Theodor Volbehr
König Bob, der Elefant
Theodor Volbehr

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Urwaldglück

Bob fühlte sich immer glücklicher in seinem Reich. Am glücklichsten aber war er, als Frau Bob ihm an einem schönen Tage einen entzückenden kleinen Bob bescherte und als alle Tiere der Insel wieder einmal ihre Abgesandten schickten, ihm und seiner Frau Glück zu wünschen. Nur der Schimpanse ließ nichts von sich hören.

Aber dessen Glückwunsch holte sich Bob selbst, als der kleine Bob so weit war, daß er zwischen den vier Beinen seines Vaters traben konnte, ohne daß seine Mutter vor Angst verging. Frau Bob meinte zwar, es sei gar nicht nötig, dem alten scheußlichen Affen so um den Bart zu gehen; aber Bob sagte, man könne nicht aufmerksam genug gegen gute Freunde sein und man könne nie wissen, ob man nicht den guten Rat Bußemanns einmal wieder sehr notwendig brauche. »Und überhaupt,« so sagte Bob, »niemandem in der Welt bin ich soviel Dank schuldig – von dir natürlich abgesehen, liebe Frau – als dem Schuhschnabel und Bußemann. Und weil ich dem weisen Schuhschnabel nun doch einmal nicht meinen Dank beweisen kann, so will ich dem andern um so dankbarer sein. Denn weißt du, ohne Bußemanns Schlangengriff wäre es schlimmer und schlimmer auf der Insel geworden, und wir wären nie so glücklich geworden.«

So konnte Mutter Bob denn nichts anderes tun, als bis über den Sumpf hinüber mitgehen und von dort aus den beiden nachsehen. Sie mußte im Herzen lachen, als sie sah, wie vorsichtig Vater Bob mit gesperrten Beinen lief, um nur ja nicht auf den kleinen Kerl zu treten, der tapfer unter seinem Leibe mitlief. Vater Bob war gewiß klüger und geschickter als sie, aber das machte sie doch wirklich besser.

Der Schimpanse knurrte nur ein wenig, als Bob seinen Sohn vorstellte, und sagte kein Wort von guten Wünschen und wunderte sich nicht einmal, wie groß und stark der Junge war und wie weich und zart die schöne, glatte Haut.

Als Bob mit seinem Sohne wieder forttrabte, war er etwas ärgerlich; aber als er es seiner Frau erzählt hatte und die weidlich auf den dummen alten Ekel schalt, da suchte er ihn doch zu entschuldigen und sagte, man könne doch eigentlich von einem eingefleischten Junggesellen kein Verständnis für Kinder verlangen.

Aber die Stimmung war ihm und seiner Frau doch recht verdorben. Nur der kleine Bob, der jetzt behaglich unter seiner Mutter mitlief, war seelenvergnügt und schwenkte seinen kleinen Rüssel und seinen kleinen Schwanz gar lustig hin und her.

Wie sie so miteinander dahintrabten, dachte Bob darüber nach, was er wohl tun könne, um seine Frau wieder vergnügt zu machen. Da fiel ihm ein, daß ihr Weg bei dem neuen Lehmnest seines Freundes Knieptang vorbeiführe. Knieptang hatte seiner Frau nämlich ein neues Nest bauen müssen, weil sie erklärte, nun und nimmer in dem Neste Junge ausbrüten zu können, in dem sie einmal die Schrecken des Todes durchgemacht hätte. Und vor kurzem hatte Frau Knieptang ihren Gatten wieder einmal mit sechs allerliebsten kleinen Knieptangs beschenkt. Bob hatte sie gestern im Vorbeilaufen gesehen und ihnen sogar auf dem Heimweg einen Büschel roter Beeren ins Nest gelegt und sich sehr darüber gewundert, wie groß die Küken schon waren. Nun kam ihm der Gedanke, daß Knieptangs, die Eltern, gewiß nichts dagegen haben würden, wenn er die ganze Gesellschaft mit auf die Lichtung nähme und sie alle zusammen einen vergnügten Nachmittag verlebten. Die Kleinen waren ja fast schon flügge. Da konnte doch wirklich nichts Schlimmes passieren.

Was würde das dem lustigen kleinen Bob für einen Spaß machen! Und wenn Mutter Bob ihren Jungen so recht übermütig sähe, dann würde aller Ärger schnell vergessen sein.

Ganz glücklich über seinen guten Gedanken trabte Bob in immer längeren Schritten und hörte es gar nicht, wie Frau Bob ihm ärgerlich nachrief: wenn's ihm so eile, nach Hause zu kommen, dann möge er nur allein laufen.

