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Die 6. und 7. Armee. Von Mühlhausen und Saarburg bis St. Dié und Nancy.

I. Mühlhausen – Saarburg – Luneville – Mortagne.

Als 1. A. Dubail mit 7. K. Belfort-Besancon und 14. Lyon in den Sundgau einbrach, traf man bei Altkirch eine Kompagnie, bei Mühlhausen das badische Garnisonregiment. Als die Kompagnie aus einer alten verfallenen Feldschanze vor zwei vollen Brigaden wich, machte das französische Kommuniqué daraus starke Befestigungen, die glorreich mit dem Bajonett genommen wurden mit nur 300 Mann Verlust. Ganz recht, die Kompagnie und ein Zug 14. Jäger verloren aber noch nicht 100! In Mühlhausen streuten die Fabrikantentöchter den »Befreiern« Blumen. Nichtsdestoweniger wurden die drei Divisionen des Belfortkorps am 7.–9. von einer Minderzahl wieder hinausgejagt. Die Vorstellung, als sei das ganze 15. Elsässer und 14. badische K. herbeigeeilt, täuschte sehr. Nach den Verlustlisten fochten nur 112., 114., 142., 169. und I/170. badische, die übrigen 17 badischen Bataillone befanden sich in Gewaltmarsch bei drückender Hitze, kamen aber erst an, als alles vorüber war. Der kommandierende General Deimling der Elsässer brachte persönlich nur 126. Würt., 105. der Straßburger Garnison, 14. Mecklenburger Jäger. Das benachbarte 132. Sennheim scheint seine Mobilisierung weiter rückwärts verlegt zu haben. Nachdem 50. Art. Karlsruhe und Breisacher Festungsstücke den Bahnhof zertrümmert, 169. Lahr an der Papierfabrik der Napoleoninsel gesiegt und die tapferen Württemberger bei Steinbach 4 Geschütze erbeutet, entzog sich die franz. 4. und 35. Art. durch eilige Abfahrt in der Mondnacht dem Gewaltstoß gegen die Rixheimer Höhen. Ein Württemberger und zwei badische L. W. Regimenter bei Zillisheim nahmen nicht stark am Kampfe teil. Als die 15. Ch. vom Col de Bussong her über Thann die zärtlichen Mühlhauser kampflos begrüßten, nach »Besiegung« des Altkircher kleinen Postens ein neuer Triumph, hatte man sich so rasches Ende der Herrlichkeit nicht geträumt. Vorerst hing aber der Himmel den Befreiern so voll Baßgeigen, daß sie bei jedem kleinen Erfolg mit unmöglichen Ziffern um sich warfen und dito bei jedem Mißerfolg. So sollen bei Mühlhausen nur 20 000 gegen »doppelte Übermacht« gefochten haben: das Belfortkorps zählte aber 45 000 Streitbare (14., 41. und 44. D.) gegen höchstens 30 000 Deutsche inkl L. W., mehr waren nicht anwesend und wo sollen denn die anderen 25 000 Franzosen gesteckt haben! Verabschiedung des kommandierenden Generals Bonneau bestätigte nach französischer Gepflogenheit die Niederlage, bei der seine Batterien in gestrecktem Galopp das Weite suchten. Die Deutschen verloren noch nicht 3000, die Franzosen vermutlich 4000 und darüber inkl. Gefangene. Sie blieben jedoch in der Nähe und es ist irrig, daß sie erst spät wiederkamen. Die Gefechte rissen nicht ab und der neue Befehlshaber General Pau verfügte jetzt über zwei frische Reservedivisionen, ging also mit fünf (nicht »sieben«) Divisionen erneut auf Mühlhausen los. Etwas später brach 21. K. Epinal über die Vogesen auf Lauterbach-Zell, Gebweiler südwestlich Colmar und Markirch vor. Ein kecker Vorstoß von Straßburger Besatzungstruppen (General Hopfgarten blutete mit 60./99. R. Zabern) scheiterte. Im Col de Saales wurden angeblich durch 3. und 21. Ch. 800 Zaberner Reservisten gefangen, nachher hieß es plötzlich nur 484. Ganzer Schirmeckverlust angeblich 33 Off., 1700. Am Col St. Marie widersetzte sich I/40. Rastatt dem franz. 149. Gegenüber Epinal und den Moselforts Remiremont und Rupt bildete sich ein notdürftiger Grenzschutz. Weiter nördlich besetzten franz. 14. und 21. K. die ganze Linie bis zum Bergkegel des Donon, im Markircher Tal gab es Scharmützel, an denen sich vielleicht 40., 110. und 113., sicher 8. Jäger und 8. R. J. beteiligten nebst eintreffender bayrischer und Thüringer L. W. Später trafen nach und nach 8 bayerische Ersatzbataillone ein. Das 15. bayr. R. als Vorhut einer Straßburger Festungsdivision mischte sich dort in die Schlachtreihe, als sich das badische K. rückwärts sammelte und Deimling sein Korps danebenschob. Sein 126. und 132. sowie die Hälfte 14. J. blieben bei Mühlhausen, wo nur 114. badische Konstanz und vielleicht ein paar andere badische Bataillone standen, da dort drei L. W. Brigaden unter General Gaede ablösten. Daß dort beim zweiten Treffen 17.-19. nur Landwehr focht, ist falsch, auch nicht nur »badische«, sondern sogar drei Würt. L. W. Regimenter dabei. Nachdem hier am 11. und 12. über Sennheim die Vorposten rauften, Laut »Die Bayern im Großen Krieg« aus Bayr. Kriegsarchiv dort auch Teile von b. 4. R. Schirmeck, wo man aller Geschütze beraubt, macht Chronologie der V. L. stutzig. rückte Pau seit 15. mit gewaltiger Übermacht vor: 83 Bataillone gegen etwa 30 deutsche (manche L. W. Regimenter hatten 4 Bataillone). Gaede wollte dem Stoß angriffsweise begegnen, doch die Kräfte reichten nicht aus, besonders gegen vierfach überlegene Artillerie. Seine Württemberger L. W. Batterien bei Brunstedt und Dornach bewegten sich ungeschickt, schon beim Auffahren vom feindlichen Feuer eingedeckt. 110. badische L. W. am linken Flügel hielt sich aber aufs bravste und wies sogar eine wilde Reiterattacke ab, von der ungewiß, ob sie von Lyoner Kürassieren der 6. Kav. D. oder von afrikanischen Jägern geritten wurde. (Das 19. K. war schon am 11. bei Belfort aus Afrika angelangt und mag ein paar Schwadronen anfangs dem Pau gelassen haben.) Die ganze L. W. Brigade Dame trat bei Tagsdorf glänzend auf, doch da die Württemberger nach Zerschießung ihrer Batterien in Unordnung wichen, trat Gaede den Rückzug an. Gleichwohl war dem Einarm Pau bei seinem »Sieg« so wenig geheuer, daß er seine Linke zurückbog, dort winkte man stets gefährlich mit dem Zaunpfahl oder richtiger dem Grenzpfahl des Schweizer Gebiets. Dort floh mancher Schweiß- und Blutstropfen in die Uffholzer Schlucht, Deimlings Aktivtruppen warfen dort den Feind von Hasbach bis Altkirch. Hier sollen sich 11. Ch. à cheval deutschen Reitern ergeben haben, Gaede hatte angeblich nur 3 Schwadronen, doch tummelten sich hier wohl 14. Drag. Deimlings, die 62 Mann verloren, und 22. badische. Der nicht übergünstige Ausfall des Treffens, den im Grunde nur seine Massenbatterie an der Morschweiler Lehne erschoß, berechtigte Pau nicht zu Triumphliedern, und ob er »24« demontierte Geschütze auflas, scheint fragwürdige Ziffer. Ob freilich die Deutschen 1300 Gefangene mitschleppten, sei dahingestellt als unglaubwürdig. Sie verloren 3300 (126. Würt. im August 1400), der Gegner schwerlich weniger. Märchen von »Vernichtung« des 112. oder 114. L. W. fanden damals in Baden gläubige Ohren, tatsächlich blieb der Feldzug im Oberelsaß stets nur Episode. Vor den weittragenden Geschützen des »Isteiner Klotz« bewahrten die Franzosen eine heilige Scheu, man konnte die deutschen Linien nur necken, nicht ihnen beikommen. Daß beim ersten Treffen ein deutscher Plan, den Feind unter den Isteiner Klotz zu locken, verraten sei, ist offenbar Fabel, da Deimling ja selber zum Angriff überging. Wohl aus anderen Gründen des Landesverrats wurde Dorf Rixheim niedergebrannt.

