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Zehntes Kapitel

Die Umgebung der Frau Wichbern hatte eine schwere Zeit. War die Herrin früher auch streng und hart gewesen, so war sie sich doch dauernd gleich geblieben und hatte ihre Untergebenen nicht mit Launen geplagt, wie seit dem Aufenthalt in dem Hotel der fremden Stadt ihre beiden Begleiter.

Schien sie einen Tag ruhig und freundlich, so brachte der nächste den gewissen Rückschlag und eine Stimmung zwischen Ungeduld und Aerger, die alle Augenblicke zur Explosion führte und bald dem Mädchen, bald dem Diener ein geärgertes Nasenrümpfen oder heftiges Rügen einbrachte.

Sie war nicht mehr zu verstehen und schien selbst nicht zu wissen, was sie wollte.

Zwei Tage nach der ersten Schlittenfahrt hatte sie abermals anschirren lassen, wieder das Gut als Ziel angegeben und dicht davor plötzlich Ordre erteilt, umzukehren. Dann verging eine Woche, und sie kam nicht aus dem Haus, und die neue Woche wieder brachte so viel Schlittenfahrten nach Depenau, wie sie Tage hatte, und ein Besuch dauerte länger als der andere.

Eines Morgens erhielt sie ein amtliches Schreiben, und Johann mußte sie nach Kiel begleiten. Sie wurde von dem Untersuchungsrichter in Sachen Oldekop vernommen, und der Diener ging unterdes auf dem langen Flur des Gerichtsgebäudes auf und ab.

Einen Tag später folgte eine erneute Fahrt nach Kiel. »Schon wieder zum Landgericht?« fragte sich der Diener unterwegs. Sie nahm einen andern Weg und bog in ein Haus in der Holstenstraße ein, an dessen Thür ein Messingschild die Aufschrift ›Justizrat Suhr, Rechtsanwalt und Notar‹ trug. Ein alter Herr in der ersten Etage war der Justizrat selbst. Sie konferierte lange mit ihm.

Abermals einen Tag später ging es wieder nach Depenau. Kling ling! Und kaum waren sie angelangt – kling ling von einer anderen Seite, und da war auch der alte Justizrat.

Die Pferde wurden ausgeschirrt. Niemand wußte, was in der langen Zeit vorging. Erst am Abend – der eine Schlitten hierhin, der andere dorthin.

Frau Wichbern blieb wach bis nach Mitternacht und schlief weit über die Zeit, fast bis Mittag.

Das war noch nie geschehen.

Und ihre Stimmung!

Nichts recht zu machen! An allem auszusetzen. Ein ewiges Herumhetzen Johanns in der Stadt; dreimal zum Zeitungshändler am Bahnhof, ebenso oft in eine Leihbibliothek, zweimal in eine Papierhandlung. Keine Minute Ruhe, nicht einen Augenblick zum Aufatmen.

Das mochte ein Weihnachtsfest werden! Ein herrliches. Drei, vier Tage noch ...

»Ach du lieber Gott!« seufzte das Mädchen, »die ist rein verdreht jetzt.«

»Ja, ja,« stimmte Johann trübselig bei.

Am Weihnachtsmorgen brachte der Postbote einen dicken, vielfach versiegelten Brief, über dessen Empfang die Gnädige quittieren mußte.

Dann herrschte stundenlang Stille.

Frau Wichbern saß und las zwei Schriftstücke. Sie ließ sie in den Schoß sinken und atmete heftig. Die alte Brust wogte, die hageren Wangen deckte Röte, die grauen Augen wunderten unruhig.

Sie saß am Schreibtisch, warf eine einzige Zeile mit großen, kräftigen Zügen auf einen Bogen, legte diesen um die angekommenen Schriftstücke, schob sie in einen Umschlag und siegelte mit zitternder Hand.

Sie schellte nach einem Hotelbediensteten. »Geht am Abend ein Zug nach Reickendorf?« fragte sie.

