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Das Nixenlied

Drei Musikanten ziehn nach Haus
Nachts durch den Wald vom Kirchweihschmaus,
Verschlafen stehn die Tannen.
Dem Brummbaß brennt der Rausch im Hirn,
Er drückt den Hut tief in die Stirn
Und schleppt sich schwer von dannen.

Die Klarinette jauchzt voll Lust
Und fällt zu Boden, da sie just
Umarmt den Meilenzeiger.
Als Dritter aber zieht allein
Durch Waldnacht und durch Vollmondschein
Verträumt der junge Geiger.

Ihm scheint verzaubert rings die Welt.
Ist's nicht, als ob er Einzug hält
Ins Reich vom Märchenkönig?
Viel lustig Volk gibt ihm Geleit,
Die stille Waldeseinsamkeit
Hat Stimmen wundertönig.

Durchs Dickicht er den Weg sich bahnt,
Und plötzlich steht er ungeahnt
Am Born im Nixengrunde,
Verrufen ist der düstre Ort,
Man raunt, ein Zauber walte dort
Nachts um die Geisterstunde.

Der Geiger tritt zum Brunnenrand,
Nimmt seine Fiedel in die Hand
Und hebt den schlanken Bogen.
Wie klingt das fremd und wundersam!
Ein Lied, das nie sein Ohr vernahm,
Kommt durch den Tann gezogen.

Nicht weiß er, ob er selbst noch geigt,
Ihm ist, als ob sein Bogen schweigt,
Als lauscht' er fremder Weise,
Die seine heiße Sehnsucht mild
Mit seliger Erfüllung stillt, –
Fern klingt es, süß und leise. –

Da hebt es sich sacht
Aus des Brunnens Schacht:
Schimmerndes Blondhaar,
Ein schneeiger Leib,
Silberne Flossen, –
Halb Fisch, halb Weib'!
Die Nixe!
Unergründliche Augen
Locken ihn leise,
Und sanft verklingend
Erstirbt die Weise. –

– In erster grauer Morgenstund'
Kehrt einer heim vom Nixengrund,
Verstört, mit nassen Haaren.
Wieviel die Leute auch gefragt,
Nichts hat er von der Nacht gesagt,
Hat keiner ein Wort erfahren.

Doch läßt's ihm nimmer Ruh' zu Haus,
Zieht als Vagant landein, landaus,
Das Zauberlied in den Ohren.
Das singt und klingt und lacht und lockt, –
Er geigt und sucht, – der Bogen stockt
Mit schrillem Ton, – verloren!

So trieb ihn das Sehnen fort und fort,
Zog suchend und geigend von Ort zu Ort,
Bis er müde und grau von Haaren.
Dann fanden ihn Köhler im Nixengrund,
Die Geige im Arm, mit lächelndem Mund
Einst tot vor langen Jahren.


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