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Zehntes Kapitel

Sams Privatverhältnisse und die Firma ›Brough & Off‹

 

Wir mieteten ein hübsches Haus in der Bernard Street, Russell Square, und meine Tante ließ aus Sommersetshire all ihren Hausrat schicken, der hingereicht haben würde, zwei Häuser wie das unsrige, zu füllen, für uns junge Anfänger aber doch eine Ersparnis war, da wir nur die Fracht von Bristol ab zu bezahlen hatten.

Als ich Frau Hoggarty ihre dritte Halbjahrsdividende brachte, gab sie mir, nachdem ich in vier Monaten keinen Pfennig Geld von ihr erhalten hatte, von den achtzig Pfund fünfzig und meinte dabei, das sei ein sehr reichliches Kostgeld für eine arme alte Frau, wie sie, die nicht mehr esse als ein Sperling.

Ich hatte früher auf dem Lande einmal gesehen, wie sie neun Sperlinge in einem Pudding aß, aber sie war reich, und ich durfte mich nicht beklagen. Wenn sie dadurch, daß sie mit uns lebte, wenigstens 600 Pfund jährlich sparte, so kam das eines Tages alles mir zugute, und so trösteten wir, Mary und ich, uns, so gut es ging, und versuchten die Dinge so gut einzurichten, wie wir es eben konnten. Es war keine Kleinigkeit, ein Haus in der Bernard Street zu halten und mit einem Einkommen von 470 Pfund jährlich den Hausstand zu erhalten. Aber ich war doch so glücklich, daß ich ein solches Einkommen besaß!

Als Frau Hoggarty in Smithers Wagen aus der Rookery fortfuhr, war Herr Brough mit seinen vier Grauschimmeln gerade in den Torweg eingebogen, und ich möchte wohl die Gesichter dieser beiden Herren gesehen haben, von denen der eine dem andern seinen Raub abjagte und ihm denselben geradezu aus seinem Gehege und vor seiner Nase entführte.

Brough kam des andern Tags meine Tante besuchen und protestierte dagegen, daß sie sein Haus anders als unter seinem Schutze verlasse, sagte, er habe von dem beleidigenden Betragen seiner Tochter gehört und habe sie in Tränen darüber verlassen – »in Tränen, Madame, und auf ihren Knien den Himmel um Verzeihung anflehend!« Aber Herr Brough mußte ohne meine Tante abziehen, die eine causa maior zum Bleiben hatte und die arme Mary kaum noch aus den Augen ließ, – sogar die Briefe, die an meine Frau gerichtet waren, eröffnete, und jede Zeile, die Mary an irgend jemand schrieb, mit mißtrauischen Augen beobachtete. Mary erzählte mir von all diesen Kränkungen erst viele, viele Jahre später; sie hatte trotz allem für ihren Mann, wenn er aus dem Kontor nach Hause kam, stets ein lächelndes Gesicht in Bereitschaft. Dem armen Gus aber hatte meine Tante einen derartigen Schrecken eingejagt, daß er, solange wir in der Bernard Street wohnten, nicht wieder über unsere Schwelle kam, sondern sich damit begnügte, durch mich von Mary zu hören, die er ebenso lieb hatte wie mich.

Herr Brough zeigte sich, als meine Tante sein Haus verlassen, gegen mich in der gereiztesten Stimmung. Er fand zehnmal täglich etwas an mir zu tadeln, und zwar offen vor allen jungen Leuten unsres Kontors; aber ich gab ihm eines Tages ziemlich deutlich zu verstehen, daß ich nicht bloß sein Kommis, sondern auch ein nicht unwichtiger Aktionär der Gesellschaft sei, daß ich ihn bäte, mir die Fehler in meiner Arbeit oder einen Mangel an Pünktlichkeit nachzuweisen, und daß ich durchaus nicht gesonnen sei, mir von ihm oder irgendeinem Menschen irgendwelche Beleidigungen sagen zu lassen. Er entgegnete, so käme es immer; noch niemals habe er einen jungen Mann in sein Herz geschlossen, ohne daß sich der Undankbare später gegen ihn gekehrt habe; auch er sei an Kränkung und unehrerbietiges Betragen von seiten seiner Kinder gewöhnt und wolle beten, daß Gott mir die Sünde vergeben möge. Den Augenblick vorher hatte er mich noch derartig ausgescholten und in einem Tone mit mir gesprochen, als sei ich ein Schuhputzer. Jedenfalls wolle ich mir aber weder sein Benehmen noch das der Frau Brough und Tochter länger gefallen lassen. Mit mir könnten sie ja zwar verfahren, wie sie wollten, aber ich wäre nicht willens, fernerhin zu dulden, daß meine Frau von ihnen geschnitten würde, wie es bei dem Besuch in Fulham geschehen wäre.

