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Brief XIII.

London, den 4. Januar 1710/11.

Ich war in der Altstadt, wo ich gegessen habe, und auf dem Rückweg (nicht vor neun Uhr heute Abend) habe ich meinen zwölften mit meinen eignen, schönen Händen auf die Post getragen. Ich habe bei Leuten gegessen, von denen Sie noch nie gehört haben, und es lohnt sich auch nicht, wenn Sie es erfahren; mit einer Schriftstellerin und einem Drucker. Nach Hause bin ich, um mir Bewegung zu machen, zu Fuss gegangen; und ich kam erst um elf ins Bett. Und die ganze Zeit über, während ich mich auszog, habe ich alberne Possen in die Luft hinein geredet, gerade, als wäre MD dabei, und das habe ich erst gemerkt, als ich ins Bett stieg. Ich habe gestern Abend an den Erzbischof geschrieben und ihm gesagt, dass der Befehl wegen der Erstlinge unterschrieben wäre; ich habe ihm auch gesagt, dass Lord Peterborow seine Reise nach Wien angetreten hat; aber es scheint, das Herrenhaus hat sich an ihn gewandt, damit er bleibe, weil man eine Untersuchung über die Angelegenheiten in Spanien anstellt; er soll über diese Niederlage vernommen werden und sagen, an wem die Schuld gelegen hat, usw. Ich habe dem Erzbischof also eine Lüge geschrieben, aber ich denke, es ist keine Sünde.

5. Herr Staatssekretär St. John liess mich heute Morgen so früh zu sich bitten, dass ich unrasiert ausgehn musste, was mich ganz aus der Reihe brachte; dann sprach ich bei Ford vor und bat ihn, mich bei ihm rasieren zu dürfen; so gelang es mir, wieder in Ordnung zu kommen. Himmel, hier hat es eine Unverschämtheit gegeben; Sir Andrew Fountaines Mutter und Schwester sind mehr als hundert Meilen weit aus Worcester gekommen, um ihn vor seinem Tode noch einmal zu sehn. Sie trafen erst gestern ein, und er hätte auf jeden Fall ausser Gefahr oder hoffnungslos verloren sein müssen, ehe sie ihn erreichen konnten. Ich begann zu schelten, als ich hörte, dass sie kämen; und alle, die ihn umringten, wunderten sich über mich und sagten, wie angenehm es doch für beide Seiten wäre, wenn er stürbe, während sie bei ihm wären. Ich habe die Mutter gekannt, sie ist die übertriebenste Person, die ich kenne, und die Schwester, sagt man, ist noch schlimmer; der arme Mann wird, wenn sie bei ihm sind, einen Rückfall haben. Der Bruder, der Halunke! heulte hier im Vorzimmer, bis Sir Andrew wirklich in Gefahr kam, und der Hund hätte den ganzen Besitz geerbt, wenn er gestorben wäre; und dabei ist er ein unwissender, wüster Halunke, der nichts taugt; die Krankenpflegerinnen trösteten ihn immer und baten ihn, er möchte es sich nicht so zu Herzen nehmen. Ich habe heute zum erstenmal bei Ophy Butler und seiner Frau gegessen; und Sie haben bei dem Dechanten zu Nacht gespeist und zweiundzwanzig Pence im Kartenspiel verloren. Frau Walls also ist von einem Mädchen entbunden worden, das zwei Tage nach der Taufe starb; und unter uns, es tut ihr nicht sehr leid, sie liebt ihre Behaglichkeit und ihre Vergnügungen zu sehr, um sich viel mit Kindern abzugeben. Ich will zu Bett gehn.

