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Palast des Sultans von Maferia.

XII.
Reise nach Wadaï. Letzte Nachrichten.


Letzte Sendungen. – Abreise nach Osten. – Baghirmi, Land und Leute. – Wara in Wadaï. – Macguire's Schicksal. – Letzte Nachrichten über Dr. Vogel.


. Am 1. Dezember 1856 hatte Dr. Vogel, von seinem weiten Ausfluge nach Südwesten zurückkehrend, Kuka, das alte Standquartier, wieder erreicht. Er befand sich körperlich wohler als je. »Ich bin so stark geworden«, schreibt er in seinem letzten Brief vom 5. Dezember, »daß ich einen Rock, den ich noch von Tripoli aus besitze, jetzt nicht mehr zuknöpfen kann.« In demselben Briefe an seinen Vater schreibt er:

»Was meine Rückreise nach Europa betrifft, so kann ich diese gewisser Umstände halber augenblicklich noch nicht antreten, jedoch glaube ich Anfang oder Mitte 1857 an der Westküste zum Vorschein kommen zu können. Aengstige Dich darum nicht, das Klima dort ist nicht schlimmer als das im Innern.« Am Schlusse des Briefes setzt er dagegen hinzu: »In etwa zwei Tagen werde ich eine Recognoscirung nach Wadaï, wo möglich bis Wara machen.«

Am 1. Januar brach Vogel nach Osten auf. Von hier an fehlen sichere, von ihm selbst herrührende Nachrichten. Seinen Gefährten Macguire hatte er mit seinen Papieren und Sammlungen in Kuka zurückgelassen, damit er auf seine Rückkehr warte. Sein Weg führte ihn muthmaßlich durch das Land Baghirmi und nach Maseña, der Hauptstadt desselben, die durch das längere Verweilen Dr. Barth's an diesem Orte genauer bekannt ist. Von hier aus schickte er wahrscheinlich einen Boten nach Wadai mit der Anfrage: ob es ihm gestattet sein würde, das Land zu betreten. Vor Anfang August dürste der Bote nicht leicht wieder von Wara nach Maseña zurückgekehrt sein. Nach dem Besuch der Provinzen von Fittri und Madagu wird sich Vogel nach Wadi Owadha im Norden von Wadai begeben haben, und dort scheint ihn eine Eskorte des Sultan Scherif von Wadar begrüßt und von hier nach Wara, der Hauptstadt, geleitet zu haben.

Das Land Baghirmi, zwischen Bornu und Wadaï gelegen, hat nur eine mäßige Größe, in der Richtung von Nord nach Süd von vielleicht 60, von West nach Ost gegen 40 Meilen. Es ist fast durchgehends von flacher Beschaffenheit und senkt sich nur nach dem Tsad hin etwas. Im Norden finden sich einige Hügel blos zwischen dem Gebiete des Tsad und dem des Fittri. Beide Seen stehen unter sich in keinem Zusammenhänge. Im Süden dagegen scheinen Gebirge von solcher Höhe sich zu erheben, daß auf denselben zu Zeiten Schnee oder Hagel fällt. Nach Südosten hin mögen sich auch vulkanische Berge befinden. Der Hauptfluß des Landes, der Schari, von dem ein Seitenarm sich der Hauptstadt Maseña bis auf 2 Meilen nähert, hat für die Bewohner als Schutz in Kriegen die vorzüglichste Bedeutung erhalten. Der Handelsverkehr auf demselben ist dagegen nur äußerst gering und auf Zufuhr von einigem Getreide beschränkt. Der größte Theil des Landes wird aus Kalk und Sandboden gebildet. Die Vegetation desselben, sowie das hier sich entwickelnde Thierleben, vorzugsweise dasjenige an dem untern Theile des Schari, haben wir bereits bei Schilderung des südlichen Tsad-Ufers(S. 204 u. f.) berührt und geben auf der Abbildung S. 313 einen Ueberblick der Hauptformen der Thierwelt. Wie erwähnt, kommt auf dem rechten Ufer des Schari das Nashorn wieder vor, das im Innern des Sudan fehlt.

Die Hauptstadt des Landes, Maseña, liegt in einer flachen Senkung und trägt in hohem Grade den Charakter des Verfalles, der den Zustand des ganzen Landes kennzeichnet. Zwischen grünen Wiesenflecken zeigt sich ein Haufen Ruinen ähnlicher Lehmhäuser, ein großer Theil derselben zerfallen. Die Ringmauer der Stadt, obschon gegen früher bedeutend eingezogen, ist gegenwärtig noch viel zu ausgedehnt, der ganze nördliche Stadttheil ist mit dichtem Unterholz bestanden. Andere Stellen sind von Gemüsegärten in Anspruch genommen. Die Stadtmitte ist von einer Senkung durchzogen, in welcher üppige Bäume: Tamarinden, Dumpalmen u. a. grünen, die sich aber zur Regenzeit in einen Teich verwandelt. Letzteres ist auch mit den zahlreichen Gruben der Fall, in denen sich die Brunnen befinden. Durch diese Menge stehender Wasser und durch die Unsitte, allen Unrath in dieselben zu werfen, wird der Aufenthalt in Maseña sehr ungesund gemacht. Das einzige imponirende Gebäude ist der Palast des Sultans, dessen Umfangsmauer auffallender Weise aus gebrannten Backsteinen besteht, dabei 20 Fuß hoch und 10 Fuß dick ist. Die Thore sind festungsähnlich aus dicken Pfosten gearbeitet und stark mit Eisen beschlagen. Innerhalb der Ringmauer stehen dann die zahlreichen Gebäude des Sultans, seiner Diener und der 2-400 Frauen. Die übrigen Wohnungen sind nur aus Thon oder Matten; der erstere hat aber nur eine geringe Festigkeit und weicht zur Regenzeit nicht selten ein, so daß man den Rohrwohnungen noch den Vorzug giebt.

