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Aus dem Tschechischen


*

Bächlein fliesst dem Bach entgegen ...

Bächlein fliesst dem Bach entgegen
Und der Wind haucht in den Wellen,
Durch das Fenster guckt mein Mädchen
Mit den Äugelein, den hellen.

Guck' nicht durch die Fensterscheiben,
Komm vor's Haus, ich warte hüben,
Gib ein Küsschen mir, ein süsses,
Und ich geb' dir dafür sieben!

»Eh' ich dir nur eines gebe,
Will dir lieber Hundert schenken,
Dass die bösen Leute nimmer
Klein von meiner Liebe denken.«

*

Nahe bei Libitza

Nahe bei Libitza fliesst ein Wässerlein,
Tränke mir mein Pferdchen, liebes Mädchen fein.
»Ach ich will's nicht tränken, denn es könnt' mich kränken,
Denn es könnt' mich kränken, bin ich doch so klein.«

Sieh' mein braunes Pferdchen, wie's vertraulich ist,
Sagst du ihm ganz leise, dass mein Schatz du bist,
Wird's den Kopf nur neigen und gehorsam schweigen,
Sagst du ihm ganz leise, dass mein Schatz du bist.

Unter unsern Fenstern Weidenbäume blühn,
Sage mir, mein Mädchen, wer kommt zu euch hin?
»Keiner kommt gegangen, jeder flieht voll Bangen,
Jeder flieht voll Bangen, weil so arm ich bin.«

*

Bin ein hübsches Müllermädchen

Bin ein hübsches Müllermädchen
Und gefall' bald einem,
Doch mein Herz, mein munt'res Herze,
Ei, das schenk' ich keinem.
Fern von Czaslau – fern von Chrudim
Und aus allen Gauen
Nahen Freier über Freier,
Jeder will mich schauen.

Dieser rühmt des Blickes Feuer,
Der des Mundes Süsse,
Und der dritte wie ein Tauber,
Girrt um meine Füsse.
Was man wohl für ihn bereite,
Fragt die Muhm' der vierte,
Und der fünfte sorgt, ob ich wohl
Auch die Wirtschaft führte?

Zehn ach! stecken schon im Hause,
Das ist ein Getriebe!
Aber keiner fragt mich selber,
Ob ich ihn auch liebe?
Kommt nur her aus allen Weiten
Böhmischer Gelände,
Hänge gern ein kleines Körbchen
Jedem an die Hände!

.

Josef Šramek.
Zum Gedicht »Bin ein hübsches Müllermädchen«

*

Liebchen jätet Lein.

Liebchen jätet Lein,
Hab' es nicht gewusst,
Dass sie für den Krieg
Warben meine Lust,
Hab' es nicht gewusst, nein, nein,
Hab' es nicht gewusst.

Liebchen jätet Mohn
Um der Liebe Lohn,
Schade um das heisse Lieben,
Schade tausendmal, mal, mal,
Schade tausendmal.

Wenn du kommst zu uns,
Komm du nicht allein –
Nimm dir einen Kameraden,
Die Frau Mutter wird es freu'n,
Dass du nicht allein – lein, lein, lein,
Schreitest durch den grünen Hain.

In dem grünen Hain
Warten viele dein,
Dort, mein Sohn, für all dein Lieben
Schlagen sie dich tot, tot, tot,
Schlagen sie dich tot.

*

Totenklage

Dunkle Nacht, dunkle Nacht,
Ohne Mondesschimmer,
Traurig ist die Hochzeit,
Lebt der Vater nimmer.

Dunkle Nacht, dunkle Nacht,
Ohne Sterngeflimmer,
Traurig ist die Hochzeit,
Lebt die Mutter nimmer.

Dunkle Nacht, dunkle Nacht,
Wie du mich erregtest,
Als du mir die Mutter
In die Erde legtest.

Schwarzer Schacht, schwarzer Schacht,
Führ' sie mir zu Tage,
Dass ich meine Leiden
Endlich vor sie trage.

Fang' ich an mit Klagen
Also schmerzzerrissen,
Wirst du, schwarze Erde,
Selber weinen müssen.

(Aus dem mährischen Kreis.)

*

Noli me tangere

von Karel Dostal Lutinov

Ich weiss, wie klein ich bin und dürftig,
Doch wenn allein dein lieber Blick
Still auf mir ruht und sich nicht trübte,
Bin ich ein König, reich an Glück.

Leg' nicht auf's Haupt mir deine Hände,
Lass weit von mir das schöne Ziel,
Für mich genügt dein süsses Lächeln,
Das gibt der Wonne schon zuviel.

So bleib' mir fern und sing' von weitem
In meiner Tage graues Nichts,
Sei Abendrot – nur schwinde nimmer,
Du himmlische Vision des Lichts!

*

Ach není – tu – není ...

Ach ich finde nimmer
Eines Glückes Schimmer,
Ach ich finde nimmer,
Was mich freut.

Was mich einst beglückte,
Spülten fort die Fluten,
Ach ich finde nimmer,
Was mich freut.

Traurig ist das Pflügen
Ohne Pflug und Pferde,
Traurig ist das Pflügen
Ohne Räderlein –

Ach das wär' ein Pflügen
Gleich dem armen Lieben,
Gleich dem armen Lieben
Ohne Küsselein.

Ach was sie mir geben,
Will mir nicht behagen,
Ach, was sie mir geben,
Mag ich nimmermehr.

Geben mir den Witwer
Mit dem halben Herzen –
Hälfte nahm die Tote –
Hälfte gab er mir.

*

Leid

Grüner zarter Rasen, den ich oft beschritten,
Meine Tränen häufig auf dich niederglitten.

Lachen auch die Augen und die Lippen singen,
Ach, aus meinem Herzen neue Tränen dringen.

Singe nicht deswegen, dass ich fröhlich würde,
Aber darum, dass mir leichter sei die Bürde.

Meine wehe Trauer, einsam und verlassen,
Gleicht auf Wiesengrunde wohl dem Tau, dem blassen.

Doch der feuchte Tau wird zärtlich Spiel den Winden,
Nur ich Schmerzgebeugte kann kein Mitleid finden.

(Aus slovakischen Liedern.)

*

Friedhof

Grünende Wiese, du trägst
Goldene Namen,
In dich versinken so viel
Kostbare Samen.

Sinken und sinken so schwer,
Keimen doch nimmer,
Wohl weil zu tief man sie birgt,
Fern jedem Schimmer.

S' ist nun drei Jahre schon her,
Dass ich den Liebsten dort hüte,
Immer noch taucht nicht empor
Ach, meine Tulpenblüte!

*

Verlorene Jugend

Durch Gebirg' und Wälder rauscht die wehe Klage:
Wo seid ihr entschwunden, meine jungen Tage?

Meine jungen Tage kannten keine Freuden,
Meine jungen Jahre kannten nur die Leiden.

Jugend, meine Jugend, bist mir so entschwunden,
Wie wenn ich ein Steinchen würf' zum Flutengrunde.

Selbst der Stein im Wasser weiss sich noch zu drehen,
Doch um meine Jugend ist es längst geschehen ...

(Aus slovakischen Liedern.)


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