Theodor Volbehr
König Bob, der Elefant
Theodor Volbehr

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Bob heiratet

Bob war ein milder und kluger Herrscher. Die meisten Untertanen sprachen mit Begeisterung von ihm. Natürlich nicht alle.

Die Papageien waren z. B. der Meinung, daß Bobs berühmter Kriegszug gegen die Raubtiere eigentlich recht übereilt gewesen wäre. Kridewitt hatte sogar an einem Abend in vertrautem Kreise die Behauptung aufgestellt, daß Bob sich gar zu sehr von Rackertüg habe beeinflussen lassen. Ein Affe sei immer ein Hansnarr und noch dazu voll Eigennutz, hätte Bob einen Papagei gefragt, so würde der ihm schon gesagt haben, daß auf der Insel auch Schlangen seien, und daß es ebenso notwendig sei, die auszurotten, als die vierfüßigen Raubtiere. Jetzt habe man die Bescherung. Nächstens werde die ganze Insel ein Schlangennest sein, weil kein Tier mehr da sei, das dies gefährlichste Raubzeug vertilge.

Aber – wie gesagt – die meisten von Bobs Untertanen freuten sich des neuen Regiments und nannten Bob den Wohltäter der Insel, obgleich sich in der Tat die Brillenschlangen stärker vermehrten als in früheren Zeiten.

Zumal die Meerkatzen wußten gar nicht, was sie Bob alles zulieb tun sollten, wenn er durch den Wald ging, dann folgten sie ihm in den Bäumen und fächelten ihm mit Palmzweigen die Fliegen vom Rücken. Und wenn er im Wasser stand und sich mit dem Rüssel duschte, dann kletterten die kleinen Kerle am Ufer hinab und spritzten König Bob von hinten und von vorn und von allen Seiten so voll Wasser, daß er vor Behagen grunzte.

Auf seinen Rücken aber wagte sich keiner als Rackertüg zu setzen. Als einmal ein junger Affe kühn vom Ufer aus auf seinen Rücken sprang, da fegte Bob ihn mit einer so vornehmen Bewegung herunter, einfach ins Wasser hinein, daß keiner es wieder wagte, sich derlei Vertraulichkeiten herauszunehmen.

Ein guter Freund war Bob aber auch den geringsten seiner Untertanen, gleichmäßig freundlich, helfend und schützend, wo immer es nötig war.

So war das Jahr herum gegangen. Auf die heiße Zeit waren die Regenmonate gefolgt. Dann gingen auch sie vorbei. Und es huben wieder die schönen sonnigen Tage an und die noch schöneren kühlen Nächte.

Da verkündete Rackertüg eines Tages seinen Leuten, daß Bob einen Ausflug nach dem Festlande gemacht habe. Voraussichtlich werde er bald zurückkehren. Wichtige Regierungsgeschäfte hätten ihn gezwungen, die kurze Reise zu machen.

Die Meerkatzen horchten erstaunt auf, und sie begriffen nicht recht, welche Regierungsgeschäfte einen König zwingen könnten, sein Land zu verlassen. Und die andern Untertanen verstanden es auch nicht recht. Um so weniger, da Bob mit keinem Worte über diese Reise sprach, als er glücklich wieder daheim war.

Und merkwürdig, solche Reisen wiederholten sich. Kridewitt begann schon im Kreise der Papageien davon zu sprechen, daß es doch eigentlich sehr seltsam sei, wenn ein Herrscher mehr außer Landes sei als daheim. Ja, sie sprachen sogar die Vermutung aus, daß Bob sich auf der Insel langweile und daß er jedenfalls über kurz oder lang ebenso plötzlich verschwinden werde, wie er gekommen sei.

Oft saßen am Abend die Meerkatzen in dichten Haufen auf den Schlingpflanzen am Rande der Lichtung und warteten, daß Bob zum Baden kommen sollte. Und wenn er wieder einmal nicht kam, redeten auch sie ärgerlich und aufgeregt durcheinander.

Da begab sich etwas, das sich noch nie begeben hatte, solange Meerkatzen auf der Insel waren.

An einem wunderschönen, lichten Sommerabend krachte es plötzlich im Unterholz, und in die Lichtung hinein trabte in lustigem Lauf Bob, und dicht hinter ihm trabte eine junge, hellgraue Elefantin.

»Ah!« sagten unwillkürlich die Meerkatzen. Denn so sehr ihnen Bob Achtung einflößte, das Weibchen war doch eine ganz andere Schönheit. Wie fest und prall die Haut am Körper saß! Und wie die kleinen Augen blitzten!