Vor etwa 300 Jahren, so erzählen die Einwohner, hatte sich in dem Thale, wo jetzt Maseña steht, eine Horde Fellata mit ihren Herden niedergelassen, wurde aber fortwährend durch Einfälle der nördlich wohnenden Bulala beunruhigt. Da kam der Fürst der Baghirmi mit seinem Heere herbei und nahm die Bedrängten in Schutz. Er gründete hier eine Stadt und nannte sie nach dem großen Tamarindenbaume ( ma), der hier stand, und nachdem Fellata-Mädchen (eña), welches unter demselben saß und Milch verkaufte, Maseña. Das Volk der Baghirmi, vielleicht 1½ Millionen Kopfe zählend und fähig, 10,000 Fußkrieger, mit Speeren bewaffnet, sowie 3000 Reiter zu stellen, ist gleich ausgezeichnet durch schönen und kräftigen Körperbau, wie durch Tapferkeit und Muth. Die Frauen, symmetrisch und angenehm gebaut, glänzend schwarz von Hautfarbe, sind als die schönsten des ganzen Sudan gepriesen; vorzüglich rühmt man auch die Schwärze und den Glanz ihrer Augen. Freilich gelten sie nicht als Muster häuslicher Tugenden und Ehescheidungen sind nicht gerade selten. Ebenso kommen genug blutige Fehden vor, welche durch Eifersucht veranlaßt wurden. Ein schwarzes weites Hemd bildet die gewöhnliche Kleidung beider Geschlechter. Die industrielle Thätigkeit der Baghirmi ist nicht erwähnenswerth; Baumwollenstreifen gelten als Münzen. Die Muscheln werden hier ausschließlich als Handelsartikel betrachtet. Die südlich wohnenden Heidenvölker kaufen dieselben und fertigen Schmuck für das Hintertheil ihrer Frauen, so wie Mützen für die Gestorbenen daraus und die Uëlad Raschid-Araber verwenden sie zum Kopfputz ihrer Pferde und Kameele.

Die Viehzucht ist hauptsächlich in den Händen der zahlreich angesiedelten Schua. Der Muhamedanismus ist zwar allgemein Landesreligion, die Kenntniß seiner Lehren steht aber auf einer höchst niedrigen Stufe und das Volk ist im gröbsten Aberglauben des Heidenthums befangen. Als Dr. Barth in Maseña in Gefangenschaft gehalten wurde» da er das Land ohne vorher eingeholte Erlaubniß und Schutzbrief des Sultans betreten hatte, kam er stark in Verdacht, daß er den Regen vom Lande abhalte, da er einige Male nach den aufsteigenden Gewitterwolken geschaut hatte, um zu beobachten, von welcher Himmelsgegend her sie kämen. Die Regierung ist eine rein despotische. Niemand im ganzen Lande hat die Erlaubniß, sich auf einen Teppich zu setzen, nur der Sultan und einige seiner nächsten Beamten dürfen es; jeder Andere muß mit einer Rohrmatte vorlieb nehmen.

Die politische Lage Baghirmis ist sehr unangenehm. Mitten zwischen zwei gewaltigen Reichen ist es nach verzweifelten Kämpfen gezwungen worden, beiden Tribut zu bezahlen, sowol am Bornu als an Wadaï. Sehr viel trugen auch die Thronstreitigkeiten mit zum Verfall des Landes bei, wie dergleichen an den meisten Höfen, an denen Vielweiberei gebräuchlich ist, vorkommen. Das Land wurde durch dieselben in langwierige Bürgerkriege verwickelt und fiel dann, durch diese, sowie durch Pestkrankheiten decimirt, den äußern Feinden zur Beute. Der Sultan von Baghirmi kann den schweren Tribut nur erübrigen, indem er jährlich einige Monate auf Kriegszüge gegen die im Süden wohnenden Heidenvölker verwendet und von denselben Sklaven einbringt. Bogen und Pfeil sind bei den Baghirmi selten, noch seltener das Schwert und der Dolch, Feuerwaffen fehlen gänzlich, trotzdem sind sie ihren südlichen Gegnern durch Anzahl und persönliche Tapferkeit überlegen. Die Heiden vertheidigen sich vorzugsweise mit steinernen Streitäxten. Auch hier in Baghirmi ist es gebräuchlich, die bei solchen Raubzügen gemachten erwachsenen männlichen Gefangenen zu tödten oder zu entmannen.

