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Brief VIII.

London, den 31. Oktober 1710.

Jetzt also habe ich meinen siebenten auf Ihren vierten geschickt, junge Frauen; und nun will ich Ihnen sagen, was ich Ihnen in meinem letzten nicht sagen wollte; dass ich nämlich heute morgen, als ich im Bett sass, einen Schwindelanfall hatte; eine Minute lang drehte sich das Zimmer mit mir, und dann verging es, und ich war unpässlich, aber nicht sehr; und dann habe ich den Tag verbracht, wie ich Ihnen schon berichtet habe; aber ich wollte nicht einen Brief mit dieser Nachricht schliessen, weil sie Sie vielleicht beunruhigt; und ich hoffe zu Gott, es wird nicht wiederkommen. Ich habe heute Dr. Cockburn gesprochen, und er hat mir versprochen, mir die Pillen zu schicken, die mir letztes Jahr so gut taten, und er hat mir auch ein Öl für mein Ohr versprochen: er hat es für jemand anders gemacht, der dasselbe Leiden hat.

1. November. Ich wünsche MD ein glückliches neues Jahr. Finanziell begann für Swift, Stella und Frau Dingley mit dem 1. November ein neues Jahr. Sie wissen, dies ist für uns sein erster Tag. Heute habe ich keinen Schwindelanfall gehabt, aber ich habe Branntwein getrunken und mir für 2 Schilling einen Liter gekauft. Die Nacht vor dem Schwindelanfall war ich sehr lange aufgeblieben, und ich hatte viel geschrieben; daher will ich es darauf schieben. Aber Früchte habe ich nie gegessen und Bier nie getrunken; ich trinke besseren Wein als Sie, wie zum Beispiel heute mit Herrn Addison bei Lord Mountjoy; dann haben wir um fünf Herrn Harley besucht, der mich wegen zu grosser Gesellschaft nicht empfangen konnte; er schickte mir seine Entschuldigung und bat, ich möchte am Freitag bei ihm essen; und dann erwarte ich eine Antwort in dieser Angelegenheit, die entweder bald erledigt oder von neuem begonnen werden muss; und dann werden der Herzog von Ormond und seine Leute um ihrer Ehre willen eingreifen und nichts ausrichten. Ich kam um sechs nach Hause und habe die Zeit in meinem Schlafzimmer verbracht, ohne ins Kaffeehaus zu gehn, denn ich werde seiner müde; ich habe in Musse studiert, nicht mehr als vierzig Zeilen geschrieben – ein paar eigne Erfindungen und einige Fingerzeige, und überhaupt nicht gelesen; und zwar, weil ich auf Presto achten wollte, aus Furcht, MD könne böse werden.

2. Ich habe gestern Abend meine vier Pillen genommen, und sie haben mir eine Stunde im Hals gelegen, und das werden sie auch heute Nacht tun. Ich denke mir, ich könnte vier Beschimpfungen ebenso leicht hinunterschlucken. Ich habe heute mit Dr. Gockburn gegessen und bin um sieben nach Hause gekommen; aber Herr Ford ist bis eben bei mir gewesen, und es ist fast elf. Heute habe ich keinen Schwindelanfall gehabt. Ich habe Herrn Dopping gesehn, und er sagt mir ganz kühl, mein Schauer gefalle ganz gut; das ist Ihr irisches Urteil. Ich habe mit dieser Post an den Bischof von Clogher geschrieben. Es ist jetzt vierzehn Tage her, seit ich von Ihnen gehört habe. Einmal alle vierzehn Tage müssen Sie mir schreiben; dann will ich auch auf Wind und Wetter Bücksicht nehmen. Was macht das Ombre? Gewinnt Frau Walls immer noch beständig wie früher? Und Frau Stoyte? Ich habe seit langem nicht mehr an sie gedacht; wie geht es ihr? Ich sehe, es kommt eine Ladung Iren nach London; das tut mir leid, aber ich komme ihnen nie nahe. Und Tighe ist angekommen; aber Frau Wesley kehrt, sagt man, wie eine Närrin zu ihrem Gatten zurück. Nun, meine kleinen Affen, ich muss schreiben; und also gute Nacht.