Als Vater Bob bei dem hohlen Baum der Knieptangs angekommen war, streckte er den Rüssel hinauf zum Nest und fragte, ob die Knieptangs mitkommen wollten, um auf der Lichtung mit dem kleinen Bob zu spielen. Und alle sechs kleinen Knieptangs rissen die Schnäbel auf und schrien aus Leibeskräften: »Ja!« Mutter Knieptang kam zuerst etwas verängstigt hinter den Kleinen her, denn sie fürchtete, sie könnten aus dem Neste fallen; aber als sie Bob sah, strahlten ihre Augen vor Glück und Freude. Und ehe sie ihm auf seine Frage antwortete, erkundigte sie sich mit großem Interesse nach dem kleinen Bob und nach seiner verehrten Frau Mutter. Da erst merkte Bob, daß seine Familie ihm nicht gefolgt war. Aber wie er sich umblickte, sah er zwischen den Stämmen Mutter und Sohn gemächlich herantraben. »O,« sagte er, »denen geht's sehr gut.« Und er fragte nochmal, ob die Knieptangs mitkommen wollten. Da verbeugte sich Frau Knieptang und sagte, daß sei sehr viel Ehre, und sie würden mit Vergnügen mitkommen, aber die Kleinen könnten wirklich noch nicht fliegen.

»I was,« sagte Bob, »das schadet gar nichts, das sollen sie ja gerade lernen.« Und als jetzt Frau Bob mit dem Jungen herangekommen war und vor dem Neste stehen blieb, da nahm Vater Bob mit seinem Rüssel ein Junges nach dem andern aus dem Nest und setzte sie alle sechs auf den breiten Rücken von Mutter Bob.

Vater Knieptang hatte das alles von seinem Ausguck auf dem Baumgipfel ruhig mit angesehen. Jetzt kam er aber doch heruntergeflogen, begrüßte die Bobfamilie und sagte, man möge nur recht vorsichtig mit den kleinen Knieptangs sein, denn sie könnten wirklich noch nicht fliegen.

Endlich aber waren die beiden Eltern Knieptang doch beruhigt, und es ging gemeinsam fort zur Lichtung.

Vater und Mutter Knieptang flatterten ängstlich zur Seite Frau Bobs; aber es passierte nichts, obgleich die kleinen Knieptangs mehrmals ins Rutschen kamen.

Auf der Lichtung war man sehr vergnügt. Vater Bob setzte die Küken auf die langen Taue der Schlinggewächse und schwenkte die Schaukel leise hin und her und freute sich unbändig, wenn die kleinen Dingerchen ängstlich mit ihren kurzen Flügeln flatterten und sich krampfhaft mit den Krallen und mit ihrem großen Schnabel festzuhalten suchten. Ein wahres Freudengeheul aber stieß er aus, wenn die jungen Knieptangs Hals über Kopf in das Buschgras der Lichtung kollerten. Dann mußte der kleine Bob sie immer wieder aus dem Grase heraussuchen, und Mutter Bob brachte ihm bei, wie man es machen müsse, um den zarten Vögelchen nicht weh zu tun, wenn man sie mit dem Rüssel aufhob.

Zuerst war Mutter Knieptang sehr ängstlich und fand in ihrem Herzen alles, was die Bobs mit ihren Kindern machten, ein wenig grausam; aber – da ihr Gatte ihr immer zuflüsterte, es habe wirklich nichts auf sich, und da sie sah, daß die Kleinen selbst lustig und guter Dinge waren, fand sie sich allmählich in die ungewohnte Lage. Ganz stolz aber fühlte sie sich, als auf einmal eins ihrer Kinder von dem geschwungenen Lianenstrick wegflog und sich ganz keck auf den nächsten Ast setzte. Und Vater Knieptang schlug vernehmlich mit seinen Flügeln, als wollte er Beifall zu dieser ersten Heldentat seines Sohnes klatschen.

Es war wirklich ein wunderschöner Nachmittag. Bob war glückselig, daß die kleine Verstimmung von Mutter Bob verschwunden war, und vergaß ganz seine würdevolle, königlich-gemessene Haltung. Erst als gegen Abend Kruskopp mit einigen seiner Getreuen zum Bade kam, hörte er auf, mit seinem Sohn herumzutollen; und als der dicke alte Grotschnut den Fluß heraufgeschwommen kam, hielt Bob es doch für richtiger, den festlichen Tag abzuschließen. Heimwärts durften die kleinen Knieptangs auf dem Rücken des kleinen Bob reiten, einer hinter dem andern. Und der kleine Bob schritt sehr stolz mit den kleinen rutschenden Vögeln einher.

Als dann alle glücklich ins Nest gebracht waren, schieden die beiden Familien mit vielen Gutenacht-Wünschen voneinander. Der kleine Bob sah noch oftmals zurück, als er mit der Mutter und dem Vater in den Wald hineintrabte. Und in dieser Nacht träumte er von gar nichts anderem als von seinen winzigen Freunden und ihren krabbeligen kleinen Füßchen, die so komisch auf seinem Rücken herumgerutscht waren.


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