Bob wandte sich halb zu seiner Gefährtin und lief tänzelnd neben ihr zum Flusse hin.

Und dann standen die zwei im Wasser, und Bob sog seinen Rüssel voll und ließ den Strahl hinunterprasseln auf die Elefantin. Er ging im Kreise um sie herum und bespritzte sie tüchtig von allen Seiten. Sie aber ließ es sich wohl gefallen und bewegte nur leise die Ohren und schwenkte den Rüssel hin und her.

Die Meerkatzen hatten unbeweglich gesessen und gestaunt.

*

Also deshalb war Bob so oft nach dem Festlande gegangen! Auf Freiersfüßen war er gewesen, und nun hatte er seine Herzallerliebste heimgeführt in sein eigenes Reich!

Jetzt blieb Bob stehen und blickte umher. Und wie er die langen Reihen der Meerkatzen in den Bäumen sitzen sah, da erhob er seinen Rüssel und trompetete einen lustigen Dreiklang.

Die Affen flogen von ihren Sitzen herunter, und schneller, als eine Pisangfrucht zur Erde fällt, waren sie im Wasser und schlugen mit ihren kleinen Händen einen Sprühregen über Bob und sein junges Weib.

Bob wollte nicht, daß seine Hochzeit gefeiert würde; aber er konnte es doch nicht hindern, daß alle Völker seiner Insel Abgesandte schickten, um ihre Glückwünsche auszusprechen. Denn wie ein Lauffeuer war die Runde durchs Land geeilt, daß Bob geheiratet habe.

Selbst die Papageien entsandten Vertreter, um Bob und seiner jungen Frau alles Gute zu wünschen. Und von allen Seiten kamen die Neugierigen, um die Frau des großen Bob zu sehen. Mindestens eine Woche lang wurde in den Wäldern und Feldern, in den Baumwipfeln und im Riedgras von nichts anderem gesprochen, als von der jungen Frau Königin; und im großen ganzen war das Urteil, das diejenigen aussprachen, die sie bereits gesehen hatten, sehr günstig, sie machte Eindruck und hatte doch so etwas von holder Weiblichkeit, wenigstens, wenn man sie mit Bob selbst verglich. Und mehr konnte man doch wohl nicht verlangen!

Bob war glückselig. Und es freute ihn, wenn Knieptang und Rackertüg ihm bisweilen aus dem Munde ihrer Frauen von der Begeisterung erzählten, die Frau Bob selbst bei dem weiblichen Geschlecht erregte.

Er beschloß, mit seiner Frau zusammen Reisen durch sein Land zu machen, damit jedermann sie kennen lerne und sie selbst sich etwas in ihrer neuen Heimat umsehe. Und er fühlte sich dann so recht als Landesvater, wenn die Tiere von allen Seiten herzugeströmt kamen und nach dem Jubel der Begrüßung mit ehrfurchtsvoller Scheu von ihren besonderen Wünschen und auch von ihren kleinen und großen Kümmernissen sprachen.

Frau Bob sah bewundernd zu ihrem Gatten auf, wenn sie auf solchen Reisen kreuz und quer durch die Insel seinen klugen Rat hörte und wenn sie merkte, wieviel jeder einzelne auf solchen Rat gab. Aber bisweilen sah sie ihn auch mit betrübten Augen an, wenn er sich wieder einmal von einem Hornvogel oder von einem Papagei vorjammern lassen mußte, daß die Schlangen immer dreister würden und daß die Vogeleier selbst in den höchsten Bäumen nicht mehr sicher seien vor der wilden Gier dieser schleichenden Ungeheuer.

Sie wußte es sehr wohl, daß solche Klagen Bob sehr betrübten. Sie bat sogar einige Male hinter Bobs Rücken die Vögel, ihn doch nicht immer mit solchen Klagen zu quälen. Ändern ließe sich die Sache ja doch nicht. Aber die Vögel meinten, dafür sei Bob doch gerade der König der Insel, daß er den Armen und Bedrängten helfe. Und daß er es könne, wenn er nur wolle, das habe er doch bewiesen, als er den Rachezug gegen die vierfüßigen Raubtiere unternommen habe.

Da schwieg Frau Bob dann. Aber in ihrem Herzen kämpfte das Mitleid mit den Tieren und der Kummer, daß Bobs Freude an seinem schönen Reiche getrübt werden könnte. Denn sie sah keine Möglichkeit für Bob, den Kampf mit dem elenden Geschmeiß aufnehmen zu können, das sich feige in der Dunkelheit der Erde verkroch, wenn es Bobs schwere Schritte nahen hörte.

Das war der einzige Schmerz in ihrem jungen Glück.


 << zurück weiter >>