»Um neun Uhr –,« lautete die Antwort.

»Und hierher zurück?«

»Kurz nach zehn.«

Sie ließ am Mittag das Essen unberührt und entfernte sich in die Stadt. Nach Stunden kam sie wieder; Hausdiener mit Paketen folgten ihr.

Um acht rief sie Anna und Johann und teilte beiden Geschenke zu. Ueberreich.

»Anna, Sie sind sieben Jahre in meinem Dienst, nehmen Sie meine Gaben als kleine Erkenntlichkeit. Sie haben es nicht immer leicht gehabt bei mir. Sie auch nicht, Johann, durch die fünf Jahre. Ja, wenn man alt wird. Alte Leute werden wunderlich.«

Die Leute stammelten ihren Dank und trugen ihre Christgaben hinaus. Kleiderstoffe und hundert nützliche Sachen. Aus sieben Aepfeln für Anna und fünf für Johann glänzten ebensoviele leicht hineingedrückte Goldstücke.

Die Beschenkten waren überrascht und glücklich.

Die Klingel ging zweimal und rief nach Johann.

Frau Wichbern stand an einem Tische, und das Licht von der Gaskrone ergoß sich voll über ihre erregten Züge.

»Johann, noch ein Weg für Sie. Sie fahren – der Zug geht in zehn Minuten – nach Reickendorf und übergeben diesen Brief an den Adressaten Herrn Martin Blank. Villa links vom Bahnhof, neben dem Holzlager. Sie übergeben das Schreiben persönlich und kehren sogleich um. Den Absender kennen Sie nicht, nennen Sie wenigstens nicht. Sie benutzen den nächsten Zug hierher zurück und helfen Anna beim Packen. Adieu.«

Ehe der Diener das Hotel verlassen hatte, wurde Anna gerufen.

»Ich fahre nach Hause,« erklärte Frau Wichbern. »Kommen Sie morgen nach.« – – –

In der Villa Blank wurde der Christbaum entzündet. Anna Wichbern reckte ihre schlanke Gestalt auf, um auch die auf den höchsten Zweigen angebrachten Lichter erreichen zu können. Ann-Len sah ihr strahlend zu.

»Ob der Bernd nicht schon sehr ungeduldig ist?« fragte sie neckend.

»Gleich bin ich so weit,« tönte es heiter zurück.

»Anna, bist du glücklich?« fragte Ann-Len.

Anna Wichbern legte den Wachszünder schnell zur Seite und umarmte die Freundin stürmisch.

»Du bist eine schöne Braut!« sagte Ann-Len bewundernd.

Die Mädchen hielten sich innig umschlungen.

Poch poch! klopfte es gegen die Thür.

»Wird das Paradies bald aufgemacht?« klang draußen Blanks Stimme und hinterher unterdrücktes Lachen.

»Gleich!«

Kling ling ling ling ling – –

Ann-Len schwang eine kleine silberne Glocke und die Thür öffnete sich weit.

Anna Wichbern stand mit rot blühenden Wangen, als Blank Herrn v. Löhnau der jungen Braut zuführte. In wortlosem Glück sanken sie sich in die Arme.

Eine kleine Gesellschaft – Blank senior, Blank junior und seine junge Frau, Ann-Len und das Brautpaar – und keine Empfindung in dem kleinen Kreise als aus der Tiefe der Herzen quellendes, beseligendes, die Seele beschwingendes Glück.

Die Gaben wurden verteilt und jubelnd genommen.

Dann füllte Blank die Gläser mit goldig funkelndem Wein.

»Silentium!« rief der junge Blank in das Lachen und Jubeln.

