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Der Pecorone erzählt

Als das Gelächter verebbte, das auf die Geschichte folgte, hob Sacchetti seinen vollen Becher gegen einen blassen Mann hin und sprach:

»Nun laßt Euch wieder eine kunstvolle Geschichte erzählen nach meiner Posse, und Euch trifft dazu die Reihe, Ser Giovanni del Pecorone.«

Aber der Angesprochene winkte mit der Hand. »Nennt mich Fra Giovanni, Meister Francesco, oder mit meinem Namen, den ich mir selber zum Spitznamen machte – nennt mich kurzweg den Dummkopf, oder, wie es in unserm Toskanisch heißt, den Pecorone. Wir saßen ja oft zusammen auf derselben Bank, lachend über die Dummköpfe, zu denen wir uns selber mitzählten. Nun habt Ihr Euch aber arg ins Unrecht gesetzt, Meister, als Ihr sagtet, die Musen seien bei Euren Gedichten nicht immer zu Gevatter gestanden. Ihr habt da ganz Eure Madrigale Kanzonetten vergessen, und doch sang das Volk sie nach Euch noch zwei gute Jahrhunderte lang, wenn man das Gewirr der Stadt verließ und vor die Tore ging. O vaghe montanine pasturelle, – das habt Ihr gesungen und man sang es lang nach Euch und glaubte, es sei vom geistreichen Poliziano gedichtet, der Eurer Art ja viel verdankt. Aber Ihr erinnert Euch nur an die Politik, der Ihr Euer Leben gabt, Meister. Wie auch ich es in Jüngern Jahren tat, bis mir die Einsicht kam, daß unsere Sache verloren. Da war ja keiner mehr, der den Bogen des Ulysses spannen konnte, und waren wir alte Republikaner rechte Träumer und Narren gegen eine Welt, die ganz anders sich einrichten wollte, mit leichtem Leben, Behagen, Genießen. Ja, Meister, das heroische Zeitalter Dantes war vorüber, und wenig kümmerte sich mehr das Volk um Welfen und Ghibellinen. Die heroische Zeit war gewesen. Und die jetzt auf den Plan traten, das waren alles Vigliechi. Cosimo Medici sah 1389 das Licht der Welt, und Männer seiner Art waren nicht die Helden jener Poeten, welche in sich noch die Leidenschaften Dantes fühlten. Über unsern Tagen, Meister, lag eine Dämmerung, und wir waren nicht sicher, sollte ihr Nacht oder Tag folgen. Aber es leuchtete uns doch ein Stern, Ihr kennt ihn alle den ich meine« – und jubelnder Zuruf scholl hier von allen zu Giovanni Boccaccio.

»Ich nahm Euch beim Wort, Meister Sacchetti, da Ihr so schön vom Leben vor der Stadt sanget. Es bedurfte nur eines geringen Anlasses persönlichen Mißgeschicks, daß ich für immer Florenz, die heimatliche Stadt, verließ und mich in das Tal der Romagna begab, nach dem Schlosse Dovadolo, neun Meilen weit von Forli. Da war es, wo ich in glücklicher Muße alle Heiterkeit wieder fand, die mir keine böse Erinnerung mehr trübte. Da vergnügte ich mich, während die Ciompi in Florenz den Aufstand machten, damit, Geschichten aufzuschreiben und Canzonen zu dichten, mit geringem Geschick die Fußspuren Messer Giovannis gehend. Doch nehmt, ich bitte Euch, nicht wörtlich, was darin steht. Ich war ein Mönch und meine kleine Kunst spielte mit Gefühlen, die mir fremd geworden waren. Aber mehr als nötig habe ich schon von diesem Franziskaner Fra Giovanni gesprochen. Laßt mich besser Euch eine Geschichte dieses Dummkopfes erzählen.