Auch im Unterelsaß schrien die Franzosen Sieg, weil sie schwachen Grenzposten die Pässe abnahmen. Besitz der Diedolshauser Höhe erlaubte ihnen dauernde Bedrohung von Colmar und Schlettstadt. Doch endeten Gefechte bei Saales und Weiler am 16. und 19. nicht zu ihrem Vorteil. Weder das 13. K. Clermont-Ferrand noch eine R. D. aus Epinal drangen auf Schlettstadt durch, während das 14. K. das 21. im Breuschtal ablöste. Hier hatte 120. Würt. Reserve ein scharfes Gefecht, Major Alberti fiel, desgleichen bei Senones General Hammerstein, Chef der 56. Badischen Brigade. Das 14. R. K. brachte seine Badische Division jetzt neben der württembergischen heran, vor 20. war indessen sein Aufmarsch nicht beendet, 15. R. K. noch sehr unvollzählig. Deimling verteilte sich auf weite Strecke, 99. und 143. dürften den Reigen höherer Verluste eröffnet haben. Jedenfalls erlitt die 55. franz. Brig. bei Weiler eine gründliche Niederlage, auch 3. und 12. bayrische L. W. waren hier gleich bei der Hand. Seinen ersten Scheinerfolg durch fortgesetzte Anläufe auszunützen blieb Dubail versagt. Im Gegenteil war schon am 15. General Hammerstein bei Senones eingebrochen, wo 13. und 14. K. Dubails nordwärts ihre Vogesenlinie bei Raon–Celles–Raon l'Etaple spannten.

Allerdings war das Elsaß der einzige Teil des großen Kriegstheaters, wo die Sachen sich günstig für Frankreich anzulassen schienen. Die Nachrichten sind aber beiderseits verworren. So soll bei Hasbach ein »Zuavenregiment« in böses Feuer geraten sein, nur Region Lyon enthielt aber Zuavenformationen und es ist wenig glaublich, daß solch ein Regiment 14. K. bei Pau verblieben sei. Der in Epinal kommandierende General Legrand soll großen Mobilisierungseifer entfaltet haben und 14. und 15. K. hatten schon im Juli ihr Friedensmanöver abgebrochen, zur Grenze eilend, durchaus kriegsbereit. Unzweifelhaft waren die Franzosen hier weit in der Vorhand, ihre Troupes de Couverture verwandelten sich schon früh in große Massen, man erkennt aber nicht, warum trotzdem jedes weitere Vorgehen Dubails erlahmte, obschon er bereits Belagerungstrains über die Vogesen schaffte, also von baldiger Berennung Straßburgs träumte. Er hatte bis 15. nichts gegen sich als Badenser und Elsässer Korps nebst ziemlich zahlreicher Landwehr, letztere war erstaunlich früh am Feinde, während die anderen Teile der 7. A. Heeringen erst im Sammeln begriffen. Mit 11 Aktiv- und 4 R. Div. war Dubail stark genug, um entschiedener vorzudringen, der entschlossene Widerstand bei Markirch und Col Marie machte ihn wohl stutzig. Jetzt trat er 21. und 8. K. Limoges an die Nachbararmee Castelnau ab für deren Offensive auf besserem offenerem Gelände. Sein Unterführer Pau wagte nichts mehr, zumal er bald Hiobsposten erhielt und eine Division des 7. K. nach Epinal, eine später nach Paris senden mußte. Sehr geschwächt, wich er auf Dammerkirch zurück und bekam am 27. noch einen Rippenstoß auf die Reise, so daß er förmlich über die Grenze flog bis Belfort, dessen Werke den Verfolger mit Fernfeuer begrüßten. Doch ist aus Verlustlisten der Mannheimer und Würt. L. W. nebst deren 1. L. W. Pionieren keine blutige Schlappe Paus erkennbar, sie verzeichnen nichts. Später verschwand hier auch franz. 41. D., nur 57. und 66. R. D. blieben übrig.

Während sich dies bei Dubail zutrug, liefen nordwärts Vorpostengefechte längs der Front der 2. A. Castelnau entlang, im einzelnen nicht verlustreich, doch sich im ganzen erheblich summierend. Bei der deutschen Reiterei plänkelten 9. Hus., 3. Jg. z. Pf. und besonders 5. J. z. Pf. stärker, ohne daß wir wissen wo. General Radovitz blutete bei einer Kav. Brig. Man traf 2. franz. Kav. D. an der Seille, Chasseurs bei Blamont und am Parroy-Forst. Die drei bayr. K. schoben früh 3. Brig. Augsburg, 7. Würzburg und 11. Ingolstadt in schwacher Friedensstärke vor, sammelten sich aber erst bis 14. allmählich. 97. Inf. des Saarbrücker 21. K. wich nordöstlich aufs allmählich anrückende 1. bayr. K. aus, 3. bayr. L. W. aufs 2. bayr. K. Auch hier wurde Landwehr nicht verschont als Grenzposten. Schon am 11. stießen zwei Brigaden des 15. K. Marseille im Wald von Lagarde vor Luneville nicht nur auf »bayerische Deckungstruppen«, wie man liest, sondern auf Spitzen des 21. K. Fritz Below, dessen 59. Brig. jedoch tags zuvor weit südlicher focht, 2. Jäger, Aschaffenburg nebst bayerischer Ulanenbrigade sowie vier Tage später 80. hessische und 120. Würt. L. W. Die Marseiller 59. Brig. wurde gründlich geschlagen mit Verlust von viel Toten, 1467 Gefangenen, ihr General fiel, 8 Geschütze gingen verloren. Doch erhielten die Ulanen bei vorwitziger Attacke böses Mitrailleusenfeuer vom Kirchhof (16 Offiz. 219 Reiter bluteten), die Deutschen bezahlten den Erfolg bis 15. mit 1200 Mann (nur 166 Jäger), meist 17. Saarbrücker 15. Art. Da bald größere französische Massen folgten, räumten diese Deckungstruppen der 6. A. Prinz Rupprecht am 15. Lagarde und wichen ostwärts. R. Arch. erwähnt nicht mal die Ulanenattacke.

