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B. Nordische Gestaltung der Sage.

Quellen für diese sind:

  1. Die Heldenlieder der ältern oder sämundischen Edda, welche in ihrer gegenwärtigen Gestalt großenteils dem achten Jahrhundert angehören (W. Grimm, Heldensage, S. 4).
  2. Die prosaische jüngere oder Snorros Edda, ein Lehr- und Handbuch der nordischen Poesie, welches, wenigstens teilweise, dem Isländer Snorro Sturleson, der von 1178 bis 1241 lebte, zugeschrieben wird. Dasselbe gibt in Auszügen der alten Lieder und Sagen eine Übersicht der nordischen Mythologie und auch der den deutschen verwandten Heldenkreise.
  3. Die Wölsungen-Sage ( Volsunga Saga), wahrscheinlich am Anfang des 13. Jahrhunderts abgefaßt
  4. Um die Quellenliteratur der nordischen Darstellung, wie früher die der deutschen, hier auf einmal zu erledigen, führe ich noch weitere Sagen und Lieder an, die ich zwar für die folgenden Umrisse nicht besonders benützen, wohl aber in den nachherigen Ausführungen darauf Bezug nehmen werde:
  5. Norna Gests Sage, wahrscheinlich vom Anfange des 14. Jahrhunderts.
  6. Ragnar Lodboks Saga, aus dem 13. Jahrhundert.
  7. Hedins und Högnis Saga (im deutschen Gudrunliede Hettel und Hagen), aus der letzten Hälfte des 13. oder dem 14. Jahrhundert.
  8. Die faröischen Volkslieder von Sigurd und seinem Geschlechte, welche noch jetzt auf diesen entlegenen Inseln des Nordmeeres zum Tanze gesungen werden.

Die nun folgenden Umrisse der nordischen Gestaltung unsrer Heldensage entsprechen dem, was wir aus der deutschen unter dem Namen der Nibelungen aufgeführt haben, mit Ausnahme des letzten, welcher den Hegelingen gegenübersteht.

Der Hort

Die Asen Odin, Höner und Loke kommen auf ihrer Wanderung durch die Welt zu einem Wasserfalle, worin der Zwerg Andvare in Gestalt eines Hechts sich Speise zu fangen pflegt. Otter, Reidmars Sohn, hat eben dort, als Fischotter verwandelt, einen Lachs gefangen und verzehrt ihn blinzelnd. Loke wirft Ottern mit einem Steine tot, und sie ziehen ihm den Balg ab. Abends suchen sie Herberge bei Reidmarn und zeigen ihm den Fang. Reidmar und seine Söhne, Fafne und Reigen, greifen die Asen und legen ihnen auf, zur Buße für Otter und zur Lösung ihrer Häupter, den Otterbalg mit Gold zu füllen, auch außen mit Gold zu bedecken. Die Asen senden Loken aus, das Gold herzuschaffen. Loke fängt im Wasserfall mit dem erborgten Netze der Göttin Ran den Zwerg Andvare, und dieser muß zur Lösung all sein Gold geben. Einen Ring noch hält er zurück (denn mit diesem konnt' er sich sein Gold wieder mehren), aber auch den nimmt ihm Loke. Da spricht der Zwerg einen Fluch über den Schatz aus. Die Asen stopfen nun den Otterbalg mit Gold, stellen ihn auf die Füße und decken ihn auch außen mit Gold. Reidmar sieht noch ein Barthaar der Otter und heißt auch das bedecken. Da zieht Odin den Ring hervor und bedeckt es damit. Loke verkündet Reidmarn und seinem Sohne Verderben. Fafne und Reigen verlangen von dem Vater Teil an der Buße. Reidmar verweigert es. Dafür durchbohrt Fafne mit dem Schwerte den schlafenden Vater, nimmt alles Gold und versagt seinem Bruder Reigen den Anteil am Erbe. Auf Gnitaheide liegt er und hütet den Hort in Gestalt eines Lindwurms, mit dem Ägishelm (Schreckenshelm), vor dem alles Lebende zittert. Reigen aber sinnt auf Rache.