Ehemals lebten in Florenz – und noch heutigen Tages existieren sie – zwei sehr edle Familien; eine hieß Buondelmonte und die andere Accaiuoli. Ihre Häuser lagen einander gegenüber in der Straße Borgo Santo Apostolo. Es waren alteingesessene und ehrwürdige Familien. Aber eines Tages wurden die Buondelmonte und die Accaiuoli Todfeinde, als Folge eines Streites, der sich zwischen ihnen erhoben hatte, und beide Parteien gingen immer bewaffnet und mit einer Leibgarde, weil sie einander mißtrauten.

Im Hause der Accaiuoli lebte eine verheiratete Frau, wohl die schönste und kühnste unter den jungen Frauen von Florenz; man nannte sie die Nicolosa. Nun hatte sich ein Buondelmonte sterblich in sie verliebt. Die Dame konnte nicht in ihr Schlafgemach gehen, ohne ihn an irgend einem seiner Fenster, die geradeaus gegenüber lagen, zu erblicken. Oft sogar, während des Sommers, konnte er sie nackt aus dem Bett steigen sehen. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte, weil er zu gleicher Zeit in Liebe für die Frau entbrannt und ein Feind ihres Gatten war, bis er eines Tages ein Gespräch mit einer Magd der Madonna Nicolosa begann. Er sah sie auf den Markt gehen und sprach sie an, um sie um einen Dienst zu bitten. Noch im Sprechen zog er aus seiner Börse ungefähr sechs Geldstücke und sagte:

›Mit dem Gelde kaufst du dir, was du dir wünschst.‹

Die Magd, geldgierig wie sie war, nahm die Münzen und fragte:

›Und was wollt Ihr von mir?‹

›Ich bitte dich,‹ erwiderte er, ›mich Madonna Nicolosa zu empfehlen und ihr zu sagen, sie sei mein einziger Schatz auf dieser Welt, und ich flehte sie um Mitleid an.‹

›Wie soll ich ihr das sagen,‹ sagte die Magd, ›wißt Ihr doch sehr gut, daß ihr Gatte Euer Gegner ist.‹

›Beunruhige dich darüber nicht; sage ihr gleichwohl dieses und überbringe mir ihre Antwort.‹

›Ich gehorche Euch,‹ versprach die Magd.

Nun geschah es eines Tages, als die Dame mit der Magd am Fenster stand, daß diese einen tiefen Seufzer ausstieß; darauf erhob sich folgendes Gespräch:

›Was hast du?‹

›Ich habe nichts.‹

›Ich will, daß du es mir sagst, denn ohne Grund seufzt man nicht so schwer.‹

›Madonna, verzeiht mir, ich kann es Euch nicht sagen.‹

›Ich befehle es dir!‹

›Wenn Ihr also wollt, daß ich es sage, werde ich es tun. Die ganze Wahrheit ist, daß dieser Buondelmonte von gegenüber mich schon öfter gebeten hat, Euch eine Botschaft zu überbringen, von der ich nicht gewagt habe, ein Wort zu bestellen.‹

›Nun, was hat denn dieser Elende dir aufgetragen?‹

›Er hat mir gesagt, daß es kein Wesen auf der Erde gibt, dem er Besseres wünscht, als Euch; daß es nichts gibt, was er nicht für Euch tun würde, so stark ist die Liebe, die er für Euch hegt, und daß es Euch gefallen soll, ihn als Euren geringsten Diener anzusehen, weil es keine andere Herrin für ihn auf der ganzen Welt gibt. Und er ersehnt keine größere Gunst, als Euch einen Dienst erweisen zu können.‹

›Wenn er noch einmal so zu dir spricht, wirst du ihn mitten in das Gesicht schlagen. Und daß du mir nicht noch einmal seine Albernheiten wiederholst, denn du weißt, daß dieser Mann der Feind meines Gatten ist.‹ Dies war die Antwort Madonna Nicolosas.