3. Ich sollte diese Briefe, die ich schreibe, wenn sie fertig sind, noch einmal durchlesen; denn als ich ein Stück überflog, fand ich zwei oder drei Schreibfehler; und das sollte nicht sein, wenn die Handschrift so schlecht ist. Aber ich hoffe, sie wird der kleinen Dingley beim Lesen keine Schwierigkeiten machen, denn mir scheint, ich bessere mich; aber mir scheint, ich weiss nicht wie, wenn ich deutlich schreibe, als wären wir nicht allein, als könne alle Welt uns sehn. Ein schlechtes Gekritzel ist so behaglich, es sieht aus wie ein PMD. Ein Presto mit My Dears verbunden. Wir haben letzthin schäbige Tatlers gehabt; also haben Sie nicht mich in Verdacht, bitte. Ich habe zwei oder drei Andeutungen, die ich ihm schicken will; mehr nicht, er verdient es nicht. Er lässt sich in schmählicher Weise von seiner Frau leiten; wie ... Ich habe sie noch nicht gesehn, seit ich hier bin; und er hat mich auch nicht eingeladen; entweder wagt er es nicht, oder er ist ein so gedankenloser Bursche, dass er nicht daran denkt. Was frage ich nach seinem Witz? Er ist der schlechteste Gesellschafter von der Welt, bis er seine Flasche Wein im Kopfe hat. Ich kann im Bett nicht gerader schreiben; also müssen Sie wohl zufrieden sein. – Abends im Bett. Halt, wo ist dieser Brief an MD unter diesen Papieren? Oh, hier. Nun, ich will jetzt fortfahren, aber ich habe viel zu tun (beachten Sie die neue Feder). Ich habe heute bei Herrn Harley gegessen und bin auf Sonntag wieder dort eingeladen. Ich habe jetzt die Erlaubnis, an den Primas und den Erzbischof von Dublin zu schreiben, dass die Königin die Erstlinge bewilligt hat; aber sie sollen es nicht eher beachten, als bis sie auf Befehl der Königin einen Brief von Lord Dartmouth, dem Staatssekretär, erhalten, der es ihnen kund tut. Die Bischöfe sollen eine Körperschaft bilden, die über die Einkünfte usw. verfügen soll. Ich werde morgen an den Erzbischof von Dublin schreiben. (Ich habe heute keinen Schwindelanfall gehabt.) Ich weiss nicht, ob sie für mich dann noch länger hier zu tun haben; und ich kann es auch nicht eher beurteilen, als bis ich sehe, was für einen Brief die Königin den Bischöfen schickt, und was sie darauf unternehmen werden. Wenn alles beschleunigt wird, so kann es in sechs Wochen geschehn sein; aber ich kann es nicht beurteilen. Sie haben mir heute eine neue Vollmacht geschickt, unterschrieben vom Primas und vom Erzbischof von Dublin, und sie versprechen mir Briefe an die beiden hiesigen Erzbischofe; aber meinen A.... für das alles. Die Sache ist erledigt, und sie war es seit zehn Tagen; obgleich ich erst heute Erlaubnis erhielt, darüber zu reden. Heute habe ich auch einen Brief vom Bischof von Clogher erhalten, der sich darüber beklagt, dass ich ihm nicht schreibe; und was mich ärgert: er sagt, er wisse, dass Sie jede Woche lange Briefe von mir bekommen. Weshalb sagen Sie ihm das? Das ist nicht recht; aber ich will nicht aus der Perne auf MD böse sein. Ich hatte ihm mit der letzten Post geschrieben, ehe ich seinen Brief erhielt; und ich werde bald wieder schreiben, da ich sehe, dass er es erwartet und dass Lord und Lady Mountjoy ihn an mich verweisen, um selbst Ruhe zu haben. Letztens erhielt ich heute einen Brief von einem gewissen unartigen Halunken namens MD; und es ist Nummer 5, aber ich werde ihn heute Abend nicht beantworten, danke. Nein, wahrhaftig nicht, ich habe andre Fische zu braten; morgen oder übermorgen ist auch noch früh genug. Ich habe MD's Aufträge auf ein Merkblatt geschrieben. Ich glaube, ich habe sie alle erledigt, und mir fällt nichts mehr ein als dieser von heute inbetreff der Gläser, der Brille und des Brillenetuis. Ich habe keinen andern Auftrag von Stella als den über die Schokolade und die Tücher; die sind gekauft, und ich denke, sie werden auch bald geschickt. Ich bin zwei- oder dreimal bei Herrn Sterne gewesen und habe zu ihm geschickt, um zu fragen, aber er war nie zu Hause. Potz Henker, was mach ich nur? Ich muss schreiben und Arbeit verrichten.

