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19. Einen Tag und eine Nacht zu Pferd – Die Höfe Grimstunga, Kornsá, Hnausum

Friedrich und ich hielten auf Kalmanstunga einen ganzen Ruhetag, denn wir wußten, daß auch unsere weitere Reise noch reich an Strapazen sein würde und daß man auf solchen Wegen nie sicher ist vor unvorhergesehenen Schwierigkeiten.

Das Leben auf Kalmanstunga war ähnlich wie auf Haukadal; ich unterlasse es daher, unsern Aufenthalt daselbst näher zu schildern. Erwähnt sei nur, daß der Bauer dieses Hofes ein hünenhafter, starker junger Mann war, der einem Geschlecht von Riesen hätte entstammen können.

 

Die folgende Tagreise sollte uns über Arnarvatnsheidi nach dem Hofe Grimstunga führen: ein großartig schöner Weg; aber die ganze Strecke war vollständig unbewohnt, und die Entfernung war noch weiter als die von Haukadal nach Kalmanstunga, die wir tags zuvor zurückgelegt hatten.

In Kalmanstunga trafen wir zwei Reisende, die denselben Weg vor sich hatten wie wir: ein Student aus Reykjavik und eine ältere Dame.

Der Student hatte diese Reise schon häufig gemacht und versicherte, daß er den Weg so genau kenne wie seine Tasche. Wir mußten uns also auf ihn wohl verlassen können, zumal sich ja sogar eine Dame ihm anvertraut hatte. –

In Anbetracht der langen Reise, die uns jetzt bevorstand, verließen wir Kalmanstunga am folgenden Morgen schon um 5 Uhr. Wenn alles gut ging, hofften wir Grimstunga gegen 11 Uhr nachts zu erreichen.

Der Bauer von Kalmanstunga ritt drei Stunden weit mit uns, um uns über den Nordlendingafljót, den »Fluß der Nordländer«, zu geleiten. Von dort bot der Weg keine besondere Schwierigkeit mehr.

Unvergleichlich schön war hier, namentlich gegen Abend, die große freie Natur. Felswände, die sich fast senkrecht vier- bis fünftausend Fuß erheben und deren Spitzen von dem leuchtenden weißen Gletschereis erglänzten, gewährten einen märchenhaften Anblick, als die untergehende Sonne ihr Licht auf sie warf. Eine unbeschreibliche Farbenpracht war da über die ganze Landschaft ausgegossen. Bald strahlte sie im zartesten Purpur, bald wurde sie grün, violett oder blau: ein wundervoller Wechsel der herrlichsten Farben.

Es war die bekannte Lichterscheinung des sogenannten Alpenglühens.

In weiter Ferne sah man das Himmelblau der Berge. Ringsumher lagen die anmutigsten Seen wie schimmernde Perlen und Diamanten.

Die Seen sind meist von einem Kranz frischgrünen Rasens umgeben und von ungezählten wilden Schwänen belebt, den stolzen Gästen aus dem Süden, die sich die prächtigen einsamen Stätten hier zum Sommeraufenthalt erwählten.

Die Anwesenheit und große Zahl dieser königlichen Vögel erhöht noch den Reiz und die Schönheit der bezaubernden Landschaft.

 

Nicht weit von Kalmanstunga sahen wir den berühmten »Gurtshellir«, das heißt Gurtsgrotte, eine der besonderen Sehenswürdigkeiten Islands. Es ist ein von der Natur gebildeter, mehrere Kilometer langer unterirdischer Gang, der in Verbindung stehen soll mit dem jetzt erloschenen, einige Wegstunden entfernt liegenden Vulkan Eiriksjökull.

Wagt man sich weit genug in diese dunklen Gewölbe hinein, so kommt man darin an einem kleinen See vorüber, dann an einem kleinen Fluß und endlich an den seltsamsten Felsengebilden. An einigen Stellen dringt plötzlich durch ein Loch in der Decke ein Lichtstrahl in die düsteren Räume herab. Die Wände sind teils von herabhängenden Tropfsteinen gebildet, teils von Obsidian, einem Lavagestein, dessen glatte, glasartige Oberfläche beim Schein brennender Fackeln prachtvoll leuchtet.

Hier wohnten in alten Zeiten Geächtete, über die es spannende Geschichten gibt.

