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Der Spielmann

In einer Welt, die gänzlich vom Gesange getragen ist, muß der Gesang selbst seine Geltung haben. Je weiter hinauf im Reiche der Lieder und Sagen, je unbedenklicher führen noch Könige und Helden das Saitenspiel, je wirksamer greift der Zauber der Töne in den Gang der Begebenheiten ein.

Drei Helden deutscher Sagenkreise sind der Töne mächtig, Rother, Horand und Volker, außerdem, daß manchmal eine rüstige Schar singend daherreitet.

Das Gedicht von Rother hat noch recht seinen Grundton in den drei Harfenschlägen, welche dieser König den abfahrenden Boten zum Zeichen gibt, daran sie in der Not seiner gewiß sein sollen. Getrost auf diese Klänge fahren sie hin, mit lautem Ruf und sausenden Segeln. Als sie zu lang ausbleiben, nimmt er wieder die Harfe und steigt selbst zu Schiffe. Die Königstreue, die sonst mit dem Schwerte sich bewährt, waltet hier im Wohllaut des Saitenspiels. Denn als die Gefangenen, auf Rothers Bürgschaft, zum erstenmal wieder außerhalb des Kerkers gespeist werden, da erklingt hinter dem Umhang der Leich, von dem ihnen Becher und Messer entfallen; freudetrunken begrüßen sie den »reichen Harfner«, dessen erste Klänge ihnen die Losung zur Freiheit, der Königstochter aber, als Zeugin dieser wunderbaren Wirkung, das Wahrzeichen sind, woran sie den König erkennt, dem sie jetzt zu folgen bereit ist.

uz der hand chunden nie gebrechen, dem zornmůtes vrechen, unz daz sis mit zangen uz sinen vingern lange můsen chlosen dem man. Do man daz wafen gewan, owe, sprach her Dietrich, vil guot swert, wer sol dich nu mer so herliche tragen? du wirst nimmer mer geslagen so vil bi kunigen richen, also dich vil lobelichen hat geslagen Wolfhart ... Wolfhart vor den wiganden mit durchbizzen zanden noch lach in dem bluote. In hiez der degen guote heben uz der aschen: sin herre bat in waschen und vloewen uz den ringen. Sonst kommen in dem Liede von Rother noch mehrmals Spielleute als eigentliche joculatores vor. Die Rückentführung durch den Spielmann ist Wiederholung dessen, was ursprünglich durch den König selbst geschieht.

Im Hegelingenliede führt nicht der König Hettel selbst die Braut heim, sondern sein Recke, der sangeskundige Horand. Aber in diesem erscheint noch jene Ansicht des Altertums, daß der Musik ein Zauber, eine unwiderstehliche Gewalt über die Natur und das menschliche Gemüt innewohne. Wenn Horand singt, dann schweigen die Vögel, die Tiere des Waldes lassen ihre Weide stehen, das Gewürm kriecht nicht weiter im Grase, die Fische schwimmen nicht von der Stelle, Traurige werden getröstet und Kranke gesund, den Gesunden schwinden die Sinne; dann muß die Jungfrau aus der Kammer an die Zinne und zuletzt folgt sie dem Sänger über das Meer. Die süße Weise, von der sie bezwungen wird, hat weder zuvor noch hernach ein Christenmensch gelernt, Horand hat dieselbe auf der »wilden Flut« gehört, d. h. von irgend einem Wassergeiste. Denn eben den Naturgeistern in Berg und Flut sind solche Wunderklänge vornehmlich eigen, wie auch unser Bergkönig Elberich die Harfe herrlich spielt. Otn. Str, 522: Do trüg Elberich der cleine ein harpfe in der hant. Er rürte also geschwinde die seiten alle sant. In einem süssen tone, Das der sal erdroß usw. Darum kann auch Laurin zu Bern ein gaugkler sin (Heldenb. 207a). Die Berge Laurins usw. sind ohnehin voll Klanges. Silv. de ronanc. S. 244. 261. All dieses stimmt oft wörtlich mit den Schilderungen überein, die in schwedischen, dänischen und schottischen Volksliedern von der Wunderkraft des Gesanges oder der Goldharfe gemacht sind, wodurch die Tochter des Bergkönigs oder die Jungfrau im Elfenhaine den Christenmann verlockt, oder umgekehrt der christliche Bräutigam dem Wassernix die geraubte Braut abnötigt, oder auch eine Hirtin, ein Mühlmädchen den König hinreißt, die Goldkrone auf ihr Haupt zu setzen. Von solchen Zaubertönen heißt es dann in den Liedern: die Vögel auf den Zweigen vergessen, was sie singen sollen, Waldtiere und Fische, wohin sie springen oder schwimmen wollten; der Falke breitet seine Schwingen aus, der Fisch spielt mit seinen Flossen: die Wiese blüht, der Wald belaubt sich: Menschen und Wassergeistern lacht und weint das Herz; der König und seine Hofleute tanzen, Holz und Halm tanzen mit; die Rinde wird vom Baume gespielt, das Horn von der Stirne des Stieres, der Turm von der Kirche; Leichen erstehen aus den Gräbern, die versunkene Braut hebt den weißen Arm aus den Wellen und eilt auf den Schoß des Geliebten zurück. Svensk. Folvis. I, 33. 35. 128 (Riddaren Tynne). III, 47 (Vallpiga). 51 f. (Vallkulla). 54. 57 (Quarnpiga). 142. 144. 147 (Harpans kraft). 170 (schwed. Elfenhöh'). Udv. dansk Vis. I, 235 (Elvehöj. Vgl. Grimm 156, 521). 328 f. ( Harpens kraft). Bei den Alten Orpheus, Sirenen. Jamieson, Popul. Ball. and Songs. Edingburg 1806. I, 93, 99.

