Ernst von Wolzogen
Die Erbschleicherinnen. Band 1
Ernst von Wolzogen

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Drittes Kapitel.

[In welchem die Lizzi ihren Geburtstag feiert und ein lieber Besuch eintrifft.]

Die zungenfertige Minna hatte mit ihrem Urteil über ihre Herrschaft nicht so unrecht gehabt. So viel war den guten Mödlinger Mädeln schon nach achttägigem Aufenthalt in ihrem neuen Heim klargeworden. Der Onkel Geheimrat war allerdings ein guter Mann, aber er konnte eben nicht so wie er wollte, das Vollbringen stand bei der stattlichen Frau Ida. Nicht etwa, daß sie ihr Uebergewicht in plumper Weise zur Anwendung gebracht, den großen breitschultrigen und dabei doch so schwächlichen Mann herumgestoßen hätte nach ihrem Belieben – o nein, im Gegenteil! Mit sanfter Flötenstimme und freundlichem Lächeln bewog sie ihn zu tun, was sie begehrte, und wollte er auf den ersten Wink nicht gleich folgen, so genügte wohl ein schiebender Druck mit den Fingerspitzen, um ihn in der gewünschten Richtung fortzubewegen. Obwohl die Geheimrätin ihren Mann eigentlich wie ein unmündiges Kind behandelte, verstand sie es doch vortrefflich, zugleich stets die verehrungsvoll zu ihm Aufblickende zu spielen und seiner Eitelkeit, allen seinen kleinen Schwächen so zu schmeicheln, daß er selbst die mancherlei häusliche Plackerei, der sie ihn unterwarf, nur als einen Beweis ihrer zärtlichen Sorge um ihn empfand.

Ja, sie war eine kluge Frau, diese starkknochige, hochbusige Dame mit dem immer geröteten Gesicht und den nicht eben feinen Zügen. Sie hatte als Kind eines reichen Industriellen die übliche gute Erziehung höherer Töchter genossen mit Schweizer Pensionat, Musik-, Malunterricht und allen sonstigen Schikanen. Da sie aber weder besondere Talente, noch einen besonderen Geist besaß, so wäre sie ganz und gar in der Schablone des hohlen Bildungsphilisteriums steckengeblieben, wenn nicht ihr Ehrgeiz, ihre Weltfindigkeit sie befähigt hätten, sich für ihre besondere Stellung als Gattin eines hervorragenden Gelehrten das dafür passende geistige Kostüm zurechtzuschneidern. An seine wissenschaftliche Domäne, das Kirchenrecht, rührte sie wohlweislich nicht, dagegen suchte sie in literarischen und künstlerischen Dingen ihrem Wissen wie ihrem Geschmack einen mehr gelehrten Anstrich zu geben. Sie las mit Todesverachtung die langweiligsten Werke über frühchristliche Kunst wie die ödesten Traktate der Goethephilologen, besuchte nur das alte Museum, sprach mit verblüffender Sicherheit über den Einfluß Giottos auf die Malerschulen von Pisa, Siena, Venedig und so weiter und heuchelte eine innige Schwärmerei für Bach, trotzdem sie durchaus unmusikalisch war. Alle neue Kunst galt ihr, wie es sich für die Gattin eines deutschen Gelehrten geziemt, als ernsthafter Beachtung unwert, und nur zugunsten der neuerdings in Mode gekommenen dichtenden Professoren machte sie eine Ausnahme. Ueber die großen Befreiungstaten der wirklich führenden Geister der modernen Revolution in Kunst und Literatur wiederholte sie mit überlegenem Lächeln die auswendig gelernten Urteile stumpfsinniger Autoritäten. Sie verschmähte es auch, die ungesunden, frivolen, Sitte und Moral gefährdenden Erzeugnisse dieser Modernen kennen zu lernen – natürlich mit Ausnahme der gelben Bände aus Paris, die sie ja lesen mußte, um sich mit Fug darüber entrüsten zu können. Im Hause befliß sie sich, das Musterbild einer deutschen Gattin und Hausfrau darzustellen. Sie stand früh auf und sah in der Wirtschaft selbst nach allem, sie führte ein strammes Regiment über die Dienstboten, die nicht nur bezüglich ihrer Leistungen, sondern auch bezüglich ihres sittlichen Wandels ihrer strengen Aufsicht unterworfen waren. Sie wurden sogar in regelmäßigen Zwischenräumen in die Kirche kommandiert. Unbegreiflicherweise aber erntete die gnädige Frau für diese mütterliche Fürsorge von diesem modern entarteten Geschlecht so wenig Dank, daß sie sich alle paar Monate nach neuen Hilfskräften umsehen mußte. Die »besseren« Mädchen, die schon in feinen Häusern gedient hatten und mit den Anforderungen solcher vertraut waren, die waren ihr zu selbstbewußt und zu teuer, und die billigen Mädchen vom Lande, mit denen sie es immer wieder aufs neue versuchte, die waren dumm und ungeschickt, redeten roh und aßen viel; da mußten sie denn von früh bis spät unterwiesen, ermahnt und getadelt werden, worüber sie denn gemeiniglich noch früher die Geduld verloren als ihre eifrige Herrin.

