Johanna Spyri
Kornelli wird erzogen
Johanna Spyri

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Freundschaft

Kornelli war schon eine ganze Reihe von Tagen nicht mehr bei Marthe erschienen. Diese hatte einen großen Kummer darüber aus mehreren Gründen, die sie in gleicher Weise beunruhigten. Einmal hatte sie das Kind ja so lieb wie ein eigenes und konnte die gewohnten täglichen Besuche fast nicht entbehren. Dann wußte sie, bei Kornelli mußte etwas gar nicht in Ordnung sein, daß sie nicht mehr erschien; denn von klein auf hatte sie ja fast keinen Tag vorübergehen lassen, ohne daß sie gelaufen kam und ihrer alten Marthe alles erzählte, was da begegnet war und begegnen sollte. Zum dritten tat es Marthe leid um ihren Gast, daß Kornelli so lange ausblieb. Sie hatte Dino schon soviel von dem Kinde erzählt, wie lustig und kurzweilig es sei und wie Dino an ihm eine tägliche Spielgefährtin finden würde, und nun war es damit gar nichts; Kornelli kam nicht wieder.

Dino hatte unterdessen gute Freundschaft mit der alten Marthe geschlossen, die gar nicht wußte, was sie alles tun sollte, um es ihrem so freundlichen und höflichen Hausbewohner so recht behaglich bei ihr zu machen. Wenn er seinen täglichen Spaziergang gemacht und seine festgesetzten Schulaufgaben, die er sehr gewissenhaft vornahm, beendet hatte, setzte sich Dino immer gern zur Marthe hin, um sie allerlei erzählen zu hören; denn das tat sie in einer Weise, die Dino sehr wohl gefiel. Meistens erzählte sie dann vom Herrn Direktor und von seiner Frau, die Marthe schon als kleines Kind gekannt hatte, und immer kam sie bald auf Kornelli zu sprechen; von dieser wußte sie am allermeisten zu erzählen. Ein so fröhliches, lustiges, kurzweiliges Kind hatte sie nie gekannt, bezeugte Marthe jedesmal wieder, trotzdem Dino immer wieder sagte, das könne er nicht begreifen; und wenn Marthe gar behauptete, Kornelli sei so anmutig, wie sie noch kaum ein Kind gesehen habe, dann mußte Dino jedesmal lachen.

»Gerade wie eine kleine Eule sieht sie aus«, sagte er dann wieder; »die Augen sieht man gar nicht. Ich wollte aber doch, sie käme einmal wieder«, setzte er dann hinzu; denn er hätte Kornelli gern einmal so recht lustig und kurzweilig gesehen, wie Marthe sie immer geschildert hatte.

An demselben Abend, als Dino sich in sein Zimmerchen zurückgezogen hatte, band sich die alte Marthe schnell eine bessere Schürze vor, nahm das große Halstuch aus dem Schrank, legte es um die Schultern und trat leise aus dem Häuschen. So ging sie dem Hause des Direktors zu. Dort schaute sie zum Küchenfenster auf; da war noch ein helles Licht zu sehen, wie auch in dem Zimmer auf den Garten hinaus. Marthe trat in die Küche ein. Esther und Jungfer Mine saßen drin bei einem reichlichen Abendessen. Die letztere stand eben auf und folgte dem Ruf der Glocke, die vom Speisezimmer aus erklungen war. Esther bot der alten Bekannten gleich den eben leergewordenen Platz an.

»Setzt Euch, Marthe, Ihr werdet das Ausruhen wohl verdient haben heut wie ich auch«, sagte sie, indem sie drei Schüsseln und eine Flasche in Bewegung setzte und der Angekommenen entgegenhob. »Nehmt, nehmt. Es ist noch soviel übrig; ich bin froh, wenn's weg ist, so habe ich frischen Tisch für morgen.«

»Ich danke vielmals, Esther, ich habe schon zu Nacht gegessen«, entgegnete Marthe; »es ist ja recht freundlich von Euch, daß Ihr mich mithalten lassen wollt, aber ich danke.«

