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Marienfäden

Herbsttag im Wartburghof. Umzogen
Von Eppich und von wildem Wein
Stehn lächelnd heut im Sonnenschein
Die Erker und die Mauerbogen.

Vom kleinen Gärtlein an der Seite
Kommt später Rosen süßer Duft,
Und wie ein Kranz, bei klarer Luft,
Liegt rings der Bergwald in der Weite.

Da schwebt mit silberweißem Flimmern
Ein feiner Faden leicht heran
Und hängt sich an die Mauer an,
Wo herbstlich rot die Ranken schimmern.

Mariengarn! – Dem tiefen Bronnen
Entsteigt in Schleier eingehüllt
Frau Sage, und ein schönes Bild
Zeigt sie aus Tagen, längst verronnen:

Vier Engelsbüblein, holde, kleine,
Die ziehn »das Garn der lieben Frau«
Hier zwischen Mauern, altersgrau,
Geschäftig auf als Wäscheleine.

Und junge, flinke Mägde schreiten
Mit großen Körben hin und her,
Das Linnen, silberweiß und schwer,
Darüber sorgsam auszubreiten.

Indes, umspielt vom Windesfächeln,
Hoch droben auf dem Söller steht
Die Landgräfin Elisabeth
Und niederschaut mit frommem Lächeln.


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