Die strenge Mustergattin und Hausfrau besaß nur zwei weibliche Schwächen, das waren ihre Vorliebe für kostspielige, auffallende Kleidung und ihre Vergötterung des kleinen vierfüßigen »Süßlings«. Für die erste Leidenschaft, die sich mit ihrer sonstigen Sparsamkeit doch gar nicht vereinen ließ, gab sie die Vorliebe ihres Gatten für lebhafte Farben als Entschuldigung an. In dunklen, eintönigen Kostümen sehe er sie kaum, erklärte sie seufzend, er sei ja immer noch so zärtlich verliebt in sie wie als Bräutigam, und da müsse sie schon ein übriges tun, um sich möglichst jung und hübsch zu machen, und dem Geschmacke ihres treuen alten Anbeters nach Möglichkeit entgegenkommen. Joli oder Dolli, der »Süßling«, aber war dazu auserkoren, auf seine kleine Person alle mütterliche Zärtlichkeit ihres Herzens gehäuft zu sehen, welche auf ein eigenes Kind zu verschwenden ihr versagt geblieben war. Wie die meisten kinderlosen Frauen ward auch die Professorin in ihrem Wesen immer entschiedener altjüngferlich, je älter sie wurde. Zu rechter fraulicher Zärtlichkeit war sie nicht veranlagt, und der würdige Geheimrat mit seiner trockenen steifbeinigen Galanterie wäre auch einer andern, weicheren Frau gegenüber nicht der Mann gewesen, eine solche zu entzünden und dauernd in Brand zu erhalten. Da war denn der seidenhaarige passive Bologneser der rechte Nothelfer. Er war verwöhnt wie der einzige Sohn eines Kommerzienrats und durfte sich alles, aber auch einfach alles erlauben. Sogar wenn er die Einfassung der kostbaren Plüschvorhänge im Salon zerriß oder bei seinen Spaziergängen über erreichbare Tischplatten hinweg wertvolle Gegenstände herunterwarf, wurde er nur durch einen ganz leichten Klaps bestraft, wogegen sich über die unglücklichen Dienstboten, die es an der nötigen Aufmerksamkeit für ihn fehlen ließen, die volle Schale ihres Zornes ergoß. Mehrmals am Tage pflegte die gesamte Weiblichkeit des Hauses aufgeboten zu werden, um nach Jolis Ball zu suchen, und wehe dem, der nicht bereitwilligst unter die Betten kroch oder mit dem Besen sorgfältig genug unter allen Möbeln herumfuhr!

Die angedrohte mütterliche Erziehungstätigkeit der Tante den beiden Waisen gegenüber beschränkte sich denn auch in den ersten Tagen im wesentlichen auf die sorgfältige Unterweisung in der Behandlung dieses Kleinods, und sie mußten es für einen besonderen Beweis von Vertrauen und als unverdiente Gunstbezeigung ansehen, daß sie zur Hilfeleistung bei Jolis Morgentoilette, die in einem warmen Bade mit nachfolgender gründlicher und dabei zarter Kämmung und Bürstung bestand, zugelassen wurden, sowie daß es ihnen auf Spaziergängen verstattet war, den Süßling abwechselnd an seiner roten Leine führen zu dürfen. Die großen Mädchen wären freilich lieber mit dem gewohnten flotten Schritt durch die Straßen gelaufen, um Berlin kennen zu lernen, anstatt mit diesem tyrannischen Hundsvieh an jedem Eckstein oder Baumpfahl stehenzubleiben, den er just seiner Beachtung würdig hielt, oder ihn bei diesem schmutzigen Novemberwetter auf den Arm nehmen zu müssen, wenn die Tante erklärte, daß er müde sei, oder die Begegnung mit ungebildeten großen Hunden ihn in Gefahr brachte; aber sie waren immerhin Diplomatinnen genug, um nicht durch eine unkluge Weigerung vorzeitig die Gunst der Tante aufs Spiel zu setzen. War es doch schon ein gefährliches Wagnis gewesen, sich über die Kürze der Betten zu beklagen! Die große Kathi hatte in der Tat auch eine etwas längere Bettstelle erhalten, wenn auch nur eine ganz billige, eiserne, und Lizzi war wenigstens eine neue in Aussicht gestellt worden für den Fall, daß sie noch um einen halben Kopf wachsen sollte; doch war ihr gleichzeitig anempfohlen worden, nicht etwa durch unmäßiges Recken und Strecken im Bett solches Wachstum mutwillig zu beschleunigen. Für solch freundliches Entgegenkommen waren sie ja immerhin der Tante schon zu einigem opferfreudigen Dank verpflichtet.