6. Morgens. Gestern Abend wollte ich, nachdem Patrick zu Bett gegangen war, noch ein paar Kohlen auf mein Feuer legen; und da sah ich in der Kammer einen armen Hänfling, den er gekauft hat, um ihn Dingley mitzunehmen. Er hat ihn sechs Pence gekostet, und er ist so zahm wie ein Siebenschläfer. Ich glaube, er weiss gar nicht, dass er ein Vogel ist; wo man ihn hinsetzt, da bleibt er stehn, und er scheint weder Hoffnung noch Furcht zu kennen; ich vermute, dass er in einer Woche an Schwermut sterben wird. Patrick beriet sich mit mir, ehe er ihn kaufte. Ich hielt ihm die Höhe der Summe und die Übereiltheit des Unternehmens offen vor; ich sagte ihm, wie unmöglich es sei, ihn übers Salzmeer zu bringen; aber er wollte meinem Rat nicht folgen, und das wird er zu bereuen haben. Es ist heute Morgen sehr kalt im Bett, und ich höre, drüben brennt ein gutes Feuer im Zimmer, im – wie heisst es gleich? – im Esszimmer. Ich hoffe, dass schönes Wetter herrscht, und also lassen Sie mich aufstehn, Burschen, bitte. – Abends. Ich habe heute Morgen den Dechanten besucht, oder den Herrn Wortführer, so, denke ich, nennen Sie ihn? Weshalb sollte nicht ich so gut wie Sie zum Dechanten gehn? Ein kleiner, schwarzer Mann von fast fünfzig? Ja, ebender. Ein guter, lustiger Mann? Ja, ebender. Ziemlich schlau? Ja. Einer, der seinen Vorteil wahrzunehmen versteht? So gut wie nur irgendeiner. Wie kommt es, dass MD und ich uns dort nicht bisweilen begegnen? Ein sehr gutes Gesicht und viel Witz; kennen Sie seine Frau? O Himmel, wen meinen Sie? Ich meine Dr. Atterbury, den Dechanten von Carlisle und Wortführer. Bah, Presto, Sie sind ein Narr; ich dachte, Sie meinten unsern Dechanten von St. Patrick. Albern, albern, albern, Sie sind albern, alle beide albern, alles ist albern. Als ich in die Stadt ging, wurde ich von Ansammlungen von Knaben und Dirnen aufgehalten, die sich wie die Fliegen um die Kuchenläden drängten. Die Narren hatten ihre Läden zwei Ellen in die Strasse hinein verlängert, und alles war mit grossem zuckerüberstreuten Kuchen belegt und mit Flitterfähnchen besteckt. Und dann ging ich zu Bateman, dem Buchhändler, bei dem ich achtundvierzig Schilling für Bücher ausgegeben habe. Ich habe unsrer Stella drei kleine Bände eines französischen Lukian gekauft usw. Dann ging ich zu Carraway, um Stratford zu treffen und mit ihm zu speisen; aber es war ein Mussetag für die Kaufleute, und er war in unser Ende der Stadt gegangen; so habe ich denn im Postamt bei Thomas Frankland gegessen, und wir haben auf das Wohl Ihres Manley getrunken. Es hatte in einer Zeitung gestanden, dass er sein Amt verloren hätte; aber Staatssekretär St. John sagte mir, die Nachricht sei falsch; nur ist der betreffende Reporter ein verdammter Tory. Ich habe keine Spur von Weihnachtslustbarkeiten gesehn.

