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Da, wo die Engel Hörner tragen,
      
 Fiel's einem jungen Teufel ein
      
 Dem led'gen Stande zu entsagen
      
 Und sich ein junges Weib zu frei'n.
      
 Nun aber war es in der Hölle
      
 Mit Frauen grade schlecht bestellt;
      
 Drum wanderte der Junggeselle
      
 Entschlossen auf die Oberwelt,
      
 Versteckte Hörner, Schweif und Klauen
      
 Und seinen leid'gen Pferdehuf
      
 Und musterte die Erdenfrauen,
      
 Was ihm der Freuden viele schuf
      
 Denn was sich sehnte nach der Haube,
      
 Nach Ehering und Brautgemach,
      
 Flog wie der Sperling nach der Traube
      
 Dem minniglichen Teufel nach.
 Auch liess ihn keine Schöne büssen
      
 Für sein bedenklich Hinkebein,
      
 Denn wandelt wer auf Freiersfüssen,
      
 Darf einer auch ein Pferdsfuss sein.
So trieb's im Land der junge Freier
      
 Erfolgreich viele Wochen lang,
      
 Bis eine Frau im Wittwenschleier
      
 Mit festem Netze ihn umschlang,
      
 Bis vor den Füssen seiner Schönen
      
 Der liebeswunde Teufel lag
      
 Und flötete in süssen Tönen
      
 Von Eheglück und Hochzeitstag.
      
 Sie hiess den Werber schön willkommen
      
 Und gab ihm beides, Herz und Hand. –
      
 Wie er sich am Altar benommen,
      
 Das ward mir leider nicht bekannt.
      
 Doch will ich wahrheitstreu berichten,
      
 Dass er beim Fest sich gut benahm
      
 Und streng erfüllte seine Pflichten
      
 Als liebevoller Bräutigam.
Gleich aber nach dem Brautgelage
      
 Am andern Morgen ward ihm klar,
      
 Dass leider seiner guten Tage
      
 Der Hochzeitstag der letzte war.
 Mit Keifen wechselte und Schelten
      
 Bald Klagelied, bald Widerstreit,
      
 Und gute Worte waren selten
      
 Wie Kirschen um die Weihnachtszeit.
      
 Auch wollten nicht die Mittel reichen,
      
 Da Sie des Geldes leider bar
      
 Und Er, wie viele seinesgleichen,
      
 Von Haus ein armer Teufel war.
      
 Da ward er strenge angehalten
      
 Von seinem Weib bei kargem Schmaus
      
 Zu Wassertragen, Klötzespalten
      
 Und andrer Thätigkeit im Haus.
      
 Es schwand der Arme wie ein Schatten,
      
 Und Zweifel quälten ihn dabei,
      
 Wer von den beiden Ehegatten
      
 Der eigentliche Teufel sei.
      
 Da sprach der Höllensohn mit Grämen:
      
 »Das soll der Teufel halten aus!«
      
 Und ohne Abschied erst zu nehmen
      
 Verliess er schleunig Weib und Haus.
Nun thät die gleiche Strasse fahren
      
 Ein fremder Arzt aus Padua,
      
 Der mit erlesenen Kräuterwaaren
      
 Und Theriak das Volk versah.
 Der kam gelegen just dem Andern,
      
 Er gab ihm Stand und Schicksal kund
      
 Und schloss alsdann im Weiterwandern
      
 Mit dem Gelahrten einen Bund.
In Eintracht schritten beide weiter
      
 Und kamen an ein Städtlein schnell.
      
 Dort sprach zum Doktor der Begleiter:
      
 »Nun höre meinen Rath, Gesell!
      
 Ich weiss von einem argen Richter,
      
 Der ist der reichste Mann der Stadt,
      
 Der schlimmste aller Bösewichter,
      
 Der oft das Recht gebogen hat.
      
 In diesen Richter will ich fahren
      
 Und quälen ihn nach Teufelsbrauch,
      
 Bis ihm der Angstschweiss von den Haaren
      
 Tropft wie der Thau vom Dornenstrauch.
      
 Dann komme du heran und treibe
      
 Mit einem Segensspruch mich aus,
      
 So fahr' ich aus des Kranken Leibe
      
 Und harre dein am Thore drauss.
      
 Und von dem Richter für die Heilung
      
 Erbitte zwanzig Gulden dir;
      
 Die bringst du treulich mir zur Theilung,
      
 Zehn Gulden dir und zehne mir.«
 Gesagt, gethan. Es liess sich bannen
      
 Vom Medikus der Höllensohn.
      
 Er fuhr mit Wuthgeheul von dannen,
      
 Und dreissig Gulden war der Lohn.
      
 Der ungerechte Doktor aber
      
 Mit schnöder Hinterlist verfuhr,
      
 Denn statt der fünfzehn Gulden gab er
      
 Dem armen Teufel zehne nur.
      
 Der Teufel liess sich schweigend prellen
      
 Und schluckte hinter den Verdruss,
      
 Doch er beschloss ein Bein zu stellen.
      
 Dem hinterlist'gen Medikus.
Sie fanden, als sie fürbass wallten.
      
 Ein stattlich Kloster reichbegabt.
      
 Dort thät der Teufel Einkehr halten
      
 Und fuhr behende in den Abt.
      
 Bald kam der Doktor auch zur Stelle
      
 Und rief: »Du böser Geist, fahr' aus!«
      
 Da lachte höhnisch sein Geselle
      
 Und grunzte aus dem Abt heraus:
      
 »Du arger Schelm hast mich bestohlen;
      
 Ich weiche nicht vor einem Dieb!« –
      
 Es stand der Medikus auf Kohlen,
      
 Der leid'ge Unhold aber blieb.
 Da rief der Doktor schnell besonnen:
      
 »Heda, mein Freund, nun komm hervor!
      
 Dein Eheweib, dem du entronnen,
      
 Steht unten vor dem Klosterthor.« –
      
 Da packte Frost des Teufels Glieder,
      
 Er fuhr aus des Besess'nen Leib
      
 Und hinkte in die Hölle wieder.
      
 Da lebt er heut noch ohne Weib.