Der Onkel hatte sich im Laufe der ersten Woche bereits zweimal zu einer besonderen Liebenswürdigkeit aufgeschwungen, indem er die bayrischen Nichten einmal ins Zeughaus und das andere Mal ins Sedanpanorama geführt hatte, bei welch letzterer Gelegenheit er sie sogar mit einem Glase Bier nebst belegten Brötchen traktierte. Er selbst besaß zwar nicht den geringsten militärischen Geist und war auch noch nie zuvor in diesen Ruhmestempeln des Preußentums gewesen. Er hielt es aber wohl für pädagogisch wichtig, die jungen Gemüter gleich anfangs der schneidigen, stählernen Luft auszusetzen, die um den Hohenzollernthron weht. Er glaubte sie so am sichersten vor schwächlichem Heimweh zu bewahren.

Nichtsdestoweniger vergossen die armen Mädchen noch jeden Abend wenn sie zu Bett gingen, gar reichliche Tränen, und selbst das billige Zugeständnis, daß die Linden vom Brandenburger Tor bis zum Lustgarten erheblich interessanter seien wie die Münchener Ludwigsstraße von der Feldherrnhalle bis zum Siegestor, konnte sie nicht davon abhalten, mit heißer Sehnsucht ihres sonnigen Heims in der Adelgundenstraße, drei finstere Treppen hoch, zu gedenken.

Oft schon hatten sie ihre kleine Barschaft überzählt und überlegt, ob sie damit wohl nach München zurückkehren und irgend etwas unternehmen könnten, aber sie waren ja so jung und unerfahren, so weich und nachgebend veranlagt, daß sie doch nun und nimmermehr gewagt hätten, irgendeinen von ihren kühnen Plänen zur Ausführung zu bringen, und wenn Lizzi eines Abends zornflammend, die schönen blauen Augen voll Tränen, erklärte, sie sei fest entschlossen, morgen heimlich eine Schachtel Schwefelhölzer zu kaufen und den Phosphor dem tückischen Joli in die Milch zu schaben, der sie zum großen Vergnügen der Tante tüchtig in den Finger gebissen, als sie ihn durch Krabbeln und Pieken zu necken gewagt hatte, so war das offenbar nur eitel Ruhmredigkeit.

Ihr enges Schlafzimmer hatten sie mit ihren paar Habseligkeiten und den zahlreichen Andenken an die geliebte Mutter ganz vollgepfropft, und doch hatten sie vieles noch in den Kisten auf den Boden stellen lassen müssen aus Mangel an Raum. Die Tage verbrachten sie meist in dem halbdunklen Berliner Zimmer, Handarbeiten machend oder die langweiligen Bücher lesend, die die Tante ihnen gab, und nur wenn sie Klavier spielen wollten, durften sie in den Salon, wo der fast nie benutzte, arg verstimmte Kapssche Stutzflügel stand. Aber wehe ihnen, wenn sie bei einem Forte oder gar Fortissimo die kräftigen Muskeln ihrer Handgelenke mit wünschenswerter Energie arbeiten ließen! Sofort erschien dann die Tante auf der Schwelle und flehte um Schonung für das kostbare Instrument, das eine so rohe Behandlung nicht gewohnt sei.

Zwar hatte Lizzi gleich bei der ersten Begrüßung ihrem Onkel verraten, daß über acht Tage ihr achtzehnter Geburtstag sei, und auch sicherheitshalber die Kathi angestiftet, sowohl die Tante als den Onkel im Laufe dieser Tage noch mehrmals daran zu erinnern, aber dennoch sah sie mit banger Sorge ihrem Festtage entgegen, denn all die geschickten Andeutungen hatten, soweit sie bemerken konnte, keinen sonderlichen Eindruck auf Geheimrats ausgeübt. Es wäre ihr doch zu schrecklich gewesen, ihren ersten Geburtstag in der Fremde so ganz ohne Sang und Klang, ohne Gugelhupf und Blumen und nachfolgendes Kaffeekränzel verleben zu müssen. Freilich war für den Tag schon eine besondere Festlichkeit angekündigt, aber das war eine große Gesellschaft zum Souper, die sie gar nichts anging und sicherlich nur noch mehr dazu beitragen konnte, die Gedanken der Tante, die schon tagelang vorher über die Arbeit und Unruhe stöhnte, welche die nötigen Vorbereitungen ihr verursachten, von ihrer unbedeutenden Person abzulenken. –

Sie wachte an ihrem Wiegenfeste eine halbe Stunde früher auf als gewöhnlich, und wußte die Zeit, bis Kathi erwachte, nicht besser anzuwenden, als indem sie die Nase tief in das Federkissen steckte und leise vor sich hinweinte. Darüber wäre sie beinahe wieder eingeschlafen, wenn nicht zur üblichen Aufstehezeit die Kathi zu ihr ins Bett geschlüpft wäre und ihr, gleichfalls weinend, unter herzlichen Küssen ihre Glückwünsche dargebracht hätte.

