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XVI.

Buardo eilte auf sein Zimmer, nahm seinen Hut, küßte Semona mit dem Versprechen, sobald als möglich zurückzukehren und ging mit beflügelten Schritten der Point zu. Dort hatte er bald das Werft erfragt, wo das Schiff mit der Menagerie lag, er erstieg dessen hohen Bord und wurde auf dem Verdeck nach der Kajüte gewiesen. Als er in dieselbe eintrat, sah er den Herrn vor sich, der heute früh bei Herrn Newton gewesen war. Außer Demselben befanden sich noch sechs Männer in dem kleinen Raum und nach Buardo traten deren noch zwei ein, welche die Thür hinter sich verschlossen. Der Herr der Menagerie, dessen Name Riply war, hatte sich erhoben und nahm Buardo das Schreiben ab. Nachdem er es erbrochen und flüchtig hineingeblickt hatte, sagte er:

»Buardo, ich habe Dich von Herrn Newton gekauft; Du bist jetzt mein Eigenthum, und ich hoffe, daß Du mir ebensoviel Ursache zur Zufriedenheit mit Dir bieten wirst, wie Du Deinem vorigen Herrn gabest.«

Buardo fuhr es bei diesen Worten eiskalt durch die Glieder, sein Herz setzte wiederholt die Schläge aus, es sauste ihm wie Sturmwind im Gehirn. Er dachte an Semona, an das geliebte, einzig geliebte Weib, an das Einzige, was ihn an das Leben band – großer Gott! – sollte er von ihr scheiden, ohne sie nochmals zu sehen, ohne sie zu trösten, ohne ihr Lebewohl zu sagen! Das Blut drängte sich ihm nach dem Kopfe zurück, er mußte, er wollte sie noch einmal sehen und wenn es ihm das Leben kostete. Er blickte um sich, sein Auge flammte, seine Muskeln spannten sich und kaum konnte er die Worte hervorbringen:

»Ich muß aber meine Frau, meine Semona noch einmal sehen, Herr!«

»Wenn wir von Neworleans zurückkehren, dann wirst Du Gelegenheit dazu finden,« antwortete Riply, seinen Blick auf die Züge des Negers heftend und trat einen Schritt zurück.

»Nicht doch, jetzt, noch vor meiner Abreise muß ich, will ich sie sehen, Herr!« rief Buardo nun, seine krampfhaft gebogenen Arme von sich abspannend, als wolle er die Männer fern von sich halten.

»Du willst? – hat ein Sclave einen Willen? Du sollst nicht, und nun schweige!« rief Riply und winkte den Männern, die hinter Buardo standen. Dieselben ergriffen dessen Arme und wollten ihm Handschellen anlegen, Buardo aber faßte mit jeder Hand einen der Burschen, schleuderte sie beide an die Erde und flog nach der Thür, um das Weite zu suchen. Dieselbe aber war verschlossen. In demselben Augenblick fühlte er eine Schlinge um den Hals, die sich schnell zuzog und ihn hintenüberriß, alle anwesenden Männer fielen über ihn her, er wurde gebunden und dann erst nahm man den Strick von seinem Nacken, damit er wieder athmen konnte. Er wurde nun hinaus auf das Verdeck geschleift, dort mit fünfundzwanzig Peitschenhieben bestraft und dann an einer schweren Kette angeschlossen.

Die Dämmerung brach herein, in Semona's Stube wurde es immer düsterer und immer verlangender lauschte sie aus dem Fenster nach dem Wohngebäude des Herrn Newton, wo die Schelle an der Hausthür ihr die Rückkehr Buardo's verkünden sollte. Buardo kam nicht. Es wurde dunkel und die Gegenstände im Hofe wurden vor Semona's Blick von der Finsterniß verschlungen, immer war der Geliebte noch nicht zurückgekehrt. Das Verlangen in Semona's Herzen ging in bange Sehnsucht über und verwandelte sich bald in Angst, in Schrecken. Jetzt hielt es sie nicht länger in dem Zimmer, sie lief hinunter in den Hof nach der Thür des Herrenhauses und zog die, Schelle. Der schwarze Diener des Herrn Newton trat heraus und fragte nach der Ursache des Klingelns zu so später Stunde, worauf ihm Semona sagte, daß Buardo noch nicht zu ihr zurückgekehrt sei und daß ihm möglicherweise ein Unglück zugestoßen sein könne.