Die bayrische und 7. Kav. D., 8. sächsische als 3. Kav. K. Fromnel, konnten hier gewiß nicht gegen Sperrforts anreiten, doch häufte auch Joffre auf so ungeeignetem Gelände unsinnig viel Kavallerie an, das ganze Kav. Korps Conneau begleitete die »Armee von Toul«, und 6. K. D. Lyon der »Armee von Epinal« ging später auch nach Norden ab. Während bei letzterer gleich D. Epinal und 14. K. auf Kriegsfuß waren, so bei ersterer außer dem 15. südfranzösischen K. das 20. K. Toul. In die Naturfestung der Vogesen paßten die Alpenjägerbrigaden von Grenoble und Nizza, die gegen Monatsende bei Dubail eintrafen, in die Kunstfestung des Mont Couronné vor Nancy die schwersten Geschütze. Dies Panzerfort und andere Befestigungen vollendete man im Frühjahr aus lauterer Friedensliebe und man täuschte sich deutscherseits bitter, daß 21-cm-Mörser dagegen ausreichen würden. Nur die »dicke Bertha« der Geheimhaubitzen, (wir wählen diese Bezeichnung der russischen Schuwalowhaubitzen im 7 jährigen Krieg) hätte dafür genügt. Bei Longwy putzten leichte Feldstücke, die nur auf 5 km schossen, am ersten Beschießungstag 300 Mann der Besatzung weg, in der Lothringer Schutzzone erlag auch das stärkste Sperrfort Manonweiler, doch die natürliche Stärke der Nancy-Höhenforts wurde sehr unterschätzt. Im Vertrauen auf diesen Zufluchtsort, zu dem er immer heimkehren konnte, trat Castelnau frohen Mutes die Offensive in Richtung Mörchingen–Saarburg an. Das 20. K. mit 9. K. als Rückenstaffel kam von Nancy her, 16. K. Montpellier und 15. von Luneville, rechts schloß sich Dubails 8. K. an und weiter rechts 21. K. am Donon. Hier aber, wo die deutsche 6. und 7. A. zusammenschlossen, konnte ein Stoß über Baccarat auf Magnières die 1. und 2. franz. A. auseinandertrennen und mit dieser Möglichkeit rechnete Castelnau so wenig, wie mit plötzlicher Ankunft drei bayerischer Reservedivisionen. Da sowohl 3. bayerische als 9. franz. K. zurückhingen, griff er mit 11 D. (70. R. D. bei 20. K.) 8 schwächer formierte deutsche an, wobei wir schon 5. bayr. R. D. rechnen, d. h. mit 170 Batl. nur 98 deutsche inkl. Jäger. Dies wurde dadurch etwas ausgeglichen, daß das 21. K. gefesselt blieb und eine badische Div. in die rechte Flanke der französischen Angriffslinie fiel. Immerhin fochten auch so inkl. 3. bayr. K. und franz. 18. D. und 68. R. D. rund 173 franz. gegen 124 deutsche Bataillone, so daß das Märchen von deutscher Übermacht sich selber richtet, obschon freilich bei Charleroi und Longwy die französische Übermacht viel größer war als hier. Dies Verhältnis muß für das Endergebnis umsomehr beachtet werden, als später große deutsche Verstärkungen eintrafen und Übermacht Castelnaus dann überhaupt nicht länger vorhanden war. Während der Druck des Vormarsches gegen den äußersten rechten Flügel Rupprechts (Vorhut 3. B. K. als 6., 21. Inf., 6. Art.) matt blieb, verstärkte er sich gegen die Vorhut des linken Flügels (16., 20. Inf., 1. Art.) was sich auf I/2. und II/3. übertrug und den Feind seit 12. bis 18. von Nehviller bis Gerbecourt brachte. 16. Passau wich auf Lörchingen. Allmählich reihten sich auch die bayr. Reserven unter General Faßbender bei Forchville und St. Johann ein, später bis Lauterfingen, Dahlheim, Liedersingen. Das in die Vogesen entsendete 14. R. scheint am 17. bei Coincy gelitten zu haben, doch läßt sich Zeitpunkt des Verlusts nicht feststellen, da die Liste lustig bis Mitte September läuft. Vergnügt fühlten die überall bedrängten Vorderteile sich nicht, die französische Impulsive sah eine Fülle der Gesichte und trompetete ihr blendendes Vorwärts in alle Winde aus. Das 20. Toulkorps kam über Château Salins, wo 22. Pfälzer am 10. und 19. erheblich litten, immer näher an Mörchingen heran. Trotz Maskierung durch Flüsse, Höhen, Wälder verfing sich nichts im deutschen Aufklärungsnetz, vielmehr spann Castelnau seine Maschen über Seille und Meurthe. Die 8. Drag. Couneaus schlichen sich an bayerische Vorposten bei Moucel heran. 3. und 20. Inf. hatten am 10. ein glückliches Gefecht bei Montreux, das Leibregt. schlug am 12. bei Badonweiler die 20., 21., 17. Ch., 17. J. des Epinalkorps, machte 800 Gefangene, doch verlor 21 Offiz. 388 Mann. Am 14. hielten 2. und 16. Park und Schleifmühle von Circy, dann erfolgte allgemeiner Rückzug hinter die Saar. Beim 2. bayr. K. war 5. R. Br. Landau eingefügt, ein 2. R. K. nominell nicht gebildet, Einzeldivisionen 1. und 5. als 1. R. K. lieferten am 18. bei Mittersheim (142. franz. gegen 2. R.) und am 19. bei Liedersingen im Fuchsholz und Conthil scharfe Nachhutkämpfe, wobei 5. R. 400 verlor. Nördlich schon des Saarkohlen-Kanals bei Saaralbdorf und Försterei Saarwald mußte es bald zwischen 15. franz. und 2. bayr. D. zu Begegnungsschlacht kommen. Auch 12. und 15. J. hatten laut Verlustliste früher Gefechte, ohne daß es offiziell erwähnt wurde. 9. Würzburg mußte bei Brehain, 18. bei Gerviller, eine Saarbrücker Vorhut von 138. und 166. bei Diauze weichen; jetzt aber zog sich am 20. das Heer Rupprecht in einer straffen Linie zurecht. Praktischen Nutzen hatte das unablässige Vormarschieren Castelnaus nicht, ermüdete die Stoßkraft der Truppe und entfernte sie weit von ihrer guten Basis. Was dachte sich wohl der alte Goltz bei seiner bedächtigen Unweisheit, Joffre habe von deutscher Methode gelernt? Dessen so frühzeitige Offensive in den Reichslanden blaguierte nur aus politischen Gründen, während sie an der Sambre richtig gewesen wäre. Umgekehrt blaguierte man deutscherseits, der Feind sei absichtlich so weit auf wohlbekanntes Manövergelände nachgelockt worden, solche Kinderei betrachtet den Krieg als Artillerieschießplatz. Die nackte Wahrheit bleibt hier wie anderswo, daß wegen nachhinkender Mobilisierung die Truppen erst jetzt vollzählig anlangten, deren Vorhuten bisher den reißenden Strom nicht eindämmen konnten. Auch die badische Vorhut II/170. und 76. Art. zog sich auf ihr Gros östlich Saarburg zurück. Trällernd und mit Hörnerschall zog 16. Div. Maudhuy des Limogeskorps am Saarburger Rebenberg daher, als Steilfeuer von Haubitzen in ihre Glieder, wie schon vorgestern in das Lager der 2. Kav. Div. einschlug. So begann die große Schlacht am 20. August.

