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Luther auf Wartburg

Die Kemenate hellt Blitzesschein,
Fahlblau und schwefelgelb zuckt es herein;
Durchs Waldgebirge die Donner rollen,
Als ob Dämonen in Lüften grollen.
Am Fenster, umgeistert vom irren Licht,
Ein bleiches, verwachtes Angesicht.
– – – Der vor Kaiser und Reichstag so kühn gezeugt,
Martinus, was hat dir den Mut gebeugt?
– – Blitze hier – Blitze da!
Fern flammt es und nah, –
Von überall
Der Donner Schall
Und Widerhall.
– – – Schwarmgeister haben das Volk verwirrt,
Römische Wölfe dringen ein,
Die Herde zerstreut sich ohne Hirt:
»Siehe darein,
Herre Gott, Herre Gott!
Laß uns nicht werden der Feinde Spott!« –
– Hui! fährt eines Wetterstrahls Flammengewalt
Züngelnd über den Buchenwald
Ins Gemach hinein.
Irrender Schein
Huscht hier und dort
Über Wand und Geräte fort,
Und – neben der Bettstatt – was ist das? –
– »Satanas?« –
In den Augen lodert der Hölle Brand;
Mit höhnischem Lachen
Reckt er sich auf im roten Gewand:
Mönchlein, was wolltest du wider mich machen?
– Da bäumt sich die trotzige Bauernkraft,
Lange erschlafft,
Da zwingt der starke Glaubensmut
Siegreich das schreckhaft zagende Blut:
»Hie Jesus Christ, unser Gott,
Der Herre Zebaoth!«
Und krachend – geschleudert von nerviger Hand
Zerschellt das Tintenfaß an der Wand.
– – – Noch ein feuriger Streif
Wie ein schleppender Schweif,
Dann Dunkel und Stille rings umher.
Draußen verzieht sich das Wetter, das schlimme,
Blitze und Donner fahren nicht mehr,
Und feierlich spricht eine markige Stimme:
»Und ob die Welt voll Teufel wär'
Und wollt' uns gar verschlingen,
So fürchten wir uns nicht so sehr,
Es soll uns doch gelingen!«


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