»Was, ich danke, nichts da, ich danke! Was ich gekocht habe, kann jeder essen, und wär's der Kaiser von Rußland, und der seid Ihr denn doch noch nicht«, ereiferte sich die Esther, indem sie einen Teller mit einem schönen Stück Braten, mit Makkaroni und gekochten Pflaumen belud. »Da, Marthe, macht keine Umstände, das eßt Ihr, und das Glas Wein trinkt Ihr dazu. Man kann auch zweimal zu Nacht essen; ich wüßte gar nicht, warum nicht, wenn's gut ist.« Marthe wollte die schönen Gaben der Esther nicht verschmähen; sie begann dankend ihr zweites Nachtessen, das viel reichlicher als das erste war.

»Was hat's gegeben, Marthe, daß Ihr so spät noch hierher kommt?« fragte Esther jetzt, ein wenig neugierig, was der Besuch zu so ungewohnter Zeit zu bedeuten haben konnte.

»Ich hätte Euch gern etwas gefragt, Esther, und dachte, so am Abend störe ich Euch am wenigsten in den Geschäften«, antwortete Marthe. »Kornelli ist diese ganze Woche nie zu mir gekommen, und sonst kommt ja das Kind täglich. Ich dachte, vielleicht haben es die Damen nicht gern, daß es zu einer so geringen alten Frau geht, und ich könnte das ja wohl begreifen; glaubt Ihr, daß es so ist?«

»Nein, das glaube ich nun gar nicht«, erwiderte Esther, »sie wissen von der Mine, daß der Herr Euch wohl mag; aber Ihr könnt Euch nicht denken, wie sich das Kind in allem seinem Tun verändert hat; man kennt es gar nicht mehr. Wer kam früher jeden Morgen drei- und viermal in die Küche gelaufen? Wer sang und hüpfte im Garten herum wie ein Vogel, am Morgen und am Abend und zu jeder Tageszeit? Wer pickte die schönen Beeren alle und die gelben Pfläumchen und die saftigen, dunkelroten sauren Kirschen dort von dem jungen Bäumchen weg, daß es eine Freude war zuzusehen? Alles Kornelli. Und jetzt? Nichts mehr von allem. Die Beeren sind schon lang eingetrocknet und verfault, und so ist es den schönen sauren Kirschen ergangen. Die goldenen Mirabellen, solche Prachtspfläumchen, liegen zu Dutzenden unter dem Baum; denn das ist alles für Kinder; natürlich, die Damen wollen nichts von solchem Zeug, und kochen kann man es auch nicht. So fällt's und liegt's, und Kornelli geht an allem vorbei und hebt den Kopf nicht auf.«

Marthe war viel zu bescheiden zu sagen, wie gern sie ihrem jungen Hausbewohner ein Körbchen voll der schönen Pfläumchen hinabbringen würde; sie hatte ja gar keine Früchte für ihn, wie müßten solche ihm gut schmecken! Aber er war ja nun bei ihr; sie würde für sich reden, das konnte sie nicht tun. »Ja, Esther«, sagte sie dann, »ich habe es wohl bemerkt, daß Kornelli so verändert ist. Es kommt, will's Gott, wieder besser. Das Kind muß sich eben in ein neues Leben hineingewöhnen; aber es tut ihm ja so gut, daß jemand da ist, der so seine Erziehung leitet, wie sie doch für so ein Kind sein muß.«

Esther zuckte bedeutungsvoll die Achseln; sie sagte nichts.

»Ist das Kind wohl noch im Zimmer drinnen, oder schon hinaus, Esther, wißt Ihr's nicht? Ich hätte ihm so gern gesagt, es soll doch einmal wieder zu mir kommen, weil Ihr doch sagt, die Damen hätten nichts dagegen.«

Esther brauchte nicht zu antworten. In dem Augenblick kam Kornelli durch den Gang herangeschlichen. Als sie Marthe erblickte, die aus der Tür trat, ging ein Freudenschein über ihr Gesicht; sie kam schnell heran, die Alte zu grüßen.

»Ich kam, um zu sehen, ob du vielleicht krank seiest, oder ob dir sonst etwas im Wege liege, daß du gar nicht mehr zu mir kommst«, sagte Marthe, immer noch in herzlicher Weise Kornellis Hand festhaltend. »Die Zeit ist mir so lang geworden, seit du bei mir warst.«

»Mir auch«, sagte Kornelli mit rauher Stimme.