Bald bekam man das Bajonett der Bayern zu schmecken, die mit wildem Grimm Maudhuys 29. und 85. Regt. aus Saarburg hinauswarfen. Das 8. K. war heiter und sorglos im Marsche, als es plötzlich die 1. bayr. D. auf sich zustürzen sah. Mit unbezwinglicher Kampflust warf sich 1. Brig. München, eines mörderischen Feuers nicht achtend, auf die 16. D., schlug sie aus der angrenzenden Höhe heraus und richtete ein Blutbad an. 17. und 97. Saarbrücker nebst 15. Art. und 27. Pion. gliederten sich südöstlich an, eine losgelöste Gruppe Badenser (40., 110. und I/112.) fiel dem Feind in die rechte Flanke. Man stand also ziemlich kunterbunt durcheinander. Die Verwechslung, 1. bayr. D. sei bei St. Johann aufmarschiert, berichtigt sich schon durch örtliche Lage, da sie nachher viel weiter südöstlich auf Badenweiler verfolgte, dagegen 2. D. von St. Johann auf Avricourt. Die 1. D. entschied fast allein den Sieg mit Beihilfe der Badenser. Was sich vom Limogeskorps beim Abkochen befand, als sich um 11 Uhr vormittags das Münchener Leibregiment vorausstürzte, durch den Saaralb-Wald verschleiert, unterlag so noch mehr der Zermalmung durch Xylanders schwere Artillerie (1., 7. und 1. F.). Um 5 Uhr das ganze Saarufer räumend, wich das 8. K. mit Verlust von 2000 Gefangenen 30 Geschützen (inkl. 12 am 21.) auf Blamont, wo aber auch seines Bleibens nicht war. Es geriet schon abends und am 21. in die Sphäre der Badenser. Doch rangen 12. Neu-Ulm und II/III/15. Neuburg bis in die Nacht bei Zittersdorf. Mörser der 15. F. A. verscheuchten die französischen Batterien, besonders 1. A. Br. Prinz Luitpold machte sich dem Feinde furchtbar. Indessen verstrickten sich 1. Jg. bei Conthil, 5. R. bei Liedersingen, Pfälzer D. bei Bellevue, Gr. Mühlenteich und Mörchinger Höhe in schweres stehendes Gefecht. 6./5. A. galoppierte zwischen erschöpfte Schützen der 18. J. die Höhe hinauf, I/12. A. vertrieb Maschinengewehre auf dem Liedersinger Kirchturm. Am Mittersheimer Weiher und Großholz von Bisping stürmten 1. R. Jg. bei Stranhof (V. 250). Es war 5. R. Br. gemeinsam mit 9. Würzburg, die den Gerichts- und Roten Berg erstürmten. 4. und 11. Art. Würzburg faßten Fochs Art. so scharf in der Flanke, daß sie 2 schwere Batterien demoliert stehen ließ. Weiter nördlich führte General v. Gebsattel seine Franken unerwartet früh vor. Sie kamen über den Gelberg in den Serreswald bis zur Telegraphenhöhe vor Nancy. Die Franzosen hatten hier 68. R. D. sowie später 18. D., die 4 Geschütze ans 21. Fürth verlor. Nicht aber »70. R. D. Teile 20. K.«, die weit südlicher fochten. Ob die Franken einen Verlust von »2000 Toten« zufügten? Ihr eigener war mäßig: Man darf General Gebsattel zu diesem energischen Debüt beglückwünschen, das 1300 Gefangene einheimste. Am Südostflügel drückten jetzt die Badenser, die mit 113. Freiburg von Schreckenbusch her gegen Badonweiler seitwärts anliefen. Vor ihnen erlosch in der Dunkelheit ein kurzer Entlastungsstoß von Teilen der 43. D. Epinal. Auch 13. K. hatte als Flankenschutz weiter östlich dienen sollen, verirrte sich aber. Das 8. K. ging zwar in Unordnung zurück, schlug aber trotz eigener Schwerverwundung auch den Bayern empfindliche Wunden. Am Saarufer lagen viele Leichen der Münchener Leibbrigade.

