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XV.

Buardo sowohl, wie Semona fühlten ihr Schicksal vollkommen, es aber mit ihrem Geiste zu erkennen, zu fassen, dazu waren sie nicht fähig. Die Größe ihres Unglücks hatte sie erdrückt, und in dumpfer Abgestumpftheit ergaben sie sich in das Verhängniß, das ihre Sinne lähmte.

Mehrere Tage lang wurden sie und ihre Leidensgefährten hier gefüttert, und dann traten sie, zusammengefesselt, die Weiterreise an. Ferrow in seinem Wagen leitete den Fug, und sein Gehülfe, ein verwegen aussehender junger Bursche, folgte bewaffnet zu Pferde den Sclaven. Sie wanderten nach Westen Tag für Tag, hielten mitunter auf Plantagen an, wo oft der Händler von seinen Waaren verkaufte, oder neue einhandelte, und Nachts schloß er die Neger aneinander und ließ sie im Freien bei einem Feuer auf der nackten Erde schlafen, oder sperrte sie in einem Wirthshause in einen Stall ein. Ueber zwei Monate waren sie bereits unterwegs, als sie Vicksburg am Mississippifluß erreichten und über tausend Meilen zurückgelegt hatten. Hier gab Ferrow den Sclaven nun Ruhe, weil hier der Platz war, wo er sie zum Verkauf ausbieten wollte. Sie mußten sich jeden Morgen unter seiner Aufsicht im Flusse baden, er kleidete sie in neue weiße baumwollene Anzüge, versah sie mit schweren ledernen Schuhen, ließ ihnen die Haare schneiden, und that Alles, um ihre äußere Erscheinung so gefällig als möglich zu machen. Dabei reichte er ihnen nahrhafte Speise und wies ihnen in einem geräumigen hölzernen Schuppen ihre Wohnung an, wo sie sowohl gegen die glühende Sonne, wie gegen Regen geschützt waren. Gleich bei seiner Ankunft machte er es in den Zeitungen bekannt, daß er ein Sortiment der ausgezeichnetsten Neger mit sich führe und lud Kaufliebhaber ein, seine Waare in Augenschein zu nehmen. Bald kamen die Pflanzer aus der Umgegend und später auch solche von weither, und es verging kein Tag, an dem nicht gehandelt wurde, wobei den Negern bei Peitschenstrafe anbefohlen war, lustig zu erscheinen. Bei allen Sclaven setzte Ferrow diesen seinen Befehl durch, nur nicht bei Buardo und Semona, er konnte die-Verzweiflung weder in Gutem noch in Bösem von ihren Zügen verscheuchen. Für diese Beiden fanden sich viele Kauflustige, der Preis aber von viertausend Dollar, den er für sie forderte, war Allen zu hoch. Endlich jedoch erschien der Aufseher einer großen, unterhalb Vicksburg gelegenen Zuckerplantage, welche einem reichen Kapitalisten in Newyork gehörte, und kaufte die beiden Afrikaner. Er meinte auch, der Preis sei zu hoch, da nach der Rechnung, die er führe, die Nutzung des Negers auf drei Jahre angenommen würde, nach deren Ablauf er todt oder wenigstens unbrauchbar für die Arbeit sei; doch diese Beiden, hoffe er, sollten wohl ein Jahr langer aushalten, und er gedächte überhaupt, mehr Arbeit aus ihnen zu pressen, als aus den gewöhnlichen Sclaven. Er zog mit ihnen von dannen, indem er sie gefesselt vor seinem Pferde hintrieb, und erreichte am zweiten Abend mit ihnen die Plantage. Dort wurden sie in einen großen, mit hoher Mauer umgebenen Hof gebracht und von ihrer Kette befreit, damit sie sich zu den dreihundert Sclaven gesellen könnten, die hier während der Nächte eingeschlossen wurden. Rund um in dem Hofe waren Bretterverschläge errichtet, unter denen sich ein Jeder nach Belieben eine Schlafstelle wählen konnte, um nach des Tages schwerer Arbeit seine ermüdeten Glieder zu ruhen. Morgens, eine Stunde vor Tagesanbruch, wurden innerhalb des Hofes Feuer angezündet, vor welchen die Sclaven den Brodteig, der aus Maismehl und Wasser bestand, auf Backsteinen backen mußten, und vor deren Gluth sie das gesalzene Schweinefleisch rösteten, welches ihnen gereicht wurde. Sie mußten so viel von beidem an jedem Morgen für sich bereiten, daß sie die drei Mahlzeiten für den Tag davon halten konnten; denn Abends wurde kein Feuer angezündet, und die Müdigkeit würde es ihnen auch nicht gestattet haben, noch irgend eine Arbeit auszuführen. Nach dem Frühstück öffnete der Aufseher das Thor in der Mauer und ließ durch die schwarzen Unteraufseher, oder Treiber, die Sclaven hinaus nach dem Felde jagen. Dort mußten sie ununterbrochen arbeiten, bis die Sonne im Zenith stand, und wurden von den Aufsehern mit der Peitsche gezwungen, fortwährend gleichen Schritt zu halten. Nun wurde ihnen im Schatten eine Stunde Rast gegeben, während welcher Zeit sie ihr mitgebrachtes Brod und Fleisch verzehren konnten, dann aber rief sie der Peitschenknall abermals in das Feld, in dem sie die untergehende Sonne noch an der Arbeit sah. Kaum hatten dann die Sclaven noch Kraft genug, sich zurück nach dem Hofe zu begeben, wo sie sofort unter den Bretterverschlägen auf dem Boden zusammensanken, um während des kurzen Schlafs neue Kräfte für den morgenden Tag zu sammeln. Sie waren sämmtlich in Lumpen gekleidet, kaum genug, um ihre Blößen zu verdecken, denn das Kapital, welches in ihnen angelegt und auf drei Jahre berechnet war, mußte mit so wenigen Kosten arbeiten, als möglich. Auch Buardo und Semona hatten in der Kleidung keinen Vorzug vor ihren Gefährten, ihr Bündel mit Kleidungsstücken war in dem Hause des Aufsehers geblieben, und schon am ersten Sonntag sahen sie diesen in dem schwarzen Anzug Buardo's umhergehen.