Dr. Barth war, wie bereits angedeutet, bei seiner Ankunft in Baqhirmi schlecht genug behandelt worden; man hatte ihn sogar in Fesseln gelegt und ihn so nach der Hauptstadt transportirt. Als der Sultan, der sich damals gerade auf einem Kriegszuge befand, zurückkehrte, glückte es Barth, mit demselben in ein freundschaftlicheres Verhältniß zu kommen und dahin zu wirken, daß wenn nach ihm ein Europäer Baghirmi besuchen werde, man denselben freundschaftlicher empfange. So steht denn zu vermuthen, daß Dr. Vogel in Masena wohl aufgenommen worden ist. Da es ihm Barth zur ersten Pflicht gemacht hatte, sich von Wara eine Erlaubniß zum Besuch von Wadaï zu verschaffen, so ist es eben so wahrscheinlich, daß Vogel auch in Wara freundschaftlich bewillkommnet wurde. Damit stimmen die Bemerkungen im Briefe des Scheikhs von Bornu völlig überein.

Noch kein Europäer hatte vor Dr. Vogel Wadaï und seine Hauptstadt Wara erreicht. Die Beschreibung der Stadt verdankt man dem Reisebericht des Scheikhs Muhamed el Fuesi. Er sagt: » Wara liegt eingeschlossen in einem elliptischen Kessel, der durch gesonderte Gruppen von Gebirgen gebildet wird. Die Stadt ist länger als breit; sie erstreckt sich in einer Länge von mindestens einer halben Stunde in der Richtung von Nord nach Süd, welche auch die umschließenden Berge nehmen, die gleichsam ihre natürliche Festungsmauer bilden. Diese Berge heißen das Gebirge Wara; von ihnen hat die Stadt ihren Namen. Der Palast des Sultans und die große Moschee, welche in der Nähe des Eingangs zu jenem, auf dem Platze El Facher liegt, sind die einzigen steinernen Gebäude; die übrigen Wohnungen bestehen nur aus runden Hütten von Lehmmauern mit einem kegelförmigen Dache. Sie stehen meistens inmitten eines Hofes, der von einer Hecke von Dornsträuchern eingeschlossen ist.

Die Stadt wird von einer großen Straße durchschnitten, die von dem nördlichen Thore nach dem südlichen führt. Im östlichen Theile befindet sich der Palast des Sultans, zu dem man durch vier verschiedene Thore gelangt Der Kasr oder die eigentliche Wohnung des Sultans liegt auf einer Anhöhe und beherrscht die ganze Stadt. Dieses Gebäude hat nur ein einziges Stockwerk über dem Erdgeschoß mit drei Fenstern, das eine nach Westen gerichtet, nach dem Platze El Facher, das zweite nach Norden, das dritte nach Mittag. Vor dem Palaste breitet sich der erwähnte große Platz des »Facher« aus; auf demselben stehen einige Bäume von der Gattung Sayal ( Mimosa Sayal). Am westlichen Ende des Platzes, dem Thore des Palastes gegenüber, erblickt man einen Hügel, den Berg Toraya, auf dessen Gipfel eine Hütte steht, in welcher die Blasinstrumente und Cymbeln des Sultans aufbewahrt werden. Die Bevölkerung der Stadt beträgt etwa 40,000 Seelen, von denen 8000 sich sofort auf das erste Aufgebot des Sultans bewaffnet stellen können.«

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Thierleben am untern Schari.

Die Bewohner des Landes Wadaï sind zweierlei: die eingebornen und eingewanderten Neger und die Araberstämme. Den Namen Wadaï hatte erst der Sultan Abd el Kerim (1630) seinem Reiche gegeben zu Ehren seines Großvaters Woda Wadaï. Sein Nachfolger Charut hatte Wara erbaut. Unter der Anführung des Abul Kassem, des sechsten Königs der Forauer, war ein gewaltiger Heerhaufe des letztgenannten Volkes in Wadaï eingefallen und hatte es tributpflichtig gemacht. König Djode, mit dem Beinamen Muhamed Ssulai, d. h. der Befreier, rettete Wadaï von diesem Abhängigkeitsverhältniß und eroberte außerdem einen Theil von Kanem. Durch letztere That nahmen die fortdauernden Feindseligkeiten Wadaïs mit Bornu ihren Anfang, die wir bei der Geschichte des letztgenannten Landes mehrfach erwähnt haben. Djode's Enkel Abd el Kerim, welcher seinen Vater Ssaleh 1805 vom Throne stieß, unterwarf sich das Reich Baghirmi und eröffnete eine direkte Handelsstraße nach dem Mittelmeer. Er starb 1815 und hinterließ sechs Söhne, welche sich gegenseitig den Thron streitig machten. Hierdurch gelang es Muhamed Ssaleb, dem Bruder des verstorbenen Königs, sich mit Hülfe des Königs von Fur der Regierung zu bemächtigen (Juli 1834). Er führte als ein kräftiger Fürst glückliche Feldzüge gegen Karka, den aus Inseln, halb versunkenen Sumpfgauen und Wiesengründen bestehenden Südost-Winkel des Tsad, ebenso gegen die räuberischen Tama, welche eine bergige Landschaft vier Tagereisen nordöstlich von Wara bewohnen, und 1846, wie früher erzählt, auch gegen Bornu. In den letzten Jahren seiner Regierung erblindete Ssaleb und in Folge dessen brachen in seinen Staaten mehrfache Aufstände aus, durch welche er sich schließlich gezwungen sah, 1850 die alte Residenz aller frühern Könige von Wadaï, Wara, zu verlassen und sich nach Abeschr einem unbedeutenden Dorfe, etwa 20 Meilen südlich von der Hauptstadt im Gebiete der Kelingen, zurückzuziehen. Im Jahre 1853 wurde er von seinem Sohne Muhamed völlig entthront, doch auch dieser soll neuerdings von einem seiner Brüder wieder gestürzt worden sein.