 

Um die Mittagszeit machten wir eine Stunde halt bei einem See, in den sich ein kleiner Wasserfall stürzte. Das Wetter war sehr warm, die Sonne schien in ihrer hellsten Pracht. Wir speisten und ruhten uns im Grase aus. Auch die Pferde fanden da reichliches, wohlschmeckendes Futter.

Die gute Stärkung sollte ihnen wie uns an dem Tage noch sehr zustatten kommen; denn der Student, der den Weg »so genau wie seine Tasche« kannte, verlor bald, nachdem wir wieder aufgebrochen waren, die Richtung, und wir verirrten uns!

Wir gerieten in eine ungeheure Sandwüste (»Stóri Sandur«), und statt den Hof Grimstunga um 11 Uhr abends zu erreichen, kamen wir auf einem großen Umweg am folgenden Morgen um 5 Uhr, zur Zeit des Aufstehens, hin.

Wir waren also von Kalmanstunga bis Grimstunga volle vierundzwanzig Stunden, einen Tag und eine Nacht, zu Pferd, mit alleiniger Unterbrechung zu den gewöhnlichen Mahlzeiten.

Unser nächtlicher Ritt war aber nicht langweilig, eher sogar ein wenig abenteuerlich.

Einmal kamen wir zwischen zwei Flüssen auf einen hohen Felsen hinaus und dann plötzlich vor einen steilen Abgrund. Zu beiden Seiten stürzten die Flüsse über die Felswände hinunter. Wir hätten da leicht »etwas erleben« können, wenn nicht auf einmal die Pferde angehalten hätten, gleichsam als wollten sie uns fragen, was wir hier eigentlich vorhätten.

Einige Schritte weiter, und wir wären gewiß in die Tiefe gestürzt!

Wir mußten umkehren.

Zuvor aber konnten wir es uns doch nicht versagen, von der gefährlichen Stelle aus noch eine Weile die prachtvolle Umgebung zu bewundern. –

Eine zweite große Gefahr drohte uns später an einem Moor, wo die Pferde bis an den Leib einsanken und wir nur mit Not dem Untergang entrinnen konnten!

 

Bald darauf gelangten wir endlich nach Grimstunga.

Der Empfang, der uns hier bereitet wurde, übertraf alles an Gastfreundlichkeit. Ein paar Männer, die eben am Aufstehen waren, als wir auf den Hofplatz ritten, kamen schnell herbei und halfen uns in der zuvorkommendsten Welse die Pferde versorgen.

Dabei hörte ich, wie einer unsern Geleitsmann, den Studenten, etwas fragte; ich verstand aber nur die beiden Worte: »... skakka ferd?« (»... verkehrten Weg?«)

Dem Studenten, der darauf, ein wenig zögernd, mit ja antwortete, schien die Frage etwas peinlich zu sein; die Leute des Hofes, die noch hinzugekommen waren, sahen einander nämlich mit einem Lächeln an. Gesprochen wurde aber über die Sache nicht weiter.

Vermutlich sind wir nicht die ersten gewesen, die da »vom rechten Wege abgewichen« waren. –

Während wir noch bei den Pferden standen, kam die Hausmutter mit ein paar kleinen Jungen heraus, die sich noch den Schlaf aus den Augen rieben; sie waren in Eile geweckt worden und wollten nun bei der Aufnahme der Fremden mit behilflich sein.

Diese Jungen interessierten sich natürlich am allermeisten für Friedrich, den kleinen dänischen Knaben, dessen Erscheinen hier im Innern des Landes ein Ereignis und gewiß etwas vollständig Neues für sie alle war. Sie halfen ihm sofort sein Regenzeug und seine Wasserstiefel ablegen und trugen ihn beinahe auf den Händen ins Haus hinein.

Bald saß die ganze Reisegesellschaft in einer hübschen, geräumigen Stube an einem Tisch, den die Hausmutter mit einem weißen Tuch deckte.

Friedrich wurde jetzt so schläfrig, daß er bat, man möge ihn gleich zu Bett gehen lassen; zu essen brauche er gar nichts, sagte er. Doch überredeten wir ihn, noch ein wenig auszuhalten, bis sein Bett zurechtgemacht sei.

