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Wissenschaft


Aller Erkenntnis weltweise Mutter ist die Sprache!

Weit aber wurde der Weg von dem lallenden Lautegebell, das unseren tierhaften Vorahnen voreinst Verständigungsmittel kümmerlichsten Verstandes war, bis zum ersten geistgezeugten Wort!

Nicht eher konnte bloßer Stimmklang » Sprache« werden, als bis die Urmenschtiergehirne sich soweit beeindruckbar gestaltet hatten, um den Splitterregen körperlichen Lichtes, der sie allenthalben übersprühte, in sich umzuformen zu Erfassungskräften, die auch Ungreifbares zu umschließen wissen.

Es ist nicht etwa nur ein sprachlicher Vergleich allein, wenn man vom » Lichte« des Verstandes, der Vernunft, des Denkens, und vom » Licht« des Geistes spricht! –

Was uns als körperliches Licht der Sonne und der Sterne durch das körperliche Auge wahrnehmbar wird, – was der Mond an abgeschwächter Sonnenstrahlung wiederspiegelt, – das alles ist zugleich auch geistige Substanz, die zwar dem unerschlossenen Gehirn der anderen Tiere unwahrnehmbar bleibt, jedoch im längst dafür empfindlichen Gehirn des Erdenmenschentieres aufgenommen und verwandelt wird zu einer Kraft, aus der die Seele sich ihr inneres Erkenntnis-Reich gestaltet. – –

Wir würden selbst im Außendasein kaum viel mehr erfassen können als den höchstentwickelten der bloßen Tiere dieser Erde faßbar wird, wenn sich die Seele nicht aus reiner, umgeformter Lichtkraft denkfaßbare Bilder aller Außendinge schaffen könnte. –

Mit Hilfe dieser » Bilder« äußerer Gestaltung können wir uns erst » begreiflich« machen, was unsere Nebentiere, – seien sie auch auf der höchsten Stufe tierhafter Entwicklung angelangt, – niemals, den sinnlich unerkennbaren Zusammenhängen nach, begreifen.

» Denken« aber, dessen Gegenstände nicht mehr Wiederspiegelungen außenweltlicher Gestaltung, sondern unsere eigene innere Schöpfung sind, wäre erst recht unmöglich, hätten wir die umgewandelte Substanz des körperlichen Lichtes nicht in unserem Gehirn in reicher Fülle zur Verfügung.

Jegliche » Vorstellung«, die sich im Innenleben eines Erdenmenschen bildet, – jeglicher Gedanke, den ein Mensch erfassen kann, – ist nur ein Bild aus umgeformter körperlicher Lichtsubstanz, und nur in solcherart erzeugtem »Niederschlag« kann seelische und geistsubstantielle Wirklichkeit uns hier auf Erden faßbar werden.

Die lautgemäße Wiedergabe dieser inneren Bilder aber ist die Sprache, deren Sonderart bestimmt wird, durch den, jeder Einzelvolksgestaltung eingeprägten Lebensrhythmus.

Nun lassen sich aus dieser in Gehirnen umgeformten Lichtsubstanz, – die immerfort in Wellenwogen unerfaßlich kleiner körperlicher Lichtkraftsplitter alles Erdenkörperliche zu durchdringen weiß, – die mannigfaltigsten Gebilde formen, die keineswegs auch irgend einem Wirklichen entsprechen müssen, sei es ein nur allgemeinem Sprachgebrauch nach »Wirkliches« der Außenwelt, oder das absolute Wirkliche, das nur in seelischen und geistsubstantiellen Formen seinsgewaltig ist. –

Erfahrung ließ daher den denkbewußten Erdenmenschen schon in alter Zeit gewahren, daß die innere Bildnerkraft in strenger Zucht gehalten werden müsse, damit sie wahrhaft Wirkliches erkenntnisnahe bringe.

Fehlschluß, oder falsches Urteil, waren jederzeit die Folge unbesorgter Art des inneren Gestaltens.

Es bedurfte aber einer Selbstkontrolle ungezählter Einzelner in langen Generationenreihen, um endlich die Gewißheit zu erlangen, welche innerlichen Formbildungsmethoden dauernd auszuscheiden seien, wenn das Resultat des Denkens und Erschließens zum gesicherten Erkennen des Geschehens im Bereiche einer Wirklichkeitsbezeugung führen solle.