Brough schloß damit, mich vor Hodge und Smithers zu warnen. »Hüten Sie sich vor diesen Leuten,« meinte er; »wäre ich nicht so ehrlich gewesen, so würden die Besitzungen Ihrer Tante diesen Galgenvögeln zum Raube geworden sein, und als ich, einzig zu Nutz und Frommen dieser Dame – was Sie eigensinniger junger Mann nicht einsehen wollen – zum Verkauf ihrer Landgüter riet, ging die Unverschämtheit – die unchristliche Habsucht möchte man sagen – ihrer Sachwalter so weit, zehn Prozent Provision von der Kaufsumme zu verlangen.«

Daran konnte etwas Wahres sein, dachte ich mir, denn wenn Schelme sich in die Haare geraten, kommen jedenfalls ehrliche Leute wieder zu dem Ihrigen, und leider fing ich nun an zu argwöhnen, daß sowohl Sachwalter wie Direktor etwas von Schelmen in sich trugen. Besonders zeigte Herr Brough einmal den Pferdefuß in bezug auf das Vermögen meiner Frau; als er mir nämlich, wie gewöhnlich, vorschlug, Aktien dafür zu kaufen, sagte ich ihm, meine Frau sei noch minderjährig, und ich hätte daher noch überhaupt kein Verfügungsrecht über ihr kleines Vermögen, worauf er zornig das Zimmer verließ, und aus Abednegos Verhalten zu mir ersah ich bald, daß er kein weiteres Interesse mehr an mir nahm. Es gab keine Ferien mehr für mich, keine Vorschüsse, im Gegenteil, die mit 50 Pfund dotierte Privatsekretärsstelle, die ich bisher bekleidet hatte, wurde wieder aufgehoben, und ich sah mich plötzlich wieder auf meine 250 Pfund jährlich angewiesen. Aber was machte das? Es war immer noch ein nettes Einkommen, und ich erfüllte meine Pflicht und lachte den Direktor aus.

Um diese Zeit, im Anfang des Jahres 1824, stellte die Jamaica-Ingwerbiergesellschaft ihren Betrieb ein – explodierte, wie Gus sagte, mit einem großen Knall! Die Patentschuh-Aktien, die mit 65 Pfund eingezahlt waren, gingen auf fünfzehn herunter. Dessenungeachtet standen die unsrigen noch immer sehr gut, und die Independent West-Diddleser hielt ihr Haupt so hoch, wie nur irgendeine andre Gesellschaft in London. Roundhands üble Nachreden über den Direktor schienen allerdings nicht ganz ohne Einfluß geblieben zu sein, denn er sprach andeutungsweise von einer Verschleuderung der Aktien, aber die Gesellschaft selbst stand noch immer fest wie ein Fels.

Doch kehren wir zum Stande der Dinge in der Bernard Street, Russell Square, zurück. Unsre kleinen Zimmer waren mit den alten Möbeln meiner Tante vollgepfropft; ihr alter ungeheurer Flügel mit den schiefen Beinen und den zur Hälfte zerrissenen und klirrenden Saiten nahm gerade drei Viertel unseres kleinen Wohnzimmers ein. Hier pflegte Frau Hoggarty zu sitzen und uns stundenlang Sonaten vorzuspielen, die zu Lord Charlevilles Zeiten Mode gewesen waren, und uns Lieder mit so dünner krähender Stimme vorzusingen, daß wir uns sehr zusammennehmen mußten, um nicht zu lachen.

Und sonderbar war auch die Veränderung anzusehen, die mit Frau Hoggartys Charakter vorgegangen war; denn während sie auf dem Lande, wo sie doch zu den Hauptpersonen des Ortes zählte, ganz zufrieden mit einem Sechsuhrtee und einem Zweipencewhist hinterher gewesen war, wollte sie in London nicht vor sieben Uhr speisen, einen Wagen mieten, mit dem sie zweimal wöchentlich im Park spazierenfahren konnte, zertrennte, änderte und nähte alle ihre alten Kleider, Lappen, Mützen, Falbeln und sonstigen Plunder um, und quälte meine arme Mary von früh bis in die Nacht damit, diese Dinger nach der Mode des Tages zurecht zu machen. Frau Hoggarty zeigte sich ferner mit einem neuen Haarchignon, und, es tut mir leid, es sagen zu müssen, mit einem Paar so roter Wangen, wie die Natur sie ihr nimmermehr verliehen hatte, so daß alle Leute in der Bernard Street, wo man an solche Sachen noch nicht gewöhnt war, in starrem Staunen vor ihr stehen blieben.

