Johann Philipp Lorenz Withof
Academische Gedichte
Johann Philipp Lorenz Withof

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Abschied von der Dichtkunst

Geldern 1749 im März

                Dies Werk ist abgetan. Beflügelte Gedanken,
In eure Sklaverei zurück!
Gehorchet ihr, da hütet sie die Schranken,
Die Mäßigkeit, der Erde Glück.

Jedoch zu guter Letzt, bevor ihr allem Dichten
Das ernste Fahrewohl! erteilt,
Erhebt euch hin lotichisch in Gesichten
Wo späte Nachwelt noch verweilt.

Der Jahre hundert fliehn. Hier stehen Aschentöpfe,
Mit Recht und Unrecht aufgestellt
Die Plätze sonst so wirklicher Geschöpfe
Bevölkert eine neue Welt.

Auch Withof ist dahin. Wie nicht im Scherzgezische
Ein Zephyr auf der Urne spielt?
Das Beil erreicht euch, wonnereiche Büsche,
Das arg um eure Stämme wühlt.

Ihr fallt allmälig um. Doch stieg um eure Rinden
Bereits ein neuer Wald hervor.
So mag die Stadt an euren Erben finden,
Was sie durch euren Tod verlor.

Da geht der Enkel auch, der denkend euren Schatten
Nach meiner Art sich anvertraut.
Er liebt den Ton, den meine Schnarren hatten,
Und Brunnen und geweihtes Kraut.

So, wie den groben Stolz der unbefugten Richter,
Der keine gute Toten wagt,
Vermeidet er den Schwarm unnützer Dichter,
Der vieles schwätzt und wenig sagt.

Er stimmt die Laute dort gelagert auf dem Moose,
Wo Blut und Schnee die Flur beblühmt,
Und schmückt die Brust mit einer jungen Rose,
Und sagt, ich hätte sie gerühmt.

Dann dankt er herzig mir und spricht zu meinem Namen:
"O du, wie nützlich warst du hier!
"Durch den Geschmack und Geist in Ehre kamen.
"Und starke Weisheit folgte dir.

"Vor deiner Ankunft saß der Wahnwitz auf dem Throne,
"Und Reime machten ihn zum Gott.
"Der Satyr selbst entfloh dem Gassentone.
"Zu pöbelhaft für allen Spott.

"Du riefst die Musen ein und gabst nach Barden Weise
"Den zarten Schönen Stärke bei.
"Du trunkest Witz und nennest Wahrheit Speise
"Und alle Dummheit Sklaverei.

So, Jüngling, sichte nur. Du wirst der Welt gefallen,
Wie meine Zither auch gefiel.
Hier soll um dich der frohe Scheuer wallen,
Die Seele für ein Saitenspiel.

Dein Pegasus ist Witz. Den sporne, wenn es Rennen
Und halte, wenn es Halten gilt.
Die Weisheit muss das Maß der Kräfte kennen:
Die tobend singen, singen wild.

So prächtig kann ein Pferd die schwere Schule machen,
Wenn ihm sein Reiter Hülfe schafft.
Doch fehlt ihm der, wie werden Kenner lachen,
Wenn der sich aus dem Sande rafft?

Die kleinen Nichts verwirf zu noch so feinen Bildern
Mit süßen Farben ausgeschmückt.
Nur immer Wein und immer Liebe schildern,
Ist wenigen nicht oft geglückt.

Beeifre dich nicht sehr, dem Scherze nachzujagen;
Des Lebens größter Teil ist Ernst.
Und eignes Leid der Welt nicht vorzuklagen,
Das lernst du, wo du Weisheit lernst.

Des Witzes unächt Kind, die wankelbare Mode,
Die manche Narrheit überstrebt,
Die Here fleuch, die lediglich vom Tode
Verhungertes Geschmackes lebt.

Begieb dich, hast du Zeit, mit ausgelernten Schritten
Wo dir andinsche Lorbeern blühn.
Doch lass dich oft umsonst den Leser bitten,
Du bittest sonst vergebens ihn.

Besucht kein Aristarch die lehrreich unterweilen,
Und besserst du dein Werk allein,
So magst du wohl noch zwanzig Jahre feilen;
Horaz in Rom polierte neun.

Du darfst mir kein Gesetz der deutschen Sprache kränken,
Behutsam, wie der Römer sprach.
Auch kannst du wohl ihr neue Wörtchen schenken,
Der Notdurft und der Regeln nach.

Von Griechen lass dir Zucht und Geist und Töne zeigen
Von Frankreich, wie man schön erneut.
Dann mache dir die Kraft der Britten eigen
Und Wälschlands helle Zärtlichkeit,

Dicht mach Boileau, Masen, der Schmuck der Lojoliten,
Und Morhof neben Schotteln kühn.
Nach Scaligern und nach dem Stagiriten
Ist Vida stark, Horaz, Longin.

Ach möchtest du doch auch nur wohlgemut und munter,
Gefasst und doch nicht störrisch sein.
Die Zither drückt dir manche Last herunter,
Und Kaffee gelte mehr, als Wein!

Wenn schönes Feuer soll in deinem Liede brennen
Und sich behaupten, was du lehrst,
So lerne Welt und lerne Menschen kennen
Und bilde selber dich zuerst.

Ein Tränchen ist erlaubt, wenn dich auf jenem Hügel
Des Himmels warme Glut erreicht.
Nur halt es ein, so wird's ein kleiner Spiegel,
Worin sich weise Güte zeigt.

Gewöhne dich als Freund den Schöpfer zu begrüßen;
Dadurch erhöhen Menschen sich.
Dann wird dein Lied von Rührung überfließen
Und du belebst von neuem mich.

Du kränzest mir gewiss den Nachruhm unverdrossen,
Der Patrioten überlebt,
Wenn längst der Tod von meinen Landsgenossen
Die Trägheit und den Staub begräbt.

Nun, Muse, habe Dank! Du hast mir meine Jugend
Mit reiner Anmut ausgesetzt
Mein Alter selbst verdanke dir die Tugend,
Die sich an Pflichten auch ergötzt.

 


 


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