»Sein Ausbleiben wird wohl Herrn Newton bekannt sein; wir Neger wechseln oftmals schnell unsere Herren!« antwortete der Diener und wollte die Thür wieder schließen, doch Semona warf sich mit Verzweiflung dazwischen und flehte:

»Bitte, bitte, frage den Herrn, ob er weiß, was aus Buardo geworden!«

»Der Herr ist noch nicht nach Hause gekommen; er hält späte Stunde; wird wohl vor Tage nicht zurückkehren. Geh, lege Dich zur Ruhe und gieb Dich zufrieden, wenn Du Deinen Mann sobald nicht wiedersehen solltest,« antwortete der Diener, schob Semona in den Hof zurück und verschloß die Thür.

»Allmächtiger, habe Barmherzigkeit!« jammerte die Negerin, indem sie auf die Kniee niedersank und die gefalteten Hände mit ihrem thränenschweren Blick nach den funkelnden Sternen über sich erhob. »Ach, gieb mich der Verzweiflung nicht preis, nimm mir Buardo nicht, nimm mir lieber das Leben, ich kann nicht ohne ihn zurückbleiben!«

Sie sank, mit ihrem Antlitz in den Händen, in sich zusammen und kauerte weinend und schluchzend auf dem Steinpflaster des Hofes nieder, ohne zu wissen, was sie that oder was sie thun wollte. Mehrere Stunden hatte sie jammernd und weinend hier gesessen, als plötzlich die Glocke an der andern Hausthür sie aufschreckte und das Fenster über dem Eingang des Wohnhauses sich erhellte. Schnell sprang sie zu der Thür hin und zog abermals die Schelle, worauf die Stimme des Herrn Newton ihr zurief:

»Geh auf Dein Zimmer, Semona, Buardo kommt nicht vor einiger Zeit zurück; ich habe ihn in das Land vermiethet.«

Das Fenster über der Thür verdunkelte sich wieder und Alles im Hause war ruhig. Semona preßte beide Hände auf ihr Herz, es zog sich schmerzhaft wie im Krampf zusammen und ein kaltes Frösteln lief ihr durch die Glieder. Sie wankte in ihr Zimmer und sank dort machtlos auf ihr Lager hin.

Am andern Morgen ließ Herr Newton sie zu sich in das Zimmer rufen und sagte dort zu ihr:

»Stelle Dich nicht so kindisch an, Semona, Du weißt ja doch, daß Ihr Sclaven seid und daß ich Euch nicht unterhalten kann, ohne daß Ihr selbst Etwas verdient. Buardo ist im Lande bei einem Pflanzer in Arbeit, und wird von Zeit zu Zeit wohl von seinem Herrn Erlaubnis; erhalten, Dich zu besuchen, und wenn ich Gelegenheit finde, auch Dich hier in der Stadt an einen guten Herrn zu vermiethen, so muß ich es thun, damit ich die Zinsen von dem Kapital erhalte, welches ich für Dich bezahlt habe. Sei nun vernünftig und weine nicht mehr, Du machst Dich nur krank und häßlich dadurch.«

Mit diesem Trost sandte Newton die laut jammernde Negerin wieder auf ihr Zimmer zurück.