Ferner bestand sie darauf, daß wir einen Livreediener annahmen, – d. h. einen sechzehnjährigen Burschen, – der in eine der alten Livreen gesteckt wurde, die sie aus Sommersetshire mitgebracht hatte. Sie wurde mit neuen Aufschlägen, einem neuen Halskragen und neuen Knöpfen versehen; auf den letzteren waren die vereinigten Wappen der Familie Titmarsh und Hoggarty, eine springende Meise und ein gekrönter Eber zu schauen. Ich fand, wie ich gestehen muß, diese Livree und diese Wappenknöpfe, obwohl meine Familie eine ziemlich alte ist, in hohem Grade lächerlich. Und, gütiger Himmel! was für ein donnerndes Gelächter sich eines Tages im Kontor erhob, als der kleine Diener, in seiner unförmlichen Livree, mit einem ungeheuren Stock in der Hand, hereintrat und mir eine Botschaft von Frau Hoggarty von Castle Hoggarty überbrachte! Außerdem wurden mir nun all meine Briefe auf silbernem Tablett hereingebracht. Wenn wir ein Kind gehabt hätten, so glaube ich, daß meine Tante es ebenfalls auf solchem Brett hätte herumtragen lassen; aber bis dahin war für die Andeutung, die Herr Smithers über diesen Punkt gemacht, ebensowenig ein Grund vorhanden, wie für seine andre schon erwähnte schändliche Fabel. Die Tante und Mary pflegten bei ihrem täglichen Spaziergang ernst und bedächtig auf der New Road hin und her zu wandeln, und der Bursche mit dem großen goldknopfigen Stocke folgte ihnen; aber trotz allen Zeremonien und Paraden, und obgleich meine Tante immer von ihren vornehmen Bekannten sprach, sahen wir von einem Ende der Woche bis zum andern keinen einzigen Menschen bei uns, und ich glaube nicht, daß es in ganz London ein trübseligeres Haus gab, als das unsrige.

An den Sonntagen pflegte Frau Hoggarty nach der St. Pankratiuskirche zu gehen, die eben erst gebaut und ebenso schön wie das Covent-Gardentheater war. Abends begab sie sich nach einem Versammlungslokale der Anabaptisten, und an diesem Tage wenigstens, gehörten Mary und ich uns selbst, – denn wir nahmen gern Plätze in der Findlingskirche und hörten die reizende Musik dort, und meine Frau pflegte sehnsüchtig auf die hübschen Kindergesichter zu blicken, – und ich tat aus demselben Grunde wie sie dasselbe. Aber erst ein Jahr nach unsrer Verheiratung hatte sie mir etwas mitzuteilen, was ich hier nicht wiedergeben will, das uns aber beide, sie wie mich mit unaussprechlicher Freude erfüllte.

Ich erinnere mich, daß sie mir die Mitteilung gerade an dem Tage machte, wo die Muff- und Pelz-Gesellschaft sich für bankerott erklärte, nachdem sie ein Kapital von 300 000 Pfund verschlungen, und dafür, wie manche behaupteten, kein andres Resultat aufzuweisen hatte, als einen Vertrag mit einigen Indianerstämmen, die indessen späterhin den Agenten der Gesellschaft mit dem Tomahawk totgeschlagen haben sollten. Andere Leute behaupteten, auch diese Indianer und dieser mit dem Tomahawk totgeschlagene Agent hätten überhaupt niemals existiert, sondern man hätte das Ganze in einem Hause in Croutched Friars erfunden. Nun, mir tat der arme Tidd leid, dessen 20 000 Pfund auf diese Weise in einem Jahre verloren gegangen waren, und dem ich an diesem Tage mit leichenblassem Gesicht in der City begegnete. Er hatte, wie er mir sagte, 1000 Pfund Schulden und redete vom Erschießen, aber er wurde nur verhaftet und lange Zeit im Fleetgefängnis eingesperrt. Marys freudige Mitteilung verdrängte indessen, wie man sich denken kann, Tidd sowie die Muff- und Pelz-Gesellschaft bald gänzlich aus meinem Kopf.

Bald aber traten in der Londoner City noch andre Umstände ein, die zu beweisen schienen, daß es mit unserem Direktor ziemlich »mulmig« aussah, wie der zwar nicht akademische, aber bezeichnende Ausdruck lautet. Drei von seinen Gesellschaften waren bankrott, vier weitere standen bestimmt im Begriff, es zu werden, und sogar bei der Direktorialversammlung der West-Diddlesex gab es stürmische Auftritte, die mit dem Rücktritt mehrerer Mitglieder endeten. Freunde von Herrn Brough traten an ihre Stellen: Herr Puppe, Herr Stroh, Herr Fraglich und andere dergleichen respektable Leute kamen zum Vorschein und schlossen sich der Gesellschaft an. Brough und Hoff lösten ihr Kompaniegeschäft auf, denn Herr Brough erklärte, er habe gerade genug mit der Verwaltung der I.-W.-D. zu tun und beabsichtige, sich nach und nach von allen andern Unternehmungen zurückzuziehen. In der Tat gab auch ein Geschäft wie das unsrige Arbeit genug für einen Mann, ganz abgesehen von den parlamentarischen Pflichten, die Brough zu erfüllen hatte, und von den zweiundsiebzig Prozessen, die gegen ihn, als den Hauptdirektor der heimgegangenen Gesellschaften, anhängig gemacht waren.