Sigurd

Sigurd, Sohn des Königs Siegmund von Frankenland, aus dem Heldengeschlechte der Wölsunge, lebt als Kind bei dem König Halfrek (in Dänemark). Seine Mutter Hiordis ist mit Alf, Halfreks Sohne, vermählt. Der kunstreiche Schmied Reigen, Reidmars Sohn, ist Sigurds Erzieher. Er reizt den Jüngling auf den Tod Fafnes und schmiedet ihm dazu aus den Stücken von Siegmunds zerbrochener Klinge, derselben, die einst Odin in den Stamm gestoßen, das Schwert Gram. Dieses ist so scharf, daß es, in den Strom gesteckt, einen Flock Wolle entzwei schneidet, der dagegen treibt. Sigurd aber will zuerst seinen Vater rächen, der im Kampfe gegen König Hundings Söhne gefallen. Er darf sich unter den Rossen des Königs Halfrek eines auswählen; da begegnet ihm im Walde ein alter Mann mit langem Barte, nach dessen Rat er dasjenige wählt, welches allein den reißenden Strom zu durchschwimmen vermag. Grani, von Odins Rosse Sleipnir stammend. König Halfrek gibt ihm auch Schiffsrüstung. Auf der Fahrt bricht ein Sturm herein; da steht ein Mann auf dem Berge, der sich mit Namen nennt, die nur Odin zukommen; er tritt in das Schiff, stillt das Ungewitter und gibt dem Jüngling Kampflehren, wobei er die keilförmige Schlachtordnung als siegbringend bezeichnet. Sigurd schlägt eine große Schlacht, worin Lyngwi, Hundings Sohn, und dessen drei Brüder umkommen. Danach zieht er mit Reigen auf die Gnitaheide, macht eine Grube in Fafnes Weg zum Wasser und stellt sich hinein. Der alte, langbärtige Mann aber kommt wieder zu ihm und rät ihm, gegen Reigens Hinterlist mehrere Gruben zu machen, damit das Blut ablaufen könne. Als nun der Lindwurm giftsprühend über die Grube kriecht, da stößt ihm Sigurd das Schwert ins Herz. Fafne schüttelt sich, schlägt um sich mit Haupt und Schweif und weissagt sterbend, das Gold werde Sigurds Tod sein. Reigen schneidet dem Wurme das Herz aus, Sigurd soll es ihm braten. Dieser kostet den träufelnden Saft und versteht alsbald die Sprache der Vögel auf den Ästen. Sie raten ihm, selbst das Herz zu essen, Reigen, der auf Ver- rat sinne, zu töten und das Gold zu nehmen. Sigurd tut alles, was sie ihm geraten, und füllt zwo Kisten von dem Golde. Dazu nimmt er den Ägishelm, den Goldpanzer und das Schwert Rotte. Er beladet damit sein Roß Grane, das ihm Odin selbst aus Halfreks Herde kiesen half. Aber Grane will nicht von der Stelle, bis Sigurd ihm auf den Rücken steigt. Sigurd reitet aufwärts nach Hindarberg und lenkt dann südlich gen Frankenland. Auf einem Berge sieht er ein großes Licht, als lohte Feuer zum Himmel auf. Wie er hinzukommt, steht da eine Schildburg und darauf eine Fahne. Er geht hinein und findet einen Gepanzerten schlafend daliegen; doch als er diesem den Helm abnimmt, sieht er, daß es ein Weib ist. Mit dem Schwerte schneidet er den festliegenden Panzer los, da erwacht sie. Es ist die Walküre Brünhild, von Odin in Schlaf gesenkt, weil sie dem Feinde eines Helden beistand, dem Odin Sieg verheißen. Nimmer soll sie fortan Sieg erkämpfen, sondern einem Manne vermählt werden. Dagegen hat sie das Gelübde getan, keinem sich zu vermählen, der Furcht kenne. Dem Sigurd reicht sie jetzt das Horn voll Mets zum Gedächtnistrank, und sie schwören sich Eide der Treue. Sie lehrt ihn Runen und andre Weisheit, auch frühen Tod statt ruhmloser Vergessenheit wählen. Von da kommt Sigurd mit dem Horte zu Giuki, einem König am Rheine. Des Königs Söhne, Gunnar, Högni und Guttorm, schließen Freundschaft mit Sigurd, und er zieht mit auf ihre Heerfahrten. Gudrun, Giutis Tochter, ist die herrlichste Jungfrau, aber Träume haben ihr Übles verkündet. Ihre