4. Ich habe heute mit Addison, Steele und so weiter in Kensington gegessen; und als ich nach Hause kam, habe ich einen kurzen Brief an den Erzbischof von Dublin geschrieben, um ihm zu melden, dass die Königin die Sache bewilligt hat, usw. Ich habe im Kaffeehaus geschrieben, denn ich bin bis neun in Kensington geblieben; und ich bin verdammt müde. Oberst Proud war ein sehr schlechter Gesellschafter, und ich will nie wieder mit ihm in einer Gesellschaft sein; ich habe Punsch getrunken, und das und die schlechte Gesellschaft haben mich erhitzt.

5. Ich war heute vom Mittagessen an bis sieben abends bei Herrn Harley; dann ging ich ins Kaffeehaus, wo Dr. Davenant mich drängte, mitzugehn und in seinem Hause, ganz in der Nähe, mit Dr. Chamberlain eine Flasche Wein zu trinken. Aber der Gelbschnabel machte so viel Worte, dass mir vor seiner Gesellschaft bange wurde; und obwohl wir versprachen, um acht Uhr zu kommen, habe ich ihm einen Boten geschickt, um ihm zu sagen, Chamberlain müsse zu einem Kranken und wir hätten es deshalb auf ein andermal verschoben: er also, der Haushofmeister und ich Hessen uns bereden, mit Sir Matthew Dudley in sein Haus zu gehn, wo ich bis zwölf blieb und sie dann verliess. Davenant hat mich damit belästigt, dass ich irgendeine von seinen Schriften durchsehn soll, die er veröffentlichen will. Aber der Halunke liebt seine eignen Produktionen so sehr, dass ich höre, er trennt sich von keiner Silbe. Jüngst hat er eine alberne Broschüre herausgegeben, die ›Der dritte Teil des Tom Double‹ heisst; damit wollte er den Torys den Hof machen, die er im Stich gelassen hatte.

6. Ich bin heute in der Stadt umhergeschlendert, um Patty Rolt zu sehn, die nach Kingston geht, wo sie wohnt; aber die Wahrheit zu sagen, so hatte ich nur Lust auf einen Spaziergang, um mir Bewegung zu machen, und zufällig war ich frei; denn die Einladungen fallen mir hier zehnmal so zahlreich zu wie je oder wie in Dublin. Ich will Ihren Brief noch nicht beantworten, weil ich zu tun habe. Ich hoffe, diesen abzuschicken, bevor ich einen weitern von MD habe; es wäre traurig, wenn ich zwei Briefe zugleich beantworten müsste, wie es MD mit denen von Presto geht. Aber wenn die beiden Seiten voll sind, soll der Brief fort, das ist gewiss, ob er mag oder nicht mag; und das wird in etwa drei Tagen sein; denn die Antwortnacht wird eine lange werden.