Daß man vom Wassernix (Strömkarl, Recken) Musik lernen könne, daß es eine den Elfen abgehörte Tanzweise gebe, bei welcher Junge und Alte, Blinde und Lahme, die Kinder in der Wiege, selbst alle Hausgeräte zu tanzen anheben und wovon der Spieler selbst nicht ablassen könne, wenn er nicht das Stück rückwärts zu spielen wisse oder ihm von hinten die Saiten der Geige zerschnitten werden, ist im Norden alter Volksglaube, und auf Ähnliches deutet in einem altdeutschen Gedichte, einer Erzählung des dreizehnten Jahrhunderts, der Albleich (Elfenspiel), die süßeste Weise, die Fiedlern zu Gebot steht. Arndt, Reis. III 17.IV, 241 f. Svensk. Folkv. III, 128.Grimm, Elfenm. LXXXIII, Grimm, Zur Rezens. Vorr. II, nach PF. Hands. 341. BL. 341; da saßen Fiedler und videlten alle den albleich, die süßeste Melodie. Vgl. Silva de ronanc. 244: del conde Arnaldos y del marinero. Faurilel II, 80. 390. Grimm, Deutsche Mythol. S. 438 f.

Verweisen wir die einzelnen Erzählungen der Geschichtbücher von deutschen Königen, welche Gesang und Tonkunst übten, immerhin in das Gebiet der Sage, z. B. daß der Wandalenkönig Gelimer, mit dem Rest seines Volkes auf dem Gebirg eingeschlossen und ausgehungert a. Ch. 534), sich vom feindlichen Feldherrn ein Saitenspiel zum letzten Trost erbeten habe ( Procop.hist. misc. 1. II, c. 6. Grimm, D. S. I, 13 f.); oder daß noch der angelsächsische Alfred (um 878) als Harfner das Lager der Dänen ausgespäht! Vgl. Beda IV, 24: Unde nonnunquam in conviviio, cum esset laetitiae causa, ut omnes per odinem cantara deberent, ille, ubi appropinquare sibicytharam cernebat, sugebat a media caena. Lingard I, 211. R. 1 findet diese Geschichte, die Ingulf S. 26 und einige nach ihm erzählen, an sich selbst unwahrscheinlich, auch sei sie Affern nicht bekannt gewesen. Hume I, 53 führt W. Malmesb. 2, 4 an und erhebt keinen Zweifel gegen die Erzählung. die Sagen selbst setzen einen Begriff von der Würde des Gesanges voraus, wonach man diesen mit jedem höchsten Berufe vereinbar fand; ist ja doch das Lied den Heldenaltern der Ausdruck aller geistigen Regung und Bildung. Im skandinavischen Norden, wo Odin, der Schlachtengott, den Dichtertrank geraubt hat und den Dichtern Gesänge gibt ( Edd. III, 9), Heimskr. I. 10 f. ( Yngl. S. K. 6): Maellti han allt hendingum sva sem nu er bat qvedit, er skalldskapr heitir: Han oc hofgodar hans heita lióda-smidir, bovi at su ibrótt hóiz af beim í Nordrlöndum. Vgl. oben S. 61 ist vollkommen geschichtlich bestätigt, daß, als Skalde zu glänzen, den Königen und den gepriesensten Helden für ehrenvoll galt. Noch in späteren Jahrhunderten, in der Blüte des deutschen und romanischen Minnesanges, stehen die höchsten Namen in der Reihe der Sänger.