Am anderen Flügel wiederholte sich der gleiche Vorgang beim leichtfüßig durcheilten Mörchingen, wo das Toulkorps sich nicht auf plötzlichen Angriff der Pfälzer gefaßt machte. Wie wir sahen, war das 2. bayr. K. am stärksten vom feindlichen Vormarsch betroffen worden. Vom 3. K. erwartete es keine Unterstützung, dies marschierte erst später über Delme auf Nomeny in Richtung Nancy. Das franz. 9. K. bei Pont à Mousson mußte bald darauf seine 17. D. Dumas nach den Ardennen befördern, an deren Stelle dann zwei Reservedivisionen traten. Es liegt auf der Hand, daß die drei aktiven Brigaden des 2. K. unmöglich den fünf des gefürchteten Toulkorps hätten Mörchingen abringen können, auf dessen Ostseite auch noch 70. R. D. vorging. Fast jede bisherige Darstellung ist verkehrt, da sie die wirkliche Verteilung der bayerischen Reservebrigaden nicht berücksichtigt. Nur ein Teil von ihnen stand bei St. Johann, ein anderer neben der 7. Brig. des 2. K. Er warf die 70. R. D. über den Haufen und griff die 39. D. Toul seitwärts an. Diese mit Verlust fechtenden Reserveregimenter rühmen sich, dem Toulkorps Foch gegenüber gefochten zu haben, 5. R. stand neben 23. Inf., während 5. R. A. bei Dieuze am rechten Flügel der Saarbrücker feuerte. Es trifft also nicht zu, daß 1. bayr. R. K. nur links als Füllsel zwischen Saarbrückern und 2. bayr. D. stand, es focht auf eigene Hand ohne jede Beziehung zu den Nachbarn, außerdem wird vergessen, daß auch schon Reservetruppen außerhalb des Korpsverbands im Feuer waren. Diese Einzelheiten muh man für richtige Gruppierung der deutschen Schlachtordnung ins Auge fassen. Verfrühte Darstellung krankte auch daran, daß man das 16. K. Montpallier nicht berücksichtigt, als ob nur 15. K. das Zentrum gebildet hätte. Südöstlich von ihm rang gerade das 16. K. standhaft und tüchtig. Das Saarbrücker K. stand allein den zwei südfranzösischen Korps gegenüber, ist aber rechts und links von bayrischen Reserven gedeckt worden, auch dürften 2. B. D. und die nach Saarburg abgezweigte Saarbrücker Abteilung das 16. K. beschäftigt haben. Es scheint indessen, daß hauptsächlich nur 31. D. die Marseiller schlug. 42. D. brach vom Monacker Wald hervor, besonders 131. Mörchingen stürmte allen vorauf, obschon dessen Tote und Verwundete sich häuften. Jedenfalls endete der Andrang des 15. und 16. K., dem schon früher 137. und 138. bei Bliedersdorf entgegentraten, zuletzt damit, daß die Marseiller in Panik aus der Schlachtlinie wichen. Obschon sie schwere Artillerie verwendeten, wurden sie von den deutschen Haubitzen überwältigt, ganze Batterien zermalmt. Die Mörchinger Brigade verlor den General und beide Obersten, doch sie erstürmte Vergnaville mit äußerster Gewalt; der Sturm einer anderen Brigade der 42. D. ging über die Höhen westlich Dieuze weg. Der Verlust war auch bei 174. Bitsch schwer, doch die nach vorn durchgegangenen Sturmhaufen ließen sich nicht halten, bis wilde Abendpanik alle Bande in den französischen Reihen löste. Ihre Feuerschlünde schwiegen, neben erschossenen Gäulen und Maultieren blieben die Geschütze liegen, vernichtendes Verfolgungsfeuer besäte den ganzen Rückzugsweg nach Geblingen mit Leichen. Man hielt sich darüber auf, daß die Marseiller flüchteten, doch sie taten es erst, als der Tod zu schrecklich in ihren Reihen wütete, und daraus einen Wertunterschied nord- und südfranzösischer Truppen zu folgern, geht um so weniger an, als das 17. und 18. K. im September Hervorragendes leisteten und das 16. schon heut sich durch Standhaftigkeit bemerkbar machte. Es zog erst auf Blamont ab, als 8. und 15. K. links und rechts vollständig geschlagen.

Als die Mitte riß, knickte auch die entblößte Linke ein. Jetzt erst kam die 39. D. (in deutschen Berichten mit der 11. »eisernen« verwechselt) ins Gleiten, der 11. »eisernen« konnten die Pfälzer nicht Meister werden. Erst abends ging dies Elitekorps (neben dem Chalonskorps hochgefeiert) unter schweren Verlusten (800 Gef.) vom Schlachtfeld nach Ch. Salins und Civry ab. Indessen war der Kampf hier lange nicht so blutig wie bei Saarburg und Dieuze; nur die Würzburger litten bedeutend. Inzwischen hatte links von den Saarbrückern 5. R. D. mühsam gesiegt, die 1. b. R. D. die Höhe St. Johann mit der 2. Brig., Waldsaum und Kanalschleuse am Wirtshaus Lauterfingen mit der 1. genommen. Sie schloß sich der 2. bayr. Aktivdivision am 21. in Richtung Avricourt an. Auf diesem Rückzug erklärte sich die von Dubail geschickte 6. Kav. D. für so erschöpft, daß sie ihre Pferde ruhen ließ, womit den Limogern nicht gedient war. Castelnau verlor Gefangene und Geschütze, doch wohl kaum schon in sehr erheblicher Zahl, nur die Marseiller ergaben sich scharenweise. Der deutsche Verlust mag auf 15 000, der französische auf weit über 20 000 Tote und Verwundete geschätzt werden; leider bedeckten viele Tote der Saarbrücker das Schlachtfeld, deren unwiderstehlicher Heldenmut in unnachsichtlichem Sturmlauf die Entscheidung brachte. Daß diese Lothringer Schlacht von der Legende besonders gefeiert wurde, dazu lag kein Anlaß vor. »Charleroi«, wovon damals die Öffentlichkeit fast nichts, und »Longwy«, wovon sie wenig hörte, bedeuten viel größere Siege über viel größere Übermacht. Daß der Schlag keineswegs ausgiebig Castelnau traf, zeigt sein Bestreben, sich auch fernerhin der Lawine entgegenzustemmen. Schon verlangsamte er seine Bewegung, die Mortagne im Rücken, als Joffres Befehl am 21. einlief, sich nur zwischen Meurthe und Mosel zu halten. Hochstrebende Siegeszuversicht verging ihm also sehr plötzlich; er fand das klassische Wort: »Die beste taktische Lösung war hier der Rückzug«. Solche Einmischung betrachten wir skeptisch. Große Massen lassen sich nicht pünktlich aufs Kommando aus der Ferne handhaben, Übereinstimmung läßt sich nicht leicht erzielen; Prinz Rupprecht schlug ja auch früher los als andere deutsche Heere. Am 25. schlugen Castelnau und Dubail beide Joffres Rückzugsbefehl in den Wind, weil er ihnen nicht angemessen schien. Jedenfalls war es jetzt zu spät für »strategischen Rückzug«, es wurde ein erzwungener, den Feind auf dem Nacken. Am 21. wollte 13. K. Allix die Deckung des 8. übernehmen, wurde aber von den Badensern zurückgestoßen, seine Rechte verlor ihre Artillerie, bei Walsch unentwickelt. Da sich 21. K. schon im Abzug befand, mußte Allix um so mehr zurückgehen, als sich jetzt auch eine Elsässer Division gegen Dubails Linke wandte. Beim Münchner K. stockte die Verfolgung mehrfach, gleichwohl sei es schon am 25. aus dem Glonvillewald herausgetreten, bei Bazin und Mesnil südlich Morvillers gelandet, den Feind bis St. Beroit zwischen Rambervillers a. d. Mosel und Etival zurücktreibend. So die offizielle Angabe. Das wäre eine gar lange Strecke, um sie fechtend in vier Tagen zu durchziehen. Vielmehr waren nach den V. L. 1. und Leibrgt. am 23. erst bei St. Pol in gleicher Luftlinie mit Fraimbois und am 25. bei »Chaynes«, soll heißen Roville aux Chênes. Es scheint vielmehr, daß Xylander sich erst am Ostufer der Meurthe befand, als am 22. die weit vorgeprallten Saarbrücker schon Luneville erreichten, während rechts davon die Pfälzer noch kaum die Seille berührten. Der Raumgewinn der Mitte betrug bis ins Meurthetal schon 40  km. Wie so oft im Weltkrieg war also wieder der Zentrumstoß entscheidend. Die 31. D. ließ sich nicht Nein sagen, als das 16. K. den Weg nach Luneville verlegen wollte, 131. zog angeblich schon am 22. abends, andere Teile am 23. nachm. mit klingendem Spiel in Luneville ein. Bald waren sie darüber hinaus, nachdem noch 70. Inf. und die hierher verschlagene 70. Lothringer L. W. nebst 122. Würt. L. W. scharf ins Feuer kamen. Am 23. erreichte 166. Bitsch die Mortagne bei Gerbeviller. Mittlerweile bemächtigte sich 12. b. J. des wichtigen vom franz. 95. verteidigten Blamont a. d. Vezouse; 1. R. K. kam Castelnaus Absicht zuvor, der Avricout südlich des Rhein-Marnekanals bewahren wollte. Das Münchner 2. R. erstürmte den Höhenzug bei Leintry; 3. und 6. R. Fürth über Autrepierre litten sehr wenig. Bei den Pfälzern vertrieb 5. Bamberg den Feind über Château Brehain, dagegen hatte 3. b. D. bald alle Hände voll zu tun, da K. Foch schon wieder stark bei Flainval-Dombasle auftrat. Es ist also bei Mörchingen nicht so arg zerfetzt worden, wie man glaubt. 23. Pfälzer stritt sich mit ihm bei Blainville herum. Am Nordflügel konnte Castelnau nicht daran denken, die Linie Marsal–Moucel zu halten. Denn 3. b. K., später von norddeutschen Ersatzbrigaden unterstützt, drückte jetzt gewichtig auf Hoeville-Serres und verwickelte sich später in heißen Kampf bei Maixe nördlich Luneville südlich Nancy, wo das im Weltkrieg nachher oft hervorragende 13. R. seine zweite Feuertaufe erhielt. Denn die früher links vom 2. K. angesetzten Reservebrigaden gingen jetzt rechts von ihm vor. Gleichzeitig dehnte sich die Front bis Remereville nordöstlich Nancy aus. Die über die 6. A. verstreuten Ersatzbrigaden begannen jetzt einzurücken, eine Gruppe über Moncel, eine andere im vielumstrittenen Champenouxwald vor Nancy, eine dritte bei Serres, eine Brandenburgische bei Einville am Kanal nordwestlich Luneville.