Nun brachte man uns zuerst frischgemolkene Milch, die noch warm war, und hernach gab es eine richtige, ausgezeichnete Mahlzeit: Forellen, Fleisch mit Gemüse, Brot und vorzügliche Butter, zum Schluß Rhabarbergrütze mit Sahne.

Das alles in der frühen ersten Morgenstunde! – Freilich hatten wir von unserem langen Ritt die ganze Nacht hindurch auch den Hunger dazu mitgebracht!

Der Besitzer des Hofes, dessen Gastfreundschaft wir genießen durften, war ein reicher Bauer von akademischer Bildung, zugleich Althingsmann für jene Gegend. Er besaß eine ansehnliche Bibliothek, in der ich eine Menge dänischer, deutscher und französischer Bücher sah.

Nach der stärkenden, feinen Mahlzeit begaben wir uns zur Ruhe in die für uns bereiteten altnordischen Betten von Eiderdaunen.

Friedrich fiel augenblicklich in den tiefsten Schlaf, und ich folgte schnellstens seinem Beispiel. Wir schliefen beide bis in den späten Nachmittag und fühlten uns beim Erwachen überaus kräftig und wohlauf, über den Irrweg, den wir gemacht hatten, konnten wir uns jetzt geradezu freuen.

Nie hätte ich geglaubt, daß man einen Ritt von vierundzwanzig Stunden leisten könnte, ohne sich zu übermüden; jetzt aber zeigte es sich, daß uns die Anstrengung nicht nur nicht geschadet, sondern im Gegenteil sehr günstig auf unser Befinden gewirkt hatte. Allerdings waren wir allmählich schon geübtere Reiter geworden, und außerdem hatten unsere Pferde, was ich nicht vergessen darf, einen außerordentlich sanften, guten Gang.

Trotz unserem Wohlbefinden blieben wir aber auch die nächste Nacht noch auf Grimstunga, hauptsächlich wegen der Pferde, da sie am Rücken ein wenig wund geworden waren.

Beim Abschied von dem angesehenen Hof reichte ich zwei Männern, die besonders für unsere Pferde gesorgt hatten, jedem ein paar Kronenstücke als Trinkgeld. Beide wiesen jedoch auch hier eine Bezahlung mit größter Bestimmtheit zurück.

 

Für unsere weitere Reise ins Nordland benötigten wir nun keinen Führer mehr, denn unser Weg sollte von jetzt an ununterbrochen durch die schönsten Gegenden, meist langgedehnte Täler mit vielen zerstreuten Gehöften, gehen.

.

Von Grimstunga weg ritten wir zunächst durch das romantische, zwischen hohen, steilen Bergketten eingeschlossene Vatnstal, in dessen Mitte sich ein großer Fluß dahinzieht, mit einer Reihe ansehnlicher Höfe zu beiden Seiten. Überall sah man üppige Grasflächen, die Leute waren soeben mit der Heuernte beschäftigt.

Von den frühesten Bewohnern des Vatnstales und ihren Taten berichtet noch heute eine schöne Saga.

Am Abend kehrten wir auf dem prächtigen Hofe Kornsá ein. Der Eigentümer, ein junger Kandidat der Theologie, der eben mit seinen Studien an der Lateinschule und dem Seminar in Reykjavik fertig geworden war, empfing uns äußerst höflich und liebenswürdig.

In dem großen, zweistöckigen Wohnhaus, in dem wir übernachten sollten, wurden uns vier gut möblierte Zimmer zur Verfügung gestellt: ein Speisezimmer, zwei Wohnstuben und ein großes Schlafzimmer mit zwei breiten englischen Eisenbetten, alles fein und behaglich eingerichtet.

Der junge Hausherr, Björn Blöndal, und seine Schwester, die den Haushalt führte, erwiesen uns jede nur mögliche Aufmerksamkeit. So zum Beispiel bedurfte einer unserer Sättel einer größeren Ausbesserung; unser freundlicher Wirt ließ sofort einen Sattler holen, und als ich den Mann bezahlen wollte, duldete er es rundweg nicht:

Das fehlte gerade noch, entgegnete er mir, ich möge das ganz allein ihm überlassen! –

Vor unserer Abreise bekam Friedrich von der Schwester des jungen Hausherrn eine Menge Geschenke mit auf den Weg: Feigen, Rosinen, Mandeln, Schokolade und dergleichen – lauter Kostbarkeiten, wenn man bedenkt, wie selten solche Dinge so weit im Innern des Landes sein müssen.