Aber neben dieser freien Übung edler Kunst zeigt sich von frühester Zeit ein gewerbmäßiger Betrieb, der zwar als ergötzlich, ja als unentbehrlich gehegt und belohnt, jedoch mehr und mehr mit dem Stempel der Unehre bezeichnet ward, eben weil hier die Kunst mehr um Sold, als um Ehre, diente, weil das Lob in solchem Gesange für ein feiles galt und die Begehrlichkeit der Sänger zu gemeinen und sittenlosen Hilfsmitteln griff, daher auch in den Rechtsbüchern des dreizehnten Jahrhunderts die Spielleute den Ehr- und Rechtlosen beigezählt sind. In diesem Doppellichte des heldenhaften und des gewerbsmäßigen Kunstberufes betrachten wir den Spielmann Volker und dessen Auffassung im Nibelungenliede.

Die Eddalieder und die Wolsungensage wissen nichts von Volker, sie teilen dem Könige Gunnar selbst die Gabe des Harfenspieles zu, ganz mit altertümlicher Zaubermacht. Von Atli in den Schlangenhof geworfen und an den Händen gefesselt, schlägt er die Harfe, die ihm seine Schwester zugeschickt, mit den Zehen so herrlich, daß Frauen weinen, Kämpfer erschüttert sind und das Gebälke zerspringt; die Schlangen aber schlafen ein, ausgenommen eine Natter, die den Helden ins Herz sticht. Fern über den Sund hat Oddrun, seine Geliebte, die mächtigen Saitenklange vernommen, womit er sie zu Hilfe ruft, eilend fährt sie hinüber, trifft ihn aber nicht mehr lebendig ( Edd. IV, 105. 138 f. 151. 175. Vols. S. Kap. 46, S. 190). In dem deutschen Liede nun hat der König das Saitenspiel an seinen Recken Volker abgegeben.

Schwert und Saitenspiel in denselben Händen bilden an sich einen Gegensatz, der um so stärker den Witz, ja die ironische Betrachtung hervorrief, je seltener diese Vereinigung in der Wirklichkeit geworden war. Volker von Alzei, einer von den tapfersten und mächtigsten Recken der burgundischen Könige, der Bannerführer ihres Heeres, erscheint zugleich als Spielmann, als Fiedler; denn bezeichnend ist schon die Fiedel, die Geige mit dem Bogen, an die Stelle der älteren Harfe getreten, welche noch vom König Rother geführt ward und im Liede von Morolf stets die deutsche Harfe heißt (vgl. Venant. Fortun. um 570: Romanusque lyra, plaudat tibi barbarus harpa).