Joffres Communiqué vom 22. abends, als sei nichts Schlimmeres vorgefallen, bezweckte nur Täuschung. Tatsächlich war Castelnaus Zentrum völlig durchbrochen. Beiläufig sollte man sich über Gelingen von Zentrumsstößen nicht wundern, da die Flügel stets bessere taktische Geländeanlehnung zu haben pflegen. Später zog sich hier die Schlacht mehr auf den Flügeln zusammen, doch wirkte Aufreißen der Mitte bei und südlich Luneville sich auch fürderhin bedrohlich aus. Daß das 20. K. im Norden möglichst Haltung bewahrte, glauben wir gern, doch gesteht Hanotaux zu, daß man auch dort bald 15  km Raum verlor, und ein Blick auf die Karte lehrt, daß sein Rückzug auf Nancy eine recht lange Strecke umschrieb. Dort wollte man sich am Berg gleichsam ein Adlernest bauen, von dem man sogleich wieder die Schwingen erhob. Platzkommandant Durand sollte mit 5 Res. Brigaden diese Stellung hüten, während General Ferrey mit 11. D. die Verfolgung aufhielt. Ihre 22. Brig. hielt brav stand, bis die Marseiller die Meurthe passierten. Man hätte sie noch am Ostufer einholen können, ehe sie fassungslos über die Brücken flüchteten. Die Verfolgung hätte auch hier mehr beschleunigt werden müssen. Die Pfälzer waren jetzt bald vor Doubasle. Sie hätten bei Überschreiten der Meurthe »enorm gelitten«, ausgerechnet durch Artillerie der Marseiller, die sich notdürftig in Reih und Glied hielten? Der Verlust war dort gar nicht so schwer, es wird schon so sein, dah dem 16. K. alles Verdienst zukommt, das Nachstoßen gemäßigt zu haben. Denn die 11. D. schlug vier bayrische Angriffe bei Flainval so »siegreich« ab, daß sie eiligst nach Doubasle abzog! Bedenklicher war es, daß 39. D. schon am 23. »in Reserve trat«, d. h. zunächst gebrauchsunfähig. Nur ihre 4. Ch. an der Moselbrücke von St. Nicolas bildeten noch ein Verbindungsglied zwischen Castelnaus Nord- und Südgruppe. Daß er schon am 23. wahrnahm, wie Rupprechs Rechte Nancy die rechte Schulter zukehrte, und daraufhin seinen famosen Flankenstoß begann, hat diese französische Behauptung irgendwelche Wahrscheinlichkeit? Daß 43. Kolonialrgt., 212., 290. R. und viel Artillerie angeblich einen deutschen Angriff abschlugen, beweist doch das Gegenteil. Damals verfügte er über gar wenig Kräfte für solche Unternehmung, es hieße die Bayern kränken, wenn sie damals nicht solcher Neuorientierung Herr wurden. Der Gegenangriff Castelnaus schon am 23. und 24. ist Mythe, Übertreibung, erfunden, um seine Erschütterung zu vertuschen. Erst am 24. meldete ein Flieger deutschen Linksabmarsch nach Südwesten und man war »sehr überrascht«, von vorbedachter »genialer« Berechnung, wie Hanotaux mit ermüdenden Wiederholungen erheiternd behauptet, war also gar keine Rede. Da Rupprecht hochmütig Nancy »links« (in diesem Falle rechts) »liegen« ließ, war es rein taktisch geboten, seine Flanke zu beunruhigen. So entstand Vorstoß der wiedergesammelten 39. D. bei Maixe und Fricourt. 7. b. R. litt hier beträchtlich, gleichzeitig griffen neben 13. R. auch 22. Inf., 2. und 5. Art. des 2. K. und 13. Inf. des 3. K. ein. Letzteres hatte 14. Inf. Nürnberg und 8. Art. bei Serres, 21. Fürth bei Hoeville, nördlicher 7. Bayreuth und 19. Erlangen gegen 18. D. und bei Champenoux pürschten die Aschaffenburger Jäger. 12. Brig. Regensburg vor Maixe. Man beobachtete die Reserve nördlich Nancy, wo sich bis 25. nichts rührte. Die Kämpfe waren hitzig, bei 7. Inf. sanken 21 Off. auf nur 430 Mann t. u. v. Am 25. nahm das wieder gesammelte 15. K. nebst 64. R. D. Front nach Nordost, desgleichen 16. K. und 74. D.