Die Dienerin wartete kaum das Ende der Rede ab; sie machte Buondelmonte ein Zeichen und sprach zu ihm:

›Nur zwei Worte; wisset, daß sie nichts von Euren Angelegenheiten hören wollte.‹

›Laß dich das nicht wundern,‹ antwortete er, ›so fangen die Frauen immer an. Aber bei der ersten Gelegenheit, wenn sie bei guter Laune ist, versuche, ihr alles noch einmal zu erzählen und ich verspreche dir, daß du bald einen besseren Rock haben wirst, als den, den du jetzt trägst.‹

›Rechnet auf mich,‹ war die ganze Antwort.

Raffael [zugeschrieben]
Johanna von Neapel

Eines Tages, als Madonna Nicolosa sich mit Hilfe ihrer Magd für ein Fest ankleidete, kam das Gespräch zufällig wieder auf Buondelmonte und die Dame fragte:

›Hat dieser Mensch wieder mit dir gesprochen?‹

Daraufhin fing die Magd bitterlich an zu weinen und sagte:

›Warum bin ich nicht gestorben, ehe ich in dieses Haus kam?‹

›Warum denn das?‹

›Weil dieser Mann mich unaufhörlich belästigt. Ich kann nirgends hingehen, ohne daß er um mich herum ist, und mich flehentlich bittet, Euch zu sagen, daß er sich nach Euch verzehrt und daß es kein Glück für ihn gibt, bis er Euch nicht gesehen oder gesprochen hat. Niemals sah ich größere Qualen als seine, sie sind so stark, daß ich Euch nichts anderes raten kann, als ihn zu empfangen. Andernfalls würde ich mich töten, um ihn nicht mehr sehen zu müssen; denn er versteht so gut, zu bitten und mit so viel Liebenswürdigkeit, daß ich bald nicht mehr nein sagen kann. Und ich wünschte, es wäre möglich zu machen, daß Ihr ihn, ohne vom Pfade der Tugend abzuweichen, ein einziges Mal anhören könntet, nur um zu beurteilen, ob ich die Wahrheit gesagt habe oder nicht.‹

›Ist er wirklich so toll nach mir, wie du es behauptest?‹ fragte die Herrin.

›Hundertmal mehr, als ich beschreiben kann,‹ erwiderte die Dienerin.

›Dann,‹ sagte die Dame, ›bestelle ihm von mir, daß er mir ein Kleid aus demselben Stoff, wie es seine Schwester heute in der Kirche trug, sende.‹

Als die Frau fortgegangen war, ging die Magd zu Buondelmonte und wiederholte ihm, was die Herrin ihr aufgetragen hatte. Alsbald verschaffte er sich ein sehr schönes Kleid aus dem Stoff, den sie gewünscht hatte. Als er es hatte anfeuchten und zuschneiden lassen, machte er im gegebenen Augenblick der Magd ein Zeichen und sagte zu ihr:

›Bringe das hier der, der ich angehöre und sage ihr, daß das Tuch, die Seele und der Körper des Buondelmonte immer bereit sind, ihren Befehlen zu gehorchen.‹

Ohne einen Augenblick zu verlieren, brachte die Magd das Kleid zu ihrer Herrin und richtete wörtlich die Bestellung aus.

Als die Dame sich das Tuch angesehen hatte, sprach sie zu der Dienerin:

›Suche meinen lieben Buondelmonte auf, sage ihm meinen besten Dank und er solle sich bereit halten, um immer zu mir kommen zu können, wenn ich ihn darum bitten werde.‹

Auch diesen Auftrag führte die Magd sofort aus und erhielt die Antwort:

›Ich werde immer des Rufes gewärtig sein.‹

Nicolosa, um ihrem Tun einen besseren Anschein zu geben, gab vor, sehr krank zu sein, und ließ gleich den Arzt kommen. Sie wollte auch ein anderes Zimmer haben, und der Gatte ließ sofort eins im Erdgeschoß herrichten, mit einem Bett und allem, was man brauchte. Als das Zimmer fertig war, begab sie sich dorthin mit einer Kammerfrau und der Magd. Jeden Abend beim Heimkommen fragte ihr Gatte nach ihrem Befinden und, nachdem er einen Augenblick bei ihr geblieben war, ging er nach oben in sein Zimmer. Morgens und abends besuchte sie der Arzt.

