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BRUDER SCHMERZ

Die Seele:

»Du nächtlicher Gefährte allen Lebens,
du Schatten, jedem Lichte beigesellt,
du Grund des Bechers, welchen man vergebens
mit Wonne füllt beim Gastmahl dieser Welt,

der Freude Feind, wozu bist du bestellt?
Dein Hauch entzündet schon die Qual des Bebens,
durch das die Süßigkeit des Erdenlebens
verdorben wird, vergiftet und vergällt.

Du gehst einher in düsterm Glorienschein.
Die Fackel senkst du nieder, welche schwelend
sich tief hineinbohrt in der Menschen Elend.

Du glühst dich in die armen Herzen ein
und holst heraus, was innen dämmernd ruht;
und deines Weges Spur bezeichnet Blut.«

Der Schmerz:

»Ich bin nicht der, der zu sein ich dir erscheine,
der Feind, der grausam jede Lust zerstört.
Ich habe dir, ob auch dein Auge weine
und du mich hassest, Böses nicht beschert.

Dein Herz nahm ich behutsam oft in meine
Erzieherhand, wenn ich es sah betört,
und läuterte dir zu kristallner Reine
das Flügelpaar, vom Erdenstaub beschwert.

Hüllt ich dich je in meinen Mantel ein,
den dunkelsamtnen, flammenübersäten,
dann wich der Erde buntbemalter Schein.

Du fühltest Riesenfittiche, die dich umwehten,
und deine Stirn von Ewigkeit umloht.
Ich bin dein Bruder, Seele, wie der Tod.«


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