7. Morgens. Ihr neuer Lord Kanzler Sir Constantine Phipps bricht morgen nach Irland auf: ich habe ihn nie gesehn. Er nimmt einen gewissen Trapp, einen Pastor, eine Art Prätendenten des Witzes, einen zweitklassigen Broschürenschreiber für die Sache als Kaplan mit hinüber, man bezahlt ihn, indem man ihn nach Irland schickt. Ich habe auch Trapp nie gesehn. Gestern bin ich bei der Börse Tighe und Ihrem Smyth, dem von Lovet, begegnet. Tighe und ich beachteten einander nicht, aber Smyth hielt ich an und erzählte ihm von der Kiste für Sie, die in Chester liegt, denn er sagt, er gehe sehr bald nach Irland; ich glaube, noch diese Woche: und ich will heute Morgen zu Sterne schicken, damit er sich mit Smyth bespricht; also guten Morgen, Burschen, und lassen Sie mich aufstehn, bitte. Als ich abends, das heisst, in dieser Minute, nach Hause kam, nahm ich dieses Blatt auf; dann aber sagte ich: Nein, nein, wahrhaftig, MD, Sie müssen warten; und damit wollte ich es bei Seite legen; aber ich konnte es um mein Leben nicht tun, obwohl ich sehr beschäftigt bin, ohne Sie zu fragen, wie es Ihnen seit heute Morgen geht; nachher wollen wir mehr plaudern; also lass mich dich bis dahin sanft niederlegen, kleines Blatt; so – jetzt an die Arbeit; weg, sag ich, pack dich; nein, einen Stoss will ich dir auch nicht geben, sondern dich auf die eine Seite legen. – So. – Jetzt, da ich ins Bett gestiegen bin, will ich mit Ihnen plaudern. Herr Staatssekretär St. John liess mich heute Morgen in aller Eile holen; aber ich wollte mein Rasieren nicht versäumen, weil ich fürchtete, sonst zu spät in die Kirche zu kommen. Ich ging an den Hof, der letzthin stets sehr voll ist, und der junge Manley und ich haben bei Sir Matthew Dudley gegessen. Ich musste Politik reden. Ich versichere, ich fürchte, dass wir alle in Parteispaltungen verwickelt werden. Die Whigs sind jetzt, da sie gefallen sind, die boshaftesten Kröten von der Welt. Wir haben jetzt ein zweites Unglück erlitten, den Verlust mehrerer Virginiaschiffe. Ich fürchte, die Leute werden beginnen, des Glaubens zu sein, dass unter diesem Ministerium nichts gelingt; und wenn das Ministerium beim Volk erst einmal verhasst ist, so lässt das Parlament sich wählen, wie die Königin will, für die Whigs oder für die Torys. Mir scheint auch, als drückten unsre Leute den Herzog von Marlborough ein wenig zu hart. Die Mitglieder vom Lande sind wütend darauf verpicht, dass die vergangenen Fehler untersucht werden, und sie haben recht; aber ich merke nicht, dass das dem Ministerium sehr gefiele. Meiner Meinung nach kann uns nichts retten als der Friedensschluss, und ich bin überzeugt, dass wir keinen Frieden durchsetzen können; wie wir ihn erhofften, dann aber werden die Whigs schreien, was sie alles ausgerichtet hätten, wenn sie am Ruder geblieben wären. Ich sage dem Ministerium das so deutlich, wie ich es nur zu sagen wage, und ich werde es sogar übernehmen, ihnen noch ein wenig mehr zu sagen, besonders über den Herzog von Marlborough, der, wie die Whigs aussprengen, seinen Oberbefehl niederlegen will; und es scheint mir zweifelhaft, ob je ein weiser Staat einen General beiseite geschoben hat, der neun Jahre lang erfolgreich war, den die Feinde so sehr fürchten, und von dem seine eignen Soldaten glauben müssen, dass er immer siegreich sein wird; und Sie wissen, im Kriege macht die Meinung neun Zehntel von allem aus. Das Ministerium hört mich stets scheinbar mit grosser Achtung und viel Freundlichkeit an; aber mir scheint, man lässt zu viel persönliche Feindschaft auf die Massnahmen Einfluss gewinnen. Inzwischen scheinen sie all das als ein Nichts anzusehn, und sie sind so ruhig und lustig, als hätten sie nichts auf dem Herzen oder auf den Schultern; Ärzten gleich, die zwar zu heilen suchen, aber keinen Schmerz empfinden, wie sehr der Kranke auch leide. Bah, was soll all das? Wissen Sie eins? Ich merke, dass ich Ihnen viel leichter über Politik schreiben kann als irgend jemandem sonst. Aber ich schwöre, der Kopf ist mir voll, und ich wollte, ich wäre in Laracor, bei den lieben, reizenden MD, usw.