Als der Augenblick ihr günstig schien, ließ Madonna Nicolosa Buondelmonte sagen, daß sie ihn in der folgenden Nacht um drei Uhr erwarte. Die Zeit bis dahin schien ihm länger als tausend Jahre. Zur verabredeten Stunde machte er sich, wohl bewaffnet, auf den Weg. Kaum hatte er an die Tür geklopft, als ihm auch schon geöffnet wurde. Die Dame nahm ihn bei der Hand und führte ihn in ihr Zimmer, wo sie sich nebeneinander niederließen; dann fragte sie ihn nach seinem Ergehen und Buondelmonte erwiderte:

›Mir ist gut, nun da ich in Eurer Gunst stehe.‹

Sie sprach:

›Liebster, ich bin acht Tage zu Bett geblieben, um meine Absicht zu verheimlichen; jetzt habe ich ein Bad mit duftenden Kräutern vorbereiten lassen. Wir wollen baden und dann ins Bett gehen.‹

Er war mit allem einverstanden. Sie bat ihn nun, sich zu entkleiden und ins Bad zu begeben. Dieses Bad befand sich in einem Winkel des Zimmers; es war gänzlich abgeschlossen, von innen mit einem Tuch verhängt und von außen mit einem Teppich, um es warm zu erhalten. Als Buondelmonte entkleidet und ins Bad eingetreten war, sagte Nicolosa zu ihm:

›Jetzt werde ich mich ausziehen und sofort nachkommen.‹

Nachdem sie alle Kleider und auch seine Waffen in einer Truhe verschlossen hatte, verlöschte sie das Licht, warf sich auf ihr Bett und fing laut an um Hilfe zu schreien.

Buondelmonte beeilte sich, aus dem Bade zu kommen und wollte sich anziehen, fand aber seine Kleider nicht. In der Dunkelheit verfehlte er auch die Tür. Er wurde ganz kopflos, als er sich so schmählich verraten sah, und halbtot ging er in das Bad zurück. Der Tumult verbreitete sich im ganzen Haus und augenblicklich traten Acciaiuoli und seine Diener bewaffnet herein. Das Gemach war bald mit Männern und Frauen erfüllt, die alle Waffen trugen wegen der herrschenden Feindseligkeiten. Man kann sich vorstellen, was Buondelmonte fühlen mußte, da er sich nackt im Haus seines Feindes befand und seine Gegner das Zimmer durchsuchen hörte. Er empfahl seine Seele Gott und kreuzte die Arme in Todeserwartung. Er hörte Acciaiuoli seine Gattin nach dem Grunde ihres Rufens fragen.

›Ich wurde plötzlich von einem heftigen Unwohlsein befallen,‹ war die Antwort, ›mit Schwindel und Schwäche verbunden, daß es mir schien, man zerdrücke mir mein Herz in der Brust.‹

›Nach dem Lärm, den du schlugst, dachte ich, du lägest im Sterben,‹ sagte der entsetzte Gatte.

Die Frauen fingen sogleich an, ihr Arme und Beine einzureiben, die einen mit heißen Tüchern, die andern mit Rosenwasser, so daß die Männer sich entfernten. Der Mann sagte noch zu ihnen:

›Es ist ein plötzlicher Anfall gewesen, meine Frau ist seit einiger Zeit leidend.‹

Nach und nach leerte sich das Zimmer, auch der Gatte ging hinaus, nur einige Frauen blieben zur Bewachung zurück. Doch bald schien Nicolosa sich besser zu fühlen und sagte zu ihnen:

›Geht nun auch, ich will nicht, daß Ihr meinetwegen eine schlaflose Nacht verbringt.‹