7. Ich habe heute mit Congreve, Vanbrugh, Generalleutnant Parrington usw. bei Sir Richard Temple gegessen. Vanbrugh hat, wie ich Ihnen, glaube ich, erzählt habe, einen langen Streit über jene Verse auf sein Haus mit mir gehabt. Der Dramatiker Vanbrugh war zur Belustigung der Stadt Architekt geworden und hatte sich ein Haus gebaut, das scheusslich aussah. Aber wir waren sehr höflich und kühl. Lady Marlborough pflegte ihn damit aufzuziehn, und das hat ihn wütend gemacht, obgleich er ein gutmütiger Bursche ist. Es war ein Tag der Danksagung, und ich war bei Hofe, wo die Königin, von lauter Torys umgeben, an uns vorbeiging; kein Whig war darunter: Buckingham, Rochester, Leeds, Shrewsbury, Berkeley von Stratton, Lord Siegelbewahrer Harcourt, Herr Harley, Lord Pembroke usw. Und ich habe sie auch schon ohne einen einzigen Tory gesehn. Die Königin machte einen Knix und sagte in ganz vertraulichem Ton zu Presto: »Wie geht es MD?« Ich bedachte, dass sie Königin ist, und also entschuldigte ich sie. Ich entbehre die Whigs bei Hofe nicht; ich habe ebenso viel Bekanntschaften dort wie früher.