Vielleicht sollte ich hier die verzweifelten Anstrengungen erwähnen, die Frau Hoggarty machte, um sich in die vornehme Gesellschaft einzuführen. So seltsam es klingen mag: trotz Lord Tiptoffs gegenteiliger Versicherung blieb sie steif und fest dabei, daß sie Lady Drums nahe Verwandte sei, und kaum hatte sie in der Morning Post von der Ankunft Ihrer Ladyschaft und ihrer Enkeltöchter in London gelesen, als sie auch schon den vorher erwähnten Wagen bestellte und ihre Karten in den betreffenden Häusern abgab. Ihre Karte trug in prächtigen reichverzierten gotischen Lettern die Worte »Frau Hoggarty von Castle Hoggarty«; die unsrige, die sie eigens zu diesem Zweck hatte drucken lassen, lautete: »Herr und Frau Samuel Titmarsh«.

Gewiß hätte sie Lady Jane Prestons Tür gestürmt und sich trotz Marys abmahnenden Bitten den Weg zu ihr gebahnt, wenn der Lakai, der ihre Karte in Empfang nahm, ihr nur die leiseste Hoffnung auf Erfolg gelassen hätte; aber der Mann, dem ohne Zweifel ihre sonderbare Erscheinung auffiel, pflanzte sich mitten in die Tür und erklärte, er habe den bestimmten Befehl, keinen Fremden zur Dame des Hauses zu lassen, worauf Frau Hoggarty die Faust aus dem Wagenfenster streckte und ihm androhte, ihn aus dem Dienst jagen zu lassen.

Yellowplush brach nur in ein schallendes Gelächter darüber aus, und obwohl meine Tante einen höchst entrüsteten Brief an Herrn Edward Preston schrieb, worin sie sich über die Unverschämtheit der Diener des sehr ehrenwerten Herrn beklagte, so nahm doch Herr Preston keine weitere Notiz von diesem Briefe, als daß er ihn mit dem Wunsche zurückschickte, in Zukunft nicht mit so impertinenten Besuchen behelligt zu werden. Als dieser Brief anlangte, gab es einen recht angenehmen Tag für uns, denn die Enttäuschung und Wut meiner Tante, als sie den Inhalt gelesen hatte, kannte keine Grenzen; als Salomon nämlich das Billett wie gewöhnlich auf einem silbernen Präsentierbrett hereingebracht hatte und meine Tante Herrn Prestons Siegel und Monogramm an der Seite des Briefes erblickte, (wie es die vornehme Welt gewöhnlich zu halten pflegt) – also als meine Tante sein Monogramm und sein Siegel erblickte, rief sie aus: »Nun, Mary, wer behält recht?« und wettete mit meiner Frau um einen Sixpence, daß das Kuvert eine Einladung zu Tisch enthielte. Sie bezahlte diesen Sixpence niemals, obwohl sie ihn verlor, sondern begnügte sich damit, Mary den ganzen Tag auszuschelten und ihr zu sagen, daß ich, wenn ich nicht ein zu feiger Bursche wäre, hingehen und Herrn Preston sofort mit der Reitpeitsche traktieren würde. Ein hübscher Witz, wahrhaftig! Man würde mich damals dafür gehenkt haben, wie den Mann, der Herrn Perceval erschoß.

Und nun sollte ich fröhlich sein, die Gelegenheit ergreifen zu können, um meine Erfahrungen in der vornehmen Welt zu schildern, die ich durch Frau Hoggartys Hartnäckigkeit machte, aber ich muß zugestehen, daß ich nur wenig Gelegenheit hatte, nur die kurze Zeit von sechs Monaten lang, und die vornehme Gesellschaft ist außerdem schon von so vielen Romanschriftstellern genau beschrieben worden, deren Namen nichts zur Sache tun, die aber – entweder als Mitglieder vornehmer Familien – selbst zur Aristokratie gehören, oder als Bediente oder als Speichellecker mit dieser im Zusammenhange stehen und natürlich ihren Gegenstand viel besser kennen, als ein armer junger Mann aus einem Feuerversicherungsbureau.

Nur unser vielbesprochenes Abenteuer im Opernhause will ich erwähnen, wohin uns Frau Hoggarty durchaus führen wollte. In dem sogenannten »Quetsch-Raum« nämlich, wo die Damen und Herren nach Oper und Ballett das Vorfahren ihrer Equipagen erwarten (beiläufig gesagt, unser kleiner Salomon mit seinem großen Stock sah unter den in der Vorhalle versammelten Bedienten sehr hübsch aus!) – ich sage also, im Quetschraum stürzte Frau Hoggarty plötzlich auf die alte Gräfin Drum los, die ich ihr im Theater gezeigt hatte, und bestand darauf, ihre Verwandtschaft mit Ihrer Ladyschaft geltend zu machen. Aber Mylady Drum hatte ihr Gedächtnis, nur wenn es ihr gerade paßte, wie ich mir zu sagen schon erlauben darf, und im gegenwärtigen Moment schien es ihr weit angemessener zu sein, von der Verwandtschaft mit den Titmarshes und Hoggartys nicht das geringste zu wissen. Weit entfernt davon, uns anzuerkennen, nannte sie sogar Frau Hoggarty ein abscheuliches Weib und kreischte, so laut sie konnte, nach der Polizei.