Es war nur gut, daß das Waschwasser so eiskalt war, das verwischte bei den Schwestern die Spuren der reichlich vergossenen Tränen, so daß sie mit leidlich frischen Gesichtern am Frühstückstisch erscheinen konnten. Sie waren die ersten und – o Freude: auf Lizzis Teller lag ein halbes Dutzend Briefe, die alle den Poststempel »München« trugen. So war sie also doch noch nicht vergessen, nicht ganz einsam auf der Welt mit ihrer Kathi. Ein halbes Dutzend Herzen schlugen da unten im lieben Vaterlande noch für sie, das war nun wenigstens außer Zweifel gestellt.

Mit froher Hast erbrach sie ihre Briefe. Da schrieb die Anna Neumayer, die Cenzi Barmbichler, die Pepi Seidl, die Senta Tatzelberger, lauter Schulfreundinnen und Kränzelschwestern – lauter kindisches dummes Zeug, aber so lieb klang's, so herzig und voll ungeheuchelter Teilnahme. Die alte Gretl hatte auch geschrieben, drei kleine Seiten voll, und wie mochten ihr die sauer geworden sein, denn die Federarbeit war nicht ihre Sache und die Rechtschreibung durchaus von eigenster Erfindung. Sie schrieb, daß sie einstweilen, bis sich etwas Besseres für sie fände, einen Platz als Spülerin in einer Wirtschaft am Lehel angenommen habe. Als Köchin sei sie den Herrschaften alleweil zu alt, und sie würde wohl lange warten müssen, bis sie wieder einmal in ihrer Kuchel stünde. Und dann kamen wehmütige Erinnerungen an die liebe, selige Frau Mutter und zum Schluß die Bitte, daß ihre lieben Mädeln in Berlin nicht gar zu hochmütig werden und auch die alte Gretl nicht ganz vergessen sollten. Und zum Beschluß war da noch etwas, das sich hart und schwer anfühlte. Daraus kam eine schöne bunte Glückwunschkarte und eine Photographie zum Vorschein.

Auf der Rückseite der Karte stand in steifer, großer Handschrift, die zum mindesten einen zukünftigen General erraten ließ, dieses Verschen:

»Ob du auch fern im Preußenland,
Stets bleibt mein Herz dir zugewandt,
Ob blau und weiß, ob schwarz, weiß, rot,
Ich bleib' dir treu bis in den Tod!
                Benno Tatzelberger

und die Photographie stellte einen forsch dreinblickenden Kadetten dar.

Es war gut, daß die Tante immer noch nicht erschien, denn nun konnte die glückselig errötende Lizzi ihre Liebesgabe doch ungeniert ans Herz drücken und sich mit Kathi weidlich auskichern über die allerliebste Keckheit dieses militärischen Anbeters. Sie hatte sich zwar eigentlich aus dem dummen Buben gar nichts gemacht, ihn kaum mehr als zwei- oder dreimal gesehen und keine Ahnung von dieser noblen Eroberung gehabt, aber jetzt freute sie es doch unsinnig, das unerwartete Liebeszeichen, und sie beschloß sofort, ihm als Gegengabe ihr Bild zu schicken, woran sie sonst nie gedacht hätte. Ueberhaupt die Tatzelbergers! Daheim hatten sie immer ein bissel über sie gespottet, über die Senta, weil sie so romantisch tat, und über den Benno, weil er seine kleine dicke Nase so hoch trug. Sie hatten ihn immer nur »Herr von Tatzelberger« genannt, die Mädchen unter sich. Nein, es blieb richtig: in der Not lernt man erst seine wahren Freunde kennen.

Brief und Bild des Kadetten waren schon sicher in Lizzis Tasche geborgen, als die Tante Ida am Frühstückstische erschien, und zwar mit zwei Blumentöpfen bewaffnet, einem Myrtenstämmchen und einem blaßvioletten Chrysanthemum. Sie lächelte holdselig und küßte die Lizzi auf beide Wangen.

»Herzliche Glückwünsche, mein liebes Kind!« rief sie mit ungewöhnlicher Wärme, »möge dir der Himmel noch manche fröhliche Wiederkehr dieses Tages in unserm Hause bescheren! Oder nein, das darf man der aufblühenden Jungfrau doch wohl nicht wünschen! Ich will lieber sagen, möge dieser Myrtenstock dir recht bald Blüten genug treiben, um ein Kränzchen für dein Köpfchen herzugeben!«

Dabei lächelte sie sehr süß und strich der Lizzi über das prachtvolle, weichgewellte, kastanienbraune Haar, eine Zärtlichkeit, zu welcher sie sich bisher noch nie aufgeschwungen hatte. Und dann fuhr sie, auf die beiden Blumentöpfe deutend, fort: »Bitte, nimm vorläufig mit diesem kleinen Angebinde vorlieb. Das Myrtenstöckchen kannst du ja in deinem Zimmer behalten, du wirst es wohl nicht gern von dir lassen; aber das Chrysanthemum gibst du doch wohl lieber bei mir in Pension auf den Blumentisch im Salon, da hat es sorgfältige Pflege und mehr Licht, weißt du. Eine Torte habe ich dir nicht extra angeschafft, es gibt ja heute abend beim Souper Süßigkeiten genug, und wozu müssen Kinder an ihrem Geburtstage sich den Magen verderben? bruh hi-i-i-i-i!"

