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Liebe


*

O Becher der Vergangenheit

O Becher der Vergangenheit,
In den meine Tage flossen wie fliehende Tropfen,
Wann schäumst du über?
Dunkel brodelt es in deiner Tiefe,
Wenn des Schicksalpriesters Hand dich schüttelt,
Du silberne Myrrhenschale.
Meine Träume brennen in dir und meine Sehnsucht,
Meine Wollust durchglüht dich, meine Grausamkeit
Duftet aus deinem lichten Gewölk ...
Doch finster wallen die Dämpfe,
Steigt meines Willens
Umdüstertes Bild empor,
Und grauenvoll enthüllt sich Schuld um Schuld,
Schwarz hingeschrieben in die leere Luft.
Verruchte Taten sprühen auf und knistern,
Giftschwaden meines Hasses schieben sich
Schwelend fort. Keine Fülle der Reue
Vermag die drohende Flucht zu hemmen –
Aufschluchzend berg' ich mein Haupt ...
Da jagt eine goldene Flamme
Aus dem grausigen Grund,
Ihr reiner Atem zerteilt das schwere Gewölk –
Jetzt rauscht sie über das Weihegefäss meines Lebens
Lodernd zum Himmel,
Die Flamme meiner letzten, grossen,
Heiligen Liebe –
Und ich bin entsühnt!

*

Lied der Frau

Hell glänzt an meinem Finger der breite goldne Ring,
Der meine Flatterseele mit harter Fessel fing,
Nun will ich in ihm ruhen, gebunden Nacht und Tag,
Bis meiner Augen Helle sich sterbend schliessen mag.

Ich bin in ihm gefangen, mich bannt sein rotes Licht,
In meiner Nächte Träume sein Leuchten drohend bricht,
In meiner Nächte Träume, da wird der Ring zum Arm,
Der presst um meine Lenden sich liebeseng und warm.

Er hält mir Stirn und Sinne mit wildem Griff umfasst,
Er wächst um meine Seele zum funkelnden Palast,
Er wird zur goldenen Insel, die trägt in sanfter Ruh
Durch dunkle Meerestiefen mich dir, Geliebter, zu!

*

Hände

Ich liebe die schmalen magern Hände,
Hände, die gierig sind zu fassen
Und was sie erfassten, niemals lassen,
Hände wie Brände,
Mit Fingern, die lodern wie flackernde Flammen,
Hände, die fordern und reissen zusammen,
Was sich entgegenstellt den feinen,
Den zärtlich zürnenden, starken und reinen –
Ich liebe Hände – wie die deinen ...

Sie legen sich um den Hals des Hundes
Mit festen Griffen und letzten Grundes
Umklammern sie adlerkühn den Bau
Der Rippen einer geliebten Frau.
Sie fühlen, sie denken, wie sie sich regen,
Sie jauchzen, sie grollen, sie ballen verwegen
Sich stürmisch und leise, je nach den Launen,
Die sie beherrschen, sie flüstern und raunen,
Wenn auch vernehmlich nur meinem Ohr –
Ach für ihr zärtliches Sinnen und Streicheln,
Für ihr hingebendes Minnen und Schmeicheln
Gäb' ich die Seele, die ich verlor ...

*

Die Sommernächte ...

Die Sommernächte sind so warm –
O nimm mich in deinen kühlen Arm
Und lass mich wieder an Liebe glauben!
Wie weht der Wind so lind, so sacht,
Die Birke neigt sich der schweigenden Nacht,
Es schwellen am Spalier die Trauben.

Ein heimlich Verlangen flügelweit
Rauscht durch die Zeit,
Die Sterne blicken flimmernd nieder,
Der Mond erlischt wie ahnungschwer,
Sanft rauschen die Wasser vom weiten Wehr
Und vom Dorfe die alten Lieder.

Die Sommernächte sind so warm,
Ich wollte sie alle an deinem Arm
Hinträumen im dunkelnden, funkelnden Garten,
Dich aber zieht es ins Haus hinein –
Ich bin allein
Mit meinem Sehnen, dem liebeszarten.

*

Ein Götterkind

Ein Götterkind, das zu dir niederschwebte,
Schien dir mein Lied, da jüngst ich's dir entsandte,
Soll ich dir sagen, wie sich's von mir wandte,
Eh' es dir sacht und gern zum Herzen bebte?

Mir ist es oft, als hört' ich leises Schwingen
Hoch über mir – ein Sang aus ferner Seele,
Die Worte nahen – doch nicht ich sie wähle,
Sie wählen mich, wenn sie herniederklingen.

Und mein Gefühl braust ihnen stark entgegen,
Das quillt empor, ein herrlich reicher Segen,
Ins Reich der Träume strömt es zu entfliehn –

... So wird's ein Lied, ein wolkenhochgebornes,
Ein Götterkind, ein selig erdverlornes,
Gezeugt aus Liebe und aus Melodien.

*

Ich kann nur lieben ...

Ich kann nur lieben, wie die Feen lieben,
Und nicht nach rauher Kriegerknechte Art,
Mein Sinn ist scheu und meine Träume blieben
Wie Kinderträume keusch und haucheszart.

Du tust mir weh mit deinen heissen Händen,
Dem Flammenblick, von wildem Glück betört,
Und matt entsink' ich deinen Feuerbränden
Wie eine Blüte, die der Sturm zerstört.