Diese und andre Zurückweisungen überzeugten meine Tante schließlich von der Eitelkeit dieser verderbten Welt, wie sie es nannte, und drängten sie mehr und mehr in die Arme der Frommen. Sie machte in der Independentenkapelle mehrere, wie sie sagte, sehr schätzbare Bekanntschaften, und unter andern tauchte Herr Grimes Wapshot, ihr alter Freund aus der Rookery, wieder auf. Wir wußten damals nichts von der Unterredung, die er mit Herrn Smithers gehabt hatte, auch hielt Grimes es nicht für angemessen, uns mit deren Einzelheiten bekannt zu machen; aber als ich Frau Hoggarty die Tatsache mitteilte, daß ihr Lieblingsprediger wegen Fälschung vor Gericht gestanden, entgegnete sie darauf, daß sie die ganze Geschichte für eine abscheuliche Verleumdung hielte, und er erklärte, daß Mary und ich in beklagenswerter Finsternis wandelten und uns auf dem sichern Wege zu einem gewissen bodenlosen Abgrunde befänden, von dem er übrigens eine recht genaue Kenntnis zu haben schien. Unter der Leitung und dem Rate des ehrwürdigen Herren sagte sie sich denn auch nach einiger Zeit gänzlich von St. Pankratius los – saß regelmäßig dreimal wöchentlich »unter ihm«, wie die Phrase lautete, – fing an, für die Bekehrung der Armen von Bloomsbury und St. Giles zu arbeiten und nähte einen Haufen Kinderzeug zur Verteilung unter diese im Dunkeln wandelnden Klassen. Für Frau Sam Titmarsh, der man nachgerade deutlich ansah, daß sie so etwas in allernächster Zeit brauchen würde, nähte sie gar nichts, sondern überließ es Mary (und meiner Mutter und meinen Schwestern in Sommersetshire), für das in Aussicht stehende Ereignis alles Nötige vorzubereiten. Ich glaube sogar, sie erklärte es für ein Unrecht von uns, irgendwelche Vorsorge zu treffen, wir sollten den morgenden Tag nur für sich selber sorgen lassen. Jedenfalls trank der ehrwürdige Grimes Wapshot ziemlich viel Brandy mit Wasser in unserm Hause und speiste noch öfter an unserm Tische, als ehedem der arme Gus getan hatte.

Aber ich hatte wenig Zeit und Muße, ihn und sein Tun zu beobachten, denn ich muß zugestehen, daß meine Verhältnisse zu dieser Zeit recht drückend zu werden anfingen und ich als Privatmann, wie in meiner geschäftlichen Stellung mit vielen Widerwärtigkeiten zu kämpfen hatte. Was meine Privatverhältnisse anbetrifft, so hatte Frau Hoggarty mir die fünfzig Pfund gegeben, aber ich mußte davon die Postfahrt von Sommersetshire hierher bezahlen, den Transport aller Möbel meiner Tante vom Lande, das Malen und Tapezieren und Teppichlegen in meinem Hause, und dazu den Brandy und die starken geistigen Getränke, die der ehrwürdige Grimes und seine Freunde bei uns tranken (denn der ehrwürdige Herr erklärte, daß er den Rosoglio nicht vertragen könne), und schließlich noch tausend kleine Rechnungen und Ausgaben, wie jeder Haushalt in London sie eben hat.

Hierzu kam, daß gerade, als ich mich in der dringendsten Verlegenheit befand, Madame Mantalini, ferner die Herren Howell und James Baron von Stiltz und Herr Polonius (für die Fassung der Diamantnadel) ihre Rechnungen schickten. All diese Rechnungen trafen, wie es gewöhnlich zu geschehen pflegt, in einer und derselben Woche ein; man denke sich aber mein Erstaunen, als ich sie Frau Hoggarty vorlege und diese mir zur Antwort gibt: »Nun, mein Junge, du hast ein recht hübsches Einkommen. Wenn du also Kleider und Juwelen in den allerersten Geschäften kaufen willst, so mußt du das eben bezahlen; aber erwarte nicht von mir, daß ich deine Verschwendung begünstigen oder dir einen Schilling mehr geben soll, als die sehr reichliche Summe, die ich dir für Kost und Wohnung zahle!« Wie hätte ich Mary, besonders in dem schonungsbedürftigen Zustande, in dem sie sich befand, etwas von diesem Benehmen Frau Hoggartys sagen können? Und ebenso schlimm, wie es daheim aussah, ja leider noch schlimmer, fing es an, im Geschäft zu werden. Bald nachdem Roundhand gegangen war, nahm auch Highmore seinen Abschied. Abednego wurde erster Kommis. Eines Tages kam der alte Abednego in das Kontor und wurde in das Privatzimmer des Direktors gewiesen; als er es verließ, zitterte er am ganzen Leibe und fluchte die Treppen hinunter, und er hatte gerade angefangen: »Meine Herren –«, um den Kommis im Kontor eine Mitteilung zu machen, als Herr Brough ihn wie beschwörend ansah und ausrief: »Warten Sie nur bis Sonnabend, Herr Abednego!« und ihn dann bis auf die Straße hinaus begleitete.