8. Morgens. Mich dünkt, junge Frauen, ich habe in vier Tagen grosse Fortschritte gemacht; ich bin schon am untern Rande dieser Seite, und noch ist kein Brief von MD gekommen. (Das eingeschobene Wort heisst Morgens.) Ich sehe, ich habe an MD über Staatsgeschäfte geschrieben. Wie gefällt Ihnen das? Nun, alles was von Presto kommt, ist willkommen; freilich, die Wahrheit zu gestehn, so wäre es Ihnen, wenn Sie die Wahl hätten und nichts zu verschleiern brauchten, immerhin lieber ... usw. Nun, Presto, ich muss Ihnen sagen, Sie werden albern, sagt Stella. Das ist nur eines Menschen Meinung, Gnädigste. Ich habe versprochen, heute Morgen zu Herrn Staatssekretär St. John zu kommen; aber ich bin träge und will nicht hingehn. Gestern hatte ich einen Brief von ihm mit der Bitte, heute bei ihm zu essen. Man wird mich schelten, aber was frage ich danach? Eben war Frau South bei mir; sie kam gerade von Sir Andrew Fountaine und will auf den Markt. Er hat immer noch Fieber und kann leben oder sterben. Seine Mutter und seine Schwester sind jetzt eingetroffen und wohnen im Hause, und also herrscht dort Aufruhr. Ich habe Frau South als Neujahrsgeschenk eine halbe Pistole gegeben. Also guten Morgen, Ihr beiden Lieben, bis gleich. –

Abends. Himmel, ich bin vom Mittagessen an bis acht Uhr beim Herrn Staatssekretär gewesen; und obgleich ich Wein und Wasser gemischt trank, ist mir so heiss! Lady Stanley kam, um Frau St. John zu besuchen, und liess mich hinaufbitten, um einen Streit mit Frau St. John zu schlichten, die ich noch nie gesehn habe; und meinen Sie, dieser Satan von einem Staatssekretär hätte mich gehn lassen? Er hielt mich mit Gewalt zurück, obgleich ich ihm sagte, ich sei in seine Gattin verliebt und es sei eine Schmach, einen Liebenden aufzuhalten, usw. Aber alles half nichts. Daher musste ich mich schliesslich auch mit Gewalt losreissen, ging aber nicht mehr hinauf, weil es zu spät war; und hier sitze ich jetzt und habe heute Abend sehr viel zu tun, obwohl es schon neun Uhr ist; aber man muss ein paar Worte mit diesen ungezogenen MD reden, sonst hat man keine Ruhe.

9. Den heutigen Tag hatten Ford und ich für einen Gang in die Altstadt reserviert, um Bücher zu kaufen; aber wir bekamen nur ein schäbiges Mittagessen in einem Bierhaus, und ich musste mit ihm in die Schenke und Florentiner trinken, zu viereinhalb Schilling die Flasche; ein verdammter Wein! Ich habe also, was ich selten tue, mein Geld ausgegeben, einen faden Tag verlebt und niemand gesehn; jetzt ist es zehn Uhr, und ich habe nichts zu sagen, als dass es vierzehn Tage her sind, seit ich einen Brief von MD erhalten habe; wenn ich ihn aber rechtzeitig bekomme, um ihn hier noch zu beantworten, gut, sonst wehe Ihnen, potztausend! Dann gehe ich in den Spielwarenladen hier dicht nebenan auf Pall Mall; der verkauft ungeheure Stöcke; jawohl, das tut er. Nicht wahr, Dingley? Ja, bei Gott. Verlieren Sie diese Weihnachten nicht Ihr Geld.