Die Mehrzahl der Bewohner Wadaïs sind fanatische Muhamedaner. Vor der Einführung des Islam waren alle jene Länder zwischen dem Tsad und Kordofan von dem heidnischen Stamme der Tündjur bewohnt, der aus Dongola gekommen sein soll und ein Zweig des ursprünglich in Benese wohnhaften ägyptischen Stammes der Batabsssa ist. Die Tündjur halten die in Dar-Fur herrschenden Dadjo besiegt und sich allmälig über Wadaï und einen Theil von Baghirmi verbreitet. In Wadaï sollen sie ihre Herrschaft 99 Mondjahre behauptet haben, bis der genannte Abd el Kerim ihre Macht durch Einführung der muhamedanischen Religion brach.

Die Nachrichten, welche frühere Expeditionen über die Bewohner Wadaïs erhielten, waren abschreckend genug. Letztere wurden als räuberisch und gewaltthätig geschildert. Von Dr. Vogel's dortigem Aufenthalt weiß man nichts Sicheres. Im Anfang des Jahres 1857 aber verlauteten in Bornu Gerüchte, er sei in Wara getödtet worden und der Korporal Macguire schrieb darüber von Kuka (5. November 1857) an den Konsul Herinan in Tripoli: »Indem ich Sie über den Stand der Sachen hier unterrichte, bedaure ich, daß mir nichts übrig bleib, als Ihnen Trauriges mitzutheilen. Sie wissen bereits, daß Dr. Vogel von hier am l. Januar 1856 nach Wadaï aufgebrochen ist; es bleibt mir leider nichts übrig als hinzuzufügen, daß er gefallen ist als ein Opfer des Fanatismus der Bevölkerung. Es sind so verschiedene Erzählungen des Mordes hier im Umlauf, daß ich zu keiner Sicherheit gelangen kann, welcher zu glauben sei. Ich enthalte mich daher, auf die Gründe einzugehen, denen die That zuzuschreiben sein dürfte, und unterlasse dies um so mehr, als Scheikh Omar mir gesagt hat, er beabsichtige Ihnen sämmtliche Einzelheiten darüber zu schreiben. Eins ist gewiß: keiner von seinen Leuten ist mit Nachrichten zurückgekommen! es heißt, daß einer derselben getödtet worden, die andern zwei gefangen genommen und zu Sklaven gemacht worden seien.«

In dem festen Glauben an den Tod Dr. Vogel's faßte Macguire den Entschluß, nach Europa zurückzukehren. Wahrscheinlich war er aufgebrochen, ohne den Abgang einer größern Karawane abzuwarten, und soll sechs Tagereisen nördlich von Kuka, bei dem Brunnen Belkaschiferry, von Räubern angefallen und nach tapferer Gegenwehr getödtet worden sein. Durch dieses Unglück gingen zugleich alle Papiere und Sammlungen Dr. Vogel's verloren, welche er während der letzten großen Reisen gemacht hatte. Der erwähnte Brief des Sultans an Herrn de Iremeaux, Konsul von Fessan, sagt über Vogel's Tod dagegen nichts; er lautet:

»Tausend Grüße und der Segen und die Gnade Gottes sei mit Euch!

Wir haben Euren Brief durch Innes den Marabut erhalten und Alles gelesen, was er in Bezug auf Abd el Wahed (Dr. Vogel) enthält. Wir erfahren von den Grenzen von Kanem, daß er dort angekommen war im Monat Giumad el aher und geblieben bei den Sliman. Er setzte dann seinen Weg fort in der Richtung nach Mua, einer Stadt im Lande Wadaï, und gelangte zunächst nach Baghirmi. Diese Nachricht ist vom verflossenen Jahre. Wir haben aber weitere Kunde erhalten, daß Abd el Wahed mit seinem Diener nach der Stadt Andra (Wadi Owadha im Norden Wadaïs) gegangen ist, welche da liegt im Lande der Gläubigen, und daß der Sultan von Wadaï, nachdem er die Ankunft der Fremden erfahren, ihnen Boten entgegengesandt mit dem Auftrage, sie zu ihm einzuladen. Sie setzten in Folge dessen ihren Weg zum Sultan von Wadaï fort und letzterer ließ sich von ihnen Auskunft geben über den Zweck ihrer Reise. Er fragte sie: »Wo kommt ihr her?« Sie antworteten: »Von Fessan und Bornu und wir wünschen jetzt zu reisen in Wadaï!« Er, der Sultan, sprach weiter zu ihnen: »Welche Zwecke habt ihr bei eurer Reise?« Sie antworteten: »Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, neue Länder aufzusuchen, sie kennen zu lernen und zu beschreiben!« Er fragte sie: »Ist dies Alles, was ihr wünschet?« Sie antworteten: »Das ist Alles! Wir beabsichtigen von hier aus nach dem Gebiete von Fur zu gehen und dann in unser Vaterland zurückzukehren, wenn es Gott gefällt«