»Du bist wirklich sehr freundlich, liebe Tante«, begann Lizzi stammelnd, förmlich gelähmt vor Schreck über so viel unerwartete Güte.

»Ach, das ist noch nicht alles!« unterbrach die Geheimrätin lebhaft ihre Dankesbezeigung. »Ich habe mir noch eine ganz besondere Ueberraschung für dich ausgedacht, die dir gewiß Freude machen wird. Du weißt, dein Onkel kann Schwarz nicht leiden, und da ist das seidene Halbtrauerkleid, das ich mir vor vier Jahren um meine teure selige Mutter anschaffte, noch so gut wie neu. Ihr müßt ja doch jetzt noch ein ganzes Jahr lang schwarz gehen, da wird dir das sehr zustatten kommen. Ich weiß eine sehr billige Näherin, die ins Haus geht, da kann sie es gleich mitmachen für dich, wenn wir das nächstemal Schneiderei haben. Nun wollen wir aber erst Kaffee trinken. Ihr geht mir nachher hübsch zur Hand, nicht wahr? Ihr glaubt gar nicht, was man alles zu bedenken hat für solche große Gesellschaft.«

Den Onkel sah Lizzi erst eine Stunde später wie gewöhnlich, denn er mußte sich durch einen verlängerten Morgenschlaf für die bevorstehenden Anstrengungen des Abends stärken. Er empfing die beiden Schwestern allein in seinem Studierzimmer und gratulierte Lizzi auf seine Weise recht herzlich. Dann führte er sie an der Hand hinter das große Bücherregal, das zwischen den beiden Fenstern quer ins Zimmer hineinragte und befragte sie ganz heimlich, indem er etwas verlegen seine Linke in die Tasche versenkte, in welcher er das Portemonnaie zu tragen pflegte: »Sag mal, liebe Elisabeth – wieviel hat sie dir gegeben?«

Lizzi blickte mit ihren großen blauen Augen sehr erstaunt zu ihm auf: »Ich weiß nicht, lieber Onkel, wen du meinst.«

»Na, meine Frau natürlich,« versetzte er etwas ungeduldig, und dann zeigte er ihr von weitem sein Portemonnaie und fügte erklärend hinzu: »Ich meine, hat sie dir nicht . . .«

»Nein, bloß zwei Blumenstöck' und ein alt's Kleid hat s' mir geb'n«, fiel Lizzi prompt ein.

»So, so, so«, murmelte der Professor, und dann rieb er sich gedankenvoll mit den Knöcheln die hohe Stirn.

»Mnja, da bin ich nun übel dran! Die Bedürfnisse junger Mädchen sind mir fremd, hehe, aber ich möchte doch – mnja . . .« Er öffnete sein Portemonnaie, blickte stirnrunzelnd eine Weile hinein und erfaßte mit raschem Entschluß ein Geldstück und drückte es ihr in die Hand.

»Da, kauf dir etwas dafür, mein Herzchen!« Und mit einer sehr lebhaften Gebärde wehrte er jeglichen Dank vornehm ab.

Lizzi schielte auf ihre offene Hand hinunter. Es war ein Zehnmarkstück, und sie freute sich sehr darüber, obwohl es ein wenig trinkgeldmäßig verabreicht worden war. Sie trat wieder zu der hinter dem Regal harrenden Kathi, während der Oheim im Zimmer auf und ab ging.

