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XXIV

Toni Valler saß am nächsten Morgen in ihrem Zimmer und hatte die erste Ausgabe des »Frisco Call« auf ihren Knien liegen. Der süßliche Duft frischer Druckerschwärze stieg betäubend vom Papiere auf. Es soll Leute geben, die dieses Aroma lieben. Toni gehörte nicht zu ihnen. Sie ließ die Blätter zu Boden flattern, als Korbin nach kurzem Klopfen bei ihr eintrat.

»Nun – was steht in der Zeitung?« fragte er in einem Tonfall, der zu leichtfertig klang, um als echt empfunden zu werden.

»Lesen Sie selbst!« sagte Toni, noch immer ein wenig benommen vom Dufte der Neuigkeiten, die sie eben überflogen hatte.

Korbin starrte auf die Schlagzeilen, die sich brüllend zwischen den Text des Berichtes drängten.

»Sensation im Hause des französischen Konsuls Pierre Poncelle!«

»Der Mord an der Familie Valler endlich gesühnt. Sheriff von Cerdova schließt die Akten!«

»Robin Hood, Investigation Office, arbeitet vorbildlich zusammen mit Distriktspolizei!«

»Mörder wurde von unbekannter Hand gerichtet!«

»Sheriff stellt das Verfahren gegen Unbekannt ein!«

»Militärische Geheimpapiere bei verschiedenen Regierungen angeboten. Die Brüder Häberlin vereiteln den Versuch des Landesverrats. Täter ist nach den Landesgesetzen nicht strafbar!«

»Verfahren wegen Paßfälschung gegen G. H. ebenfalls eingestellt!« – –

»Nun – was sagen Sie dazu?« bemerkte Toni.

»Was ist da schon zu sagen? Die traurige Geschichte ist zu Ende, und Sie können innerlich aufatmen. Die Häberlins fahren Ende nächster Woche nach Neuyork und von da in ihre Heimat weiter. Die Verhandlungen mit Ihnen sind ja nun wohl auch unter Dach und Fach, wie ich höre. Ich werde mich ihnen anschließen.«

»Sie – wollen fortgehen?«

»Warum nicht? Ich bin ein gemachter Mann, und Tante Veronika schreibt mir, daß ihr Weinhandel in Sterzing einen tatkräftigen Mann braucht, der sich ums Geschäft kümmert. Nun, ich denke, die nötige Tatkraft habe ich mir in Diensten von Mr. Hood und durch allerhand sonstige Lebensumstände in diesem Lande angeeignet, und ich sehe nicht ein, warum ich diesem ehrenvollen Rufe der Heimat nicht Folge leisten sollte. Ach, Toni – wenn Sie wüßten, wie schön es im alten deutschen Sterzing ist, ich glaube, Sie würden keine Stunde länger in diesem Lande bleiben!«

Toni war ein wenig blaß geworden.

»Aber ich bin von so vielen Leuten eingeladen worden – für den Winter, Korbin – hinunter nach dem Süden – und sie waren alle so nett zu mir …«

Korbin Holzer legte plötzlich seine Arme schwer auf ihre zarten Schultern und blickte ihr ernst in die Augen.

»Sie wollen also wirklich nicht mehr deutsch mit mir sprechen?«

Toni entfärbte sich; aber zugleich wollte es Korbin scheinen, als glänze dabei ein Lächeln auf ihren Lippen. Er sprach in beider Muttersprache weiter:

»Du gehst natürlich auch zurück in die Heimat, Toni, in deine wahre Heimat – und ich gehe mit dir – und wenn du mich nie mehr verlassen wolltest, dann wäre ich der glücklichste Mensch, so arm ich bin – und ich nehme dich auch, Toni, trotz deines unverschämten Geldes, denn schließlich kannst du ja nichts dafür, daß du plötzlich so reich bist – und du wirst es schon ertragen, daß die Leute sagen, ich hätte mir in Alaska einen Goldlachs aus dem Cooper-River gezogen. Wenn sie so reden – verdammt! – dann lügen sie geradeheraus. Du weißt es ja, daß ich den Jungen mit dem dreckigen Pflaster im Gesichte nehme, und keinen andern. – Aber Toni – so laß mich doch nicht immer allein reden!«

Es klopfte hart an die Zimmertür, die sich sogleich öffnete und hinter Mr. Hood wieder schloß. »Störe ich?« fragte er mit einem erstaunten Blick auf Korbin, der Tonis Rechte mit beiden Händen umspannt hielt.

Tonis Gesicht flammte plötzlich rosig auf.

»Im Gegenteil, Mr. Hood, Sie kommen gerade zurecht, um uns beiden Glück zu wünschen. Mr. Holzer, Ihr genialer Amateurdetektiv, hat soeben um meine Hand angehalten – so sagt man wohl im alten Europa – und …«

Mr. Hood fiel lachend auf einen Stuhl.

»Da haben die Häberlins doch wenigstens in diesem einen Punkte recht behalten!«

Er sprang auf und schüttelte den beiden die Hände.

»Georg sagte gestern beim Abschied zu mir: ›Ihre liebenswürdige Klientin ist ein Teufelsmädel. Mich hat sie beinahe über den Haufen geschossen. Hoffentlich benimmt sie sich dem guten Jungen, dem Korbin gegenüber, niemals so voreilig! Aber die beiden werden ja in unserer friedlichen Schweiz leben, wo man derartige Dinge grundsätzlich der Polizei überläßt. Ich denke doch, die Sache wird gut ausgehen!‹ Und das denke ich auch: Meinen herzlichsten Glückwunsch!«

 


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