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Vorwort

Unter Gorm dem Alten (ca. 900 n. Chr.) baute die Königin Thyra Danebod dicht hinter dem alten Wallgraben, die »Kurwirke«, die König Gottfried während der Sachsenkriege als Schutzwehr hatte aufrichten lassen, die erste » Dänewirke«. Hier, nördlich von der Eider, die die alte Reichsgrenze bildete, erstreckte sich im Westen ein großes, vom Meere überflutetes Marschland, im Osten der undurchdringliche »Dänenwald« und in der Mitte die große unfruchtbare »Kropheide«. Dieser natürliche Schutz war Jahrhunderte hindurch der Prellpunkt zwischen den Nordgermanen und den Dänen gewesen.

Auf Gorm und Thyra folgte nun eine ununterbrochene Reihe von Alleinherrschern, von denen Sven Gabelbart ganz England eroberte, das Dänemark, infolge der Vikingerzüge, schon vorher steuerpflichtig gewesen war. Da nunmehr Svens Sohn, Kanut der Gr. († 1035), England, Norwegen und Dänemark unter seiner Krone vereinigte, wurde das Reich eine Großmacht in Europa. Doch bald trennten sich die drei Länder wieder, und unter den nachfolgenden Königen verringerte sich das Ansehen des Reiches. Erst Waldemar der Große († 1182), ein Urenkel Astrids, der Schwester Kanuts, gelang es, mit Hilfe des ausgezeichneten Staatsmannes, Erzbischofs und Feldherrn Absalon, das Ansehen des Reiches wiederherzustellen. Er setzte den wendischen Plünderungszügen an den offenen dänischen Küsten ein Ziel, und Dänemark erreichte wieder den Rang einer unbestrittenen Großmacht in Europa. Unter Waldemar dem Sieger, seinem zweiten Sohn, war die ganze südliche und östliche Küste der Ostsee mit Estland – das er zum Christentum bekehrte – sowie dem größten Teil von Livland unter dänischer Oberhoheit. Nachdem er aber von seinem Vasallen, Graf Heinrich von Schwerin, der bei ihm zu Gast war, auf einem Jagdausflug überrumpelt und gefangen weggeführt worden war (1223), stürzte das stolze Gebäude zusammen, und nun ging es unter seinen untüchtigen und streitsüchtigen Söhnen und deren Nachkommen unaufhaltsam rückwärts mit dem alten Land. Das Kriegsglück ward abhold. Bruderzwiste unter den Königen demoralisierten die Bevölkerung. Die uralte Verbindung mit Schleswig fing an sich zu lösen durch die Belehnung dieses Landesteils als Herzogtum an jüngere und mißvergnügte Königssöhne, von denen der erste, der zweitälteste Sohn Waldemars, der Brudermörder Abel war. Als schließlich der unglückliche König Erik Glipping im Jahre 1286 auf der Jagd ermordet worden war, weil er die Frau des Marschall Stig, die seiner Obhut anvertraut gewesen, so lange der Marschall im Kriege weilte, in ihrer Ehre gekränkt hatte, da sah das Reich seinem Untergang entgegen.

Von Erik Glippings Söhnen war Erik Menved prachtliebend und unternehmend; aber seine kostbare Hofhaltung, seine zahlreichen, wenn auch teilweise glücklichen Kriege, der jahrelange erbitterte Streit mit der Geistlichkeit, der von seinem Vorgänger auf ihn übergegangen war, und der Kampf gegen die aufrührerischen, geächteten Adeligen, die Mörder seines Vaters, die in Norwegen und Schweden Unterstützung fanden und die von ihren Raubschlössern aus die Küsten des Landes verheerten, all dies vernichtete die ökonomische und politische Kraft des Landes. Um sich für die große Zahl der ausländischen Mietstruppen Sold zu verschaffen, fing Erik jenes Verpfänden einzelner Landesteile an, das unter seinem Nachfolger, seinem Bruder Christoffer, verhängnisvoll wurde. Diese Pfänder nahmen, außer dänischen Edelmännern, hauptsächlich zwei holsteinische Grafen und Feldherren in Besitz, Graf Gerhard (dänisch Gert), »der Kahlköpfige«, und Johann von Vagrien, »der Milde«, der ein Halbbruder des Königs war, weil Erik Glippings Witwe sich mit dem Grafen Gerhard II. von Holstein verheiratet hatte. Durch ihr Pfandrecht erzwangen sich die holsteinischen Grafen nach Eriks Tode Sitz und Stimme in der Reichsregierung, ja Graf Gerhard versuchte später sogar, den jungen Herzog Waldemar von Südjütland, einen Enkel des Königs Abel, zum König von Dänemark zu machen.

Erik Menveds Bruder, Herzog Christoffer, war ein zügelloser und treuloser Charakter. Obgleich mehrere Male von seinem Bruder belehnt, pflog er doch beständig geheime Unterhandlungen mit den Schweden, Norwegern und seines Vaters geächteten Mördern. Einmal ums andere kam seine Verräterei ans Licht, aber der König behandelte ihn trotzdem stets mit Schonung.

Die Handlung in dem vorliegenden Roman »Der König aller Sünder« beginnt im Mai 1308, wo König Erik eben von einem Feldzug an der schwedischen Grenze, von Oerkelljunga in Schonen, zurückgekehrt ist und auf Verlangen der Großen seines Reichs Herzog Christoffer zu sich auf das alte Schloß in Vordingborg berufen hat.


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