Einige Tage waren verstrichen, als in der Frühstunde ein Wagen vor das Haus des Sclavenhändlers fuhr und ein Herr Namens Pendel sich bei demselben anmelden ließ. Er wurde durch den Diener in das reich decorirte Empfangszimmer geführt und trat dort sogleich vor den großen Wandspiegel, um seine Toilette zu überblicken. Er war ein alter, nach der neuesten Mode gekleideter Herr, mit goldener Brille und feinen gelben Handschuhen. Das schöne blonde Lockenhaar, welches sein Haupt bedeckte, war nicht sein eigenes, es war von dem geschicktesten Friseur der Stadt für Pendel zu einer Perrücke zusammengefügt und strebte mit jugendlichem unternehmenden Schwünge über der linken Seite seiner faltigen Stirn empor. Sein mageres Gesicht war sehr sauber von allem Bart befreit, die eingefallenen Wangen waren künstlich durch einen Hauch von Karmin geröthet, und das schwarz seidene Tuch, welches sich zwanglos um seinen hohen schneeweißen Hemdkragen legte, bezeichnete in seinem leicht geschürzten Knoten und zur Seite fliegenden Enden mehr den Leichtsinn der Jugend, als die sechszig sehr rasch verlebten Jahre des Herrn Pendel. Diesen zum Hohn jedoch war seine Haltung, so wie jede seiner Bewegungen jugendlich, wenn man auch eine gewisse Steifheit in den Knie- und Fußgelenken nicht verkennen konnte, und die Gewandtheit und Leichtigkeit, womit er das elegante goldgekrönte Rohr in seiner Rechten schwang, verrieth Lebenslust, ja Uebermuth. Er hatte so eben dem Halstuch eine fliegende Richtung seitwärts über die gelbe seidene Weste gegeben, den Kragen des dunkelbraunen weit geschützten Fracks glatt gezogen und machte, ohne seine Kniee viel zu beugen, einen Gang durch das Zimmer, indem er halblaut vor sich hinsang: »Du hast die schönsten Augen«, als Herr Newton eintrat und seine Dienste zur Verfügung des reichen Herrn Pendel stellte.

»Womit Sie mir dienen können, fragen Sie, Herr Newton?« entgegnete Pendel mit einem leichtsinnigen Lächeln. »Das sollten Sie doch wissen, was fehlt uns Gar çons wohl am meisten? Ein Mädchen, jung, reizend, liebenswürdig und treu, so lange wir es wünschen! Meine Sultana ist mir untreu geworden, ich kam einigemale zu ungewöhnlicher Stunde nach Hause und hörte männliche Tritte durch das Erdgeschoß nach der Straße fliehen, obgleich die Mulattin frech ableugnete, daß ein Manu im Hause gewesen sei. Fort mit Schaden! – ich habe sie auf eine Zuckerplantage nach Louisiana verkauft, von dort aus mag sie an mein Haus zurückdenken. Ich bedarf nun einer neuen Haushälterin, besitzen Sie etwas Empfehlenswerthes?«

»Etwas ungewöhnlich Ausgezeichnetes,« erwiederte Newton, indem er sich verneigte.

»So lassen Sie sehen; ich weiß, Sie haben Geschmack,« sagte Pendel und schlug sich mit dem Rohr wie in Ungeduld an sein weites Beinkleid.

»Ich besitze die schönste Negerin, die jemals amerikanische Erde betreten hat. Sie ist erst vor Kurzem von Afrika eingeführt, war die Geliebte eines mit ihr herübergebrachten Sclaven, den ich vor einigen Tagen weitweg verkauft habe und um den sie jetzt trauert. Sie geberdet sich wirklich unklug über ihren Verlust und ich sollte sie eigentlich in diesem Zustande keinem Kaufliebhaber vorführen; sie ist aber in der That so schön, daß sie auch in ihrem Gram gefallen muß.«

»Das finde ich ja reizend, es zeigt von Gefühl; bin wirklich neugierig, eine schwarze Heloise zu sehen. Aber wie verständigt man sich mit ihr, muß man die Sprache aller Völker zu Hülfe nehmen?«

»Doch nicht, sie redet sehr gut Englisch. Ich will sie rufen lassen. Sie darf aber nicht wissen, daß sie verkauft werden soll, wir wollen in ihrer Gegenwart nur von Vermiethen reden,« sagte Newton und verließ das Zimmer.

»Bald darauf kehrte er zurück und führte Semona an der Hand mit den Worten auf Pendel zu:

»Dies ist der Herr, der eine Haushälterin zu miethen wünscht, Semona.«

Pendel schien um einige Zoll höher zu werden, als sein Blick auf das schöne Mädchen fiel, er strich sich die Handschuhe glatt und zupfte den Hemdkragen in die Höhe. Semona hatte noch nicht zu ihm aufgeblickt, willenlos und ergeben in ein unvermeidliches gräßliches Geschick war sie dem Sclavenhandler hierher gefolgt und stand da, um Alles über sich ergehen zu lassen.

»Du trauerst, schönes Mädchen, trauerst um den Geliebten und weißt nicht, wie reizend Dir die Melancholie in Deinem prächtigen Auge steht,« sagte Pendel mit dem Ausdruck einer gewissen Anerkennung seiner eigenen Worte; Semona hörte ihn nicht.