So blieb Nicolosa mit ihrer Kammerfrau und der Magd allein. Sie stand auf, ließ neue Bettücher auflegen und als ihr die Stunde gekommen schien, schickte sie auch die Dienerinnen fort, entzündete eine Fackel und ging ins Bad, wo sie Buondelmonte halbtot fand. Sie rief ihn, er blieb stumm. Sie warf sich auf ihn, indem sie sagte:

›Geliebter, ich bin es, deine Nicolosa! Warum antwortest du mir nicht?‹

Dann brachte sie ihn halb tragend in ihr Bett und sprach zu ihm, während sie ihn erwärmte:

›Ich bin deine Nicolosa, nach der du dich so lange gesehnt hast. Jetzt hast du mich in deiner Gewalt und kannst mit mir machen, was du willst.‹

Aber Buondelmonte war tatsächlich derart erkältet, daß er nicht sprechen konnte. Dann nach einiger Zeit brachte er mit Mühe hervor:

›Madonna erlaubet mir, zu gehen.‹

Nicolosa, die seinen Zustand sah, öffnete die Truhe und gab ihm seine Kleider und Waffen; als er angezogen war, verabschiedete er sich mit folgenden Worten von ihr:

›Madonna, Gott sei mit Euch! Ich habe meine Lehre erhalten.‹

Und so ging er nach Hause, und blieb über einen Monat im Bett, als Folge der ausgestandenen Schrecken dieser Nacht.

Bald verbreitete sich dieses Geschichtchen unter den Damen von Florenz, aber ohne daß sie wußten, um wen es sich dabei handelte. Man erzählte sich nur, eine Frau hätte ihren Liebhaber in eine Falle gelockt, und das kleine Abenteuer wurde stadtbekannt. Auch Buondelmonte kam sie zu Ohren, der aber tat, als ob sie ihn nichts anginge und wartete seine Stunde ab.

Nun aber wurden die Streitigkeiten zwischen den beiden Familien beigelegt, und aus Feinden wurden Freunde und Brüder; besonders lieb gewannen sich die beiden Männer, die sich Tag und Nacht nicht mehr verließen. Eines schönen Tages rief Nicolosa ihre Magd zu sich und sprach zu ihr:

›Gehe zu Buondelmonte und sage ihm, ich wäre sehr erstaunt über sein Benehmen; denn jetzt, wo es leicht ist, hat er mir nichts mehr zu sagen?‹

Die Magd ging zu ihm und bestellte ihm dieses. Er antwortete:

›Sage deiner Herrin, daß ich ihr nie mehr angehörte, als jetzt und daß ich es für eine große Ehre ansehen würde, wenn sie eines Abends zu mir käme, um mit mir zu schlafen.‹

Die Dienerin kam mit dieser Botschaft zu ihrer Herrin, die darauf sagte:

›Bestelle ihm, ich würde ihm zu willen sein, wenn er Mittel und Wege fände, daß mein Mann außer dem Hause schliefe, und ich werde kommen.‹

Wieder überbrachte die Magd diese Worte und Buondelmonte war sehr zufrieden damit.

Er richtete es also ein, daß Acciaiuoli zum Abend in einen Ort, genannt Camerata, eingeladen wurde, der ungefähr eine Meile von Florenz entfernt liegt, und kam mit dem Gastgeber überein, daß er Acciaiuoli dort zur Nacht behalten würde.

Der Gatte ging also zum Essen nach Camerata und die Frau ging zu Buondelmonte, der sie liebenswürdig in einem Zimmer im Erdgeschoß empfing. Nach einigen kleinen vorbereitenden Zärtlichkeiten sagte er:

›Leget Euch zu Bette.‹

Und alsbald entkleidete sie sich und ging zu Bett. Buondelmonte, der ihre Kleider auch in einen Kasten getan hatte, sagte dann:

›Ich muß noch einmal hinaufgehen, komme aber sofort zurück.‹

›Geh, aber beeile dich,‹ erwiderte sie.

Er ging, verschloß das Zimmer hinter sich und legte sich oben zu seiner Gemahlin ins Bett; und Nicolosa blieb allein.