Der Sclavenhändler hatte sich aber in Bezug auf die Ausdauer der beiden Afrikaner beim Kauf verrechnet, denn schon nach wenigen Monaten wurden beide vom Fieber niedergeworfen. Er reichte ihnen sofort starke Dosen Chinin, und hemmte die Krankheit in ihrem Lauf, bald aber trat sie dann wieder ein und Beide wurden mit jedem Tage schwächer und elender. Sie wandelten umher, wie lebendige Skelette, und der Spätherbst fand sie so vollständig entkräftet, daß sie keine Art von Arbeit mehr zu verrichten im Stande waren.

Um diese Zeit kam der Eigenthümer der Plantage, Herr Quitman, mit seiner schönen jungen Frau von Newyork, um den Winter in dem milden, herrlichen Süden zu verbringen und zugleich die Plantage, die Quelle ungeheuren Gewinnstes, zu besuchen. Er war in dem ganz nahe gelegenen Städtchen in dem dortigen Gasthause abgestiegen und besuchte von hier aus mit seiner Gattin auf den prächtigen, edlen Pferden, die er mit sich führte, die Umgegend, wobei ihn sein Weg denn fast täglich nach der Plantage brachte. Dort besah er die Felder und die Zucker- und Vorrathshäuser, doch die Sclaven würdigte er ebenso wenig eines Blickes, wie die Maulthiere. Sie standen nach Nummern im Buche, und der Aufseher bezeichnete ihm hiernach diejenigen, welche abgenutzt waren und verkauft werden mußten, deren Zahl in diesem Jahre sich als bedeutender herausstellte, wie im vergangenen.