»Laß mich Dich trösten, süßes Kind, ich will alles für Dich thun, will alle Deine Wünsche befriedigen, die Zeit wird mir zu Hülfe kommen, bald sollst Du den verlorenen Freund vergessen haben,« fuhr Pendel leidenschaftlicher fort; doch Semona schien ihn wieder nicht gehört zu haben und stierte unverwandt vor sich auf den bunten Teppich nieder, während ihre gefalteten Hände vor ihr herabhingen.

»Die Liebe eines weißen Mannes soll Dich entschädigen, liebliche Semona,« sagte Pendel jetzt mit Zärtlichkeit und legte seine behandschuhten Finger lüstern auf den zarten Nacken der Negerin, als diese, wie von einer Natter gebissen, von ihm zurückfuhr, und ihm einen Blick zuwarf, als wolle sie ihn damit durchbohren.

»Du bist ja eine wilde Schöne, aber auch selbst in Deinem Zorn reizend. Ich liebe diese Leidenschaft in Dir und werde sie für mich Dir abzugewinnen suchen. Du sollst leben, wie eine Fürstin,« fuhr Pendel abermals fort, als Semona ihre kleinen Hände gegen ihr Herz drückte und ein schwerer Athemzug ihre Lippen erbeben ließ.

»Du kannst auf Dein Zimmer zurückgehen, Semona, nahm jetzt der Sclavenhändler das Wort und winkte mit der Hand nach der Thür.

»Die Negerin ist mein,« sagte Pendel rasch, als sie das Zimmer verlassen hatte, »wie viel habe ich Ihnen für sie zu zahlen.«

»Vier tausend Dollar!« antwortete der Sclavenhändler mit Ruhe und hielt seinen Blick auf Pendels Antlitz geheftet, als wolle er den Eindruck erforschen, den die Forderung auf den alten Herrn machen würde.

»Habe ich Sie recht verstanden – sagten Sie viertausend Dollar? das wäre ja enorm!« versetzte Pendel und fiel, wie ermüdet von langem Stehen, in einen großen rothsammetnen Lehnstuhl.

»Vier tausend Dollar ist der Preis für diese seltene Schönheit, und ich nenne ihn einen niedrigen; denn sende ich sie nach Neworleans zu den französischen Creolen, so bekomme ich mit Leichtigkeit sechstausend Dollar für sie. Ich habe sie nur hierbehalten, weil ich meinen befreundeten Kunden es glaube schuldig zu sein, ihnen die erste Gelegenheit zum Kauf zu geben. Auf heute Nachmittag haben sich mehrere derselben bei mir ansagen lassen, um die schöne Afrikanerin in Augenschein zu nehmen,« versetzte der Händler und erkannte die Ungeduld, die sich bei diesen Worten auf den Zügen des alten Herrn malte.

»Niemand wird sie sehen, sie ist mein Eigenthum, ich behalte sie zu Ihrer Forderung. Bringen Sie Semona nebst dem Kaufbrief gefälligst selbst nach meinem Hause und empfangen Sie das Geld. Ich werde Sie dort erwarten,« siel Pendel rasch ein, reichte Newton die Hand mit den Worten: »Der Handel ist abgemacht,« und begab sich nun in augenscheinlich großer Aufregung nach seinem Wagen, der vor dem Hause hielt.

Es war kurz vor zwölf Uhr, als der Sclavenhändler mit Semona neben sich in einer geschlossenen Kutsche nach dem vornehmsten Theile der Stadt fuhr und dort vor einem prächtigen, aus rothem Backstein aufgeführten Hause, dessen Fenster- und Thürrahmen, künstlich verziert, aus schneeweißem Marmor bestanden, den Kutscher anhalten ließ. Aus dem Eingang unter der hohen Marmortreppe vor dem Gebäude sahen mehrere Negerinnen neugierig hervor, als Newton und die Afrikanerin den Wagen verließen. Der Händler erstieg mit der Sclavin die Treppe, die Thür öffnete sich und Pendel selbst erschien in dem Eingang, jetzt mit einem schneeigweißen wehenden leinenen Hausrock angethan.

