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Siebenundzwanzigstes Kapitel

(Ein Wiedersehen und ein Abschied)

Ich kam in die Straße, wo Hete wohnte. Zittern durchzuckte mich. Die Spur meines geliebten Herrn strömte in meine triefende Schnauze. Auf der Treppe verschärfte sie sich. Ich sprang mit hohen Sprüngen gegen die Tür. Ich bellte mit ganzem Körper.

Mein geliebter Herr selbst öffnete die Tür. Ich sprang an ihm hoch, ich vergaß Stand und Erziehung, ich leckte ihm quer über das Gesicht. Seine Haut war erregungsfeucht. Ich ließ von ihm ab, um das Zimmer zu durchspüren. Da war Katzendunst zwischen den süßen Dünsten. Ich stutzte vor Hete.

Sie lachte schallend auf. Ich war naß wie ein Fisch. Meine Augen, noch nicht geheilt, waren blutunterlaufen. Hete nannte mich einen Götteranblick.

Herr Konstantin war auch da. Er kümmerte sich gar nicht um mich. Um niemanden. Er stand am Fenster, die Augen nach draußen gerichtet und rauchte Zigaretten.

Mein geliebter Herr sagte, daß nichts zu lachen wäre über mein bedauernswertes Aussehen. Er nannte mich die Karikatur seines eigenen Seelenzustandes.

Hete lachte wieder. Sie meinte, Karikaturen wären doch etwas Komisches und gemacht zum Lachen. Oder etwa nicht?

Mein geliebter Herr lachte nicht.

Worte gingen hin und her. Auch von meiner lieben Decke wurde gesprochen. Mein geliebter Herr hatte sie sofort vermißt. Da wo er sie niedergelegt hatte.

Hete blieb rosig und wohlgemut. Sie sagte, mein geliebter Herr solle lustig sein. Sie hätte nie Leute gemocht, die nicht lachen konnten. Oder wollten.

Sie klatschte in die Hände und rief: »Eins, zwei, drei, vertragt Euch.«

Sie lachte wieder und lief zwischen Herrn Konstantin und meinem geliebten Herrn hin und her. Sie wollte beide fangen und zueinanderziehen. Herr Konstantin sprang von einem Fenster zum andern. Mein geliebter Herr ging langsam um den Tisch herum. Ich bellte Hete an. Ihr Bemühen war vergeblich. Ich wußte dies von Anfang an. Aus eigner Erfahrung. Wenn man zwei Hasen zu jagen sucht, fängt man keinen.

Plötzlich pfiff mein geliebter Herr, wir waren draußen. Er seilte mich an. Durch unbekannte Straßen kamen wir in ein fremdes Zimmer. Mein geliebter Herr versuchte mich abzureiben. Seine Hände hatten keine Kraft. Seine Blicke gingen über mich fort.

Ich war erschöpft. Ich schlief unter seinen Händen ein. Ich fühlte seine Stiefel unter meiner Schnauze.

In der Nacht erwachte ich. Hunger grimmte meinen Leib. Ich blickte zu meinem Herrn auf. Er saß noch immer im Hut und Mantel. Er hatte die Augen geöffnet und schien doch zu schlafen.

Ich legte mich wieder nieder. Er blieb unverändert bis zur Morgenfrühe.

Viele Schritte klappten schon draußen. Ich bellte leise.

Er lächelte und sagte, daß man uns übel mitgespielt habe. Ich aber sei wenigstens wieder trocken.

Er drückte seine Stirn in mein Fell und war plötzlich eingeschlafen. Ich rührte mich nicht. Der leere Leib grimmte mehr und mehr. Die Wärme meines geliebten Herrn ließ es mich ertragen ...


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