Am Sonnabend verließ Abednego junior für immer das Kontor, und ich wurde, mit einem Gehalt von vierhundert Pfund jährlich, erster Kommis. Es war für das Geschäft selbst eine schlimme Woche. Als ich am Montag ankam und meinen ersten Platz einnahm, und, wie es mir jetzt zukam, die Zeitung zuerst ergriff, war das allererste, was ich las: »Furchtbares Feuer in Houndsditch! Völlige Zerstörung der Siegellackfabrik des Herrn Meshach und des anstoßenden Kleidermagazins der Herrn Schadrach & Meshach. In ersterer waren für 20 000 Pfund feinstes holländisches Siegellack aufgestapelt gewesen, die das gefräßige Element in einem Nu ergriffen und zerstört hatte. Der geschätzte Besitzer des letzteren hatte eben 40 000 vollständige Kavallerieuniformen für Se. Hoheit den Kaziken von Poyais fertig auf Lager gehabt.«

Die beiden jüdischen Kaufleute, die mit Herrn Abednego bekannt waren, hatten den vollen Betrag ihres Verlustes bei unsrer Gesellschaft versichert gehabt. Man schrieb das Unglück der Trunkenheit eines schuftigen Irländers zu, der in den Etablissements als Wächter angestellt war, im Speicher des Herrn Shadrach eine Flasche Whisky umgeworfen hatte und unvorsichtigerweise der Flüssigkeit mit einem offnen Licht zu nahe gekommen war. Der Mann wurde durch seine Prinzipale in unser Kontor gebracht und befand sich allerdings, wie wir alle bezeugen konnten, sogar dann noch im Zustande vollständigster Trunkenheit.

Und als ob dies noch nicht genug wäre, brachte das Totenregister die Nachricht vom Hinscheiden des Alderman Pash – Alderman Cally-Pash, wie wir ihn in unsern lustigen Stunden, da wir seine Vorliebe für grünes Schildkrötenfett kannten, zu nennen pflegten; aber jetzt war es wirklich nicht zum Scherzen! Er war bei unsrer Gesellschaft mit fünftausend Pfund versichert. Und jetzt sah ich recht wohl ein, wie recht Gus hatte, als er bemerkte, Lebensversicherungen machten immer ein bis zwei Jahre nach ihrem Entstehen ein gutes Geschäft; viel schwieriger aber wäre es, sie aufrechtzuerhalten, wenn die Versicherten erst anfingen zu sterben.

Der Brand der beiden jüdischen Fabriken war der schwerste Schlag, der uns bis jetzt betroffen; denn obgleich im Jahre 1822 die Waddingleyer Baumwollenspinnerei abgebrannt und der Gesellschaft daraus ein Schaden von achtzigtausend Pfund erwachsen war, obgleich in demselben Jahre die Patent-Herostratus-Zündhölzchenfabrik explodierte, die mit vierzehntausend Pfund versichert war, so gab es doch Leute, die behaupteten, der Verlust sei damals nicht annähernd so groß gewesen, als man vermutet habe – ja, man sagte sogar, die I.-W.-D. habe die vorerwähnten Etablissements zur Reklame für die Gesellschaft selber niedergebrannt. Ich kann darüber nichts Gewisses sagen, da ich die früheren Geschäftsbücher niemals in Händen gehabt habe.

Ganz gegen die Erwartung des gesamten Personals, das wahre Leichenbittermienen zeigte, kam Herr Brough in seinem vierspännigen Wagen vors Kontor gefahren und lachte und scherzte beim Aussteigen mit einem Freunde.

»Meine Herren!« sagte er, »Sie haben die Zeitungen gelesen; diese melden ein Ereignis, das ich aufs tiefste beklage. Ich meine das Ableben des vortrefflichen Alderman Pash, eines unsrer Geschäftsfreunde. Aber wenn irgend etwas mich über den Verlust dieses würdigen Mannes zu trösten vermag, so ist es das Bewußtsein, daß mein Freund, Herr Titmarsh, der jetzt erster Kommis hier ist, den Kindern und der Witwe des Verstorbenen nächsten Sonnabend elf Uhr fünftausend Pfund bar auf den Tisch auszahlen wird. In dem Unfall, der die Herren Shedrach und Meshach traf, liegt zum wenigsten nichts vor, das irgend jemand Kummer machen könnte. Am nächsten Sonnabend oder doch sobald ihr Verlust genau festgestellt werden kann, wird mein Freund, Herr Titmarsh, ihnen eine diesem Verlust entsprechende Summe von vierzig-, fünfzig-, achtzig-, hunderttausend Pfund ebenfalls bar auf den Tisch auszahlen. Solche Dinge lassen sich wenigstens ersetzen, und obwohl unsre Aktionäre ohne Zweifel eine beträchtliche Schlappe erleiden, so können wir diese ertragen, meine Herren. John Brough könnte allein dafür aufkommen, ohne in allzu große Verlegenheit zu geraten; wir müssen eben lernen, das Unglück hinzunehmen, wie wir bis dahin das Glück hingenommen haben, und uns stets als Männer bewähren!«