»Willkommen, Herr Newton, und zweimal willkommen, schönes Mädchen!« sagte er, indem er Beide einließ und die Thür wieder schloß. Er führte sie in den prächtigen Empfangssaal, wies dem Sclavenhändler einen Platz im Sopha an, und wandte sich dann mit milder zutraulicher Stimme an die Negerin und sagte:

»Setze Dich, Semona, nimm diesen Stuhl; Deine Liebenswürdigkeit verbannt in meinem Hause ein jedes Vorurtheil, welches auf Deiner schwarzen Hautfarbe liegen mag.«

Dabei schob er den Stuhl dicht an Semona heran, und nöthigte sie, darin Platz zu nehmen.

»Haben Sie mir das Papier mitgebracht, Herr Newton?« fragte er nun den Händler, empfing den Kaufbrief aus dessen Hand und schrieb dann an seinen Secretair eine Anweisung auf die Bank von Baltimore über viertausend Dollar, die er Newton einhändigte. Dieser ertheilte Pendel Quittung darüber, wünschte ihm Glück zu, dem gemachten Geschäfte, gebot Semona, gehorsam gegen ihren Herrn zu sein und ihm zu Gefallen zu leben, und verabschiedete sich dann bei diesem mit der Bitte um seine fernere Gewogenheit.

»Nun komm, liebe Semona, ich will Dir Dein Zimmer zeigen und hoffe, daß es Dir gefallen wird,« sagte Pendel, als er in den Saal zurückkehrte, und ergriff die Hand der Negerin, um sie zu führen, Semona aber zog sie zurück und folgte ihm schweigend.

»Sieh, schönes Mädchen, betrachte alles hier als Dein Eigenthum,« sagte Pendel, als er mit ihr in das hübsch möblirte Zimmer eintrat, wünschest Du etwa Aenderungen gemacht zu haben, so hast Du es nur zu sagen, ich werde Dir Alles zu Gefallen thun und hoffe dagegen, bald einen freundlichem Blick von Dir zu erhalten. Ich habe bereits dafür gesorgt, daß Du mit anständiger Kleidung versehen wirst. Zu thun hast Du vor der Hand Nichts, später sollst. Du nur mein Hauswesen und meine Sclavinnen überwachen, die Deinen Befehlen gehorchen sollen. Deine Liebe ist Alles, wonach ich strebe, und die hoffe ich mir zu erwerben.« Bei diesen Worten klopfte Pendel der Negerin zutraulich auf die Schultern und verließ das Zimmer, indem er noch in der Thür einen Seitenblick auf die schöne Negerin warf, die, wie ohne Willen, ohne Gedanken in der Mitte der Stube stand und vor sich auf den Fußboden blickte. Kaum aber hatte sich die Thür hinter ihrem neuen Herrn geschlossen, als Semona auf ihre Kniee niedersank, ihren Blick nach Oben richtete, ihre gefalteten Hände zitternd und krampfhaft erhob und halblaut hervorstammelte:

»Hilf Du mir, Allmächtiger, rette Du mich vor Verderben und gieb mir meinen Buardo wieder!«

Bald aber senkte sie ihr liebliches Antlitz in ihre Hände und begann bitterlich zu weinen.

Pendel kehrte im Laufe des Tages häufig zu Semona zurück, er führte seine andern Sclavinnen einzeln in ihr Zimmer, gebot denselben in ihrer Gegenwart, ihrem Befehl unbedingt Folge zu leisten, er ließ Semona in seinem Beisein die schönsten Stoffe für ihre Kleider wählen, er brachte ihr Armspangen und Halsschmuck zum Geschenk, und war glücklich, als er ihr beim Abschied die Hand drücken durfte.

Mehrere Tage verstrichen, Pendels Aufmerksamkeit gegen die Negerin nahm mit jeder Stunde zu, und für seine Besuche bei ihr fand er immer häufiger eine Veranlassung. Sie war jetzt in Seide gekleidet und mit goldenem Schmuck geziert, und die Blicke ihres Herrn hefteten sich immer glühender auf die seltene Schönheit ihrer reizenden Formen. Er verwandte die größte Sorgfalt auf seine eigne Toilette und ließ keinen Kunstgriff unbenutzt, jugendlich in seinem Aeußern und warm und liebevoll in, seinen Worten vor Semona zu erscheinen. Doch die Negerin war blind gegen seine Toilettenkünste und taub gegen seine liebreichen Worte, mit Beben und Widerwillen sah sie ihn kommen und mit einem stillen Dank zum Himmel sah sie ihn gehen; die Wände, die sie umgaben, wollten sie erdrücken, mit unüberwindlichem Drange verlangte sie fort von hier, ja, sie dachte mit Sehnsucht an die Zuckerplantage zurück, wo sie, in Lumpen gekleidet, elend und verhungert in der Nähe des einzig Geliebten sein, und dessen Leid durch ihre Liebe erleichtern durfte.