8. Jetzt gibt es Lärm und Aufruhr! Ich muss jetzt MD's fünften beantworten; erst aber müssen Sie wissen, dass ich heute bei dem portugiesischen Gesandten gegessen habe, und zwar mit Addison, Vanbrugh, Admiral Wager, Sir Richard Temple, Methuen usw. Ich wurde ihrer Gesellschaft müde und stahl mich um fünf davon; und ich bin wie ein guter Junge nach Hause gegangen und habe bei einem Feuer bis zehn nachgesonnen. Ohoh, und jetzt liege ich im Bett. In meinem Schlafzimmer habe ich keinen Kamin, aber es ist immer warmes Wetter, wenn man im Bett liegt. Ihre schöne Mütze, Madame Dingley, ist zu eng und zu knollig; ich werde den Pelz abnehmen lassen; ich wollte, sie wäre weit genug: meine alte Samtmütze taugt nichts mehr. Ist Samt unter dem Pelz? Ich habe nachgefühlt, kanns aber nicht herausfinden: wenn ja, so geht sie ohne ihn; sonst will ich sie verblenden; aber dann muss ich neuen Samt kaufen; oder vielleicht kann ich mir ein Stück erbetteln. Was soll ich tun? Also jetzt zu Halunkin MD's Brief. Gott sei gedankt, dass Stellas Augen sich bessern; und Gott gebe, dass es andauert; aber wirklich, Sie schreiben zu viel auf einmal; schreiben Sie lieber weniger, oder schreiben Sie es in zehn Absätzen. Ja, wahrhaftig, ein langer Brief an einem Morgen von einer teuren Freundin ist ein teuer Ding. Ich rieche ein Kompliment, ihr kleinen heillosen Mädchen, wahrhaftig! Aber wer sind diese Wiggs die meinen, ich wäre ein Tory geworden? Meinen Sie Whigs? Was für Wiggs meinen Sie? Von Raymond weiss ich nichts, und ich habe nur einen Brief von ihm erhalten, bald nachdem ich hier ankam. (Bitte denken Sie an Morgan.) Raymond wird allerdings noch viel Einfluss auf mich haben, wenn ich in London bin, und er wird an meiner Unterhaltung grossen Anteil haben. Ich werde ihn ohne Zweifel Harley, dem Grosssiegelbewahrer und dem Staatssekretär vorstellen. Der Tatler über Ithuriels Speer ist nicht von mir, gnädige Frau. Was für ein Wirrwarr steht zwischen Ihnen und Ihrem Urteil? Im allgemeinen können Sie der Dinge bisweilen sicher sein, wie es zum Beispiel mit jenem über den Stil war; aber ich hatte von dergleichen oft gesprochen. Aber das Raten ist mein A.....; und ich fordere die Menschheit heraus, wenn ich will. Ei, als ich zuletzt in London war, habe ich eine Broschüre geschrieben, die Sie und Tausende gesehn haben; und nie haben Sie erraten, dass sie von mir war. Hätten Sie erraten, dass der Schauer in London von mir war? Wie schade, dass Sie ihn nicht gesehn hatten, bevor Ihr letzter Brief abging. Aber ich denke mir, Sie in Irland hielten es nicht für der Mühe wert, ihn zu erwähnen. Auch wegen des Pasquills hat man mich nicht in Verdacht: nur Harley sagte mir, er rieche mich (habe ich Ihnen das schon gesagt?), und ein paar andre wussten is. Es heisst ›Die Rute Sidi Hameds‹. Und ich habe noch allerlei andre Sachen geschrieben, die ich loben höre, und niemand hat mich ihretwegen in Verdacht; und auch Sie sollen nichts wissen, bis ich Sie wiedersehe. Was meinen Sie mit dem: ›Die neben mir in Pension lebt und mit der ich hin und wieder esse‹? Ich kenne keinen solchen Menschen; ich esse nicht mit Pensionären. Die Pest! Sie wissen besser als ich, mit wem ich an jedem Tage gegessen habe, seit ich Sie verliess. Was meinen Sie, Bursche? Potz Henker, mein Leiden ist schon seit fast zwei Monaten vorüber. Unverschämte, wenn Sie mich ärgern, so gebe ich zehn Schilling die Woche für meine Wohnung aus; aus dieser st...t mich ohnehin die Senkgrube fast hinaus; und sie verhilft mir zu Versen in meinem Schauer. Nun, Madame Dingley, was sagen Sie zu der kommenden Welt? Was für eine Ballade? Ach, sehn Sie nach, sie taugte nicht viel; haben Sie Geduld, bis ich zurückkomme; Geduld ist ein gar lustig Ding, da usw. Ich höre nichts davon, dass Lord Mountjoy nach Irland kommt. Wann ist Stellas Geburtstag? Im März? Gott sei mir gnädig, meine Aushilfspredigt in der Christuskirche! Es ist so natürlich, Sie davon schreiben zu hören; ich glaube, Sie haben es schon hundertmal getan; es steht mir so frisch vor dem Geist, wie der Küster zu Ihnen kam; und weshalb zu Ihnen? Sollten Sie für mich predigen? 0, die Pest hole Ihre lateinische Orthographie. Jonsonibus atque, so heisst's. Wie hat der Dechant den Namen zu fassen bekommen? Sie haben mich verraten, ich nicht, potztausend; ich werde ihm nicht den Kopf brechen. Ihre Mutter ist noch auf dem Lande, vermute ich, denn sie hatte versprochen, mich zu besuchen, wenn sie in die Stadt käme. Ich habe ihr vor vier Tagen geschrieben und sie gebeten, es Lady Giffard zu eröffnen, dass sie einiges Geld für Sie in die Bank stecken möchte, die dreissig Prozent gefallen war. Wollte Gott, mein Geld wäre hier gewesen; ich hätte hundert Pfund verdient und ebenso gute Zinsen bekommen wie in Irland, und weit sicherer. Ich hätte mir gern dreihundert Pfund geborgt, aber das Geld ist hier rar, bei solchem Sinken der Kurse ist nichts zu borgen. Jetzt steigen sie wieder, und ich wusste das: sie waren von hundertsechsundzwanzig auf sechsundneunzig gefallen. Seither habe ich von Ihrer Mutter nichts mehr gehört. Meinen Sie, ich wäre so unhöflich, sie nicht zu besuchen, dass Sie mich in so melancholischem Ton darum bitten? Frau Raymond, sagen Sie, ist schwanger? Das tut mir leid, und ich glaube, auch ihrem Gatten tut es leid. Herr Harley sagt mir alles Freundliche in der Welt, und ich glaube, er würde mir helfen wollen, wenn ich hier bliebe; aber ich denke, mit der Zeit wird der Herzog von Ormond mir einen kleinen Zuwachs zu Laracor geben können. Weshalb sollten die Whigs glauben, ich wäre nach England gegangen, um sie zu verlassen? Meine Reise war doch kein Geheimnis? Ich beteure aufrichtig, ich habe getan, was ich konnte, um sie zu hindern, wie der Dechant es Ihnen bestätigen kann; jetzt freilich bereue ich sie nicht. Aber wer zum Teufel kümmert sich um das, was sie denken? Bin ich im geringsten irgendeinem von ihnen allen verpflichtet? Zum Henker mit den undankbaren Hunden! Sie sollen ihr Verhalten bereuen, ehe ich diese Stadt verlasse. Hier redet man auch so, als habe ich die Whigs verlassen; aber sie geben zu, dass sie mich in Anbetracht der Behandlung, die mir zuteil geworden ist, nicht tadeln können. Ich will für Ihre Brille sorgen, wie ich Ihnen schon sagte, und auch für die des Bischofs von Killala; aber schreiben werde ich ihm nicht, dazu habe ich keine Zeit. Was meinen Sie mit meinem vierten, Madame Dinglibus? Sagt Stella nicht, Sie hätten meinen fünften erhalten, Gevatterin Schnitzer? Sie haben mir Angst eingejagt, bis ich zurückblätterte. Nun, das genügt für einen Abend. Bitte, sagen Sie Frau Stoyte und ihrer Schwester Kate – oder heisst sie Sarah? – meine ergebene Empfehlung. Ihren Namen habe ich doch wirklich vergessen. Ich denke, ich werde (und auch Frau Walls und dem Archidiakon) dies schon morgen schicken; nein, das wäre zehn Tage nach dem letzten. Ich will es bis Samstag behalten, wenn ich auch nicht mehr schreibe. Wie aber, wenn inzwischen ein Brief von MD kommt? Nun, dann werde ich nur sagen: »Gnädige Frau, ich habe Ihren sechsten Brief erhalten, Ihr allerdemütigster Diener, über den Sie verfügen wollen, Presto.« Und damit Schluss. Also, jetzt will ich ein wenig schreiben und nachdenken, und dann ins Bett und von MD träumen.

