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Konkurrenz


Wo der Form nach gleiche Leistung von verschiedenen Menschen dargeboten wird, dort ist es keinem Menschen, der auf solche Leistung Wert legt, zu verargen, wenn er auch auf die Qualität der Leistung achtet, und der besseren den Vorzug gibt.

Es ist dabei ganz einerlei, ob es sich nur um Arbeitsleistung handelt, oder das Erzeugnis einer Arbeit, – ob es um niedere Dienste und geringen Kleinkram geht, oder um hohe Fähigkeiten und erhaben großes Werk.

Aller Zuwachs menschlichen Vermögens: – geschickten Könnens, weisen Ordnens, bis zu höchster, künstlerisch begründeter Gestaltungsfähigkeit, – ist stets in hohem Maße mitbedingt durch den zu allen Zeiten dem Vollkommenen gewährten Vorrang vor dem Unvollkommenen.

Dient Leistung, oder ihr Erzeugnis, dem alltäglichen Gebrauch, so zwingt schon eigener Schutz vor Schaden zur Bevorzugung des Besten, und soll die Leistung höherem Bedürfen gelten, so wird Kenntnis dessen, was schon Andere zu leisten wußten, sich nicht mit Geringem begnügen.

Die Folge solcher steten Auswahl ist der Wettbewerb der Leistung Bietenden um Gunst und Wahl der Leistung Brauchenden.

Soweit ist Konkurrenz begründet in Notwendigkeit, und Ausdruck wirklichkeitsgezeugter Freiheit!

Es steht dir frei, zu wählen, was dir dienen soll, und was du dir erwerben willst durch Darbietung bestimmten Gegenwertes, – doch ebenso bleibt es dir freigestellt, die Leistung, die du selbst zum Markte bringen willst, den Forderungen anzupassen, die man dort an sie zu stellen weiß.

Du wirst kein Unrecht leiden, geht der Wählende an deiner » Leistung«, – deinem »Werk«, vorüber, weil er Besseres finden kann!

Auch du hast ja die Wahl, ob du bequem bei minderer Leistung dich bescheiden, oder dein Bestes bieten willst!

Entscheidest du dich aber auch, aus freien Stücken, oder durch Notwendigkeit bestimmt, dein Bestes darzubieten, so wird sich doch erst zeigen müssen, ob du auch den Umfang deiner Leistungs- Fähigkeit erkennst, – ob du auch an dich selbst den rechten Maßstab anzulegen weißt …

Du klagst mir über » Mißerfolg«, und findest bittere Worte für das »Unrecht« das man, deiner Meinung nach, an dir begeht, – jedoch: du fragst dich nicht, ob du dich selber nicht an dir vermessen hast, und eine Leistung darzubieten suchst, der du gewiß niemals »gewachsen« sein wirst! –

Vielleicht kannst du in kleinem Rahmen Allerbestes leisten, während du vergeblich dich bemühst, im Wettbewerb mit denen zu obsiegen, die von Natur aus schon zu weitaus Größerem befähigt sind! –

So glauben Ungezählte sich »vom Mißgeschick verfolgt«, und schielen neidvoll auf die Anderen, die ihnen vorgezogen werden, weil sie besser wußten, welcher Forderungshöhe ihre höchste Leistung noch entsprechen könne. – –

Unzählige erleiden Schiffbruch, weil sie zwar ein gutes, aber allzukleines Boot besitzen um damit den Ozean zu überqueren, und doch dem Ehrgeiz nicht gebieten können, der sie verleitet, sich aufs hohe Meer zu wagen. –

Wer sich in einen Wettbewerb begeben will, der muß vor allem seine Mitbewerber kennen! Er darf sich nicht mit denen messen wollen, die nach gänzlich anderem Maß als er zu messen sind!

Er darf nicht in den Mitbewerbern seine » Feinde« sehen, nur weil sie ihn zu überflügeln fähig sind!

Er darf nur dort für sich den Sieg erhoffen, wo seine Kräfte wahrhaft den Vergleich ertragen, mit denen, die mit ihm zugleich den Sieg erstreben.

Besser ist es gewiß, im allerkleinsten Rahmen das Vollkommene zu leisten, als mit Unzulänglichem zu konkurrieren, wo nur größtes Ausmaß eigener Kraft auf Sieg ein Anrecht geben kann! –

Jeder trägt in sich die Macht, auf irgend einem Tätigkeitsgebiet, das ihm wahrhaft entspricht, Vollkommenes zu leisten!

Jeder kann erleben, daß sich seine Kräfte steigern, wenn er sie sorglichst zu entfalten strebt!

Aber nur mit dem, was dir zu eigenem »Besitz« gegeben ist, wirst du zu rechnen haben!

Du kannst zwar in beschränktem Maße Anderes dazu erwerben, aber immer werden Art und Spannung deiner eingeborenen Kräfte streng bestimmen, was dir zukommt, und was dir sicher unerreichbar bleiben muß!

