Moritz von Strachwitz
Gedichte
Moritz von Strachwitz

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Die Edelsteine

              Ihr wißt vom Blitze eine graue Märe,
Der im granitnen Leibe des Giganten,
Herabgeschleudert aus azurner Sphäre,
Zum Strahl verkörpert war des Diamanten.

Doch wie entsprungen in des Berges Minen
Granaten, Amethyst', und Chrysolithe,
Achat', Saphir', Topasen und Rubinen,
Des will ich künden euch die andre Mythe.

Als einst der Herr gemalt den Regenbogen
Mit buntem Schmelze aller Trikoloren,
Als Riesenbuchstab in Azur gezogen,
Gewoben aus der Liebe Meteoren,

Da sprach ein Cherub zu dem Herrn der Erde:
»Was frommt, Jehova, dieser Farben Blendung,
Wenn auf des Bergs porphyrnem Feuerherde
Der Strahl verflüchtet deiner Gnadensendung?

Willst du der Welt ein ewig Zeichen stiften,
So laß die Glut zum Körper sich versteinen,
Daß aus der Erde mitternächt'gen Triften
Die Sonnenfarben deiner Liebe scheinen.«

Da senkte der Herr des Bogens bunte Spitze
Tief in des Berges fels'gen Riesennacken,
Bis sich versteint das bunte Kind der Blitze
In millionenfarb'gen Edelschlacken.

Da ward aus Rot der Purpur der Granate,
Der Chrysolith aus meeresgrünem Taue,
Aus reinem Weiß der Milchstoff der Achate
Und der Saphir aus lichtem Himmelsblaue.

In Rosenfarb' ist der Rubin entglommen
Und der Topas im feuergelben Scheine,
In Violet der Amethyst verschwommen:
Das ist der Stammbaum jener Edelsteine.

 


 


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