9. Ich habe meinen Mund voll Wasser und wollte es ausspucken, weil ich bei mir selber sagte: wie kann ich schreiben, wenn ich einen vollen Mund habe? Haben Sie dergleichen nicht auch schon erlebt, dass Sie auf den ersten Gedanken ganz falsche Schlüsse zogen? Nun, ich habe heute Morgen Herrn Lewis gesprochen, und in ein paar Tagen soll ich, wie er mir sagt, mit Herrn Staats-Sekretär St. John speisen. Ich muss sehn, Harley bald wieder zu sprechen, um diese Angelegenheit mit der Königin zu beschleunigen. Ich habe heute bei Lord Montrath gegessen, und zwar mit Lord Mountjoy usw., aber der Wein war nicht gut, deshalb ging ich fort, blieb bis sieben im Kaffeehaus und ging dann nach Hause an mein Feuer: die Jungfernblüte meines zweiten halben Scheffels, und jetzt liege ich wie gewöhnlich um elf im Bett. Es ist riesig warm; aber ich fürchte, ich werde mich bei dem nassen Wetter erkälten, wenn ich abends noch in meinem Zimmer sitze, nachdem ich aus warmen Räumen komme: und ich muss sehr auf mich achten, weil MD nicht hier ist, um für Presto zu sorgen; und ich habe furchtbar viel zu tun, zu schreiben usw., und mache mir nichts aus dem Kaffeehaus; deshalb dient dies ein für allemal, damit ich nicht dasselbe immer wieder zu sagen brauche, wie alberne Leute es machen; aber Presto ist ein weiserer Mann, potztausend, als so, das lassen Sie sich gesagt sein, meine Damen. Sehn Sie, jetzt bin ich auf der dritten Seite; aber traun, das will ich nicht oft so machen; aber etwas musste ich heute auch sagen, bis der Brief fertig ist, und Samstag soll er abgehn; daher muss ich Raum sparen für morgen, übermorgen und überübermorgen.