Herr Quitman zollte dem Aufseher das für seine Thätigkeit verdiente Lob in reichem Maße, versäumte aber nicht dabei, ihn an Sparsamkeit in Bezug auf den Unterhalt der Sclaven zu erinnern, da in den wenigen Kosten und möglichst vieler Arbeit der Hauptnutzen zu suchen sei.

Eines Morgens kam Quitman in größter Eile angesprengt und klagte dem Aufseher, daß seine junge, schöne Gattin sich einen ihrer prächtigen, vorderen Zähne beim Frühstück abgebrochen habe, und daß sie, so wie er selbst, ganz untröstlich darüber sei. Der herbeigerufene, tüchtige Zahnarzt habe erklärt, daß der Zahn leicht durch einen andern von einem lebenden Menschen ersetzt werden könne, wenn nämlich sich ein solcher fände, dessen Wurzel dieselbe Form habe. Zu diesem Ende bat er den Aufseher, junge Negermädchen von der Plantage nach dem Gasthause zu senden, damit der Arzt dort Zähne wählen und dann gleich den Tausch vornehmen könne. Der Befehl wurde sofort ausgeführt und einige zwanzig Negerinnen, unter denen auch Semona, wanderten nach dem Gasthause.

Madame Quitman saß in einem geräumigen Zimmer gleicher Erde und befand sich in Erwartung der bevorstehenden Operation in großer Aufregung; der Gedanke aber an den Verlust, den ihre Schönheit erlitten hatte, gab ihr Kraft genug, ihre Bangigkeit zu beherrschen. Der Arzt hatte nun vor dem Hause die Zähne der Negerinnen gemustert und nahm vierzehn von diesen mit sich in das Zimmer, wo die junge Frau seiner harrte. Dort nahm er nun vor Madame Quitman eine zweite genauere Prüfung vor, und wählte zwölf Negerinnen, worunter sich auch Semona befand, die ihre Zähne zur Verfügung ihrer Herrin stellen sollten. Der Arzt ließ sie in einer Reihe zusammentreten und zwar Semona voran, weil sie die schönsten und passendsten Zähne besaß. Als aber Madame Quitman auf die hagere, welke Gestalt Semona's blickte, schauderte sie vor ihr zurück und erklärte, daß sie keinen Zahn von dieser Schreckenserscheinung im Munde tragen wolle, da das Mädchen die Schwindsucht habe. Die Afrikanerin mußte sich entfernen, und nun erklärte sich Madame Quitman bereit, die Operation zu ertragen. Der abgebrochene Zahn war einer der beiden vordersten in der untern Reihe, und mit großer Gewandtheit hob der Arzt die Wurzel aus der Kinnlade. Schnell wandte er sich nun zu der ersten Negerin, die neben ihm in den Stuhl gesetzt war, und von einem Neger gehalten wurde, und riß ihr den entsprechenden Zahn aus dem Munde. Kaum aber hatte er ihn betrachtet und mit der Wurzel des Zahnes von Madame Quitman verglichen, als er ihn in die Stube warf, das zweite Negermädchen in den Stuhl zog und auch dieser den Zahn ausbrach. Abermals entsprach die Wurzel der Erwartung des Arztes nicht, und erst bei der siebenten Negerin fand er, was er suchte. Schnell drückte er nun der jungen Frau den neuen Zahn in die Stelle des ausgezogenen und gab ihr die Versicherung, daß die Operation auf das Vollständigste gelungen sei und der neue Zahn in kurzer Zeit seine Dienste eben so, wie der frühere thun werde. Er empfing dann den Betrag seiner Forderung mit hundert Dollar und wünschte der glücklichen Frau eine recht baldige Genesung.