10. Ich muss heute Morgen zum Herrn Staatssekretär St. John gehn. Ich hatte es ihm gestern versprochen, habe ihn aber im Stich gelassen; also kann ich heute vor dem Abend nicht mehr an die armen, lieben MD schreiben. – Abends. O, potztausend, Dingley, ich erhielt heute Morgen Gesellschaft und konnte den Besuch, den ich beabsichtigte, nicht machen; und von Raymond habe ich aus Bristol einen Korb mit sechs Flaschen Wein und einem Pfund Schokolade und ein wenig Schnupftabak erhalten, er hatte darunter geschrieben, dass die Fracht bezahlt sei, aber er hatte gelogen, oder man betrügt mich oder es liegt ein Irrtum vor; und er schreibt mir über alles mögliche so wirr, dass Luzifer selbst ihn nicht verstehn könnte. Dieser Wein soll mit Harleys Bruder und Sir Robert Raymond, dem Generalstaatsanwalt, getrunken werden, damit sie den Doktor dem neuen Lord Kanzler empfehlen, der Montag von hier abgereist ist; Raymond sagt, er eile nach Chester, um ihn zu begleiten. Ich vermute, dass er seine Frau zurücklässt; denn als er London verliess, dachte er nicht daran, sich vor dem Sommer wieder zu rühren. Ich denke mir also, er wird bei Ihnen sein, ehe dieser Brief Sie erreicht. Ford kam und bat mich, ich möchte mit ihm speisen, weil es ein Operntag sei; ich tat es und schickte Lord Shelburn, der mich eingeladen hatte, meine Entschuldigung.

11. Ich tue einen neuen Tatler auf, den kleinen Harrison, den ich Ihnen genannt habe. Andre haben ihn darauf gebracht, und ich ermutige ihn; er war heute Morgen und heute Abend bei mir und zeigte mir seinen ersten, der Samstag herauskommt. Ich fürchte, er wird keinen Erfolg damit haben, denn ich halte nicht viel von seinem Stil, aber der Plan stammt vom Staatssekretär St. John und von mir, und in guten Händen hätte er sehr wohl gereicht. Ich habe ihn einem Drucker empfohlen, den ich holen liess; und heute Abend habe ich die Sache zwischen ihnen erledigt. Harrison hat mich gerade verlassen, und ich bin ganz müde, weil ich sein Zeug so lange korrigiert habe.

12. Ich war heute Morgen in Geschäften bei Herrn Staatssekretär St. John; ich musste ihm versprechen, bei ihm zu essen, was ich sonst bei Herrn Harley getan hätte, denn bei dem bin ich seit zehn Tagen nicht mehr gewesen. Ich kann mir nicht anders denken, als dass sie ungeheure Schwierigkeiten haben, und doch finde ich sie stets so ruhig und unbefangen wie Schulknaben an einem Ferientag. Harley hat die Beschaffung von fünf oder sechs Millionen auf dem Rücken, und die Whigs werden ihm keinen Heller leihn; das ist der einzige Grund für den Kurssturz der Bankpapiere. Sie sind wie die Quäker und Fanatiker, die nur untereinander Handel treiben wollen, während alle andern auch mit ihnen Handel treiben. Lady Marlborough erbietet sich, wenn man ihr ihre Ämter lassen will, der Königin nie vor Augen zu kommen. Die Whigs sagen, der Herzog von Marlborough wolle nicht mehr dienen; aber ich hoffe und denke es doch. Ich wollte zu Gott, ich wäre in dieser Minute bei MD in Dublin, denn ich bin der Politik, die mir so melancholische Ausblicke gewährt, von Herzen müde.