Diese Nachrichten hatten wir bereits erhalten, ehe der Marabut uns Euern Brief brachte. Nachdem wir denselben gelesen, sandten wir nochmals einen Eilboten nach Wadaï und dieser hat dies Alles bestätigt. Dies ist Alles, was wir Euch in dieser Angelegenheit schreiben können« etc.

Konsul Herman in Tripoli bemerkt bei Absendung dieser beiden Schreiben nach London unterm 15. Febr. 1857: »Daß Herr Macguire keinen Zweifel an der Wahrheit der Nachrichten über den Tod Dr. Vogel's hegt, kann aus dem Umstande entnommen werden, daß er Vorbereitungen zu seiner Abreise traf. Er beabsichtigte (anfänglich) durch Ryffe zu gehen und den Niger stromabwärts zu verfolgen, um nach England zurückzukehren. Unglücklicherweise giebt der sprichwörtlich gewordene Fanatismus des Volkes von Wadaï den Erzählungen einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit. Durch die nächste Karawane werde ich den Scheikh von Bornu ersuchen, mir Alles mittheilen zu lassen, was er hierüber erfahren kann. Zugleich will ich ihn bitten, zu versuchen, ob wol die Papiere und andern dem unternehmenden Reisenden gehörigen Effekten zu erlangen seien.«

Am 30. Juli 1857 meldete Konsul Herman von Tripoli dem Lord Clarendon in London, daß ein Kurier, welcher am 10. Juli in Mursuk angekommen sei, die Bestätigung vom Tode Dr. Vogel's gebracht habe. »Es scheint«, sagt er, »daß es ihm gelungen war, Wara, die Hauptstadt von Wadaï, zu erreichen. Bei seiner Ankunft war er nach dem Palaste des Sultans gebracht, nachher enthauptet worden, da er sich geweigert habe, den muhamedanischen Glauben anzunehmen.«

Am 17. August schreibt Konsul Herman an den Obigen: »Eine große Karawane wird täglich in Mursuk von Kuka erwartet, die möglicherweise das Räthsel lösen kann. Ich werde für den Fall, daß dieselbe im Stande ist, mehr Licht über die Sache zu verbreiten, den Herrn Iremeaur in Mursuk veranlassen, einen andern Kurier an den Scheikh von Bornu zu schicken, um ihn zu bitten, drei oder vier zuverlässige Boten nach Wara zu senden, mit dem Versprechen einer schönen Belohnung, wenn sie mit einer gewissen oder bestimmten Nachricht von Vogel's Schicksale, seinem Tode oder seiner Gefangenschaft zurückkehren, oder in dem letzten Falle wo möglich den geschriebenen Beweis von seiner eignen Hand zu erlangen suchen; denn wenn er in Gefangenschaft gehalten würde, so müssen Versuche zu seiner Befreiung gemacht werden. Doch ich gestehe Ew. Lordschaft aufrichtig meine Befürchtung, daß leider wenig Gelegenheit zu einem solchen Versuche vorhanden sein wird.«

Während dem hatte sich in Europa das Gerücht verbreitet, der Tod Vogel's wäre durch ein unkluges Verfahren von Seiten der Engländer selbst herbeigeführt worden. Kaufleute, unter dem Schutze des englischen Konsuls in Tripoli stehend, hatten von Händlern, die nach Wadaï gezogen, keine Bezahlung für die auf Kredit abgelassenen Waaren erhalten können. Letztere hätten vorgegeben: der Sultan von Wadaï habe sie ausgeplündert, ohne ihnen irgend eine Entschädigung zu gewähren. In Folge dessen habe der Konsul in Tripoli eine Quantität Elfenbein, das dem Sultan von Wadaï gehörig, wegnehmen und verkaufen lassen. Als der Sultan diese Gewaltmaßregel erfahren, sei Vogel ein Opfer seines Zornes und seiner Rache geworden.

Man hielt diesem Gerücht entgegen, daß, wenn wirklich ein solches Mißverhältniß eingetreten wäre, der wegen seines Geizes bekannte Fürst von Wadaï Dr. Vogel sicher nicht getödtet, sondern ihn nur gefangen gehalten haben würde, um ein bedeutendes Lösegeld zu erpressen. Statt dessen kam über Aegypten und Kartum eine Nachricht, welche mehr Aufsehen erregte: es war eine Gesandtschaft des Königs von Dar-Fur in Kairo angekommen und durch dieselbe erfuhr der Konsul G. Green in Alexandria im Oktober 1857 Nachstehendes.