Du führst dem Tod mich zu, dem bitterherben,
Ich spür' es tief in meiner müden Brust,
Und eh' du's ahnst, werd' ich verblassend sterben,
Umbraust von deiner tollen Liebeslust.

*

Herzen, die sich lieben

Vor Herzen, die sich lieben,
Steh' still wie im Gebet,
Stör' nicht den heiligen Frieden,
Der allzuleicht verweht.

O hüte deine Worte,
Nimm jeden Blick in Acht!
An stiller Seelen Pforte
Hält Liebe scheu die Wacht –

Ein Lächeln schon erschreckt sie,
Ein Laut füllt sie mit Angst,
Und leidend geht sie unter,
Wo du nicht einmal bangst.

*

Herz – mein Herz –

(Nach einem französischen Gedicht der Margit Stonawski.)

Herz, warum bist du nicht froh?
Herz, mein Herz, was klagst du so?
»Schenk mich fort, schenk mich fort –
Eh' ich verdorrt!«

Armes Herz, lern' es bedenken,
Wem – ach wem soll ich dich schenken?
»Schenk mich dem Herrn, der über die Strasse geht –«
Glaubst du, dass er dich, armes Herz, versteht?

»Schenk mich dem Rittersmann – dem Königssohn –«
Da wäre böses Leid mein bittrer Lohn –
»Gib mich dem ersten besten Bettler hin
Und sei du selber seine Königin! –«
Doch weist er meine Gabe stumm zurück –
Was tu' ich dann, wie rett' ich dein Geschick?
»Dann wirf mich einem Hirten vor die Füsse,
Vielleicht erfasst der Knabe meine Süsse –
Doch lass mich nicht vereinsamt untergehn –«
Mein armes Herz, was wird mit dir geschehn?

*

Fee – Frau – Kraft

Du sagst, ich wäre wunderbar,
Dein junger Sinn sei ganz verwirrt,
Ich bin die Fee, die ewig war
Und ewig sein wird.

Was liegt an Zeit, was liegt am Jahr,
Ob flüchtig die Sekunde schwirrt –
Ich bin die Frau, die ewig war
Und ewig sein wird.

Frag' nicht nach Dingen, die nicht klar,
Wenn auch dein Denken sie umirrt –
Ich bin die Kraft, die ewig war
Und ewig sein wird.

*

Rosen

Weisse, letzte Sommerrose,
Seltsam sieht dein Blick mich an,
Duftest schwer, du Morgenbleiche,
Wie betört vom Liebeswahn.

In der Stille meiner Stube,
Von den Uhren sanft umtickt,
Hat so tief wie du noch keine
In mein einsam Herz geblickt.

In mein Herz, das purpurschwellend
Einer Rose gleicht wie du,
Und den Blutstrom meines Lebens
Zärtlich trägt dem Freunde zu.

Weisse Rose, rote Rose,
Kelche der Sehnsucht und des Glücks –
Freudenreiche, ahnungslose
Töchter eines Augenblicks ...

*

Liebesweh

Eine heissere Liebe als meine,
Die findest du nimmer mehr,
Eine kältere Kälte als deine
Machte nie das Herz mir schwer.

Ich bin zu stark, um zu leiden,
Zu kühn, um unselig zu sein,
So liegt auf uns beiden, uns beiden
Des Lebens bitterste Pein.

Was soll aus dem Jammer werden?
Was zwingt dich noch länger an mich?
Du geliebtester Mensch auf Erden –
Wann wohl verlass' ich dich?

.

Valentin Drzkovic.
Zum Gedicht »Liebesweh«

*

So ...

So werd' ich einst lauschend stehn
An halb geöffneter Tür,
Und höre dich nicht mehr gehn,
Und kein Sehnen führt dich zu mir –

Gebrochen der heisse Schwur,
Der unsere Lippen band,
Erloschen der Liebe Spur
Wie Rosen am Wolkenrand.

Und wieder bin ich allein
Mit einem Herzen voll Qual –
Wie kann man doch elend sein
Zum tausendsten Mal!

*

Ich bin ein Baum

Ich bin ein Baum, in den die Axt geschlagen,
Ich fühl' das Beil in meiner Kräfte Mark,
Schon neig' ich mich, – der Blüten Fülle tragen
Noch meine Aeste keusch und gross und stark ...

Du schwingst das Beil, doch hüte deinen Willen,
Denn sink' ich nieder, kann es leicht geschehn,
Dass in des Waldes grünumlauschten Stillen
Du nicht erzwingst mein einsam Untergehn.

Ich hab' dich einst geschützt, doch nur ein kurzes
Glück lang hat mich dein Sehnen aufgesucht –
Gib acht, dass nicht die Welle meines Sturzes
Dich mit sich reisst in jäh gewaltiger Wucht!

*

Rosenlied

Dufte, dufte, rote Rose,
Schenk mir deiner Träume Hauch,
Ach gleich dir, so sehnsuchtstrunken
Bang' ich auch.

Müde rinnen meine Tage,
Jahr um Jahr vergleitet sacht,
Meiner Liebe dunkle Klage
Sinkt in Nacht ...

Blühe, blühe, rote Rose,
Trinke deines Himmels Glanz,
Ueber uns in Fernen blitzt der
Sterne Kranz.

Ewig rieseln Strom und Quellen,
Durch die Zeiten rauscht der Wald,
Ewig flammen Sterne – wir nur
Welken bald!


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