Da wird denn im Nibelungenlied für nötig erachtet, besonders zu erklären, warum Volker der Spielmann genannt war, nämlich: »weil er fiedeln konnte«, d. h. nur, weil er der Kunst mächtig war, nicht aber nach Art der fahrenden Leute auf Erwerb damit ausging. Beigefügt ist ausdrücklich, er sei ein edler Herr gewesen, dem viel guter Recken untertan waren, dessen Gefolge solch Gewand trug, daß ein König sich nicht daran zu schämen hätte, und so führt er auch im Verlauf des Gedichtes, gleichsam zur Wahrung seiner Ehre, meist ein auszeichnendes Beiwort: der edle, der kühne Spielmann: kühnerer Fiedler war nie einer; groß war seine Kraft neben der Kunst; und als ihn die Tochter des Markgrafen Rüdiger unter den sechs vornehmsten Gästen mit Kuß empfängt, wird namentlich bemerkt, daß ihm als Helden solches widerfahren. Wenn nun dieser edle und kühne Recke dennoch gleich andern Spielleuten in Rüdigers gastlichem Saale kurzweiliger Sprüche voll ist und zum Abschied vor der Hausfrau süße Töne fiedelt und ihr seine Lieder singt, auch dafür zwölf Goldringe zur Gabe empfängt, die er zu Hofe tragen soll, und wieder umgekehrt, wenn er wie ein wilder Eber ficht und doch ein Spielmann ist, das mußte den Zeitgenossen des Liedes überaus ergötzlich vorkommen. Mit dem grauenvollen Ernste der Begebenheiten steigert sich die Ironie dieses Gegensatzes zu schneidendem Heldenscherze. Einen Fiedelbogen, stark und lang, einem scharfen, breiten Schwerte gleich, zieht Volker an sich, als er vor Kriemhilden auf der Bank sitzt; schweren Geigenschlag droht er den zubringenden Hunnen, laut erklingt ihm der Fiedelbogen an seiner Hand, ungefüg siedelnd geht er durch Etzels Saal; wie ein wilder Eber ficht er und ist doch ein Spielmann, seine Leiche lauten übel, seine Züge sind rot, seine Töne fällen manchen Helden. Da spricht Hagen zu Günthern: »Nun schau, König! Volker ist dir hold, er dienet williglich dein Silber und dein Gold, sein Fiedelbogen schneidet durch den harten Stahl, nie sah ich einen Fiedler so herrlich stehen, seine Leiche hallen durch Helm und Schild, wohl soll er reiten gute Ross' und tragen herrlich Gewand.« Geld, Rosse, Kleider sind die Gaben, darum bei Festlichkeiten, wie früher in demselben Liede bei Siegfrieds Schwertnahme von den Fahrenden gedient wird, auf deren Gewerbe Hagen hier anspielt; so wie in der vorerwähnten Stelle, wonach Volkers Mannen Gewand tragen, dessen ein König sich nicht zu schämen hatte, angedeutet ist, daß er seinem Gefolge so kostbar gebe, was andre Spielleute zum Lohne zu empfangen pflegen. Dem Gegensatz enthoben, ein Genosse jener altertümlichen Harfner, erscheint Volker in der nächtlichen Schildwache, die er vor dem weiten Saale hält, darin die burgundischen Gäste, am Vorabend der letzten Not, voll banger Ahnung sich niedergelegt haben. Mit seinem Heergesellen, dem grimmen Hagen, tritt er vor die Türe des Hauses, beide in lichtem Sturmgewand, Volker lehnt seinen guten Schild an die Wand, holt seine Geige und setzt sich damit auf den Stein an der Türe. Erst klingen seine Saiten ermutigend und stark, daß all das Haus ertost, dann süßer und sanfter, bis er alle die »sorgenden« Männer in den Schlaf gespielt. Nun nimmt er wieder den Schild zur Hand und hütet ihrer in Treue. Diese schöne Stelle, worin das Saitenspiel in reiner Macht und Bedeutung anschlägt, ist wohl auch diejenige, wodurch der Spielmann Volker ursprünglich dem Liede angehört: durch alle Umwandlungen der Sage meinen wir in seinen! Geigenstrich einen Nachhall von Gunnars wunderbarem Harfenschlage zu vernehmen; wie vor diesem die Balken zerspringen, so ertost von jenem noch all das Haus, und wie Gunnar die Nattern einschläfert, so Volker die nagenden Sorgen seiner Freunde. Auch im Rosengarten sieht Volker von Alzei, der Spielmann, und es fehlen auch hier nicht die scherzhaften Vergleichungen des Kampfes mit Geigenstrich und Tanz; bereits aber ist die goldene Fiedel in den Schild der Helden versetzt und geht damit in eine heraldische Beziehung über, welche sich in den Wappen der Stadt Alzei und einiger von dort ausgegangener Adelsgeschlechter erhalten hat.

Aus dieser örtlichen Nachweisung, zusammengenommen mit dem Umstande, daß Volker im Nibelungenliede zuerst in der Sage erscheint, während er noch im spätern Dietleibsliede und der Sage, wie sie in diesem vorausgesetzt wird, fehlt, erklärt sich W. Grimm (Heldens. 355) die Einschiebung desselben in das erstere Gedicht folgendermaßen:

