Moritz von Strachwitz
Gedichte
Moritz von Strachwitz

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Das Elfenroß

        Es hatt' eine Dam' einen Renner flink,
    Ein rasches, rotes Roß;
Zum Boden herab die Mähne hing,
    Blitzfunken die Nüster schoß.

Dem Renner, dem war sie treu und hold,
    Mit Silber war er gezäumt,
Beschlagen der Huf mit rotem Gold,
    Mit Perlen der Gurt gesäumt.

Und eh' die Sonne am Himmel schwamm,
    In dem Stalle die Dame war,
Sie kämmte dem Tier mit goldigem Kamm
    Sein goldiges Mähnenhaar.

Und Seide sie flocht und Perlenband
    Mit dem Lilienfinger hinein,
Es trank der Renner aus ihrer Hand
    Den roten Burgunderwein.

Den vollen Arm, den weißen Arm
    Um des Tieres Nacken sie schlug;
Es rann von der Wange die Träne warm
    Auf des Renners glänzenden Bug:

»Mein stolzes Roß, mein treues Roß,
    Dir klag' ich all mein Leid.«
Auf riß das Roß, auf dehnte das Roß
    Die schnaubende Nüster weit.

»Sie wollen mir trauen als Bettgenoß
    Den falschen, verhaßten Mann.«
Da sprengte das Roß, da riß das Roß
    Der goldenen Halfter Bann.

»Mein rotes Roß, mein rasches Roß,
    Heut rette mich oder nie!«
Tief senkte das Roß, tief bog das Roß
    Vor der Herrin das schlanke Knie.

Und sah sie an gar bang und lang,
    Gar traulich und flehentlich.
Die Dame sich auf den Renner schwang,
    Der Renner von hinnen strich.

Die Schwalbe, die unten im Sturme glitt,
    Sie holt' ihn nimmer ein,
Der Sturm, der oben auf Wolken ritt,
    Keucht' ächzend hinterdrein.

Es steht ein Schloß im Elfenwald,
    Ein diamantenes Schloß,
Da stockt' es im Laufe, da macht' es Halt,
    Da stand es, das schnelle Roß.

Und als sie ihm dankend den Hals umfing,
    Es koste mit Mund und Hand,
Statt des Renners der Dame im Arme hing
    Der König von Elfenland:

»Du schöne Frau, du minnige Frau,
    Nun sollst du mein eigen sein,
Das Elfenschloß und der Elfengau
    Ist alles, alles dein!

Und wie du vordem in Hof und Stall
    Kredenzt mir den roten Wein,
So kredenze fortan mir in Schloß und Hall'
    Die roten Lippen dein.«

 


 


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