Ja, wir wurden auf diesem vornehmen Hof förmlich wie Prinzen behandelt; von einer Bezahlung für unsern Aufenthalt durften wir aber nicht einmal reden. – Als ich zuletzt dennoch darauf beharren wollte, nahm mich der junge Herr am Arm und sagte leise zu mir:

»Ich habe meiner Mutter auf ihrem Sterbebett feierlich versprechen müssen, nie von Gästen eine Bezahlung zu nehmen.«

Später erfuhr ich, daß diese so überaus gastfreien Menschen keineswegs zu den Wohlhabenden gehörten.

Alle die genannten Liebenswürdigkeiten genügten ihnen aber nicht einmal. Während wir uns nämlich bedankten und verabschiedeten, um wieder aufzubrechen, sahen wir draußen im Hof neben unsern drei Pferden, die der kleine Bruder des jungen Hausherrn geholt und gesattelt hatte, noch zwei andere, ebenfalls gesattelte Pferde stehen.

Was das bedeuten sollte, kam nun sogleich heraus. Es handelte sich um eine neue Aufmerksamkeit unseres Wirtes: Er und sein älterer Bruder Magnus wollten uns zu unserem nächsten Nachtquartier Hnausum begleiten!

Ich weiß nicht, ob es eine größere Freundlichkeit und Gefälligkeit hätte geben können. Unsere Freude darüber war jedenfalls außerordentlich groß, und selbst unseren Pferden schien die neue Begleitung höchst willkommen zu sein: sie waren überaus lebhaft und unternehmungslustig geworden.

 

Unterwegs wollte Friedrich nach einer Weile seine dünnen gestrickten Handschuhe anziehen, fand sie aber nirgends bei sich. Er suchte in allen Taschen herum und rief zuletzt ganz unglücklich:

»O, jetzt habe ich meine Handschuhe in Grimstunga vergessen!«

Ich wollte ihn eben damit trösten, daß wir in einigen Tagen, wenn wir nach Akureyri kämen, dort ein Paar neue kaufen würden, da hatte schon Magnus Blöndal seine eigenen Handschuhe aus der Tasche geholt und bot sie ihm an mit den Worten:

»Bitte, tu mir den Gefallen und nimm diese hier zur Erinnerung!«

Friedrich war überrascht und zögerte, aber er mußte das Geschenk annehmen. –

Auf dem weiteren Wege erzählte dann Magnus, daß vor ein paar Monaten ein französischer Doktor aus Paris bei ihnen gewesen sei, den habe er in der ganzen Gegend umhergeführt, und er sei dann von ihm auf das freundlichste eingeladen worden, ihn einmal in Paris zu besuchen; der Herr wolle ihm dann als Gegendienst alle Herrlichkeiten der französischen Hauptstadt zeigen.

»Wenn ich kann«, sagte Magnus zum Schluß, »werde ich die Einladung annehmen.«

»Ja, das würde ich auch tun«, ermunterte ihn Friedrich, »nach Paris würde ich sofort gehen!«

An seine vergessenen Handschuhe dachte er jetzt nicht mehr.

 

Während wir so dahinritten und über alles mögliche plauderten, begann sich eine Abwechslung in unserer Reise vorzubereiten. Unser Packpferd sann nämlich insgeheim darauf, sich einen kleinen Seitensprung zu erlauben.

Herr Blöndal, der es freundlicherweise gleich zu Anfang in seine Obhut genommen, hatte ihm den Zaum um den Hals gelegt und ließ es frei vor sich hergehen. Plötzlich kam das unternehmungslustige Tier auf den Einfall, von uns fortzulaufen.

Es hatte einen Hof erblickt mit einer besonders saftigen Grasfläche dabei, und noch ehe wir es recht ahnten, sprang es auf und davon!

Wir setzten alle in wildem Galopp hinter ihm her und brachten es bald ins Gedränge; aber es lief, als ob es das Leben gegolten hätte, auf den Hof zu.

Das konnte unmöglich anders enden als mit Unheil und Verderben.

Und so kam es auch.

