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Sätze und Lehren zum Gebrauch für die Jugend

Die erste Pflicht im Leben ist, so künstlich wie möglich zu sein. Die zweite Pflicht hat bisher noch niemand entdeckt.

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Schlechtigkeit ist eine von guten Menschen erfundene Fabel, die die merkwürdige Anziehungskraft der andern erklären soll.

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Wären die Armen nur nicht so häßlich, dann wäre das Problem der Armut leicht gelöst.

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Wer einen Unterschied zwischen Leib und Seele macht, besitzt keines von beiden.

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Eine wirklich tadellose Knopflochblume ist das einzige, was Kunst und Natur verbindet.

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Religionen sterben, wenn ihre Wahrheit erwiesen ist. Die Wissenschaft ist das Archiv toter Religionen.

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Wohlerzogene widersprechen anderen. Weise widersprechen sich.

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Was tatsächlich geschieht, ist nie von Belang.

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Langeweile ist der mündig gewordene Ernst.

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Bei allen unwichtigen Fragen ist der Stil, nicht die Ehrlichkeit, das Wesentliche. Bei allen wichtigen Fragen ist der Stil, nicht die Ehrlichkeit, das Wesentliche.

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Wer die Wahrheit spricht, wird sicher früher oder später ertappt.

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Vergnügen ist das einzige, wofür man leben sollte. Nichts macht so alt wie das Glück.

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Nur wer seine Rechnungen nicht bezahlt, darf hoffen, im Gedächtnis der Kaufleute weiter zu leben.

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Kein Verbrechen ist gemein, aber jede Gemeinheit ist ein Verbrechen. Gemeinheit geht immer von anderen aus.

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Nur die Seichten kennen sich gründlich.

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Zeit ist Geldverschwendung.

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Man sollte immer ein wenig unwahrscheinlich sein.

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Alle guten Vorsätze haben etwas Verhängnisvolles. Sie werden beständig zu früh gefaßt.

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Auf eine einzige Art läßt sich gut machen, daß man bisweilen etwas zu viel Gewicht auf Kleidung legt: man muß stets das allergrößte Gewicht auf Kultur legen.

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Frühreif sein heißt vollkommen sein.

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Jedes Vorurteil über die Frage, was gut oder schlecht am Benehmen ist, zeigt geistige Zurückgebliebenheit.

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Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Mißerfolges.

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Eine Wahrheit ist nicht mehr wahr, wenn sie mehr als einer glaubt.

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Im Examen stellen Toren Fragen, auf die Weise nicht antworten können.

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Die griechische Kleidung war wesentlich unkünstlerisch. Einzig der Körper soll den Körper offenbaren.

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Man soll entweder ein Kunstwerk sein oder ein Kunstwerk tragen.

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Nur die oberflächlichen Eigenschaften dauern. Des Menschen tieferes Wesen ist bald entlarvt.

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Der Fleiß ist die Wurzel aller Häßlichkeit.

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Die Zeiten leben in der Geschichte durch ihre Anachronismen.

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Nur die Götter kosten den Tod. Apollo ist nicht mehr, aber Hyazinth, den er der Sage nach erschlagen hat, lebt weiter. Nero und Narziß sind immer um uns.

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Greise glauben alles; Männer bezweifeln alles; Junge wissen alles.

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Die Voraussetzung zur Vollendung ist Trägheit, das Ziel der Vollendung ist Jugend.

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Nur den Meistern des Stils gelingt es, dunkel zu sein.

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Es liegt etwas Tragisches darin, daß es gegenwärtig in England eine ungeheuere Anzahl junger Männer gibt, die mit vollendeter Physiognomie ins Leben hinaustreten und schließlich einen nützlichen Beruf ergreifen.

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Eigenliebe ist der Beginn eines lebenslänglichen Romans.

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Es ist wichtig, geschäftliche Verbindlichkeiten nicht einzuhalten, will man sich den Sinn für die Schönheit des Lebens bewahren.

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Ein Mann, der beharrlich ledig bleibt, macht sich zu einer fortwährenden öffentlichen Versuchung.

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Vermeide Gründe jeglicher Art. Sie sind immer gewöhnlich, oft überzeugend.

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Verwandte sind einfach eine langweilige Sippe, die nicht die geringste Ahnung haben, wie man leben und nicht das schwächste Gefühl, wann man sterben soll.

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Beginnt ein Mann erst seine häuslichen Pflichten zu vernachlässigen, so wird er lästig weibisch.

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Es ist abgeschmackt, ein hochnotpeinliches Richtmaß anzulegen, was man lesen sollte und was nicht. Mehr als die Hälfte der modernen Kultur hängt von dem ab, was man nicht lesen sollte.

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Unwissenheit gleicht einer zarten fremdländischen Frucht; berühre sie, und ihr Hauch ist dahin.

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Bei Fragen von einschneidender Bedeutung ist der Stil, nicht die Ehrlichkeit ausschlaggebend.

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Drei Adressen flößen immer Vertrauen ein; sogar den Krämern.

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Die beiden schwachen Seiten unseres Zeitalters sind seine Grundsatzlosigkeit und seine Physiognomielosigkeit.

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Frauen besitzen einen wunderbaren Instinkt. Alles entdecken sie, nur das Nächstliegende nicht.

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Das Unerwartete zu erwarten, verrät einen durchaus modernen Geist.

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Bei einer sehr bezaubernden Frau ist das Geschlecht eine Herausforderung, keine Verteidigung.

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Fragen sind nie indiskret. Antworten bisweilen.

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Die Londoner Saison sieht ganz unter dem Zeichen Hymens: entweder man geht auf die Männerjagd, oder versteckt sich vor ihnen.

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Sittlichkeit ist lediglich die Haltung, die man gegenüber unsympathischen Menschen einnimmt.

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Selbstaufopferung sollte polizeilich verboten sein. Sie wirkt so demoralisierend auf die Menschen, für die man sich aufopfert.


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