So erst entstand, was man zu Recht als » Wissenschaft« bezeichnen darf.

Da aber solche strenge Selbstzucht, wie man hier sie in Notwendigkeit begründet fand, gar manche liebgewordene Illusion zerstörte, konnte es auch nicht an Selbstbetörten fehlen, die nicht gesonnen waren, ihre Art des hemmungslosen Bildgestaltens aufzugeben, und allerorten kann man darum hohlem Wahn begegnen, der sich aller strengbedingten Wissenschaftlichkeit enthoben glaubt …

Man fühlt die » Freiheit« seines Denkens durch die Wissenschaft bedroht, und merkt nicht, daß man dem Gespenst der Freiheit folgt, weil man sich der Notwendigkeit entwinden möchte, die auch alles innere Gestalten ordnen muß, soll es ein Bild der Wirklichkeit ergeben …

Gewiß sind manche Diener der »exakten« Wissenschaft nur arme » Kärrner«, die nicht über ihres kleinen Karrens Last hinauszublicken wissen!

Gewiß muß vorgebliche »Wissenschaft« auch manchen Dünkel decken!

Wenn aber auch ein Werkzeug schlecht gehandhabt wird, so ist damit noch keineswegs erwiesen, daß es nicht zu rechtem Werke taugt!

Es ist nur Torheit, glaubt man echtes religiöses Fühlen durch die Denkgesetzlichkeit der Wissenschaft bedroht, – und Torheit nur wähnt wahrer Wissenschaft den Weg verbaut zu höchstem geistigen Erkennen, nur weil die Vorsicht heute noch den wissenschaftlich Denkenden verhindert, sich auch in Bereiche vorzuwagen, die man »wissenschaftlich« erst durchdringen kann, wenn man sie im Erlebnis sich eröffnet hat. – –

Unwissenschaftlich wäre es, zu folgern, daß sich niemals wissenschaftlich Wirkende dazu entschließen könnten, geistige Erlebnismöglichkeiten in sich aufzusuchen, nur weil heute noch den Meisten alles, was sich nicht erdenken läßt, da es erlebt sein will, im Anruch alten Aberglaubens steht …

Wer freilich Wissenschaft in einer Weise treibt, die ihn dem wachen Leben fremd macht, dem allein das Denken dienen sollte, der ist in gleicher Weise seiner Träume Narr, wie irgend ein Besessener der Ausgeburten wirrer Wahnideen!

Alles menschliche Beginnen muß dem Leben dienen, muß das Erdendasein zu bereichern trachten, soll der Mensch nicht selbst zum Sklaven werden, wo er Herrschaft aufzurichten sucht!

Da alle Wissenschaft sich aus der Sprache nährt, die wiederum nur lautgerechte Darstellung der inneren Gestaltung umgeformter körperhafter Lichtkraft ist, so hängt auch wissenschaftliche Entfaltung in erheblich hohem Grade von der ihr gemäßen Ausfragung der Sprache ab. –

Viel zu wenig wird solche »Ausfragung« betrieben, wo sie als zuverlässigstes Mittel, neue Intuitionen zu erlangen, längst bekannt sein sollte …

Nicht alle Erkenntnis ergibt sich aus dem Verhalten der zu erprüfenden Stoffe in Retorten und Gläsern, oder erschließt sich allein nur der steten Beobachtung!

Wichtigstes wurde entdeckt, weil ein Wort den Gedanken weckte, der darum wußte, wo die von Vielen gesuchte Erkenntnis sich verborgen hielt. –

So wird auch vieles noch zu finden sein, zu dem die Sprache dem die Wege weisen wird, der sie in rechter Weise » auszufragen« weiß!

Es gibt in diesem Erdenleben schlechthin keinerlei Erkenntnis, deren rechter Zugangsweg nicht aus der Sprache zu erfahren wäre!

Auch wenn wir glauben, mit den Dingen selbst zu tun zu haben, sind es doch nur die aus umgeformter Lichtkraft nachgeschaffenen Innenbilder, die uns als Beobachtungsobjekte zur Verfügung stehen, und ihre lautgerechte Darstellung besitzen wir dann in der Sprache.