»So komm doch nur bald wieder, morgen und alle Tage, wie du's früher tatest«, bat Marthe.

»Nein, ich komme nicht«, gab Kornelli zurück.

»Warum denn nicht, Kornelli?« fragte Marthe ängstlich.

»Weil der Bub da ist. Ich kann ihn nicht leiden, und er kann mich auch nicht leiden«, behauptete Kornelli.

Über diesen Irrtum mußte die Marthe sich sehr ereifern. Sie berichtete, wie im Gegenteil Dino jeden Tag nach Kornelli gefragt habe und so froh wäre, wenn sie wieder kommen würde. Er hätte ja sonst gar keinen Spielgenossen, und so allein zu bleiben den ganzen Tag, sei doch auch langweilig für ihn. Daß Kornelli ihn nicht leiden könne, daran sei er gewiß nicht schuld. Er habe nichts gegen sie, sonst würde er nicht so sehr wünschen, daß sie wiederkomme. »Und sag mir doch nur, Kornelli«, schloß Marthe, »warum kannst du den artigen Dino nicht leiden?«

»Ich will morgen wieder zu dir kommen«, war Kornellis Antwort. Sie genügte der Marthe. Sehr erfreut verabschiedete sich diese nun, nahm aber dem Kinde noch einmal das Versprechen ab, daß es morgen kommen wolle, um ein wenig bei der alten Freundin und bei ihrem neuen Hausgenossen zu bleiben.

Kornelli traf am anderen Tag richtig zur gewohnten Zeit gegen Abend bei Marthe ein. Sie stand bei ihren Nelkenstöcken auf der kleinen Galerie und erwartete den Besuch; denn sie hatte ihn schon herankommen sehen. »Dino freut sich, daß du kommst, Kornelli«, sagte Marthe, dem Kinde ihre Hand entgegenstreckend, »er ist eben vom Milchtrinken heimgekommen; sieh, da kommt er schon.«

Dino hatte gehört, daß die Erwartete angekommen war. Er hatte die Tür geöffnet und trat nun heraus. »Warum bist du so lange nicht wiedergekommen?« sagte er, Kornelli die Hand reichend; »ich habe dich jeden Abend erwartet.«

Kornelli antwortete nicht. Sie traten miteinander in die Stube ein und setzten sich wie am ersten Tag ihres Zusammenseins an den Tisch hin. Marthe ging hinaus. Sie wußte wohl, daß die Kinder sich am besten wieder zusammenfinden würden, wenn sie allein waren, und sie wünschte, daß diese beiden recht gute Freunde würden.

»Dein weißes Zicklein wird nun jeden Tag netter«, sagte Dino. »Es trägt immer noch das rote Band und macht so lustige Sprünge, du solltest es nur einmal wiedersehen.«

»Es ist mir gleich, ob ich es wiedersehe oder nicht, es ist mir alles ganz gleich«, warf Kornelli unfreundlich hin.

»Nein, das ist nicht wahr«, sagte Dino ganz freundlich lachend, »wenn man so sagt wie du und in einem solchen Ton, dann ist es einem erst recht nicht gleich um eine Sache; man ist nur erbittert, weil man nicht dazu kommen kann. Das weiß ich ganz gut; ich mache es auch so.«

Kornelli war so erstaunt über Dinos Kenntnis der Lage, daß sie ihn schweigend anstarrte.