Jetzt blieb er plötzlich vor den Schwestern stehen, ergriff sein glattrasiertes, langes Kinn mit der Hand und ließ sich nach einigem Räuspern folgendermaßen vernehmen: »Ein freundlicher Zufall will es, daß dein Geburtstag, meine liebe Elisabeth, mit dem Tage zusammenfällt, an dem ihr zum erstenmal in die Gesellschaft eingeführt werden sollt. Ihr könntet einwenden, daß euch die Trauer um eure liebe Mutter verbiete, an rauschenden Festlichkeiten teilzunehmen; aber um eine solche handelt es sich in der Tat nicht. Es verkehren in meinem Hause nur ernste Männer und edle, feingebildete Frauen, ich darf wohl sagen, die beste Gesellschaft Berlins. Das Erlebnis dieses Abends wird euch also zum erstenmal den vollen Einblick in unsre Lebenssphäre eröffnen, die von nun an ja auch die eure werden soll. Ich möchte, daß ihr mit vollem Bewußtsein die Schwelle eurer zukünftigen Heimstatt überschreitet, wenn ich mich so ausdrücken darf. Ich möchte euch demnach empfehlen, euch bescheiden beobachtend zu verhalten, damit ihr lernt, euer eigenes Benehmen nach dem Vorbilde der Damen unsres Kreises einzurichten. Hier könnt ihr mir nun allerdings einwenden, daß ihr ja auch in München gesellig gelebt und überhaupt von eurer lieben Mutter die unter den Umständen bestmögliche Erziehung genossen hättet; aber darauf müßte ich euch doch zu bedenken geben, daß erstens einmal die Kreise, in denen ihr euch dort bewegtet, sowohl ihrer sozialen Stellung als ihrer geistigen Bildung nach erheblich unter den unsrigen standen, und daß zweitens überhaupt eure süddeutschen und speziell Münchener Umgangsformen durch ihre – hmm ja – ich will einmal sagen unbekümmerte Ungezwungenheit doch erhebliche Differenzen aufweisen mit dem, was wir hier den guten Ton zu nennen gewohnt sind. Ich will euch gewiß eure Unbefangenheit nicht rauben, meine lieben Kinder, aber ich halte es doch für meine väterliche Pflicht, euch auf alles aufmerksam zu machen, was zu eurer Vervollkommnung beitragen kann – und so möchte ich denn auch die Gelegenheit ergreifen, euch darauf hinzuweisen, daß ihr euch allmählich einer reineren Sprache befleißigen müßt. Zwar bin ich persönlich ein Freund eures traulichen Idioms, aber dennoch, meine ich, könnte euch der Gebrauch desselben im Umgange mit der höheren Gesellschaft als ein Bildungsmangel ausgelegt werden, was ich doch in eurem eigensten Interesse vermieden sehen möchte.«

Hier machte der Professor eine Pause. Doch schien sich seine Beredsamkeit bei weitem noch nicht erschöpft zu haben, denn er legte die Stirn in Falten, wie wenn er über weitere weise Ermahnungen nachdächte, und die dünnen Finger seiner Rechten strichen ausgespreizt an den langen Falten seiner bleichen Wangen herab und krauten abwechselnd in den beiden kurzen, grauen Backenbärten, wie sie immer zu tun pflegten, wenn sein Hirn eine wohlgesetzte Rede vorbereitete. Die Mädchen hatten sich schon längst daran gewöhnt, die langatmigen Auseinandersetzungen ihres Oheims mit stummer Ergebung über sich ergehen zu lassen. Sie saßen da, mit den Händen im Schoß gefaltet, wie in der Kirche und senkten ihre hübschen Köpfchen andächtig zur Seite – ja, wenn sie dazu imstande gewesen wären, dann hätten sie auch noch die Ohren hängen lassen.

Eben tat der Geheimrat seinen Mund auf, um in seinen ebenso interessanten wie nützlichen Auseinandersetzungen fortzufahren, als die Tür aufging und seine Gattin raschen Schrittes hereintrat.

»Sieh, Adolf, wen ich uns da bringe! Das nenne ich eine freudige Ueberraschung, nicht wahr?« rief sie noch auf der Schwelle, während sie einen Mann von ungewissem Alter am Aermel hinter sich hereinzog, bei dessen Anblick der Professor mit einer Geschwindigkeit vom Sessel emporfuhr, die ersichtlich eher dem Schrecken als der freudigen Ueberraschung entsprang. Die beiden Mädchen erhoben sich ebenfalls, froh der Unterbrechung, und warteten gleichgültig ab, ob sie vorgestellt oder hinausgeschickt werden würden.

Der Fremde war ein dicker Herr, etwa von derselben Größe wie die Geheimrätin und auch mit derselben breiten, glänzenden Nase begabt. Ueber den kleinen blöden Augen saß ein Paar grauer Augenbrauen, die es verschmähten, dem Bogen des Stirnbeins zu folgen, und vielmehr wie zwei umgekehrte Ausrufzeichen nach der umfangreichen kahlen Schädelplatte hinaufwiesen. Als Gegenstück zu diesen Brauen schmückten die kurze Oberlippe zwei ebenso graue und just so starre, schwunglose Schnurrbartstriche, nur daß deren Spitzen abwärts wiesen. Die Unterlippe war löffelförmig vorgeschoben, wie man es bei den geborenen Kommerzienräten so häufig findet. Der kurze Hals steckte in einem hohen, steifen Kragen, der ansehnliche Spitzbauch trotz des naßkalten Novembertages in einer sommerlichen Pikeeweste, über welche eine dicke Uhrkette, mit schwerem Petschaft und andern Berlocken geschmückt, herabbaumelte, die watschelnden Beine in weiten, großkarierten Hosen und der etwas gekrümmte Oberkörper in einem erstaunlich kurzen, dunklen Röckchen, das überall zu eng zu sein schien. Und als nun diese schwerwiegende Persönlichkeit dem Professor mit mattem Lächeln die Hand schüttelte, kam aus dem gewaltigen Körper ein gar schwächliches Stimmchen hervor, näselnd und kurzatmig dazu: »Tag, lieber Professor, erstaunt, mich hier unangemeldet zu sehen, nicht wahr? Hatte Geschäfte in Luckenwalde – da dacht' ich mir, was kann da sein, wirst mal 'ne Spritze 'rüber machen – Schwesterchen umstoßen. Es geht euch doch gut, nicht wahr? Frage! Euch geht's ja immer gut! – Pardon, sehe, ihr habt Besuch. Darf ich bitten . . .« Und damit verbeugte er sich kurz gegen die beiden Schwestern und richtete einen fragenden Blick auf den Geheimrat.