13. Ei, traun, ich hatte gestern Abend in meinem Schlafzimmer einen hässlichen Schwindelanfall, und ich habe mir eine neue Schachtel Pillen besorgt und hoffe, es wird eine lange Weile nicht wiederkommen. Ich wollte es Ihnen nicht eher sagen, weil es Sie quälen würde, Sie kleinen Halunkinnen; aber jetzt ist es vorüber. Ich habe heute bei Lord Shelburn gegessen, und heute ist des kleinen Harrison neuer Tatler erschienen; es ist nicht viel daran, aber ich hoffe, er wird sich bessern. Sie müssen wissen, dass, als Steele abbrach, zwei oder drei Schundtatler erschienen, und einer von ihnen besteht noch fort und macht heute wider den Harrisons Reklame; und also wird es eine Polemik geben, die echt ist gleich der um die Rasiermesserriemen. Ich fürchte, die kleine Kröte hat nicht die rechte Ader dafür. Ich will Ihnen ein paar Verse mitteilen. Als Herr St. John vor drei Jahren aus dem Kriegsministerium verabschiedet wurde, zog er sich aufs Land zurück; da sprach er davon, dass er irgendeinen Spruch über seinen Sommerhaus haben möchte und ein Herr gab ihm diese Verse:

Dem Lärm der Welt und ihrer Müh entflohn,
Verschmäh'nd der Liebe und der Ehren Lohn –
So harr ich, bis ich Charons Boot seh' ziehn,
Und trinke wie ein Fisch und – wie ein Hermelin.

Er schwor mir, er habe den Scherz kaum ertragen können; denn er gedachte, sich als Philosoph zurückzuziehn, obgleich er erst achtundzwanzig Jahre alt war; und ich glaube ihm das, denn er war ein gründlicher Wüstling gewesen. Mir scheint, die drei ersten Zeilen leiten die letzte recht gut ein. Wahrhaftig, aber ich will schlafen gehn; ich schlafe jetzt früh.

14. O potztausend, junge Frauen, ich entbehre einen Brief von MD; jetzt sind es neunzehn Tage her, seit ich den letzten erhielt; und wo behalte ich Platz für die Antwort, bitte? Ich hoffe, diesen Brief überhaupt ohne Antwort fortzuschicken; ich werde ihn beschleunigen; dann geht er Dienstag, und inzwischen ist diese Seite voll. Ich werde ihn aus Trotz eigens zwei Tage früher schicken, und Sie müssen wissen, dann wird am Tage darauf ihr Brief eintreffen; dann ist es zu spät, und ich werde lachen, wie ich mein Leben lang noch nicht gelacht habe! Bei uns haben wir schon Frühling, neulich habe ich Spargel gegessen. Haben Sie je einen so frostfreien Winter erlebte? Sir Andrew Fountaine liegt immer noch schwer krank darnieder; das kostet ihn täglich zehn Guineen für Ärzte, Chirurgen und Apotheker; und so geht es nun schon drei Wochen. Gegessen habe ich heute bei Herrn Ford; er zieht es mitunter vor, zu Hause zu essen, und ich bin es dann zufrieden, mit ihm zu essen; abends aber ging ich ins Kaffeehaus, wo ich seit einer Woche nicht mehr gewesen war; und dort habe ich eine Weile kühl mit Herrn Addison geplaudert. Unsre ganze Liebe und Freundschaft sind fort: wir sind höfliche Bekanntschaften, reden feststehende Phrasen: wann wir uns wiedersehn, usw., und das ist alles. Ich bin ihm seit sechs Wochen in keinem Hause mehr begegnet; neulich sollten wir zusammen beim Haushofmeister essen; aber ich entschuldigte mich, da ich beim Staatssekretär eingeladen war. Ist das nicht merkwürdig? Aber mir scheint, er hat schlecht an mir gehandelt, und ich habe zu gut an ihm gehandelt, wenigstens an seinem Freund Steele.