»Ja, ich weiß ganz gut, wie es ist«, wiederholte er; »aber du hast ja gar keine Ursache, dich zu erbittern; du hast ja das schönste Leben, das man nur haben kann. Alle Morgen und alle Abend denke ich so, wenn ich zur Milch in den Stall gehe und drüben im Garten die prachtvollen Früchte sehe, einen Baum ganz voll goldener Pflaumen und alle die Beeren an den Sträuchern, und dann im Stall die zwei schönen Pferde, die von den anderen abgesondert stehen, und Mathis erzählte mir, dein Vater fahre alle Wochen mit dir aus, und du könntest alles haben im Garten und überall herum, weil du das einzige Kind im Hause bist.«

»Ja, wenn nur zwölf oder zwanzig Kinder im Hause wären, dann wäre es schon anders«, brach Kornelli leidenschaftlich los; »aber so bin ich ja ganz allein und kann niemand ein Wort sagen, und wenn man so ist, daß alle Menschen einen hassen und verachten, und wenn kein Mensch auf der Welt einem helfen kann und es dann immer ärger wird – du weißt ja gar nicht, wie es ist; am liebsten wollte ich gleich sterben –«, hier brach Kornelli plötzlich in Weinen aus. Sie legte den Kopf auf den Tisch und schluchzte.

Dino sah ganz erschrocken aus; er hatte Kornelli nicht traurig machen wollen. Er verstand auch gar nicht, was sie von Hassen und Verachten sagte; aber daß sie keine Mutter hatte, fiel ihm wieder ein. Das war etwas so Trauriges, daß er Kornellis Tränen begriff. Es war ja wohl zum Weinen, viel eher, als daß sie das einzige Kind war. Der Gedanke stimmte ihn auch so teilnehmend für das weinende Kind, daß er in ganz weichem Tone sagte: »Komm, Kornelli; es ist ja furchtbar traurig, daß du keine Mutter hast; aber du mußt doch nicht denken, daß du so allein bist, daß kein Mensch dir helfen will. Siehst du, ich will nun dein Freund sein und will dir helfen; aber du mußt mir auch recht sagen, was dich so schmerzt. Ich weiß es ja nicht und ich verstehe nicht, was du gesagt hast; du mußt es mir recht deutlich erklären.«

»Das kann ich nicht, keinem Menschen«, schluchzte Kornelli auf.

»Doch, doch, das kannst du; komm nur und weine nicht mehr und sag mir alles, dann kann ich dir schon helfen, ich finde gewiß einen Weg. Komm, sag mir's.«

Dino nahm Kornelli bei der Hand und zog ihr diese leise von den Augen.

»Nein, nein, ich kann nicht«, sagte sie angstvoll.

»Doch, du kannst; komm, zuerst wollen wir das Haar wegstreichen; es klebt ja wieder ganz an der Stirn und auf den Augen; du kannst ja so nicht sehen.«

Dino strich das tief hereinhängende klebende Haar so weit beiseite, wie er konnte.

»Jetzt siehst du's, jetzt wirst du schon sehen, wie es ist, und einen schönen Lärm machen«, rief Kornelli wie verzweifelt aus.

»Ich sehe gar nichts, als daß du so tausendmal besser aussiehst, als mit diesen dicken, herunterhängenden Fransen im Gesicht«, sagte Dino.

»Nein, laß sie sein, ich weiß ja wohl, wie es ist«, schrie Kornelli, indem sie versuchte, die Haare zurückzuziehen; »du willst es nur nicht sagen, weil du mein Freund sein willst; aber ich weiß es ja doch, und alle Menschen sehen es und hassen mich.«

»Darum weinst du?« sagte Dino sehr erstaunt. »Ich weiß aber gar nicht, was du meinst. Du bildest dir gewiß etwas ein, das kein Mensch sieht; man macht es manchmal so.«

»Nein, das tue ich nicht, und es gibt wohl Menschen, die es sehen; ich weiß es ganz gut. Du mußt nicht glauben, daß ich etwas erfinde; dann würde ich nicht eine solche Angst haben, daß ich manchmal lang, lang nicht einschlafen kann und immer denken muß: nun kommt es ärger und ärger, und zuletzt kann man es nicht mehr zudecken, und dann ist kein Mensch mehr, der mich nicht haßt, wenn er mich ansieht, und du auch nicht, ich weiß es ganz gut.«

»Jetzt will ich dir gleich schwören, daß ich dich nicht hassen will, was auch zum Vorschein kommt!« rief Dino in hellem Eifer aus. »Sag mir nur endlich, was du meinst. Tu's doch, ich kann dir vielleicht helfen oder einen guten Rat geben; sag mir's nur, du weißt jetzt, daß ich dein Freund bleiben will, es mag zum Vorschein kommen, was nur will.«

Kornelli zögerte noch.