Muhamed Scianghiti, Gesandter des Königs von Dar-Fur an den Vicekönig von Aegypten, erzählte:

«Vor meiner Abreise von Dar-Fur wurde mir von mehreren Personen, Eingebornen vom Senegal, erzählt, daß drei europäische Reisende, mit Namen Abd el Kerim (Dr. Barth), Abd el Wahed (Dr. Vogel) und Abd el Samad, von Bengasi nach Fessan gekommen wären. Von da seien sie nach Bornu gereist. Einer von ihnen, Abd el Wahed (Dr. Vogel), reiste von Bornu nach Baghirmi und ward daselbst wohl empfangen. Nachdem er hier die wichtigsten Orte besucht, begab er sich nach Middogo und ging von da nach Borgu, d. h. Wadaï. Er traf hier den Wesir des Fürsten von Wadaï, genannt Simalek, der ihn gut aufnahm, und ging später in das Innere dieses Reiches bis zur Hauptstadt Warna. Dort residirte Fürst Scherif, der sogenannte Sultan von Wadaï, der von der Gicht gelähmt ist. In der Nachbarschaft von Wara ist ein heiliger Berg, dessen Besteigung allen Personen untersagt ist. Abd el Wahed, ob er davon unterrichtet war oder nicht, ist unbekannt, bestieg diesen heiligen Berg, und als der Fürst dies erfuhr, befahl er ihn hinzurichten, und so geschah es.

Die Nachricht davon kam nach Dar-Fur vor etwa 7 Monaten. Als Muhamed Hassan, König von Dar-Fur, dies hörte, war er sehr entrüstet darüber und schickte einen Boten an den Fürsten von Wadaï, um seine Mißbilligung darüber auszusprechen.«

Dr. Barth äußerte sich ausführlicher in der Sitzung der königlichen geographischen Gesellschaft zu London über die zu nehmenden Schritte und meinte unter Anderm:

»Es wäre sehr zu bedauern, wenn nicht wenigstens Dr. Vogel's interessante Tagebücher gerettet werden könnten. Diese Papiere, wenigstens die, welche Korporal Macguire bei sich führte, der sechs Tagereisen von Kuka bei dem Brunnen Belkaschiferry getödtet worden sein soll, wenn sie nicht auf dem Platze selbst vernichtet worden sind, müssen in den Händen einiger Häuptlinge der Kelowi, die das Land Aïr bewohnen, gefallen sein, obgleich die Raubhorden, von denen die Straße von Bornu nach Fessan fortwährend heimgesucht ist, die Oberhoheit dieser Häuptlinge nicht anerkennen. Ich erwarte kaum, daß der Fürst von Bornu im Stande sein wird, etwas in dieser Sache zu thun, weil die Tuariks, die diese Straße beunruhigen, seine erbittertsten Feinde sind; aber ich glaube, daß die Häuptlinge der Kelowi, durch deren Gebiet wir auf dem Wege nach dem Sudan gekommen sind, wahrscheinlich glücklicher in dem Versuche sein werden, etwas wieder zu erlangen, vorausgesetzt allemal, daß sie nicht auf der Stelle selbst vernichtet oder zerstreut worden sind. Ich selbst bin auf meiner ersten Reise einmal nach einer ernstlichen Vertheidigung aller meiner Habe beraubt worden und obgleich dies auf Grenze des Gebietes des Paschas von Tripoli und Muhamed Ali's von Aegypten vorfiel, die beide mir ihren Schutz zugesagt hatten, habe ich doch seitdem nicht das Geringste, weder von meinen Papieren, noch von meinen Sachen wieder zu sehen bekommen.«

Bestimmtere Nachrichten über die Ereignisse in Wadaï kamen durch den Baron Neimans. Dieser unternahm eine Reise in Arabien, vom Juni bis November 1857, nach Djeddah, gerade zur Zeit der Pilgerfahrt, und war dabei als Araber gekleidet. Er gab sich für einen tunesischen Pilger aus und erkundigte sich bei den Pilgern aus Wadaï und den benachbarten Ländern, indem er vorgab, daß er über Suakin, Dar-Fur, Wadaï, Bornu und Mursuk nach seiner Heimat zurückkehren wolle. Ein Pilger, der Scheikh Abdallah Quwad, theilte ihm mit, daß Abd el Wahed (d. i. Vogel) in der That verhaftet worden sei, weil er die Besteigung eines heiligen Berges versucht habe, daß er aber in ein Gefängniß geworfen, nicht habe getödtet werden dürfen. Zwei Neger aus Wadaï bestätigten diese Erzählung. Bei seiner Rückkehr nach Kairo erhielt Baron Neimans von dem Gesandten von Dar-Fur, Seid Muhamed el Chinguesi, eine noch bestimmtere Mittheilung. Nach dieser heißt es: Der heilige Berg, Dschebel it Driat, trägt auf seinem Gipfel eine große Kapelle aus weißen Steinen, um welche herum drei kleinere Gebäude von derselben Form errichtet sind. Der Berg und die Kapelle, die ihn krönt, für gewöhnlich unbewohnt, werden nur bei einem Regierungswechsel von dem neuen Sultan besucht, der eine bestimmte Anzahl von Stunden, bis zum Auf- oder Untergange eines gewissen Sternes daselbst verweilen muß. Nachdem muß er in feierlichem Aufzuge in der Stadt Wara einziehen, um dann als rechtmäßiger Fürst empfangen zu werden. Kein Mensch außer dem Fürsten hat je das Innere der Kapelle gesehen; drei Scheikhs, die vornehmsten im ganzen Lande, haben die Schlüssel dazu. Der Berg selbst und ein Theil seiner Umgebung sind für heilig erklärt.