Rückzug des franz. 8. K. über die Mortagne unter Orkan und Hagelschlag nach drückender Schwüle, behindert durch flüchtende Landbevölkerung. 2. Alpenjägerbataillon traf bei Maudhuy ein, der es auf seine linke Flanke setzte, wo die schneidigen Alpins in ihren schwarzen Uniformen und schwarzen Baretts sich, wie in den Vogesen vom Schnee, hier vom Feuerschein des brennenden Gerbeviller abhoben. Sie begeisterten die Dorfbevölkerung zu Marseillaise-Elan, sie mußte eben die Folgen tragen. Wer Franzosen kennt, wird aus vollem Halse lachen über die harmlose Unschuld der aus dem Hinterhalt feuernden Landleute. Dies »Martyrium« gemahnt an die Theatralik von Chateaubriands Märtyrern. Wir verweisen nachsichtig etwa vorgekommene Rachetaten der wilden Bayern nicht ins Märchenreich, doch wie würde ein französisches Militär spotten, wenn deutsche Dörfler sich ebenso bewähren und dann über Anwendung des Kriegsrechts lamentieren wollten! Natürlich, Franzosen ist alles erlaubt, sie üben bei Verteidigung des »heiligen Bodens« nur ihr gutes Recht und nur Boches-Barbaren verübeln ihnen solche schöne Geste. Nun hat sich aber jeder Historiker strenger Kontrolle zu unterziehen, nicht der Phantasie freien Spielraum zu lassen, bei Hanotaux ist das einzig Kontrollierbare Aufschneiderei. Er nennt »Brig. Clauß«, diese sei durch die Alpins »dezimiert« worden, wofür sie sich durch Massakre von Unschuldsengeln rächte! Bei Gerbweiler focht aber nur 17. Inf. Germersheim, die schwerlich mehr litt als bei voraufgehenden und nachfolgenden Kämpfen. Diese »dezimierten« Bayern überschritten ruhig die Mortagne, zwischen welcher und der Mosel sich südlicher die Saarbrücker vorbewegten. Die Bayern Xylanders stießen die 25. D. des 13. K. auf Domptail zurück, die 26. D. setzte sich aber noch auf den Höhen südlich Bacarat zur Wehr, rechts davon die 43. D. gegen die Badenser, 29. D. bei St. Barbe, 27. D. des 14. K. bei Senones gegen das deutsche 14. K. und 30. D. bei Raon, 28. D. am Ban de Rupt zurückgebogen bis St. Dié gegen R. K. Eberhardt, Alpenjäger und Reserveformationen am Südende gegen die bayrische Gruppe zwischen Markirch und Col Marie. Da das franz. 8. K. mehrere Tage ausfiel, ebenso die 13. D. des Epinalkorps, so wäre rasches Vordringen Xylanders geboten gewesen. Truppenübermüdung entschuldigt in solchen Fällen nicht, die Preußen waren am 17. und 18. Juni 1815 noch viel ermüdeter und »effektuierten große Dinge«, um mit Friedrich dem Großen zu reden. Saarburgverlust kann die Truppenstimmung nicht so getrübt haben, die tolle Übertreibung, Xylander habe dort 25, stellenweise 50 % verloren, überträgt Einzelfälle, die für den ganzen Monat gelten, fälschlich schon auf die Zeit bis 25.

Auch die Metzer Bayernbrig. fesselte, ehe sie ins Ornetal abzog, bis 23. feindliche Kräfte beim brennenden Nomeny, wo die französische Suada wieder viel »Greuel« hinverlegt. Auf den Hügeln am brennenden Maixe gerieten 3. Chevauxlegers und 17. Germersheim in Bedrängnis, bis zwei Landauer Batterien schneidig hinauffuhren. Noch am 24. drangen die Pfälzer auf Remenonville, 4. b. D. durch Vitrimontforst überschritt die Meurthe bei Mont, wo aber die sehr störende feindliche Kanonade sogar die Kriegsbrücken zerschoß. Erst am 25. ermannten sich franz. 59., 68., 70. und 73. R., das neue d. Ersatzk. (4., 8. und 10. D.) über Hoeville zurückzudrücken; auch I/7., III/19. und I/14. wichen, während II/III/14. bei Serres standhielt. Vor Fleinval blieb 5. b. D. festgebannt, obschon 10. A. Erlangen kräftig wirkte. Bayreuther 10. Brig. hielt sich am Einvillewald, gelehnt an 1. Jg., 1. R. Jg. und b. Kav. D. bei Vitrimont. Da die Pfälzer südlich abrückten, trat 6. b. D. an ihre Stelle bei Maixe, 11. Brig. Ingolstadt bei Crevie ertrug lange weittragende Festungskanonade aus Nancy, angekämpft durch b. 3. A. und 3. F. Art., 10. J. litt furchtbar. Auch 1. b. K. stand nach Erzwingen des Meurtheübergangs ohne merklichen Kampf noch am 25. mit 3. Brig. und 16. Passau bei und im Glonvillewald, erst spät entlastet durch 4. Brig. bei Chateau Villers, 2. Rgt. nördlich Menil über das heiß umstrittene Bazien kam es auch am 26. kaum hinaus. 2. R. deckte angeblich bei Doucières die Flanke. 4. A. und 15. J. mußten sich gegenseitig aus der Not reißen. Die tapferen Neuburger halfen auch aus eigenem Antrieb des Brigadechefs bei Giriviller der 65. Saarbrücker Brig., wo man erstaunt Schwarze sich gegenübersah: eingetroffene Kol. B. Marchand. Bis 23. verloren I/II/15. allein 26 Off. 940 Mann, noch ärger schmolz 10. Ingolstadt bei Crevie allmählich auf ein Drittel. Den dauernd »unerträglichen« Nancykanonen entzog sich 3. b. K. durch Rückbewegung, 2. b. K. wich über die Mortagne bis Herimenil, das von sächsischer Reiterei besetzte brennende Luneville im Rücken. 11. A. deckte opferwillig den Abzug. Die Bayern wurden hier erheblich aufgehalten, während der angebliche große Flankenstoß Castelnaus nur auf taktische Gegenstöße gegen nicht nennenswert aufgehaltenes Vordringen hinauslief. Auf der Nordostflanke, wo doch ein großer Ausfall angebracht gewesen wäre, geschah bis 27. überhaupt nichts. Gewisse Historiker möchten auch hier einen Einschnitt als neues Stadium einlegen, als ob nach 24. die Franzosen sich verschnauft und erholt hätten. Das ist jedoch sehr trügerisch, die Kampfhandlungen folgten Schlag auf Schlag, ineinander verkettet. Nach französischer Darstellung sei Castelnau ja gar schon früher zum Gegenstoß übergegangen. Möglich? Nein, wie wir sahen, denn die deutsche Bewegung südwestlich von Nancy vorbei sprach sich nicht schon früher aus. So schien erst am 25. die Rechte Rupprechts in der Weiche freizuliegen, der südlich der Trouée de Charmes zwischen Castelnau und Dubail durchbrechen wollte, so daß jetzt Epinal statt Toul-Nancy das strategische Ziel wurde. Diese Idee versprach viel, doch der Moltkesche Grundsatz konzentrischer Einkreisung war hier auf die Spitze getrieben. Denn es mußte am Ende doch Anschluß an die 5. A. gewahrt bleiben, zwischen welcher und der 6. A. zur Zeit nur eine Metzer Res. Brig. und drei L. W. Regimenter die Verbindung aufrechterhielten. Der Weg nach Metz wäre sonst offen geblieben und auf Strecke Pont à Mousson–Verdun konnte der Feind sich eindrängen. Natürliche Logik der Dinge zwang daher später dazu, den Nachdruck wieder auf Toul-Nancy zu verlegen.