Kaum hatte das Pferd den Hof mit der saftigen Wiese, dem Ziel seiner Gelüste, erreicht, da prallte der eine der beiden Koffer, die es über den Rücken herab an seinem Leibe trug, gegen eine Steinwand und wurde vollständig zertrümmert! Sein gesamter Inhalt: Kleider, Wäsche, Bücher, Konservendosen, Tidemands Bonbonschachteln, Feigen, Rosinen, Mandeln, kurz, alles wurde in der tollsten Unordnung ringsum ins hohe Gras verstreut!

Das leichtsinnige Tier merkte jedoch sofort, daß da etwas Verkehrtes geschehen sein müsse. Es blieb nun stehen und sah einen Augenblick auf die große Verwüstung. Dann schüttelte es putzig den Kopf und fing an, sich ohne weitere Umstände über das frische grüne Gras herzumachen. –

Magnus ritt jetzt vollends zum Hof hin und holte Hammer und Nägel zur Wiederherstellung des zertrümmerten Koffers.

Diese Arbeit dauerte etwa eine Stunde. Sie war nicht immer sehr einfach, aber sie gelang uns doch ziemlich ordentlich.

Hierauf mußte all das Verstreute, das vorher in musterhafter Ordnung, jedes Ding für sich, im Koffer gelegen hatte, wieder eingesammelt werden. Ich besorgte das Einpacken, die andern holten die Sachen im Grase herbei, wie sie sie gerade fanden:

Der eine brachte mir einen Hausschuh zusammen mit einem Pfund Schokolade, der andere reichte mir eine Senfflasche und eine Handvoll Rosinen, Magnus kam mit Friedrichs Lieblingsroman »Waldemar Sejr« und mit einer Dose voll eingemachten Erdbeeren.

In ähnlicher Reihenfolge erhielt ich das übrige dargeboten: Strümpfe und Mandeln, Unterzeug und kleine Teller, Feigen und eingemachte Ochsenzunge, Zuckerwerk, Pelzkleider, Van Houtens Kakaopulver, und so weiter.

Ein Kunststück, sich in dieser babylonischen Verwirrung zurechtzufinden!

Das Packpferd seinerseits, welches das Unheil angerichtet hatte, wollte gerechterweise beim Aufräumen ebenfalls mithelfen, aber auf seine eigene Art:

Plötzlich entdeckten wir nämlich, daß es mit größtem Appetit daran war, Rosinen und Feigen und alles umherliegende Zuckerwerk zu verzehren, wie es ihm gerade unter die Augen kam! Selbst Theaterkonfekt, das aus einigen von Tidemands Schachteln herausgefallen war, verschmähte es nicht.

Zur Strafe für alle diese Streiche bekam es nie mehr die Erlaubnis, frei einherzulaufen.

Als wir ihm den neugepackten Koffer wieder auf den Rücken schnallten, blieb es in aller Ruhe stehen, mit einem so unschuldigen Ausdruck in seinen großen Augen, daß man hätte glauben können, sein Gewissen sei so rein und sauber wie die schneeweißen Gletscher, die uns umgaben.

Nun wurden die Reitpferde gesammelt, die natürlich den Aufenthalt mit Vergnügen gleichfalls zu einer guten Mahlzeit auf der grünen, saftigen Wiese benutzt hatten.

Wir stiegen alle auf und setzten mit unverminderter froher Laune die Reise fort. Ohne weiteren Unfall kamen wir jetzt nach dem Hofe Hnausum, wo uns schon allein die Begleitung des Herrn Blöndal auf das beste empfahl.

Der Bauer von Hnausum war ein sehr gebildeter Mann und viel in fremden Ländern gereist. Er leistete uns fast die ganze Zeit, da wir auf seinem Hofe weilten, Gesellschaft.

Auf Hnausum bekam ich zum ersten Mal Gelegenheit, in einer richtigen alten »Lokrekkja« zu schlafen, das heißt in einem geschlossenen Bett, wie sich ein solches auch im Altnordischen Museum in Kopenhagen befindet. Nur fehlte bei meinem Bett der unterirdische Gang, der im Altertum oft mit den geschlossenen Betten in Verbindung stand und es bei einem nächtlichen Angriff dem Überfallenen möglich machte, zu entkommen.

Meinem kleinen dänischen Reisegefährten Friedrich verehrte der gute Bauer zum Andenken sein Bild, das von einem Photographen in Kopenhagen aufgenommen war.


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