Als er nicht wiederkam, bekam sie Furcht, denn sie erinnerte sich sehr gut daran, was sie ihm im Bade angetan hatte und es wurde ihr klar, daß er sich nun rächen wollte.

Also stand sie auf, fand aber ihre Kleider nicht. Ihre Angst wuchs und sie mußte wieder in das Bett zurück, nicht in bester Stimmung, wie man sich leicht ausmalen kann.

Buondelmonte stand gegen einhalb vier Uhr auf und wollte hinuntergehen. Als er auf der Türschwelle stand, sah er Acciaiuoli zu Pferde im Hofe, mit einem Sperber auf der Faust. Er kam schon von Camerata zurück. Sie begrüßten einander herzlich. Acciaiuoli stieg ab, nahm seinen Freund bei der Hand und sagte zu ihm:

›Ich kann dich versichern, daß es uns nicht an Kapaunen und gebratenen Wachteln gefehlt hat, und daß es dazu den schönsten Wein gab, den ich je getrunken habe. Den ganzen Abend haben wir von dir gesprochen und warum du nicht gekommen bist. Du hättest einen hübschen Abend verbracht.‹

Buondelmonte antwortete:

›Ich, für mein Teil, habe heute Nacht mit der schönsten Frau von Florenz geschlafen. Sie ist noch in meinem Zimmer und noch niemals habe ich solch eine schöne Nacht verlebt.‹

Acciaiuoli wollte sie sehen; er nahm Buondelmonte beim Arm und sagte:

›Ich verlasse dich nicht eher, als bis du sie mir gezeigt hast.‹

›Schön, ich werde sie dir zeigen, aber du darfst kein Wort mit ihr sprechen. Ich kann es einrichten, daß du sie noch vor morgen Abend in deinem Hause hast, wenn du magst. Du wirst das schönste Vergnügen haben, das du dir nur denken kannst.‹

Sie gingen beide in das Gemach der Dame. Als Nicolosa die Stimme ihres Gatten hörte, dachte sie: jetzt habe ich meine gerechte Strafe; dann fiel sie in Ohnmacht.

So lag sie leblos im Bett, als die beiden Männer, eine Fackel in der Hand das Zimmer betraten. Buondelmonte beeilte sich, mit einer Ecke des Lakens ihr Gesicht zu bedecken; dann, am Fußende des Bettes stehend, begann er, ihre Füße und Beine zu entblößen, die gespreizt dalagen. Er sprach:

›Hast du schon einmal schönere und rundere Beine gesehen als diese? Sie scheinen wie echtes Elfenbein.‹

Nach und nach deckten sie sie immer weiter auf, bis sie zwei so süße kleine Brüste sahen, so rund und hart, wie man sie schöner nirgends finden konnte.

Als sie nun alles, bis auf das Gesicht, mit Augen und Händen genossen hatten, löschte Buondelmonte das Licht und zog den Freund mit sich fort. Er versprach ihm noch, ihm die Dame vor dem kommenden Abend zu schicken, und Acciaiuoli sagte:

›Bei meiner Ehre, nie habe ich ein schöneres Weib gesehen als dieses, mit so weißer, frischer Haut. Wie und wo hast du sie kennen gelernt?‹

›Darüber kann ich dir keine Auskunft geben,‹ antwortete der Hausherr.

So plaudernd, kamen sie auf die Loggia, wo sie noch andere Männer trafen, um mit ihnen über die Angelegenheiten der Gemeinde zu sprechen. Als Buondelmonte seinen Freund in das Gespräch vertieft sah, eilte er in das Zimmer, öffnete die Truhe, gab der Dame die Kleider und hieß sie sich anziehen; dann machte er der Magd ein Zeichen, damit sie ihre Herrin begleite und ließ sie durch eine Hintertür auf eine Nebengasse hinaus, von der aus sie nach Haus gehen konnten und es den Anschein hatte, sie kämen aus der Kirche.

So rächte sich Buondelmonte an Madonna Nicolosa, die mit ihm gespielt hatte.«


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