Quitman war mit seiner Gattin nach Neworleans abgereist, wohin jetzt die reiche, vornehme Welt des Südens strömte, um sich in ihrem Glanz zu zeigen und die Winterfreuden der Weltstadt zu genießen, in welcher der Tod in der Gestalt des gelben Fiebers während des Sommers seine Feste gefeiert hatte. Da landete eines Morgens bei der Plantage Quitman's ein Dampfboot und der Sclavenhändler Newton von Baltimore stieg an das Land. Er begab sich sogleich zu dem Aufseher, um zu hören, ob derselbe abgenutzte Sclaven zu verkaufen habe und erfuhr zu seiner Freude, daß deren einige dreißig vorräthig seien. Newton besuchte die untern Ufer des Missisippiflußes alljährlich um diese Zeit, und kaufte die abgetriebenen und erkrankten Neger für niedrige Preise, um sie mit sich nach dem gesunden Norden zu nehmen, wo sich bei guter Pflege viele derselben bald wieder erholten.

Er wurde schnell mit dem Aufseher über den Handel einig, kaufte die ganze Schaar der kranken Neger und schaffte sie eilig an Bord des Dampfschiffes, um mit ihn: seine Reise den Fluß hinauf fortzusetzen. Es war ein trauriger Anblick, diese wankenden, abgezehrten, verkrüppelten menschlichen Gestalten zu sehen, von denen viele getragen, die übrigen aber geleitet werden mußten, um das Schiff zu erreichen. Unter Letzteren befanden sich auch Buardo und Semona, und Niemand, der sie noch vor wenigen Monden in ihrer Kraft und Schönheitsfülle gesehen hatte, würde sie wieder erkannt haben. Newton hatte sie zusammen für vierhundert Dollar gekauft. Lebendiger Tod lag auf ihrem Körper und auf ihrem Geiste, die Verzweiflung, die früher in ihre Züge eingegraben, war verwischt, und nur das Bild des Leidens und der Theilnahmlosigkeit war auf ihrer Stirn und in ihren matten, leblosen Augen zu lesen. Gedanken schienen sie nicht mehr zu besitzen, nur noch das eine Gefühl war ihnen geblieben, das, Gefühl des tiefsten, erdrückendsten Elends.

Newton schien aber eine Ahnung von dem Bilde zu haben, welches früher ihre Erscheinung gegeben, denn alle seine Aufmerksamkeit und Sorgfalt verwandte er auf den Negerfürsten und dessen Gattin, unter welcher Bezeichnung der Aufseher ihm Buardo spottweise überliefert hatte. Er brachte sie auf das vordere Verdeck, so daß die frische Luft sie umspielen konnte, gab ihnen wollene Decken, um sich darin einzuhüllen, wenn sie froren, reichte ihnen Medizin, 'um dem Fieber Einhalt zu thun, und brachte ihnen aus der Kajüte gute, kräftige Nahrung.