Der Hausherr nickte dem Brautpaar zu. »Jawohl, jetzt kommt Ihr an die Reihe! – Ann-Len-Kind, laß mir das Mädel 'mal los und setz' dich hin. Siehst du nicht, daß da jetzt ein anderer Anspruch macht? – Wie die beiden da hab' ich auch 'mal gestanden. Ja. Es ist lange her und haftet doch wohl im Gedächtnis, bis das Herz einmal stille steht. Bernd, ich brauche das väterliche du. Du hast einen Schatz gefunden, halte ihn fest und treu und stark! Zeige, daß deine Arme sehnig sind, arbeite und schaffe für dein Weib, daß du einmal auf eigenen Füßen dastehen und auf ein Lebenswerk zurückblicken kannst wie der, der sonst kein Rühmens von sich macht, der aber zu dir spricht, weil er dir einst die Befriedigung gönnen möchte, die – ich selbst an meinem Lebensabend empfinde. Ich wurde gestützt und gehoben durch ein teures Weib, das mir den einzigen Schmerz bereitete, als es mir voranging in jene Welt, aus der es eine Wiederkehr nicht giebt. Ich blicke mit Stolz und Freude auf geliebte Kinder und fühle mich überglücklich, daß ich einst gehen darf mit dem Bewußtsein, über meine Zeit hinaus für die gewirkt zu haben, die mir des Lebens schönsten Inhalt gaben. So falle auch dein Los! Und das deine, Anna –. Der Brautstand zaubert ein Stück lachenden Himmels auf die Erde, das ein Weib festhalten kann fürs ganze Leben. Du wirst es können mit deinem treuen, goldenen, kraftvollen Herzen, wirst das Glück finden und bereiten. Hell und sonnenwarm ist euch die Gegenwart, ob auch draußen der Winter mit froststarrem Arm sein Scepter schwingt; licht und sonnenklar sei euch die Zukunft in allem Wechsel der Jahres- und Lebenszeiten! Ich erhebe mein Glas mit dem Wunsche: Glücklich das Brautpaar! Hoch!«

Die Verlobten drückten, als das Hoch verklungen war, dem Hausherrn freudig dankend die Hand.

Ann-Lens große Blauaugen waren fragend auf den Vater gerichtet. Er bemerkte es und lächelte freundlich. »Ja, mein Kind –.«

Sie huschte ins Nebenzimmer und hielt, als sie zurückkam, die Hände hinter dem Rücken.

»Silentium!« rief sie mit ihrer dünnen, hellen Stimme, und ihr krankes, blasses Gesicht war rührend lieblich.

»Ja, ich muß schon nochmals das Wort nehmen,« erklärte Blank. »Liebe Anna, meine Tochter hat für dich noch eine Ueberraschung, von der sie hofft, daß sie dir eine besondere Freude bereiten wird. Es mögen zehn Jahre – vielleicht sind's elf – vergangen sein, seit wir in meinem Heim ein Weihnachtsfest feierten, an dem als liebe Gäste deine Eltern teilnahmen. Du mußtest das Haus hüten. Dein Vater brachte uns damals ein Festgedicht mit, das er am Tage niedergeschrieben und zu dem er auch eine einfache Melodie gefunden hatte. Er trug, als der Lichterbaum brannte, das Lied vor. Es machte auf alle einen tiefen Eindruck, und ich bat, mir zur dauernden Erinnerung eine Kopie zu geben. Dein Vater reichte mir das Original. ›Es ist aus der Stimmung des Augenblicks erwachsen und hat weiter keinen Wert‹, sagte er in seiner bescheidenen Weise. Ich habe das Blatt aufgehoben. Vor Wochen fiel es meiner Ann-Len in die Hand, und sie jubelte über ihren Fund. Ich las die Strophen durch und fühlte mich ergriffen. Wenn das nicht ein Stück Poesie ist, verstehe ich nichts davon, was ja sein kann. Aber mir wurde weich ums Herz. Mein Kind – –.«

Ann-Len überreichte der Freundin eine Sammetmappe und schlug die Deckel auf. Ein vergilbtes Blatt trug verblaßte Schriftzüge und auf der Rückseite flüchtig hingezeichnet wenige Notenzeilen.