Mutter, die zauberkundige Grimhild, sieht, wie sehr es ihrem Hause zustatten käme, den Helden festzuhalten. Eines Abends reicht sie ihm das Horn mit einem Zaubertranke. Davon vergißt er Brünhilden und nimmt Gudrunen zur Frau. Gunnar aber will um Brünhilden werben, und Sigurd reitet mit ihm aus. Brünhilds Burg ist rings von Feuer umwallt, und den allein will sie haben, der durch die Flamme reitet. Gunnar spornt sein Roß, aber es stutzt vor dem Feuer. Er bittet Sigurden, ihm den Grane zu leihen, aber auch dieser will nicht vorwärts. Da vertauscht Sigurd mit Gunnarn die Gestalt, Grane erkennt die Sporen seines Herrn; das Schwert in der Hand, sprengt Sigurd durch die Flamme. Die Erde bebt, das Feuer wallt brausend zum Himmel, dann erlischt es. In Gunnars Gestalt steht der Held, auf sein Schwert gestützt, vor Brünhilden, die gewappnet dasitzt. Zweifelmütig schwankt sie auf ihrem Sitze wie ein Schwan auf den Wogen. Doch er mahnt sie, daß sie dem zu folgen gelobt, der das Feuer durchreiten würde. Drei Nächte bleibt er und teilt ihr Lager, aber sein Schwert liegt zwischen beiden. Sie wechseln die Ringe, und bald wird Gunnars Hochzeit mit Brünhilden gefeiert. Jetzt erst erwacht in Sigurd die Erinnerung an die Eide, die er einst mit ihr geschworen; doch hält er sich schweigend. Einst gehen Brünhild und Gudrun zum Rhein, ihre Haare zu waschen. Brünhild tritt höher hinauf am Strome, sich rühmend, daß ihr Mann der bessere sei. Zank erhebt sich zwischen den Frauen über den Wert und die Taten ihrer Männer. Da sagt Gudrun, daß Sigurd es war, der durch das Feuer ritt, bei Brünhilden verweilte und ihren Ring empfing. Sie zeigt das Kleinod, Brünhild aber wird todesblaß und geht schweigend heim. Sieben Tage liegt sie wie im Schlafe; doch sie schläft nicht, sie sinnt auf Unheil. Sigurds Tod verlangt sie von Gunnarn, oder sie will nicht länger mit ihm leben. Högni widerrät; zuletzt wird Guttorm, der jüngste Bruder, der fern war, als die Eide mit Sigurd geschworen wurden, zum Morde gereizt. Schlange und Wolfsfleisch wird ihm zu essen gegeben, daß er grimmig werde. Er geht hinein zu Sigurd, morgens, als dieser im Bette ruht; doch als Sigurd mit seinen scharfen Augen ihn anblickt, entweicht er; so zum andernmal; das drittemal aber ist Sigurd eingeschlafen, da durchsticht ihn Guttorm mit dem Schwerte. Sigurd erwacht und wirft dem Mörder das Schwert nach, das den Fliehenden in der Türe so entzwei schlägt, daß Haupt und Hände vorwärts, die Füße aber in die Kammer zurückfallen. Gudrun, die an Sigurds Seite schlief, erwacht, in seinem Blute schwimmend. Einen Seufzer stößt sie aus, Sigurd sein Leben. Angstvoll schlägt sie die Hände zusammen, daß die Ross' im Stalle sich regen und das Geflügel im Hofe kreischt. Da lacht Brünhild einmal von ganzem Herzen, als Gudruns Schreien bis zu ihrem Bette schallt. Gudrun sitzt über Sigurds Leiche; sie weint nicht, wie andre Weiber, aber sie ist nahe daran, zu zerspringen vor Harm. Männer und Frauen kommen, sie zu trösten. Die Frauen erzählen jede ihr eigenes Leid, das bitterste, das sie erlebt; wie sie Männer, Kinder, Geschwister auf der Walstatt, auf dem Meere verloren, Gefangenschaft und Knechtschaft erduldet; doch nimmer kann Gudrun weinen, steinharten Sinnes sitzt sie bei der Leiche. Da schwingt Gullrönd, Giukes Tochter, das Tuch ab von Sigurd. Auf schaut Gudrun einmal, sieht des Helden Haare blutberonnen, die klaren Augen erloschen, die Brust vom Schwerte durchbohrt. Da sinkt sie nieder aufs Polster, ihr Hauptschmuck löst sich, die Wange rötet sich, ein Regentropfen rinnt nieder auf ihr Knie.