Dessen bestürzte, nichts weniger als erfreute Miene war seiner scharf beobachtenden Gattin keineswegs entgangen. Sie warf ihm einen strafenden Blick zu und ergriff für ihn das Wort, da er immer noch nicht zu sich kommen zu wollen schien. »Das sind unsre Münchner Nichten, du weißt doch, die Kathi und die Lizzi Mödlinger.« Und dem großen Herrn auf den runden Rücken klopfend, stellte sie ihn den knicksenden Schwestern als ihren Bruder Emmerich Vogel, den jetzigen Besitzer des väterlichen Geschäfts, vor.

Der Professor fühlte sich durch die energisch aufmunternden Blicke seiner Gattin endlich bewogen, einige Worte der Begrüßung zu stammeln, von denen jedoch der liebe Schwager wenig Notiz nahm, dieweil er ganz in die wohlgefällige Betrachtung der beiden Schwestern vertieft war. Er klemmte seinen goldenen Zwicker auf die breite Nase und neigte seinen dicken Kahlkopf abwechselnd der Kathi und der Lizzi zu.

»Das ist ja reizend – das ist ja ganz scharmant! Also meine verehrten Schwiegernichten, hehe, ich bin entzückt über die Bekanntschaft!« näselte er blöd lächelnd, und dann schüttelte er ihnen beiden die Hand. Sie bekamen ordentlich einen Schreck, die Mädchen, als seine fleischige, feuchtkalte Hand so mit schlaffem Druck die ihrige ergriff!

Auf die freundliche Aufforderung der Frau Professorin, es sich doch gemütlich zu machen, setzte man sich. Aber besonders gemütlich wurde es trotzdem nicht – wenigstens kam es den beiden Schwestern so vor, die allerdings kaum Gelegenheit fanden, sich an der Unterhaltung zu beteiligen, da die Tante Ida fast allein sprach und den Bruder Emmerich scheinbar absichtlich kaum dazu kommen ließ, sich mit einer Frage an sie zu wenden. Der Geheimrat saß gleichfalls stumm und ergeben da und ließ nur einmal einen unartikulierten Laut vernehmen, der einem unterdrückten Schmerzensschrei ähnlicher war denn einer freudigen Zustimmung, als seine Gattin, Bruder Emmerichs fette Hand tätschelnd, mit einer gewissen freudigen Innigkeit um seine Anwesenheit bei der heutigen Abendgesellschaft bat.

Als der Besuch gefragt wurde, ob ihm nicht ein kleiner Imbiß angenehm sei, ergriffen die beiden Mädchen die Gelegenheit, um diensteifrig hinauszustürzen.

Sobald sie außer Hörweite waren, packte Lizzi die Schwester bei den Armen, schüttelte sie heftig und rief mit zornfunkelnden Augen: »Jesses, jesses, wann i jetzt bloß an' wüßt', dem i a paar Watsch'n geb'n könnt'! Ein' Zorn hab i, sag i dir! . . . Jeh, Katherl, sag mir bloß, san denn dees aa Menschen hier? Dees is ja a ganze Menagerie beisamm'. Und der schöne Onkel Emmerich, dees is vollends a g'selchter Aff'! Herrgottsakra, grad' 'naus fluchen möcht' i!«

Kathi hielt ihr erschrocken den Mund zu. »Ich bitt' dich, Lizzi, sei stad, net so laut. Wenn uns die Tante hört!«

Lizzi stampfte mit dem Fuße. »Soll s' doch! Ich glaub', i stell' heut noch was an, daß s' mi 'nausschmeißt.« –

Die Schwestern hatten sich um die Beteiligung am zweiten Frühstück herumzudrücken gewußt und hielten sich, während desselben mit Abstauben beschäftigt, nebenan im Salon auf. Da hörten sie denn, wie die Gattin und der Schwager abwechselnd auf den Professor einredeten, der nur hin und wieder ein langgedehntes »Hmnja«, tiefe Seufzer und schwache Einwendungen verlautbaren ließ. Und als nach Ablauf einer weiteren Stunde etwa Herr Emmerich Vogel sich in Begleitung seiner Frau Schwester entfernte, da trat der Geheimrat mit wirrem Haar und unruhig zuckenden Gesichtsmuskeln aus seinem Zimmer hervor und lief mit großen Schritten, die Hände auf dem Rücken ineinandergelegt, durch die ganze vordere Zimmerflucht mehrmals hin und her.