Herr Brough schloß mit einer Hindeutung, die ich, wie ich zugestehen muß, nicht gern wiedergeben mag; denn in Verbindung mit gewöhnlichen weltlichen Sachen vom Himmel zu sprechen, ist mir stets wie eine Lästerung erschienen, den Himmel aber zum Zeugen einer offenbaren Lüge anzurufen, wie es von frommen Heuchlern geschieht, ist ein so furchtbares Verbrechen, daß man sich sogar hüten muß, nur darauf anzuspielen.

Herrn Broughs Rede stand noch am selben Abend in den Zeitungen, ohne daß ich mir erklären konnte, wer davon Bericht erstattet hatte, denn keiner unsrer jungen Leute hatte an dem Abend das Kontor vor Erscheinen der Abendblätter verlassen. Aber die Rede war da – trotzdem, und am Ende der Woche zahlte ich, obwohl Roundhand an der Börse an diesem Tage fünf gegen eins gewettet hatte, daß Alderman Pashs Geld nie ausgezahlt werden würde, – das Geld an Frau Pashs Sachverwalter, und sicherlich hatte Roundhand seine Wette verloren.

Soll ich nun erzählen, woher das Geld kam? Jetzt nach zwanzig Jahren kann es niemandem mehr Schaden bringen, wenn ich davon spreche, besonders da es zwei bereits verstorbenen Menschen nur zur Ehre gereicht.

Da ich erster Kommis war, so hatte ich Gelegenheit, häufig in Broughs Zimmer zu kommen, und er schien jetzt von neuem geneigt, mich in sein Vertrauen zu ziehen.

»Titmarsh, mein Junge,« sagte er eines Tages zu mir, indem er mich durchdringend ansah, »haben Sie jemals vom Schicksal des großen Silberschmidt in London gehört?« Natürlich hatte ich das. Herr Silberschmidt, der Rothschild seiner Zeit (ich glaube gehört zu haben, daß der letztere berühmte Mann ursprünglich Kommis im Hause Silberschmidt gewesen ist) – also Silberschmidt, der sich in den Kopf gesetzt hatte, er könne seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, beging Selbstmord, und hätte er nur bis vier Uhr nachmittags gelebt, so würde er sich überzeugt haben, daß er noch viermalhunderttausend Pfund besaß. »Um es Ihnen frei heraus zu gestehen,« sagte Herr Brough, »ich befinde mich in Silberschmidts Lage. Mein früherer Teilhaber, Hoff, hat im Namen unsrer Firma Wechsel zu einem ungeheuren Betrage ausgegeben, und ich habe sie einlösen müssen. Außerdem haben mir die Gläubiger der verteufelten Ingwerbiergesellschaft vierzehn Prozesse an den Hals geworfen, und alle Schulden liegen auf meinen Schultern, weil man mich als wohlhabenden Mann kennt. Wenn ich jetzt nicht Zeit gewinne, so kann ich nicht zahlen, und, um die Sache kurz zu machen: wenn ich nicht bis Sonnabend fünftausend Pfund heranschaffen kann, so ist unsre Gesellschaft ruiniert!«

»Wie! Die West-Diddlesexgesellschaft bankrott?« sagte ich, an die Leibrente meiner armen Tante denkend. »Unmöglich! Unsere Geschäfte gehen doch so glänzend!«

»Wir müssen bis Sonnabend fünftausend Pfund auftreiben, dann sind wir gerettet, und wenn Sie mir dies Geld verschaffen wollen, denn Sie können es, so will ich Ihnen zehntausend Pfund dafür geben!«

Brough zeigte mir hierauf einen genauen Bericht über den Stand der Gesellschaft und seiner Privatangelegenheiten, woraus ohne den mindesten Zweifel hervorging, daß wir mit den fünftausend Pfund unser Geschäft aufrechterhalten konnten, ohne dieselben aber es schließen mußten. Wie er das bewies, tut hier nichts zur Sache, aber bekanntlich hat ein Staatsmann den Ausspruch getan, er wolle alles in der Welt beweisen, wenn man ihm nur gestatte, beliebigen Gebrauch von Zahlen zu machen.

Ich versprach ihm, Frau Hoggarty nochmals um das Geld anzugehen, und sie schien auch nicht abgeneigt zu sein. Ich sagte ihm das, und noch am selbigen Tage machte er ihr einen Besuch, seine Frau und seine Tochter taten desgleichen, und wieder sah man Broughs vierspännige Kutsche vor unserm Hause.