»Aber später, wenn es dann noch ganz anders ist, willst du dann noch mein Freund sein, wenn sonst gar kein Mensch mein Freund sein will?« fragte sie eindringlich.

»Ja, das verspreche ich dir in die Hand hinein!« sagte Dino, und seinen Worten folgte sogleich ein fester Handschlag. »So, nun siehst du, daß es gilt; denn das kann nie zurückgenommen werden, was man so in die Hand versprochen hat. Jetzt bist du ganz sicher; ich bleibe dein Freund für immer.«

Über Kornellis Gesicht flog ein Freudenstrahl; nun hatte sie einen Freund für alle Zeit, was auch kommen sollte, das war sichtlich ein großer Trost für sie.

»So will ich dir sagen, was es ist; aber du mußt mir versprechen, daß du es keinem Menschen auf der ganzen Welt sagen willst, niemals, solang du lebst.«

Dino versprach abermals in die Hand hinein.

»Siehst du, hier«, sagte jetzt Kornelli ein wenig zaghaft, ihre Strähnen aus dem Gesicht streichend, »hier auf beiden Seiten der Stirn habe ich große Buckel, und die wachsen immer, und jedesmal, wenn ich ein böses Gesicht mache und die Stirn zusammenziehe, wachsen sie noch viel mehr als sonst. Aber ich muß fast immer ein böses Gesicht machen; denn jetzt kann ich gar nicht mehr fröhlich sein und kann nie, nie mehr lachen. Und so wachsen die Buckel alle Tage höher, und zuletzt werden sie so wie Hörner, und alle Menschen haben einen Abscheu vor mir, weil es sonst niemand so hat. Und ich kann nichts machen, als sie nur verbergen; aber zuletzt kommen sie dann so heraus, daß ich sie nicht mehr mit dem Haar decken kann. Dann sehen sie alle Menschen und hassen mich, und alle Kinder werfen mir gewiß Steine nach. Oh!«

Kornelli legte den Kopf wieder auf ihre Arme und stöhnte in ihrem großen Leid. Ganz erstaunt hatte Dino zugehört; so etwas hatte er noch nie vernommen.

»Aber Kornelli«, sagte er, »warum ziehst du denn auch die Stirn zusammen, wenn die Buckel doch dann immer größer werden? Es wäre ja viel besser, du würdest an lauter lustige Sachen denken und lachen und ein fröhliches Gesicht machen, dann würden sie vielleicht ganz vergehen.«

»Ich kann nicht! Ich kann ja nicht mehr«, jammerte Kornelli. »Ich weiß wohl, daß ich ein böses Gesicht mache und so häßlich bin, daß man mich nicht ansehen mag. Eben darum muß ich noch viel mehr das Gesicht zusammenziehen, wenn man auf mich sieht, weil ich weiß, nun denkt man gleich, daß ich scheußlich bin. Und fröhlich sein und lachen kann ich nie mehr, weil ich immer denken muß, nun kommt das Schrecklichste auf meinen Kopf; immer ärger, und ich kann nichts machen, gar nichts! Du weißt nicht, wie das ist, und solang ich lebe, muß ich so sein und allen Menschen zuwider. Du könntest auch nicht mehr lachen, wenn du so wärest, das weiß ich.«

»Siehst du, du müßtest nur an etwas ganz anderes denken; dann würdest du diese ganze Sache vergessen, und es käme dir nachher nicht mehr so vor wie jetzt. Du denkst ja immerfort dasselbe, da glaubst du natürlich immer stärker daran. Laß nur alles fahren, dann kommt's sicher wieder besser«, sagte Dino, der nicht so recht wußte, was an der Sache war. »Komm, ich erzähle dir gleich eine Geschichte, das bringt dich auf ganz andere Gedanken: Es war einmal eine alte Kupferpfanne – siehst du, jetzt hast du schon gelacht!«

»Ja, das wird auch eine schöne Geschichte sein, von einer alten Kupferpfanne!« rief Kornelli aus.