Brünhild aber will nicht länger leben, umsonst legt Gunnar seine Hände um ihren Hals. Sie sticht sich das Schwert ins Herz und bittet noch sterbend, daß sie an Sigurds Seite verbrannt werde, das Schwert zwischen beiden, wie vormals.

Atlis Gastmahl

Nach Sigurds Tode wird Gudrun mit Atli, dem mächtigen König in Hunaland, Brünhilds Bruder, vermählt. Diesen lüstet nach Sigurds Golde, das Gudruns Brüder behielten, und er ladet sie verräterisch zum Gastmahl. Vergeblich sucht Gudrun durch Runen und andre Zeichen, die sie den Boten mitgibt, ihre Brüder zu warnen; vergeblich erzählen die Frauen unheilvolle Träume. Gunnar und Högni mit ihrem Gefolge steigen zu Schiffe, sie rudern so heftig, daß die Wirbel zerbrechen. Als sie ans Land kommen, befestigen sie das Schiff nicht und reiten nach Atlis Burg. König Atli schart sein Volk zum Streite und fordert den Hort, den Sigurd gehabt und der jetzt Gudrunen gehöre. Aber jene verweigern ihn, und nun erhebt sich ein harter Kampf. Gudrun waffnet sich und ficht an ihrer Brüder Seite. Der Kampf endet so, daß alles Volk der Brüder fällt und zuletzt sie beide durch Übermacht gebunden werden. Atli verlangt, daß Gunnar das Gold ansage, wenn er das Leben behalten wolle. Gunnar will zuvor das blutige Herz seines Bruders sehen. Dem Knechte Hialli wird das herz ausgeschnitten und vor Gunnarn gebracht, aber am Zittern dieses Herzens erkennt er, daß es nicht des kühnen Högnis sei. Nun läßt Atli dem Högni selbst das Herz ausschneiden; dieser lacht, während er die Qual erleidet. Das Herz wird Gunnarn gezeigt, und er erkennt es, denn es bebt so wenig, als da es in Högnis Brust lag. Nun weiß Gunnar allein, wo das Gold ist, und nimmer sagt er's aus. Da wird er in einen Schlangenhof gesetzt, die Hände festgebunden. Gudrun sendet ihm eine Harfe, die er mit den Zehen so kunstreich schlägt, daß alle Würme einschlafen außer einer Natter, die ihn tödlich ins Herz sticht. Atli will sich mit Gudrun versöhnen, eine Totenfeier wird für ihre Brüder und für des Königs Mannen bereitet. Am Abend aber tötet Gudrun ihre und Atlis beide Söhne, als sie auf der Bank spielen. Die Schädel der Knaben setzt sie dem König als Becher vor, läßt ihn daraus ihr Blut unter dem Weine trinken und gibt ihm ihre Herzen zu essen. In der Nacht aber ersticht sie ihn im Schlafe; an den Saal, wo Atlis Hofmänner liegen, läßt sie Feuer legen und, mit Schrecken erwacht, erschlagen diese einander selbst.

Schwanhild

Nach solcher Tat will Gudrun nicht länger leben, sie nimmt Steine in den Busen und springt in die See; aber starke Wogen heben sie empor und tragen sie zu der Burg des Königs Jonakur. Dieser nimmt sie zur Frau, und ihre Kinder sind Hamdir, Sörli und Erp. Von Sigurd aber hat Gudrun eine Tochter, die Schwanhild heißt, an Schönheit vor andern Frauen ragend wie die Sonne vor andrem Gestirn. Jörmunrek (Ermenrich), ein gewaltiger König, läßt durch seinen Sohn Randver und seinen Ratgeber Bicki (Sibich) um Schwanhild werben. Sie wird den Boten übergeben und zu Schiffe hingeführt. Der Königssohn sitzt bei ihr im Oberraume des Schiffes. Da spricht Bicki zu Randver, ziemlicher wäre für ihn die schöne Frau als für den alten Mann. Als sie aber heimgekommen, sagt er dem König, Randver habe der Braut volle Gunst genossen. Der zürnende König läßt seinen Sohn zum Galgen führen. Randver nimmt einen Habicht, rupft ihm die Federn aus und schickt ihn so dem Vater. Dieser erkennt in dem Vogel ein Zeichen, wie er selbst aller Ehren entkleidet sei, und will den Sohn noch retten. Aber Bicki hat betrieben, daß Randver bereits tot ist. Jetzt reizt er den König gegen Schwanhilden. Sie wird im Burgtore gebunden, von Rossen soll sie zertreten werden. Als sie aber die Augen aufschlägt, wagen die Rosse nicht, auf sie zu treten. Da läßt Bicki ihr das Haupt verhüllen, und so verliert sie das Leben.