Blank fuhr fort:

»Wir legen den Schatz in deine Hand, Anna. Willst du begleiten, Ann-Len? Meine Tochter hat für einige Abschriften gesorgt. Wie damals unterm brennenden Christbaum wollen wir das Lied singen ...«

Ann-Len teilte die Copien aus und setzte sich ans Klavier.

»Ich spiele die Melodie vor,« rief sie in freudigem Eifer.

›Wie einst – noch immer!‹ lautet die Ueberschrift des Liedes.

»Jetzt!« mahnte Ann-Len, und die Stimmen setzten ein:

Die Freude kehrt in jedes Haus
Einmal in jedem Jahr,
Ein Engel trägt sie nächtlich aus
– Wie einst – noch immerdar.

Bei Kerzenlicht und Sternenschein
Ein Grüßen um uns her,
So herzenstraut und weich und rein
Wie eine Wundermär.

Und eine Mär ist's goldner Zeit,
Die aus dem Herzen dringt:
Die goldne Mär der Kinderzeit,
Die zu dem Herzen klingt;

Die es umspinnt mit Glanz und Duft
Und dem befangenen Sinn
Wie traumhaft in Erinnerung ruft,
Was längst, ach! schwand dahin.

Die Mär vom heil'gen Wundermann
Der kommt und steht und lauscht,
Ob alle alles wohlgethan –
Sie ist verstummt, verrauscht – –

In Zukunftsfernen schweift der Blick:
Was birgt der Zeiten Schoß?
Schrieb in die Sterne das Geschick
Ein heitres – düstres Los?

Soll Leben werden, was da webt
Tief innen still und hehr?
Was traumentschwebt zum Lichte strebt:
Ist's neue Wundermär?

Herzfroher Hoffnung Flügelschlag
Umrauscht den grünen Baum – –
Es komme, was da kommen mag:
Geb du der Hoffnung Raum!

Und was das Herz schloß wünschend ein
Und was so fern oft schien:
Es spricht aus Stern und Kerzenschein
Und Tannenduft und -Grün!

Die Freude kehrt in jedes Haus
Einmal in jedem Jahr!
Ein Engel trägt sie nächtlich aus
– Wie einst – noch immerdar!

Aller Augen schimmerten feucht.

Anna Wichbern schloß die junge Freundin in die Arme und küßte sie. Eine tief weihevolle Stimmung hatte Einkehr gehalten.

»Ann-Len, das ist meine schönste Weihnachtsgabe,« flüsterte die Braut in warm quellender Dankbarkeit.

»Herr Blank, ein Bote wünscht Sie selbst zu sprechen,« meldete leise ein eingetretenes Hausmädchen.

Der Hausherr ging hinaus und kam mit einem Briefe zurück.

»Wer um diese Stunde schickt,« meinte er, »kann wohl nur an unserer Festfreude teilnehmen wollen.«

Er betrachtete kopfschüttelnd die Siegel, die keine Initialen zeigten und nur mit irgend einem Gegenstand plattgedrückt schienen. Dann trennte er den Umschlag auf.

Auf kleinem Bogen eine einzige Zeile ...

Er lächelte der jungen Braut zu.

»Das ist für dich!«

›Anna! Mein Brautgeschenk! Sei glücklich!‹ las sie.

Kein Name. Keine Ortsangabe.

In dem kleinen Bogen zwei umfangreiche Schriftstücke.

Sie schlug das erste auf.

Die Namen Anna Wichbern – Böhm – Depenau starrten ihr entgegen.

Sie las – und verstand nicht. Ihr schwindelte.

»Was ist?« fragte ihr Verlobter.

»Bernd, lies du!« flüsterte sie.

Er begann:

»Zwischen Frau Anna Wichbern in Harvestehude bei Hamburg als Käufer und dem Gutsbesitzer Herrn G. H. C. Böhm auf Depenau, Kreis Plön, als Verkäufer, ist heute der folgende Vertrag abgeschlossen worden – –«

Er unterbrach sich und las in aller Mienen höchste Ueberraschung.

»Weiter!« mahnte der Hausherr erwartungsvoll.

