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Laon. Diese entlegene und rare Stadt ist auf einem steilen, langen Berge aufgebaut, mit vielen gedrängten Dächern an den Abhängen. Auf der höchsten Stelle des Berges und der Stadt steht die gotische Kathedrale mit vier großen Türmen und sieht weit über die träumende Ebene der Île de France.
Wegen dieser Kathedrale bin ich nach Laon gefahren, denn sie wird in allen Kunstgeschichten erwähnt als ein Muster des Überganges vom Romanischen zum Frühgotischen. Aber sie erwies sich bei der Betrachtung als nichts Besonderes; sie ist frostig, weiß und hell und ohne katholisches Geheimnis. Die einzige Belehrung, die ich in der Kathedrale von Laon gewann, bestand darin, daß man in Frankreich Hunde mit in die Kirche nehmen kann. Eine alte Dame trat ein und führte ein kleines, wolliges Hündchen an der Leine. Sie band das Hündchen los und kniete nieder, um ein Gebet zu veranstalten, und während sie betete, spazierte das Hündchen zutraulich herum. Als es sich aber einem frühgotischen Pilaster näherte und an ihm herumzuschnuppern begann, schloß ich schaudernd die Augen, um das Sakrilegium nicht zu sehen.
Sonst ist Laon eine einstöckige Stadt, die treppauf, treppab gebaut ist mit Bogengängen und heimlichen Winkeln. Von den Wällen sieht man tief in die Ebene hinunter; und herniederhängende Gärten sind da, und über alles ist jetzt ein rotes Blühen von Pfirsichbäumen gesponnen und ein abendliches Klagen der Grasmücken.
Durch die Hauptstraße, in der die Laternen angezündet werden, promenieren die Provinzfranzösinnen. Die Französinnen der Provinz sind fein und artig und schlank. Auch in dieser kleinen Stadt ist nirgendwo bei ihnen etwas Beschränktes oder Philiströses zu sehen. Sie sprechen leise und lachen unhörbar und bleiben vor dem hellen Laden stehen, in dem die Pariser Blusen sind. Sie heißen Gilberte oder Germaine und sind ein wunderholdes Menschenvolk, das Gott der Herr segnen möge.
Um acht Uhr abends werden die Fensterläden geschlossen, und die Türen klappen zu. Doch gibt es unverwüstliche Nachtschwärmer, die sitzen bis um neun Uhr im Café de la Comédie und spielen Domino.
In Caen wird ein Schenkelknochen Wilhelms des Eroberers aufbewahrt, und alle romantisch veranlagten Leute sollten sich deshalb für diese Stadt interessieren. Die Engländer, die so etwas lieben, kommen häufig hierher und haben Caen zu einer Ihrer Sommerresidenzen gemacht. Und sie betrachten gedankenvoll den Schenkelknochen jenes Mannes, der einst die Insel England so vorbildlich leicht erobert hat.
Es ist eine bleiche Stadt in der stillen Normandie. In weißen verlassenen Klostergärten flattert irgendwelche Wäsche; eine milde Trambahn verläuft durch resignierte Straßen, und auf den Plätzen schlafen alte Kreuzfahrerkirchen, die rund und braun sind wie die Pasteten. Und man sagt sich: in dieser Stadt möchte ich leben, wenn ich noch älter und unnützer wurde, als ich schon bin; und dann werde ich einen Kommentar zu dem Ritterliede Lancelot verfassen, das Chrétien de Troyes geschrieben hat.
Übrigens wird in allen diesen Städten des französischen Nordens und Ostens der deutsche Wanderer jetzt das lebhafteste Bedenken und Mißtrauen der Einwohner erwecken. Diese Städte sind voll von militärischen Phänomenen, und man kann keine zehn Schritte machen, ohne auf eine Kaserne oder auf einen Feldwebel zu stoßen; und dann sieht es peinlich so aus, als sei man hierhergekommen, nur um diesen Feldwebel oder diese Kaserne auszuspionieren.
Vor einem Bäckerladen in Caen sah ich eine Katze sitzen, die ein silbernes Glöckchen um den Hals trug. Ich trat an sie heran, um ein wenig mit ihr zu plaudern; und weil ich dachte, die Katze sei über so etwas erhaben, sprach ich sie deutsch an. Sogleich blickte sich ein des Weges vorbeikommender Brigadegeneral scharf und ahnungsvoll nach mir um. Und auch die Katze stand auf und zog sich entrüstet in das Innere des Bäckerladens zurück.