun weiter.
Und eine Kanonade kam zu Stand
So furchtbar, wie sie einst Homeros Streiter
Troja geweiht, wenn Mörser sie gekannt,
Doch Ajax' Speer tritt ab den Platz der Leiter,
Den Bomben, Trommeln, Kugeln allerhand,
Dem Bajonnete und dem Feuerschlund,
Gar harten Worten für der Muse Mund.

                              79.
Unsterblicher Homer, der du die Ohren
Entzücken konntest, wenn sie noch so lang,
Mit Waffen, die dein Dichtermund erkoren,
Und die wol nie ein Streiter nach dir schwang,
Bis einst das Pulver seine Macht verloren,
Das nicht genügt der Höfe wildem Drang,
Die sich vereint zu junger Freiheit Pein –
Doch wird die Freiheit nie ein Troja sein!

                              80.
Unsterblicher Homer, von dem Berennen
Der Stadt soll ich nun singen hier, wobei
Mehr fielen und durch tödtlicheres Brennen,
Als einst bei dir, wo noch nicht traf das Blei;
Doch muß ich wie die Andern all' bekennen,
Daß fast so schwer mit dir zu buhlen sei,
Als wenn ein Bach sich mißt mit Meeresflut.
In Einem holen wir dich ein – im Blut!!

                              81.
Wo nicht in Poesie, so in den Thaten,
Und That ist Wahrheit; Alles will man wahr.
Doch folgt die Muse ihr auf allen Pfaden,
So wird hier Manches doch nicht völlig klar. –
Jetzt legen an die Stadt wir an den Spaten,
Und Großes ist im Werk! Wie stell' ich's dar?
Ihr Feldherrnseelen, euer Schlachtbericht
Vergoldet selbst Apollo's Angesicht.

                              82.
Ihr großen Bulletins von Bonaparte,
Ihr Todtenlisten, lang zwar, doch nicht »groß«,
Leonidas, du auf der hohen Warte,
Als Hellas noch von Perserblute floß,
Ihr Bücher Cäsar's, geist'ge alte Garde,
Gebt meiner Muse einen neuen Stoß,
Nährt sie mit eures Ruhmes bleichem Schein,
Der aus der Ferne blinkt so schön und rein!

                              83.
Wenn ich den Ruhm des Kriegers bleich hier heiße,
So meine ich, daß jeder Zeit im Jahr,
Ja fast an jedem Tag die große Reise
Ein Held antritt, ein glänzender Cäsar!
Und der, wenn ich sein Werk zusammenschweiße
Und frage, ob's der Menschheit nützlich war,
Als Schlächter nur im Großen sich enthüllt,
Der junges Volk mit seinem Schwindel füllt.

                              84.
Medaillen, Bänder und gestickte Lätze
Sind der Unsterblichkeit so noth und werth,
Wie Purpur war der Babylon'schen Metze;
Die Uniform, die Jungens man bescheert,
Ist was den Mädchen Fächer sind und Netze,
Ein Page glaubt, er trag' ein Heldenschwert.
Doch Ruhm ist Ruhm, und sinnt ihr was das nur:
So fragt ein Schwein, das sieht des Windes Spur!

                              85.
Es fühlt und sieht sie auch, wie Manche sagen,
Weil's vor ihr herrennt, wie nur rennt ein Schwein.
Doch sollte dieser Spruch euch nicht behagen,
Laßt's eine Brig statt eines Ferkels sein. –
Doch es ist Zeit, dies Buch zu Grab zu tragen,
Eh' meine Muse müde schlummert ein.
Das nächste soll so höllisch läuten Sturm,
Wie nur ein Küster in dem Kirchenthurm.

                              86.
Horch! durch die Nacht mit ihrem dumpfen Schweigen
Summt's wie ein Heer, das sich zusammenreiht.
Schau! wie im Zwielicht düstre Massen steigen
Den Wall entlang, am Flusse stehn bereit,
Indeß die Sterne sich vereinzelt zeigen
Durch trüben Dunst, in feuchter Herrlichkeit.
Wie bald hüllt sie ein böser Höllenrauch
In seines Mantels dunkeln Todesbauch.

                              87.
Hier sei pausirt! wie damals manches Leben
Vom Tode auch nur eine Pause schied,
Dem Herzen als ein Himmelstrost gegeben,
Dem Herzen, dem ja bald der Athem flieht.
Nur ein Moment! – Dann folgt ein wildes Streben:
Marsch, Angriff und Geschrei aus jedem Glied;
Hier Hurrah, Allah dort – und es vergeht
Der Todesschrei, wo wilder Schlachtruf weht!

 


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