10. O Himmel, ich wollte, dieser Brief wäre mit meinem ganzen Herzen bei Ihnen: wenn er verloren ginge, welche Menge ginge da verloren! Ich habe vergessen, in der vorletzten Zeile eine Lücke für das Siegel zu lassen; wie ein Gelbschnabel! Aber ich hätte auch an die Nacht, an das Gute-Nacht denken sollen; nur kann ich wahrhaftig nichts auslassen, wenn ich Abschied nehme; ich denke mir, das Siegel wird nicht dorthin kommen. Ich habe heute bei Lady Lucy gegessen, wo man meinen Regenschauer herunterriss und sagte, Sidi Hamed sei das albernste Gedicht, das man je gelesen habe; sie sagten Prior das, denn ihn hielten sie für den Verfasser. Wundern Sie sich nicht, dass ich noch nicht früher dort gegessen habe? Aber ich bin zu beschäftigt, und sie wohnen zu weit; und ausserdem mag ich die Frauen nicht mehr so gern wie früher. (MD, müssen Sie wissen, sind keine Frauen.) Zu Nacht habe ich heut mit Garth, Steele und Herrn Dopping bei Addison gegessen, und ich bin spät nach Hause gekommen. Lewis hat mich bitten lassen, ich möchte mit ein paar Leuten bei ihm essen, die mir gefallen werden. Ich vermute, es ist eine Verabredung mit dem Herrn Staatssekretär St. John. Ich habe eben einen Brief von Raymond erhalten, der in Bristol ist und sagt, er werde in vierzehn Tagen in London sein und seine Frau zurücklassen; er möchte gern in demselben Hause Wohnung nehmen, in dem ich bin, aber das darf nicht sein. Ich weiss nicht, was ich in der Stadt mit ihm anfangen soll; sicherlich werde ich ihn keinem meiner Bekannten vorstellen, und er wird ein heikles Leben führen als Pastor und vollkommen Fremder. Naaaach zwölf Uhr, deshalb gute Nacht usw. O, aber ich habe ganz vergessen: Jemmy Leigh ist in die Stadt gekommen; sagt, er habe Dingleys Sachen mitgebracht und werde sie bei erster Gelegenheit schicken. Mein Paket, höre ich, ist noch nicht abgeschickt. Er denkt, in einem Monat nach Irland zu gehn, usw. Ich kann morgen nicht schreiben weil ..., nun, wegen des Erzbischofs, weil ich meinen Brief früh siegeln will, weil ich von Mittag bis Abend versagt bin, wegen vielerlei Dinge; und doch will ich morgen früh ein oder zwei Worte schreiben, um mein Tagebuch durchzuführen; und morgen Abend will ich den neunten beginnen.

11. Morgens, bei Kerzenlicht. Sie müssen wissen, dass ich jeden Morgen zwischen sechs und sieben in meinem Schlafrock bin; und Patrick muss mich fünfzigmal mahnen, ehe ich meinen Schlafrock anlege; und jetzt also will ich für diesen Brief Abschied nehmen von meinen lieben MD, und meinen nächsten will ich beginnen, wenn ich heut Abend nach Hause komme. Gott der Allmächtige segne und beschütze die teuersten MD. Lebt wohl usw.

Dieser Brief ist so lang wie eine Predigt, potztausend!


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