15. Heute habe ich drei Guineen für eine Perücke ausgeben müssen. Ich bin zugrunde gerichtet! Ein Bursche aus Leicester hat sie gemacht; er hat die Tochter der Frau Worrall zur Frau, bei der meine Mutter gewohnt hat; deshalb glaubte ich, sie würde billig sein, zumal er in der Altstadt wohnt. Nun, die Londoner Habenichtse – ich merke, es ist die Wahrheit. Ich habe Harrison für einen neuen Tatler morgen ein paar Ideen gegeben. Es fehlt dem Laffen am rechten Geschmack; ich fürchte, es wird nicht gehn. Gegessen hab ich heut bei meinem Freund Lewis im Sekretariat; und ich bin früh nach Hause gegangen, weil ich viel zu tun habe; aber ehe ich anfange, muss ich doch durchaus ein paar Worte mit MD plaudern. – Nein, potztausend, ich habe gelogen; es sind heute erst neunzehn Tage her, seit ich meinen letzten von MD hatte. Ich habe Herrn Harley das Versprechen abgenommen, dass der Bischof von Clogher, welche Veränderungen im Rat auch beschlossen werden mögen, nicht versetzt wird; er hat sich eine diesbezügliche Notiz gemacht. Ich will es den Bischof mit der nächsten oder übernächsten Post wissen lassen. Dies ist ein Geheimnis; aber ich weiss, er hat Feinde, und sie sollen nicht befriedigt werden, wenn sie dergleichen beabsichtigt hatten, was möglich ist; denn einige Veränderungen wird es drüben geben. Also trinken Sie Ihren Rotwein und seien Sie ruhig und verlieren Sie Ihr Geld nicht.

16. Morgens. Potztausend, wenn ich nicht vor Abend noch einen Brief von MD erhalte, will ich diesen heute abschicken, um Sie zu beschämen, das ist gewiss. Werden Sie brummen, weil die dritte Seite fehlt, wie? Ja, ich bürge Ihnen; ja, ja, Sie sollen die dritte Seite auch noch haben, wenn Sie sie fassen können; ein andermal, wenn Sie schreiben, Mädchen. – Ei, ich glaube, ich werde nicht erst bis zum Abend warten, sondern diesen Brief gleich versiegeln, ihn in die Tasche stecken und, wenn ich abends nach Hause komme, in die Post werfen. Ich gehe heute Morgen früh aus. – Patricks Rechnungen für Kohlen und Kerzen belaufen sich wöchentlich bisweilen auf drei Schilling; ich brenne ein gutes Feuer, obgleich das Wetter warm ist. Irland wird nimmermehr glücklich werden, bevor Sie nicht auch kleine Kohlen haben; nichts ist so bequem, so billig und hübsch, wenn man ein Feuer anmachen will.

Meine Empfehlung für Frau Stoyte und Frau Walls; hat sie einen Jungen oder ein Mädchen? Ein Mädchen, hmm! Und es starb nach einer Woche, hmm! Und musste Stella Pate stehn? – Lassen Sie mich wissen, wie die Konti stehn, damit Sie Ihr Geld rechtzeitig erhalten. Es sind auch noch vier Monate für meine Wohnung zu bezahlen, das dürfen wir gleichfalls nicht vergessen: und nun gehn Sie zu Manley und zu Tisch und verlieren Sie Ihr Geld, Sie verschwenderischen Frauenzimmer, aber ärgern Sie sich nicht. – Drei Wochen werden herum sein, ehe ich den nächsten Brief erhalte; denn morgen sind sie schon herum. Leben Sie wohl, liebste, geliebte MD, und haben Sie den armen, armen Presto lieb, der nicht einen glücklichen Tag verlebt hat, seit er Sie verliess, so wahr er selig werden will. – Dies ist der letzte Ausflug, den ich jemals mache, und ich hoffe, er wird sich ein wenig lohnen. Ich habe für diese mehr getan, und ich glaube, sie sind ehrlicher als die letzten. Nämlich Minister Aber enttäuscht werde ich doch nicht sein. Ich möchte es MD und mir erleichtern, und mehr habe ich nie gewünscht. Leben Sie wohl, usw.


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