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Die zwei Vögel.

Es nistet ein Vöglein mir tief in der Brust,
So fern vom blühenden Haine;
Das singt in Schmerzen und seltsamer Lust,
Denn, ach! es ist so alleine.
Nur an Gott im Himmel es fest sich hält
Und schaut durch mein Auge hinaus in die Welt!

Es singet für sie seinen Schmerz, seine Lust
Durch Nächte und schimmernde Tage;
Auch sie trägt ein Vöglein in ihrer Brust,
Das zwinget das meine zur Klage.
Es hat durch das Blau ihrer Augen geseh'n –
Doch will's nicht mein bittendes Vöglein versteh'n!

Es singet mein Vöglein all Das, was es weiß:
Mein Sinnen, mein Träumen, mein Leben;
Verrathen hat's selbst meine Liebe heiß –
Das tönte im schüchternen Beben.
Es singet sein tiefes Weh, seine Lust –
Doch stumm ist das Vöglein in ihrer Brust.

Das schauet still durch ihr Auge dort,
D'rum wird mir so weh und so bange.
Verdienet mein Vöglein kein Trosteswort
Nach des Herzens glüh'ndem Gesange? –
Und ist mein Vöglein auch noch so arm,
Es fühlt wie der glänzendste Vogel so warm!

Das singet und trauert gewiß sich zu Tod –
Die Braut führt ein Andrer zum Feste;
Und sie – sie vergißt meines Vögleins Noth,
Und das ist am End' auch das Beste!
Sie paßten wohl nicht für einander, die Zwei,
Nun stirbt das eine – was ist dabei?!


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