Du meinst, dein äußerliches Auge sähe doch die Dinge und gewahre noch die feinsten Formenteilchen ihrer Oberfläche?! –

Jedoch, dein » Sehen« ist nur eine konzentrierte Umwandlung der Lichtkraftsplitter in die Formsubstanz aus der sich deine ganze » Innenwelt« erbaut, – in der allein du wirklich lebst, auch wenn du glaubst, nur in der Außenwelt zu leben.

Die »Linse« deines Auges sammelt aus der dich umgebenden Lichtsplitterstrahlenmasse stets ein unbezeichenbar Vielfaches von dem ein, was stets auch ohne sie die Aufnahmemembranen deines Hirnes erreichen würde, – sendet aber dieses Eingesammelte dann konzentriert, sogleich der »Netzhaut« zu, die ein System von » Rastern« ist, und gleichsam automatisch, jeden körperlichen Lichtkraftsplitter, augenblicklich zu gestaltungsbildender Substanz gewandelt, dorthin weiterleitet, wo das innere Bild der Außenform seiner bedarf. – –

So lebst du nur in einer unbegreiflich reichen, wechselvollen Welt von inneren » Bildern«, und nur als Folge dieser stets belebten Innenwelt empfängst du all dein Fühlen, Denken und Empfinden! – –

»Wissenschaft« ist nun nichts anderes, als Aufnahmebereitsein für die aus Notwendigkeit bestimmte Ordnung innerer Bildgestaltung, bei gleichzeitiger Enthaltung von der Aufnahme willkürlichkeitserzeugter Bilder.

Jeder, dem das Streben nach Erkenntnis nicht nur Spiel bedeutet, treibt schon für sich selber » Wissenschaft«, auch wenn sein anerlerntes Wissen nur gering, und nicht etwa die Frucht der hohen Schulen ist.

Sich von wissenschaftlich strenggefügtem Denken abzuwenden, wo es sich um das Erkennen außenweltlicher Zusammenhänge handelt, bedeutet selbstgewollte Täuschung, selbstbereiteten Betrug des eigenen Erkenntniswillens!

Wo es sich aber um Erkenntnisresultate handelt, die nur im Erlebnis zu gewinnen sind, dort wird der wissenschaftlich strenggeregelte Prozeß des denkgerechten Prüfens, dem, der ihn auch als Erlebender des Übererdenhaften zu beherrschen weiß, nur stets willkommene Kontrolle eigener Erlebens-Sicherheit verschaffen.

Was nicht zuletzt auch noch dem folgerecht geschulten Denken standzuhalten weiß, so wie es Wissenschaft von ihren Dienern streng verlangt, das ist gewiß auch im Erlebnis nicht begründet, und vermag nur für begrenzte Zeit ein Scheinbild wirklicher Erkenntnis denen vorzutäuschen, die sich lieber täuschen lassen wollen, als der ihnen un-heimlichen » Wissenschaft« die hohe Stelle im Erkenntnisstreben dieser Erdenmenschheit zuzubilligen, die solcher schwer erzielten Zucht des Denkens hier unweigerlich gebührt.

Es ist nicht sehr erfreulich, daß man diese Binsenwahrheit erst noch feierlich bezeugen muß, wenn es auch leider bitter nötig ist um jener Vielen willen, die am Gängelbande wirrer Schwärmer laufen, denen alle »Schulweisheit« gar sehr verdächtig scheint, weil sie auf Denkprämissen fußt, die keine Selbsttäuschungen dulden.

Kann man gewiß auch nicht behaupten, daß sich Wissenschaft zu jeder Zeit von allem Irrtum freigehalten habe, so wurde doch noch jeder Trugschluß, dem sich wissenschaftlich Forschende ergeben hatten, früher oder später durch die gleiche Wissenschaft als unzulässig aufgezeigt.

Wie alles erdenmenschliche Erkennen, ist auch Wissenschaft der Möglichkeit des Irrens unterworfen.

Aber dort, wo wirklich reine Wissenschaft betrieben wird, – und nicht nur Götzendienst vor ihren Dienern, – dort ist noch immer weitaus mehr Gewähr für sichere Erkenntnis dargeboten, als jemals jene wilden Wüsten darzubieten haben werden, in die sich urteilslose Eigenbrötelei durch das Gespenst der Freiheit allzuleicht verlocken läßt.


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