Dabei schnaubte und keuchte das Dampfschiff gegen die gewaltige Strömung des Riesenflusses, die Ufer zu beiden Seiten wurden höher, das, wie Trauerfahnen von den Bäumen herabhangende Moos, welches von der verpesteten Atmosphäre der Sümpfe lebt, verschwand, und die frische, reine Bergluft von Tennessee, Kentucky und Virginien wehte den Kranken neue Lebensthätigkeit zu, und durchströmte ihre Körper mit frischen Kräften. Sie erreichten Pittsburg in Pennsylvanien, wo Newton die Sclaven mit warmer, reichlicher Kleidung versorgte, denn es war Frost eingetreten, der namentlich Buardo und Semona empfindlich traf. Dennoch that er ihnen wohl und schien ihrem Körper neue Spannkraft zu geben. Ihr Erstaunen war sehr groß, als sie am Morgen nach ihrer Ankunft aus dem gut geheizten Zimmer traten, welches Newton ihnen angewiesen hatte, und sie alle Baume, alle Gräser, ja die hohen steilen Berge, die sich unmittelbar hinter den Häusern der Stadt erhoben, wie mit Zucker von Rauhfrost bedeckt und das Wasser in den Straßen zu Eis erstarrt sahen. Sie konnten sich nicht satt sehen, und als nun gar die Sonne über den nahen Bergen aufstieg und Alles umher in Brillantenschimmer blitzte und funkelte, da glaubten die beiden Afrikaner in einer neuen Welt angelangt zu sein und der erste Hoffnungsstrahl, daß ihrer hier vielleicht ein besseres Geschick harre, als in dem glühenden Süden, an den sie nur mit Schaudern zurückdachten, drang in ihre Seele. Schon war ja die Kette von ihnen genommen, sie gingen frei herum, sie wurden wieder wie Menschen behandelt und die, Geist und Körper tödtenden, verwirrenden Fieberschauer hatten sie verlassen. Ihre Freude war groß, als Newton ihnen freundlich mittheilte, daß sie von hier aus die Reise bis nach Baltimore zu Wagen machen würden, wobei es ihnen immer frei stände, zu Fuße zu gehen, oder zu fahren. An einem herrlichen, heitern Tag, wie der Winter in dem schönen Pennsylvanien deren so viele bietet, brachen sie auf, der Himmel spannte sich hell und klar wie ein blaues Atlasgewand von Berg zu Berg, die Sonne blickte freundlich und wärmend in die engen Thäler nieder und die Luft zog wohlthuend und kräftigend den Wanderern entgegen. Die größere Zahl der Sclaven hatte sich schon so weit erholt, daß sie den Weg ganz zu Fuß machen konnten, was sie auch vorzogen, während andere von Zeit zu Zeit den großen Wagen bestiegen, um sich zu ruhen, und nur wenige fortwährend gefahren werden mußten. Herr Newton mit einem in Pittsburg gemietheten weißen Gehülfen folgte bewaffnet dem Zuge zu Pferde und überließ es den Negern, ganz nach ihrer Bequemlichkeit zu gehen. Dabei hielt er häufig mit ihnen in den Wirthshäusern an der Straße an, um ihnen Erfrischungen reichen zu lassen, und sorgte immer für ein gutes, warmes Nachtquartier. Schon nach wenigen Tagen fühlten sich die Sclaven bedeutend wohler und kräftiger, so daß sie weitere Märsche zurücklegen konnten, was sie mit Freuden thaten, und wobei sie heiter und guter Dinge waren. Auch Buardo und Semona athmeten wieder freier, mit ihren Körperkräften kehrte auch wieder Lebenslust in ihre Seele zurück, und das Glück ihres Zusammenseins lebte wieder in ihnen auf. Sie gaben ihre Gefühle zwar nicht, wie ihre Leidensgefährten, durch Scherz und Lachen kund, die Hoffnung und die Zuversicht für eine bessere Zukunft redete aber deutlich aus ihren belebteren Augen, und war auf ihren Zügen, in ihrer ganzen Haltung und in der Innigkeit zu lesen, mit der sie Hand in Hand, oder Arm in Arm dem Zug in einiger Entfernung voranschritten. Fortwährend von dem herrlichsten Wetter begünstigt, erreichten die Reisenden Baltimore, die Stadt der Monumente, und Buardo und Semona bezogen in einem der Nebengebäude von Newton's Wohnung ein freundliches, nettes Zimmer. Mit der größten Sorgfalt und Aufmerksamkeit wurden sie nun von ihrem neuen Herrn gepflegt, er übertrug ihnen kleine Dienste in seinem Hause, wobei sie sich nicht anzustrengen brauchten, sie erhielten dreimal des Tages reiche, kostbar bereitete Nahrung und durften täglich mehrere Stunden das Haus verlassen, um spazieren zu gehen. Ihre Formen rundeten sich bald, ihre Haut nahm wieder das tiefe sammetartige Schwarz an und die Frische jugendlicher Lebensfülle kehrte in ihre äußere Erscheinung zurück.