Infolge der angeordneten Linksschwenkung gerieten jetzt 2. b. und 21. K. immer weiter von Nancy ab südwärts. Castelnau stellte vier R. D. zwischen Toul und Nancy auf, daneben 18. D. (9. K.) und das zähe 20. K. Seinen Gegen- und Flankenstoß mit diesen 6 Div. fing indessen das 3. b. K. nebst seinen Anlehnungstruppen auf. In scharfem Kampf bis 27. bei Maixe legten auch 6., 10., 13. und 5. R. Ehre ein, die Würzburg-Bamberg Brigade des 2. b. K. mußte aber gleichfalls eingreifen. 5. Art. Landau litt außerordentlich. General Ferreys »eiserne« Division hielt sich am längsten, ihre Chasseurs überließen erst spät Friscatihöhe den bayrischen Reservejägern. Südlich davon mühte sich das 16. K., das zerschlagene 15. in Sicherheit zu bringen, und Dubails Linke zeigte nicht übel Lust, mit Castelnau in gleicher Linie vorzugehen, doch die Bewegung erstickte im Keim. Beim 1. b. K. und 1. R. K. stoppte man zeitweilig den Vormarsch. Daß auch letzteres mit bei Bacarat focht, wo Xylander den Feind zurückwarf, ist wenig glaubhaft, es dürfte durch den Parroywald nördlich davon gefolgt sein, jedenfalls finden wir es jetzt in Gegend Luneville, 3. R. löste dort das 9. J. und 8. R. bei Herimenil ab, die bis Mont sur Meurthe gingen, Landwehrbrig. 13 lag vor Sperrfort Manonviller. Deutlich hebt sich davon ab 5. R. B., auf dessen 5. R. ein wahrer Granatschwall niederging, nebst zahlreichen Teilen 5. R. D. nördlich des Pfälzer Korps. Das Montpellierkorps opferte sich für die Marseiller, die fassungslos der Mosel zustrebten. Seine 31. D. litt ungemein, als sie bei Crion südöstlich Einville und im Vitrimontwald sich den Saarbrückern entgegenwarf. Die Pfälzer folgten damals den Marseillern bis Fraimbois westlich der Meurthe. Da das zerschlagene 8. K. gleichfalls vorerst zur Mosel wich, um sich zu»retablieren«, hatten 13. und 21. K. große Mühe, mit den Südfranzosen in Verbindung zu bleiben. Da inzwischen das 3. b. K. seine Rechte schon nördlich Nancy festlegte und später sogar bis nördlich Toul vorschob, so verschlimmerte sich Castelnaus Lage. Wir bezweifeln zwar, daß die Zahl der französischen Gefangenen in den Reichslanden schon 50 000 betrug, etwas wird aber daran sein, daß der unheilvolle Rückzug von Tag zu Tag Kräfte wegzehrte. Später litten auch die Reservedivisionen im Norden ähnlich wie das Epinalkorps am Südende. So groß der Verlust des 1. b. und 21. K., der französische war weit größer, das kann sich auch im letzten Stadium der Augustschlacht nicht wesentlich geändert haben. Von den Strebpfeilern Nancy-Toul waren 15. und 16. K. und Dubails Linke jetzt abgesprengt; diese fochten zugleich Rücken an Rücken mit Dubails Mitte im Vogesental. So unnatürliche Stellung mußte bersten, wenn sie in rückwärtiger Flanke bei Raon l'Etape bedroht war. Dann galt es, sich ganz südwestlich hinter die Mosel zu drehen. Schon wandten sich die Saarbrücker, deren 17. und 97. sich neben den Bayern südlich nach Domptail begaben, südöstlich auf Magnieres und machten den Pfälzern Platz, deren 9. und 18. nach opferreichem Kampf bei Fraimbois sich mit 17. vor Gerbeviller vereinten.

Als Zeichen der Niederlage entstand wieder eine Gerbeviller Greuelhistorie. Die Weiße Schmach, barbarische Wilde auf Kulturmenschen loszulassen, die schändlichste Mißhandlung deutscher Gefangener zu betreiben, Nettoyeurmesser zu schärfen, alles noch ärger als die Schwarze Schmach in den Rheinlanden – das alles ist nichts neben den Kriegsverbrechen der »Barbaren«, wie man das gebildetste Volk Europas beschimpfte, weil in der Aufregung von Straßenkämpfen mit fanatischen Einwohnern nicht glimpflich verfahren wurde. »Von deiner Güte ist all die Burg hier voll« (Nibelungenlied). Amtlicher Tratsch aus Tagebuchnotizen toter oder gefangener Deutscher wurde zu Lügen für den Hausbedarf verwendet. Doch konnte Professor Bédier nur 13 solcher Zeugen für die ganze Kriegsfront herausfischen, wobei das Malheur passiert, daß einer von 9. J. als Angehöriger von 9. Pionieren zitiert wird, was doch sicher verdächtig aussieht, da jedes Tagebuch das genaue Signalement des Urhebers enthalten muß. Auch der Stil klingt manchmal so, als habe ein Franzose ihn verfertigt, der gut Deutsch kann, aber nicht gut genug, so daß gewisse Wendungen von einem nichtdeutschen Verfasser herzurühren scheinen. Doch selbst wenn es sich nicht um Fälschung handelt, selbst wenn sentimentale mieselsüchtige Michel hier echtdeutsch lamentieren, was einem rohen Briten und Franzosen nie einfallen würde, sollten die Gegner sich der Kriegsgreuel ihrer eigenen Geschichte erinnern und auch im Weltkrieg vor der eigenen Tür kehren. In Markirch, Weiler und Sulzbach hausten die »Befreier« aufs ruppigste, die Plünderer schleppten 1000 Zivilisten, Frauen, Kinder, Greise und Lazarettgehilfen als Geiseln fort. Überall schoß man auf Rotes Kreuz und Genfer Binde, um nachher die eigene Schande den Boches zur Last zu legen. Schnurren wie ein schmeichelnder Kater und zugleich die Krallen ausstrecken, um wehrlose Mäuslein abzutun, solch liebenswürdig ritterliche Großmut als Weltreklame aller Welschgänger stiftete den Rütlibund von Kongokannibalen und Gurka-Kopfabschneidern für Freiheit und Recht, allen Verbrechern soll vergeben und ein Deutschland nicht mehr sein.


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