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In memoriam


*

Annemarie von Nathusius

† 1926

I.

Ist's möglich – eine Urne soll dich fassen?
Ein Häufchen Staub soll deines herrlich blassen
Süsseligen Leibes letztes Ende sein?
Ich fass' es nicht – das Haar, das rötlich golden
Die weisse Stirn umflog, es soll die holden
Locken verlieren, deine weisse Hand,
Die manch ein schimmerndes Geständnis band,
Soll hingeweht sein wie ein Blumenblatt –
Ach deine Lippen, die sich nimmersatt
Zu küssen wussten, sprengte hart der Tod
Mit seinem Feuermal, das er dir bot ...

Ich aber weiss es, stolz wie du gelebt,
Ist dieser Welt dein letzter Hauch entschwebt –
Auf Erden eine weisse Königin,
Nahmst du des Leidens Dornenkrone hin,
Als wär' sie eine Gottes Gnadengabe.
Die andern wanken mühevoll zu Grabe,
Du schwingst dich wie ein Phönix auf ins Licht, –
Und meine Tränen werden zum Gedicht.

*

II. Die Flamme ...

Die Flamme, die dich oft durchglühte,
Nun rafft sie deine Schönheit fort,
Des Leibes Huld, der Hände Blüte –
Zu Asche bist du bald verdorrt.

Ach wie das Weh mein Herz erschüttert,
Warst du doch, Kind, ein Stück von mir,
Dein selt'nes Glück hat mich durchzittert,
Und meine Freuden wuchsen dir.

Uns banden keiner Freundschaft Schwüre –
Wir waren Eins, so du wie ich,
Weh mir, dass durch des Todes Türe
Sich deine liebe Seele schlich.

Nun bin ich einsam und verloren
Auf ernstem Weg, ein grauer Stein –
Indess zu lichtumflossnen Horen
Zog deines Lebens Genius ein.

*

III. Ein Smaragd ...

Noch seh' ich dein leuchtendes rotes Haar,
Es flog wie Flammen im Winde –
Noch lockt mich dein blaues Augenpaar,
Der Lippen brennende Sünde.

Wie waren die Schultern zart und weiss,
Der Nacken, als trüg' er Flügel,
Wie schlug dein Herz so rot, so heiss
Unter dem schwellenden Hügel.

Doch schöner als Lippen und Augenpracht
War deine Hand, die schlanke
Ruhevolle, die ein Smaragd
Schmückt' wie ein Königsgedanke.

*

Theodor Herzl

† 1904

Schwarze Fahnen flattern in den Lüften,
Dunkle Nebelbreiten rings sich heben,
Wie ein Grüssen winkt es aus den Grüften,
Wie ein Bangen will es niederschweben.

Kehrt ein Ringer still zur Heimat wieder,
Müde streckt er die gelösten Glieder,
Öffne ihm dein Herz, geliebte Erde,
Dass ihm Ruhe, sanfte Ruhe werde.

Finstern Wolken, die sich machtvoll neigen,
Glich sein lockenhaarumwalltes Haupt,
Aus den Augen lohte stumm ein Schweigen
Wie von Blitzen – himmelsnah geraubt.
Seine Feuerstirn war die des Einen,
Dem einst Gott genaht in Flammenscheinen ...

Kehrt ein Dichter still zur Heimat wieder,
Müde senkt er die erloschnen Lider,
Öffne ihm dein Herz, geliebte Erde,
Dass ihm Friede, sanfter Friede werde!

*

Valeska Schliephacke

† 1927

I

Will alle Tage um dich weinen,
Bis zu dem letzten, schmerzvoll einen,
Da ich vom Leben scheiden werde
Und in die heissgeliebte Erde
Zu ewigen Träumen kehr' zurück.
Ich war, geliebtes Herz, dein Glück,
Du hattest weder Kind noch Gatten
Und lebtest in der Liebe Schatten,
Nur mich, die sich dein Geist erzogen,
Und die dich, Einzige, nie betrogen,
Mich hieltest du im Herzensschrein,
Nur ich war dein.
So ward ein Stück ich deines Lebens
Und du die Wonne meines Strebens,
Ich brachte dir, was ich errang,
So wie man Göttern weiht die Gaben,
Um ihren hohen Sinn zu laben,
Dir nur galt meiner Harfe Sang.
Uns eint' im Leben Glück wie Leiden,
So kann der Tod uns niemals scheiden,
Dein Geist ist bei mir Tag und Nacht –
Im Sterben bist du ganz für mich erwacht.

II.

Sie sagen mir: was weinst du nur um sie,
Eine Ruine ist sie längst gewesen ...
Ruinen haben eine Melodie,
Die nur die einsam stillen Geister lesen.
Sie war mir Wahrbild einer schönen Zeit,
In meiner Jugend stand ihr Ruhmeszeichen,
In ihr lebt auf meine Vergangenheit ...
Ach dass ihr Glanz frühzeitig musst erbleichen,
Hat sie nur teurer meinem Sinn gestellt –
Mit ihr zerfallen ist mir eine Welt.

*

Karel Dostal Lutinov

(Ein tschechischer Dichter, † 1923)

Ein Stern erloschen, ein Dichter gestorben,
Am schweren Leid der Welt verdorben,
Mit seinen Träumen sank er ins Grab,
Was konnte sie ihm Gutes bieten,
Er zauberte ihre holdesten Blüten
Aus seinem Herzen, das er ihr gab.

Sie ist ihm alles schuldig geblieben,
Sie gab ihm Dornen für sein Lieben,
Band ihm die Hände voll blutigem Hohn;
Er hat geduldet – sie hat gerichtet,
Sie hat ihn gemartert – er hat gedichtet,
Bis er leise schlich davon.

.

Raimund Mosler. Johannesandacht.
Zum Gedicht »Karel Dostal Lutinov«

*

Johannes Graf von Kuenburg

† 1926

Mir träumte nachts von einem schmalen Sarge
Den man an mir vorbeitrug, eine karge
Beleuchtung liess die schwarzen Zieren sehn,
Schauernd erwachte ich und sagt' mir leise:
Ach einer Freundesseele dunkle Kreise
Vollenden sich – ein Unheil ist geschehn.

An jenem Tage wardst du eingebettet,
Als Glied in deiner Ahnen Reih'n gekettet,
Aus denen kein Entfliehn es jemals gibt.
Zu gut warst du für dieser Erde Lügen,
Dies' arme Leben konnt' dir nicht genügen –
Du flohst in Reiche, die dein Geist geliebt.

*

Gustav von Trümbach

† 1900

Ein Epheublatt von deinem Grabe
Hat deine Mutter mir gesandt,
Mit leiser wehmutvoller Trauer
Leg' ich es still auf meine Hand.

Du schläfst in sonnenloser Tiefe,
Die finstern Schatten halten dicht,
Doch deines Blutes Träume schwebten
Empor an meines Blattes Licht –

Drauf sank der Mutter heisses Weinen,
Das sie um dich vergossen hat,
Ist es von Tränen oder Träumen
So üppig lebensvoll, so – satt?


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