Jetzt, sagt er, bin ich auch imstande, Nachweisungen über seinen wahrscheinlichen Ursprung zu geben. Die Herren der Burg Alzei, welche durch ihre Lage nahe bei Worms schon Anspruch darauf hatte, an der Sage teilzunehmen, führten eine Fiedel im Wappen und hießen im Volk die Fiedeler. Daraus wird deutlich, warum die Fiedel, daz wâfen, auch Volkers Schwert ist und beide in mannigfachen Ausdrücken (ez ist ein rôter anstrich, den er zem videlbogen hât 1941, 3; sîn videlbogen snîdet durch den herten stâl 1943, 3) miteinander vertauscht werden, oder mit andern Worten, warum er zugleich Held und Spielmann ist, und die Geige, sein Wappen, mit in den Kampf trägt. Ich meine auch, daß der ganze etwas phantastische Charakter gegen die sonstige geschichtliche Haltung des Nibelungenliedes absticht, sowie seine durch frühere Ereignisse nicht erklärte Freundschaft zu Hagen auffällt.

Sollte auch wirklich der Spielmann Volker erst auf diese Art in das Lied gekommen sein, obgleich eine eigentlich heraldische Beziehung noch nicht im Nibelungenliede, sondern erst in den Rosengartenliedern sich zeigt, und sollte nicht umgekehrt das Wappen von Alzei aus der Sage stammen, so ist doch anzunehmen, daß ein Charakter, der so bedeutend, wie Volker, im Liede auftritt, wenigstens für seine Aufnahme in dasselbe einen Anhalt in der Sage vorgefunden haben werde. Einen solchen würde das vorerwähnte Harfenspiel des Königs Gunnar darbieten.

Dazu, wie Volker die Helden in den Schlaf geigt, findet sich ein ländliches Seitenstück im Menchinger Vogtsrecht (bei Nördlingen) von 1441 (Grimm, Rechtsaltertümer S. 395):

Und soll man den rechern die groß glocken leuten, die sollen dann, so man leutet, in den amthof kommen und mit einem pfeifer voraushin pfeifen laßen, unz auf die vorgen. mad und des abends sol er (der Amtmann) in wider heim laßen pfeifen.

Ähnlich im Sigolzheimer Hofrecht (Elsaß), ebendaselbst:

Und sol mans in (dem Köhler und Zimmermann, wenn sie den Zins bringen) wol bieten und (so es) erberliche zu naht wird, so sol man in stro umbe das vür zetten unde einen giger gewinnen darzu, der in gige, das sie entslaven, unde einen knecht, der in hüte irs gewandes, das es in nit verburne.

Spielleute, welche in die Handlungen eingreifen, sind noch Werbel und Swemmel, die Fiedler des Königs Etzel. Sie gehören nicht, wie Volker, in die Reihe der Helden, aber als Diener und Boten des mächtigsten Königs sind sie höher gestellt, denn die gewöhnlichen Fahrenden. Bei Etzels Hochzeit mit Kriemhilden und auf ihren Botschaftsfahrten werden sie reichlich beschenkt. Mit einem Gefolge von vierundzwanzig Recken werden sie gen Worms geschickt, um die burgundischen Könige nach Hunnenland einzuladen. Werbeln bekommt diese Botschaft übel, zum Lohne dafür schlägt ihm der zürnende Hagen vor Etzels Tische die rechte Hand auf der Fiedel ab. Er übt damit eine Gewalttat, die in dem Gesetze der Angeln und Weriner besonders vorgesehen ist: die Hand des Harfners, gleich der des Goldschmieds, wird darin durch erhöhte Buße geschützt. Lex Anglior. et Worinor. hoc est Thuringor. tlt. V. § XX: Qui harpatorem, qui cum circulo harpare potest, in manum percusserit, componat illum (Herold. illud) quarta parte malori compositione, quam alteri ciusdem conditionis homini. Aurifices similiter. Feminsa (Herold aurifici ... fœminæ) fresum facientes similiter. Georgisch, Corp. Jur. Germ. ant. S. 448. Bei Saxo VI, S. 143 beginnt auch Starkather an Ingells verweichlichtem Hofe sein Strafgericht damit, daß er dem Pfeifer ( tibiceo) ein Bein ins Gesicht wirft.. Swemmel bringt die Nachricht vom Falle der burgundischen Könige, samt ihren Waffen und Rossen nach Worms. Auf dem Rückwege muß er dem Bischof Pilgrim zu Passau, dem Oheim dieser Könige, die ganze Geschichte ihres Untergangs als Ohren- und Augenzeuge vorerzählen, und der Bischof läßt solche zum ewigen Gedächtnis niederschreiben.


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