Gudruns Söhne

Gudrun mahnt ihre Söhne, die Schwester zu rächen. Hamdir und Sörli ziehen aus, wohl gewappnet, daß kein Eisen durchdringt; aber zumeist vor Steinen heißt die Mutter sie auf der Hut sein. Auf dem Wege finden sie ihren Bruder Erp und fragen: wie er ihnen helfen werde? Er antwortet: Wie die Hand der Hand oder der Fuß dem Fuße. Unzufrieden damit, erschlagen sie den Bruder. Bald aber strauchelt Hamdir und stützt die Hände unter, Sörli gleitet mit dem einen Fuß und wäre gefallen, hätt' er sich nicht auf beide gestützt; da gestehen sie, daß sie übel an ihrem Bruder getan. Sie gehen vor König Jörmunrek und fallen ihn an. Hamdir haut ihm beide Hände ab, Sörli beide Füße. Ab müßte nun das Haupt, wenn Erp lebte. Nun dringen die Männer auf sie ein, sie aber wehren sich tapfer. Kein Eisen haftet auf ihnen, da rät ein alter, einäugiger Mann, sie mit Steinen zu werfen. So werden sie getötet.

Aslög

Aslög, Sigurds Tochter von Brünhild, ist drei Winter alt, als ihre Eltern sterben. Heimer, ihr Pflegvater, fürchtet, daß man sie suchen werde, um das ganze Geschlecht zu vertilgen. Er verbirgt das Mägdlein samt manchen Kleinoden in einer Harfe und trägt es so von dannen. Wenn es weint, schlägt er die Harfe und schweigt es damit. In Norwegen kehrt er in einem kleinen Gehöft ein, wo ein alter Bauer mit seinem Weibe wohnt. Der Mann ist im Walde; das Weib zündet dem Wandrer ein Feuer an, und als er die Harfe neben sich niedersetzt, bemerkt sie den Zipfel eines kostbaren Kleides, der aus der Harfe hervorsteht; als Heimer sich am Feuer wärmt, sieht sie einen Goldring unter seinem schlechten Gewande vorscheinen. Sie führt ihn darauf in eine Scheune, wo er die Nacht schlafen soll. Als nun ihr Mann nach Hause kommt, reizt sie ihn auf den Tod des Fremdlings, um seinen Schatz zu gewinnen. Sie gehen in die Scheune, das Weib nimmt die Harfe weg, und der Mann schlägt Heimern mit der Axt. Im Verscheiden erhebt dieser so lautes Geschrei, daß das Gebäude einstürzt und die Erde bebt. Der Bauer und sein Weib wissen die Harfe nicht anders zu öffnen, als indem sie dieselbe zerbrechen. Da finden sie das Kind. Sie geben es für ihre Tochter aus und ziehen es als solche auf. Aslög hütet die Ziegen, als König Ragnar Lodbrok sie findet; von ihrer Schönheit ergriffen, erhebt er sie zu seiner Gemahlin und zur Stammutter nordischer Könige.

Hilde

Hedin, König Hiarandis Sohn, entführt Hilden, des Königs Högni Tochter, während Högni nicht zu Hause ist. Als dieser es erfährt, will er Hedin mit Schiffsmacht aufsuchen und findet ihn mit einem zahlreichen Heer auf Haey (einer der Orkaden). Hilde geht zu ihrem Vater und bietet ihm in Hedins Namen Frieden an, setzt aber hinzu, daß Hedin zum Kampfe bereit sei und nichts weiter geben werde. Sie geht dann wieder zu Hedin und sagt, daß Högni den Frieden verwerfe, weshalb sie ihn ermahne, sich zur Schlacht zu rüsten. Beide steigen ans Land und ordnen ihre Heere. Hedin ruft seinen Schwäher an, bietet ihm Frieden und viel Goldes zur Buße. »Zu spät!« sagt Högni; »schon hab' ich Dainsleif aus der Scheide gezogen, das Menschen töten muß, so oft es bloß ist, und keine Wunde, die es schlägt, ist heilbar.« Sie beginnen den Streit und schlagen den ganzen Tag. Am Abend gehen die Könige zu Schiff, aber Hilde geht in der Nacht zur Walstatt und weckt durch Zauberkunst alle auf, die getötet waren. Den andern Tag gehen die Könige zum Schlachtfeld, und es kämpfen auch alle, die den vorigen Tag fielen. So dauert der Kampf Tag für Tag, und alle Männer, die fallen, und alle Waffen, die auf dem Felde liegen, werden (nachts) zu Steinen; aber wenn es tagt, stehen alle Toten auf, und die Waffen werden neu. Bis zum Weltuntergang soll dieses fortwähren.


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