So wirst du auch im Wettbewerb nur dann zum Siege kommen, wenn du deine Grenzen kennst, und fern dem Wahne bleibst, als ließen sie sich je nach Willkür weitern, nur weil du siegen möchtest!

Bewerb um Vorrang vor den Mitbewerbern muß aber keineswegs zum »Kampf« erniedrigt werden!

(Ich rede freilich nicht von jener Art des Wettbewerbes, die nur in Kämpfen ausgetragen werden kann, weil » Kämpfer« ihre Kräfte messen wollen.)

Hier soll allein die Forderung der Leistung uns bewegen, die der Alltag allerwärts von allen heischt!

Da aber ist der » Kampf« der Konkurrenz gewiß vermeidbar!

Ich weiß zwar, daß ein solches Wort bei Allen, die in ebendiesem Kampfe stehen, nur ein müdes Lächeln lösen wird, – aber ich weiß auch, daß sich vieles rascher wandeln läßt als viele glauben, wenn nur der Wille sich zu wandeln weiß …

Kaum dürfte es gewagt sein, zu behaupten, daß heute schon die Meisten, die im »Konkurrenzkampf« bluten, wider Willen kämpfen, weil sie längst erkannten, daß die Kräfte, die der Kampf sie kostet, besser anzuwenden wären. –

Noch aber gilt auch hier das gleißende Gespenst der Freiheit für die Freiheit selbst, und lockt Unzählige in Zahlenwüsten, allwo sie, seelisch ausgedörrt, zu Mumien erstarren, denen aller Goldsand, der sie überhäuft, der Seele freies Leben nicht mehr rückerstatten kann …

Machtlos aber wird das Gespenst, sobald erneut erkannt wird, daß nur dort, wo man der Seele ihre Rechte läßt, wirkliche Freiheit sich entfalten kann!

Es ist erbärmlich, und gewiß nicht eines Menschen würdig, läßt sich der Werber um die Gunst des Käufers derart von der Gier des Tieres in sich packen, daß er den Mitbewerber wirtschaftlich zugrunde richtet, oder doch nach solchem Endziel schamlos strebt!

Es ist erbärmlich, wird der Wettbewerb in einer Art betrieben, die auch die Lüge nicht mehr scheut, läßt sich ein Strick aus ihren eklen Fäden drehen, um den Mitbewerber zu erdrosseln!

Unwürdig und zugleich auch töricht ist es, eigenen Erfolg zu suchen, der nur erlangbar wird, nachdem in Trümmer fiel, was andere auferbauten!

Man wird mir sagen wollen, daß doch sehr erhebliche Erfolge sich durch solche Handlungsweise möglich machen ließen, und daß das so Bewirkte heute »fest gegründet« stehe.

Auch das ist mir gewiß nicht fremd, allein ich rechne hier mit anderen Zeitbegriffen, und weiß um sichere Gesetze, deren Auswirkung es selten eilt …

Nicht nur der Einzelne, der sich um solchen Preis Erfolg ergatterte, für sich und seine Sippe, die ihn nutzt, kann dieser Auswirkung sich nicht entziehen, sondern auch den Wohlstand ganzer Länder, ganzer Kontinente, bringt sein Handeln in Gefahr! – –

Es ist noch lange nicht das Schlimmste, wenn ein dunkler Börsentag zusammenschlägt, was seelenlose Gier auf Trümmern ehrsam auferbauter Speicher zu errichten wußte! –

Wo menschliche Gemeinschaft nicht zu hemmen weiß, was Menschenseele schändet, dort werden noch die Enkel und der Enkel Söhne, teuer zu » bezahlen« haben, was ein Einzelner, auch wenn er nicht der so Betroffenen Ahne war, voreinst verschuldet hat!

Der aber, der sich solcher grauenvollen Schuld nicht scheute, wird, auch wenn er auf dem Totenbett sich noch als Sieger fühlte, keinen finden in der Ewigkeit, der seiner sich erbarmen dürfte, ehe alle Auswirkung der Schuld, auf Erden hier, erloschen ist …

Gottgezeugte Liebe darf nur dort Vergebung schaffen, wo auch die Schuld, der Liebe Folge war!

Auch dort, wo tierbedingte »Liebe« einen Menschen » schuldig« werden ließ, wird » Gottesliebe« ihn ent-schulden, sobald der Selbstbeschuldete entlastet wurde durch den Mitverschuldeten der gleichen Schuld! –

Wo aber Eigennutz zur Schuld verführte, dort kann auch nur die eigene Entlastung Schuld- Befreiung bringen!

Nicht eher aber kann der, seiner Selbstsucht Wahnverhaftete, sich seiner Taten Folge frei entwinden, als bis erschöpft ist, was er selbst erzeugte, um auf Erden seinem Trieb zu dienen!–

Es läßt sich nie und nimmer eine Scheidewand errichten, zwischen den Impulsen, die der Erdenmensch in seinem Alltag schafft, und ihren Folgen, die erst Auswirkung erlangen, wenn er längst schon aus dem Erdendasein ausgeschieden ist! –


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