Die Ankunft des Christen Abd el Wahed hatte bereits bei den fanatischen und zu Gewaltthätigkeiten geneigten Einwohnern großes Mißfallen erzeugt. Die Ausgänge und Forschungen des unglücklichen Dr. Vogel steigerten ihren Argwohn im höchsten Grade und eines Morgens hatte man ihn in der Nähe des heiligen Berges ergriffen, um ihn zu tödten.

Hier war aber der Berichterstatter des Baron Neimans nicht mehr genau, seine Angaben über die Art des Todes oder die Weise der Hinrichtung wurden unbestimmt, und es gewann fast den Schein, als ob Dr. Vogel in Wara noch am Leben sei, aber gefangen gehalten würde, und daß der Gesandte von Dar-Fur um die Engländer gegen das feindliche Wadaï auch feindlich zu stimmen, die Nachricht vom Tode aus eigener Erfindung hinzugesetzt habe. Durch eine solche Gefangenschaft würde der Sultan Scherif von Wadaï gleichzeitig sein dem Dr. Vogel gegebenes Schutzversprechen gehalten und doch auch das fanatische Volk nicht gegen sich gereizt haben. Ebenso würde er bei seinem bekannten Geize noch ein ansehnliches Lösegeld haben erpressen können. Alle diese Erwägungen führten den Baron Neimans zu dem Entschlüsse, den Versuch zu machen, über Kartum und Dar-Fur nach Wadaï vorzudringen. Schon stand er im Begriff, diese kühne Reise anzutreten, als er am Tage vor dem Aufbruch erkrankte und am 15. März 1858 zu Kairo starb.

Ein gelehrter Alterthumsforscher, Dr. Heinrich Brugsch von Berlin, hatte bei seiner Anwesenheit in Aegypten ebenfalls mehrere von Wadaï kommende Muselmänner über Dr. Vogel befragt, und ihre Aeußerungen hatten auch dahin gelautet, daß Dr. Vogel gefangen gehalten würde, aber nicht hingerichtet worden sei.

Durch die Hoffnung getrieben, daß Dr. Vogel möglicherweise noch am Leben sei und gerettet werden könne, sind die Anstrengungen, über ihn Gewißheit zu erhalten, fortwährend erneuert worden. Als die Königin von England sich in Berlin zum Besuch befand, ersuchte Alexander von Humboldt dieselbe, weitere Nachforschungen über das Schicksal des deutschen Reisenden anstellen zu lassen. In Folge dessen erhielt der englische Konsul zu Tripoli Befehl, Boten nach Wadaï zu senden und alle etwa einlaufenden Nachrichten sofort an A v. Humboldt gelangen zu lassen.

Alexander von Humboldt theilte unterm 7. Nov. 1858 dem Vater des unglücklichen Reisenden, Dr. K. Vogel in Leipzig, die Depesche mit, welche er in Folge jenes Befehls vom englischen Generalkonsulat in Tripoli erhalten hatte und die vom 22. Oktober 1858 datirt war. In ihr hieß es:

»Da wir bis zum 27. März d. J. keine bestimmten Nachrichten über den Doctor erhalten hatten, wurde ein offizieller Kurier von Mursuk an den Sultan von Bornu abgesandt, sowie gleichzeitig an die Chefs der Tuariks von Aïr mit Briefen, worin man sie aufs dringendste um ihren Beistand gebeten, falls der Reisende noch am Leben und etwa gefangen, keine Mühe zu scheuen und keine Kosten zu sparen, seine Befreiung zu bewirken, sofern er aber nicht mehr lebe, die Thatsache seines Todes festzustellen und sich in den Besitz seiner Papiere zu setzen. Um aber nach Bornu zu gelangen und Antwort von dort zurückzubringen, erfordert nicht viel weniger als 12 Monate Zeit, so daß Ew. Excellenz versichert sein dürfen, wir haben die Nachrichten, nach denen wir uns selbst so sehr sehnen, noch nicht erhalten können. Nichtsdestoweniger ließ ich bereits aufs neue an den Vicekonsul Ihrer britischen Majestät in Mursuk Verfügungen ergehen, nichts unversucht zu lassen in dieser Angelegenheit, die uns selbst so sehr am Herzen liegt. Ferner habe ich eine Berathung gepflogen mit einigen besonders einsichtsvollen Bewohnern des Fessan, welche augenblicklich sich hier aufhalten und einstimmig der Meinung sind, daß das einzige Mittel, über Vogel's Schicksal unzweifelhafte Gewißheit zu erlangen, sein würde, entweder einen Kaufmann von Gerthrun (Godron südlich von Mursuk gelegen) oder einen Scherif nach Wadaï abzusenden, da beide dort großes Ansehn und Einfluß genießen.«