Um diese Zeit ward die Einwohnerschaft von Baltimore durch eine Schreckensscene in große Aufregung versetzt, welcher viele hundert Zuschauer als Augenzeugen beigewohnt hatten. Ein riesiger Löwe, Monarch genannt, der sich in einer, hier zur Schau ausgestellten Menagerie befand, hatte seinem Wärter, einem freien Neger, welcher sich bei dem Herrn der Menagerie vermiethet hatte, den Kopf abgebissen. Es war eine Lieblingsvorstellung des Publikums gewesen, daß dieser Wärter dem Löwen seinen Kopf in den Rachen steckte, was dieser sich immer hatte ruhig gefallen lassen; diesmal aber war er des Spiels überdrüssig geworden und hatte den verwegenen Vorstellungen ein Ende gemacht. Der Eigentümer der Menagerie, der im Begriff stand, sich mit derselben nach Neworleans einzuschiffen, um unter den jetzt dort versammelten reichen Creolen der südlichen Staaten eine glänzende Ernte zu halten, forderte vergebens in allen Zeitungen Baltimore's freie Neger auf, den Dienst des verunglückten Wärters bei dem Löwen zu übernehmen; es meldete sich keiner. Die Zeit drängte den Menageriebesitzer, das Schiff war bereits mit den Thieren beladen und zur Abreise fertig und der gefürchtete Monarch hatte noch immer keinen Diener. Da entschloß sich der Herr, einen Neger zu kaufen und das Kapital auf die Laune des Löwen zu wagen. Er begab sich zu Newton und fragte ihn, ob er zu dem erledigten Dienste einen entsprechenden Neger vorräthig habe.

»Einen solchen besitze ich, Herr,« antwortete der Sclavenhändler, »und zwar einen so passenden, wie vielleicht kein zweiter in der Welt zu finden wäre. Ich habe einen Negerfürsten, der erst vor Kurzem aus Afrika herüber gebracht ist, und der sich von Kindsgebein an mit Löwen herumgeschlagen hat; ein Bild von einem Manne und. ein Herkules, der sich vor dem Teufel selbst nicht fürchtet. Sie sollten ihn sehen; lassen Sie ihm aber nicht merken, daß Sie ihn kaufen wollen; denn er hat seine Geliebte bei sich und ich glaube, er finge ein Unglück an, wenn er wüßte, daß man ihn von ihr trennen wollte.«

»So lassen Sie ihn kommen, ich bin neugierig, ihn zu sehen. Schon die Bekanntmachung, daß ein Negerfürst den Löwen bediene, würde mir viel Zuschauer bringen,« entgegnete der Menageriebesitzer.

Newton zog die Schelle und beauftragte den eintretenden Diener, Buardo zu ihm zu senden. Bald darauf erschien dieser in dem Zimmer und fragte, was der Herr zu befehlen habe. Newton gab ihm einige kleine Aufträge, die er im Laufe des Tages für ihn ausführen sollte, und hielt ihn dabei im Zimmer zurück, so daß der Kaufliebhaber Zeit hatte ihn genau zu betrachten. Nachdem Buardo sich wieder entfernt hatte, erklärte der Herr der Menagerie, daß der Neger vollkommen seinem Wunsche entspräche und fragte nach dem Preise. Newton forderte dreitausend Dollar, was Jenem zu viel war, doch bald einigten sie sich zu zweitausend und fünfhundert Dollar, der Kaufbrief wurde ausgefertigt und unterzeichnet, Newton empfing eine Anweisung für den Betrag und versprach, Buardo gegen Abend mit einem Brief an seinen neuen Herrn an Bord des Schiffes zu senden, auf welchem die Menagerie eingeschifft war. Als die Sonne sich neigte mußte Buardo zu dem Sclavenhändler in das Zimmer kommen, dieser gab ihm den besagten Brief und beschied ihn genau, an welchem Werfte das Schiff läge, an dessen Bord er das Schreiben abzugeben habe.


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