Aber Frau Brough war eine schlechte Diplomatin, denn, anstatt die Sache von oben herab zu behandeln, brach sie offen vor Frau Hoggarty in Tränen aus, fiel vor ihr auf die Knie und flehte sie an, ihren lieben John zu retten. Dies erregte sofort den Argwohn meiner Tante, und, statt ihm das Geld zu leihen, schrieb sie augenblicklich an Herrn Smithers und forderte ihn auf, sofort zu ihr zu kommen; von mir verlangte sie die Herausgabe der in meinen Händen befindlichen, auf den Inhaber lautenden Aktien im Betrage von 3000 Pfund, nannte mich einen entsetzlichen Betrüger und herzlosen Schwindler und behauptete, ich sei die Ursache ihres Ruins.

Wie bekam nun aber Herr Brough das Geld? Das will ich erzählen. Ich befand mich eines Tages in Herrn Broughs Zimmer, als der alte Gates, der Portier von Fulham, kam und ihm vom Pfandleiher Balls die Summe von eintausendzweihundert Pfund brachte. Frau Brough hätte ihm aufgetragen, erzählte er, das Silbergeschirr zu Herrn Balls zu tragen; und als er das Geld bezahlt hatte, suchte der alte Gates noch eine lange Weile in seinen Taschen herum, brachte endlich eine Fünfpfundnote zum Vorschein, die ihm, wie er sagte, seine Tochter Jane, ein Dienstmädchen, gerade geschickt hätte, und bat Herrn Brough, diese auch bei der Gesellschaft für ihn anzulegen. Er hielt es für totsicher, daß noch alles gut gehen würde, und als er seinen Herrn und Frau Brough, die im Garten auf und ab gegangen waren, weinen und ihr Schicksal verwünschen gehört hatte, daß wegen Mangels von einigen Pfunden – ja einigen Schillingen – das schönste Vermögen in Europa zugrunde ginge, da hätten sie, Gates und seine Frau, gemeint, daß es sicherlich ihre Pflicht sei, ihrer so gütigen Herrschaft zu Hilfe zu kommen, soweit es nur immer in ihren Kräften stehe.

Dies war der Inhalt von des alten Gates Rede, und Herr Brough schüttelte ihm die Hand und nahm die fünf Pfund. »Gates,« sagte er, »diese Fünfpfundnote soll die beste Kapitalanlage sein, die Ihr je im Leben gemacht habt!« Und das war sie zweifellos, meine ich, nur sollte der arme alte Gates erst im Himmel die Zinsen seines Sparpfennigs in Empfang nehmen.

Aber das war nicht der einzige Fall. Frau Broughs Schwester, Fräulein Dough, die sich, seitdem der Direktor ein großer Mann geworden war, nicht gut mit ihm gestanden hatte, erschien mit einem Dokument im Kontor.

»John,« sagte sie, »Isabella ist heut morgen bei mir gewesen und hat mir gesagt, daß du Geld brauchst, und ich habe dir hier meine viertausend Pfund gebracht; es ist alles, was ich habe, John, möge Gott es euch segnen – dir und meiner guten Schwester, die mir stets die beste Schwester der Welt war – bis – bis vor kurzem.«

Damit legte sie das Dokument auf den Tisch, und ich wurde als Zeuge gerufen, und Brough wiederholte mir mit Tränen im Auge ihre Worte, denn er könnte mir vertrauen, wie er sagte. Und daher kam es auch, daß ich bei Gates Besuch zugegen war, der nur eine Stunde nachher stattfand. Brave Frau Brough! Wie sie für ihren Mann wirkte! Gute Frau, die du so hingebend warst! Du hattest ein treues Herz und hattest ein besseres Schicksal verdient! Aber warum sag' ich das? Die Frau hält heute noch ihren Mann für einen Engel und liebt ihn seines Unglücks wegen noch tausendmal mehr.

Am Sonnabend wurde Aldermans Pashs Sachverwalter, wie schon erwähnt, von mir ausbezahlt.

»Um das Geld Ihrer Tante lassen Sie sich's nicht leid sein, Titmarsh, mein Junge, – machen Sie sich nichts daraus, daß sie ihre Aktien zurückgenommen hat; Sie sind ein treuer ehrlicher Bursch und haben nie hinter meinem Rücken schlecht von mir gesprochen, wie das andre Pack da unten, ich werde schon noch Ihr Glück machen!«

In der nächsten Woche saß ich eines Tages mit meiner Frau, Herrn Smither und Frau Hoggarty gemütlich am Teetisch, als es an die Tür klopfte und ein Herr mich zu sprechen wünschte. Es war Herr Aminadab von Chancery Lane, der mich als Aktionär der Independent West-Diddlesexgesellschaft auf Antrag des Herrn von Stiltz aus Conduit Street, Schneiders und Tuchhändlers, verhaftete.

Ich ließ Smithers herunterkommen und bat ihn, um Himmels willen Mary nichts zu sagen.

»Wo ist Brough?« fragte Herr Smithers.

»Ei,« meinte Herr Aminadab, »der gehört zur Firma Brough und 'off Londoner Aussprache von Hoff='Off=Verschwunden., mein werter Herr – der hat heut morgen in Calais gefrühstückt!«


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