Der ehrwürdige Veteran deutscher Wissenschaft aber begleitete, obgleich noch krank, diese Mittheilungen mit folgenden freundlichen Zeilen an Vogel's Vater:

»Was mir heute auf Befehl von Lord Malmesbury unmittelbar von dem Konsulat zu Tripoli gesandt ward, hat insofern großes Interesse, weil es das unverkennbarste Zeugniß darbietet, man versäume kein denkbares Mittel, um endlich die sicherste Nachricht selbst durch die Chefs der Tuariks zu schaffen. Der Vorschlag, die Gefängnisse des Wadaï durchsuchen zu lassen, ist sicher; aber freilich am vielversprechendsten die Versicherung: keine Geldersparnisse! Da wird nichts scheitern. Lassen Sie uns, – so rufe ich Ihnen und der theuren, trostbedürftigen Mutter zu – lassen Sie uns noch nicht an Gottes und durch ihn an der Menschen Hülfe ganz verzweifeln! Der kranke König war auch noch von Tegernsee zurückkehrend ganz mit Ihrem Eduard warm beschäftigt. Ihr treuer, kaum halb genesener Humboldt

Im Sommer des Jahres 1859 langten Mittheilungen von Dr. Baikie vom Niger an. Derselbe hatte an jenem Flusse des Westens Pilger gesprochen, die bei ihrer Wanderschaft nach der heiligen Stadt das Land Wadaï durchzogen und die Hauptstadt desselben berührt hatten. Sie erzählten dem Doctor davon, daß ein Weißer in letzterer Stadt getödtet worden sei, ohne freilich den Namen desselben nennen zu können. So entmuthigend eine solche Bestätigung der schlimmsten Befürchtungen auf der einen Seite ist, so sehr läßt ein Schreiben des Dr. Barth von 30. Juli 1859 an den Vater des Reisenden wieder Hoffnung schöpfen, indem es mittheilt, daß man in Afrika selbst, trotz des langen Zeitraums, welcher bereits verstrichen ist, es doch nicht für unmöglich zu halten scheint, daß Dr. E. Vogel noch am Leben sei, und deshalb immer wieder Versuche zur Aufhellung des Dunkels macht. Jener Brief sagt in Bezug darauf:

»So eben erhielt ich einen Brief von meinem alten unverwüstlichen afrikanischen Kollegen Jomard, der mir allerdings auch nichts Bestimmtes bringt, doch aber etwas sichere Aussicht eröffnet, binnen Jahresfrist etwas Sichreres zu erfahren, da auf seine Verwendung der Vicekönig von Aegypten selbst eigenhändig an den König von Dar-Fur sich gewendet hat, damit dieser zum wenigsten dem König von Wadaï eine bündige Erklärung über des Reisenden Schicksal abgewinne.

Leider müssen jüngere Ereignisse, zumal die traurigen Begebenheiten von Djedda, die Lage eines Christen in jenen Ländern gegen früher noch mehr erschwert haben und ist die Aussicht auf eine freundschaftliche Verwendung des Herrn von Dar-Fur nicht sehr groß. Weiß Gott, welchen Gefühlen der Vicekönig von Aegypten in einem eigenhändigen Schreiben an seinen Glaubensgenossen Raum geben wird.

Sie wissen vielleicht noch nicht, daß die Todesnachricht des Dr. Cuny, der eben nach Dar-Fur eingedrungen ist, sich bestätigt hat. Er starb zwei Tage nach seiner Ankunft in Kobbé. Also ist auch da wieder alle Hoffnung auf eine baldige Aufklärung verschwunden. Der Reisende hatte einen achtjährigen Sohn bei sich; was aus dem geworden, weiß ich nicht. Fur ist ein sehr ungünstiges Land zum Beginn einer Forscherreise und der Weg dahin sehr unergiebig an Resultaten.«


So halten auch wir noch an der Hoffnung fest, daß ein günstiges Geschick den Reisenden aus der Unzahl drohender Gefahren gerettet haben möge! Aber selbst in dem ungünstigen Falle, wenn er gefallen sein sollte im Dienste seines hohen Berufs, selbst dann preisen wir ihn, – denn kann es für den Menschen wol einen schönern Tod geben, als den, welcher ihm nach einem Leben voll redlichen unverdrossenen Wirkens zum Wohle Aller zu Theil wird? Würde nicht sein Tod ein Opfertod sein, aus dem vielleicht in spätern Jahren dem Innern des großen Afrika eine neue Zukunft erblüht? Wird Eduard Vogel nicht den Söhnen Europas fortwährend als eine mahnende Gestalt nach Wadaïs Fluren winken und ihnen dort ein weites Feld bezeichnen, auf welchem noch Millionen Brüder für Humanität und Gesittung zu erobern sind?

Deshalb, möge unser Freund nun noch gegenwärtig seinen Wanderstab in unbekannte Lande weiter setzen, oder möge er still schlummernd ruhen von seiner Pilgerfahrt, in jedem Falle gebührt ihm der Kranz des Siegers und der Ruhm des Helden!

siehe Bildunterschrift


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