Der Lesende griff fliegend einige Sätze heraus:

»Das Gut Depenau geht um den Preis von siebenhundertfünfzigtausend Mark mit allem toten und lebenden Inventar in den Besitz der Frau Anna Wichbern über. – – Die Uebergabe des Gutes an die Käuferin erfolgt mit allen Vorräten am 25. Dezember d. J. – – Die Käuferin beauftragt mit ihrer Vertretung den Inspektor Herrn Bernd von Löhnau – –«

Er entfaltete den zweiten Bogen.

»Frau Anna Wichbern überträgt mit dieser Schenkungsurkunde das Gut – als Brautgeschenk an ihre Nichte – Nichte – Anna Wichbern, zur Zeit im Hause des Herrn Martin Blank zu Reickendorf – –«

»Mein Gott!« stotterte der Lesende und faßte sich an die Stirn.

Anna Wichbern lehnte mit einem Aufschluchzen den Kopf an die Brust des Verlobten. Ein jäher Thränenstrom ergoß sich über ihre Wangen.

Martin Blank stand betroffen.

»Der alte Herrgott thut noch Wunder!« sagte er fast andächtig.

»Die herbe alte Frau deine Tante –?« flüsterte Bernd von Löhnau halb zu seiner Braut, halb für sich.

»Ich habe ihr Unrecht gethan,« kam es bebend von Annas Lippen.

»Und ich,« setzte Blank langsam hinzu. »Ja, die verschlossenen Herzen ... Wieviel kann in ihren Tiefen verborgen ruhn ... Aber die Botschaft ist nicht zum Weinen, Kind ... Du bist eine gesegnete Braut! Nicht um des Reichtums willen. Du hast ein hartes altes Herz bezwungen und gewonnen. Glück zu – und dir, Bernd!«

Bernd von Löhnau schwieg bestürzt.

Anna schmiegte sich an ihn.

»Wie ich mich freue!« stammelte sie schluchzend. »Die Tante versöhnt – und du – du – ach, du Guter!«

Ann-Len schlich ans Klavier und intonierte leise das altvertraute Weihnachtslied: ›Stille Nacht, heilige Nacht.‹

Aber es dauerte lange, ehe der kleine Kreis sich beruhigen konnte. Dann erzählte Bernd von Löhnau, wie er die fremde Dame kennen gelernt, wie sie ihn ausgehorcht und er ahnungslos geantwortet hatte.

Eine letzte Bestimmung in der Schenkungsurkunde goß Wermut in den Freudenwein:

»Frau Anna Wichbern bestimmt und will es gehalten wissen, daß ihre Nichte jeden Dank und jede Annäherung unterläßt. Erst wenn die Braut an ihrem Hochzeitstage die Verwandte sehen will, soll sie den Wunsch zu erkennen geben.«

»So lange warte ich nicht!« rief das Mädchen erregt. »Sie kann mich ja nicht abweisen ...«

Während so in der dörflichen Villa die Freude zu Gast gekommen war, fuhr Frau Wichbern im überheizten, dumpfen Coupé Hamburg zu. Sie lehnte den schmerzenden Kopf in die Kissen und suchte zu schlafen, ohne die ersehnte Ruhe zu finden.

Wie ein Hallen ferner Weihnachtsglocken klang es in das Rasseln des Zuges, und den erregten Sinnen spiegelten sich schroff wechselnde Bilder. Ein Christbaum in festlichem Lichterstrahlen, mit beglückten, jubelnden, dankbaren Menschen – – und eine düstere, enge, drückende Zelle mit einem verbitterten, finsteren, fluchenden Manne in der stillen, weihevollen Nacht ...

Einsam irrte sie vom Bahnhof durch die Straßen, und die Mädchen in der stolzen Villa erschraken wie vor einem Geiste, als sie in der um Mitternacht Einlaß Begehrenden die Herrin erkannten, die verstört und schwankend in ihr Heim zurückkehrte.


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