Eines Abends hatte Semona schon mehrere Stunden mit ihrer Näharbeit bei der Lampe gesessen, als die Thür sich aufthat und Pendel sie mit bewegter Stimme ersuchte, in sein Zimmer zu kommen. Sie folgte dem Befehl und sollte dort im Sopha neben ihm Platz nehmen. Sie zögerte und weigerte sich endlich, seinem Gesuch Folge zu leisten, bis er es ihr, wenn auch in mildem Tone, befahl.

»Noch immer, Semona, hast Du Dein kaltes Benehmen gegen mich nicht geändert, obgleich ich alles aufgeboten habe, um mir Deine Zuneigung zu erwerben. Ich liebe Dich, süßes Mädchen, und verlange nach Deiner Gegenliebe!« sagte Pendel, indem er sich näher zu der Negerin setzte und ihre Hand ergriff.

»Meine Liebe gehört meinem Gatten, Herr, und sie wird ewig sein alleiniges Eigenthum bleiben,« entgegnete Semona mit einer Bestimmtheit, die Pendel nie früher in ihr bemerkt hatte.

»Du weißt wohl, Semona, daß es in diesem Lande für Farbige keine Ehe giebt, außerdem ist Dein Mann, wie Du ihn nennst, nach dem Süden verkauft und Du wirst ihn nie im Leben wiedersehen.«

»Vor Gott aber, Herr, giebt es einen Herzensbund, und ein solcher ist der unsrige. Sollte ich meinen Buardo auch niemals wiedersehen, so kann mich doch Nichts in der Welt ihm treulos machen!«

»Semona, theure Semona, ich habe alle Schonung gegen Dich gebraucht, ich wollte mir Deine Liebe erwerben, nicht erzwingen, ich habe Dich im Glauben gelassen, ich hätte Dich nur gemiethet, ich habe Dich aber gekauft, Du bist mein unumschränktes Eigenthum, und was ich von Dir erbitte, kann ich von Dir als mein Recht verlangen.«

»Thue das nicht, Herr, denn ich müßte Dir den Gehorsam verweigern. Meine Seele hast Du nicht mitgekauft.«

»Semona, zwinge mich nicht, von meinem Recht Gebrauch zu machen, sieh, reizendes Mädchen, Dein Herr, ein weißer Mann, vergeht in Liebe zu Dir, erhöre mich und mache mich zu Deinem Sclaven!« rief Pendel jetzt, von Leidenschaft überwältigt, und schlang seinen Arm um Semona's Nacken, um sie zu küssen.

»Laß mich, Herr!« rief diese mit Entsetzen, und warf Pendel gewaltig von sich, daß er sich an dem Sopha halten mußte, um nicht herauszufallen.

»Negerin!« schrie er, in Wuth sich aufrichtend, »Du bist mein Eigenthum!«

»So nimm Dich in acht, Herr, daß Du es nicht zerstörst, denn nur nach meinem Tode kannst Du über mich verfügen,« entgegnete Semona, sich stolz erhebend, und schritt nach der Thür, um das Zimmer zu verlassen, Pendel aber warf sich ihr in den Weg, erfaßte ihre Hand und sagte mit bittender flehender Stimme:

»Semona, süße Semona, ich liebe Dich zur Verzweiflung, fordre mein Vermögen von mir, es soll Dir gehören, gieb mir nur Deine Liebe!«

»Fordere meine Achtung, Herr, und handle danach, meine Liebe gehört meinem Buardo, die kann ich Dir nicht geben.«

»So laß mich hoffen, Semona, angebetetes Weib, weise meine Liebe wenigstens nicht zurück, laß mich glauben, daß die Zeit mir Dein Herz zuwenden wird,« rief Pendel und neigte seinen Mund auf die Hand der Negerin, doch diese entzog sie seinem Kusse, schob ihn zur Seite, und eilte aus der Thür ihrem Zimmer zu.


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