Kathi war just allein im Salon, während Lizzi in ihr Zimmer gegangen war, um ihr kummervolles Herz an ihre Münchner Freundinnen auszuschütten. Und als der Geheimrat der Nichte ansichtig ward, an der er schon ein paarmal achtlos vorbeigelaufen war, trat er plötzlich rasch auf sie zu, legte ihr seine Linke zitternd auf die Schulter und flüsterte heiser und aufgeregt: »Ah, mein liebes Käthchen, da bist du ja. Entschuldige, ich habe dich nicht gesehen. Hast du vielleicht was gehört – vorhin, da drinnen?«

»Nein, lieber Onkel«, versetzte Kathi ängstlich erstaunt. »Warum meinst?«

»Oh nichts, es ist ja auch ganz gleich«, rief der Professor und versuchte zu lachen. Und dann fügte er rasch hinzu: »Sag mal, wie gefällt dir mein Schwager?«

Kathi blickte verlegen zu Boden und ließ nur ein ungewisses »Oh!« vernehmen.

Und der Oheim fiel eifrig ein: »Nicht wahr, ein schrecklicher Mensch! Ich sage dir, Kind, er bringt mich um – er zieht mich aus – ewig hat er seine Hände in meinen Taschen! Und ich kann mich nicht wehren, weil ihm die Ida hilft.«

Und dann sank er matt in die Ecke des nahen Sofas, faßte mit der zitternd ausgestreckten Hand die Nichte beim Kleide und zog sie zu sich heran. Er umklammerte ihren Leib mit seinen Armen und lehnte seinen Kopf an ihre Brust.

Sie fühlte, wie ihm das Herz schlug, und hörte, wie ihm der Atem röchelnd aus und ein ging, und von plötzlichem Mitleid ergriffen, strich sie ihn über sein langes, graues Haar, indem sie erschrocken flüsterte: »Oh mei, was hast denn, was is dir denn, lieber Onkel?«

Da umklammerte er sie noch fester und sagte, ohne zu ihr aufzublicken, mit bebender Stimme: »Nicht wahr, du bist mein liebes Kind, Käthchen, du wirst mich deiner Tante nicht verraten? Ich bin ein unglücklicher Mann! Sie können meinen Tod nicht erwarten! Aber, nicht wahr, du bleibst bei mir – du stehst mir bei – du hast mich ein wenig lieb? Ich will dir auch alles vermachen, was mir die Raubvogels noch übriggelassen haben, wenn du bei mir bleibst.«

In diesem Augenblick näherte sich ein plump stampfender Schritt der Tür, und der Professor fuhr auf, stieß erschreckt die Kathi von sich, daß sie fast den Blumentisch umgestoßen hätte, und drängte sich zwischen Sofa und Tisch durch hastig nach der entgegengesetzten Seite hinaus. Dabei trat er unglücklicherweise auf den kleinen Joli, der auf dem langhaarigen Angorafell vor dem Sofa friedlich und unbeachtet geschlummert hatte.

Mit dem entsetzlichem Wehegeschrei sprang der Süßling auf die Füße und humpelte unter dem Tisch hervor. Und der Geheimrat, anstatt seine Missetat zu bereuen, schritt ihm nach, faßte ihn scharf ins Auge und versetzte ihm, von plötzlicher Wut erfaßt, einen zweiten wohlgezielten Tritt, der das Unglückstier sofort über die Schwelle hinweg in das offene Speisezimmer beförderte, wo er noch eine ganze Strecke weit auf dem Bauche über das glatte Parkett hinwegschlitterte, bis ein Tischbein seinem Fluge Einhalt tat.

Das Hündchen quietschte ohrenzerreißend, die Minna, die eben mit Geschirr hereingetreten war, kreischte laut auf, und der Professor stürzte in sein Studierzimmer und schlug krachend die Tür hinter sich zu.

»Nee, so'n Feetz!« rief das robuste Dienstmädchen kreuzfidel und lachte, daß die Gläser, die sie auf dem Präsentbrett trug, gefahrdrohend zusammenklirrten. »Beim Herrn Jeheimrat rappelt's. Aber auch so mit den Köter umzujehen! Na, der kann sich frei'n, wenn die Jnädige zu Hause kommt; denn was der Hund is, wissen Se Freilein,« wandte sie sich grinsend durch die offene Tür an Kathi, »die Karnalje petzt! – Nanu, Freilein, was is denn mit Sie? Worum weinen Sie denn? Ist der Olle etwa jejen Ihnen ooch ausfällig geworden?«

Kathi wandte sich achselzuckend stumm ab und drückte ihr Tuch gegen die Augen.


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