»Doch, freilich, es ist eine schöne Geschichte«, versicherte Dino, »hör nur weiter: Sie hatte einen Stiefbruder, der war ein Waschkessel – jetzt hast du schon wieder gelacht, siehst du! So ist's recht. – Da gingen sie miteinander nach Paris; da war eben eine Revolution.«

»Was ist eine Revolution?« fragte Kornelli gespannt.

»Siehst du, wie die Geschichte dich packt«, sagte Dino erfreut. »Du hast auch schon fast gar keine Runzeln mehr auf der Stirn, weil du so gut aufpaßt; hab ich's nicht gut erraten, was du tun mußt? Nun will ich fortfahren: Eine Revolution ist, wenn keiner mehr an dem Platz bleiben will, wo er hingehört, und alles aus dem Leim geht.«

»Ja, aus dem Leim!« fiel Kornelli ungläubig ein. »Leim braucht man ja, um an den Stühlen die Beine wieder festzumachen, wenn sie wackeln.«

»Geradeso«, stimmte Dino bei, »siehst du, wenn alle Gesetze und alle Ordnungen so zu wackeln anfangen wie die Stühle, denen der Leim abfällt, und dann alles auseinanderkracht und übereinanderfällt, dann ist alles aus dem Leim gegangen, verstehst du?«

»Ja, wie ging's denn weiter?« wollte Kornelli wissen.

»Das gefiel den beiden Reisenden wohl«, fuhr Dino fort; »denn sie hatten viel unzufriedene Gedanken in ihrem Innern. Die Kupferpfanne hatte schon lange gedacht, sie wollte auch lieber etwas anderes sein und nicht immer fettes Zeug kochen und Ruß untenher tragen; sie könnte wohl etwas Besseres sein. Der Waschkessel hatte ähnliche Gedanken. Er dachte, er könnte so gut ein schöner Teekessel sein wie jeder andere, und dabei auf einem Herrentisch und nicht in einer Waschküche stehen. Da gingen beide in die Revolution und machten mit. Da kamen sie zu großem Ansehen und hielten viele öffentliche Reden; denn sie konnten sehr gut sprechen; der Waschkessel hatte es von den Wäscherinnen gelernt, und die Kupferpfanne von der Köchin. Da wurden sie gefragt, welche Stellung sie einnehmen wollten. Da wollte die Kupferpfanne ein Eisschrank werden, der glitzerte von außen von dem schönen Holz und von innen von dem prächtigen Eis. Und der Waschkessel begehrte ein Teekessel zu sein und auf einen Herrentisch zu kommen. Da wurden sie beide, was sie wünschten. Aber die Kupferpfanne war an das behagliche Feuer gewöhnt und fing an, als nun das erstarrende Eis sie ringsum ausfüllte, so entsetzlich zu frieren und zu schlottern, daß sie fortwährend zähneklappernd umherspähte, ob kein Feuerchen zu erblicken sei. Aber man brachte nie ein Spänchen in ihre Nähe, und dazu erlitt sie einen unerträglichen Hunger; denn sie hatte andere Nahrung zu sich genommen, als stets die fettesten Bissen in ihr geschmort hatten. Nun konnte sie Eisklümpchen schlucken, wenn sie wollte, weiter nichts. Daß alles an ihr glänzte, konnte sie nicht mehr freuen, da sie immer nur denken mußte: Erfrieren und Verhungern ist schrecklich. Unterdessen stand der Teekessel auf einem schön gedeckten Herrentisch. Viele junge, sehr geschmückte Damen und Herren saßen um den Tisch und aßen aus lauter feinen Schalen und Tellern mit goldenem Rand. Das schmeichelte dem Teekessel, und er sagte bei sich: ›Jetzt kann ich es mit allen aufnehmen‹. Da sagte eine der Damen: ›Ich rieche Harzseife; ich glaube, es kommt vom Teekessel her, was soll das heißen?‹ Da lachte ihr Nachbar und sagte: ›Ich habe schon lange so etwas gemerkt; ich will nicht hoffen, daß der schon zum Strümpfewaschen gedient hat.‹ Da schauten sie alle nach dem Teekessel und rochen hin und rümpften verächtlich die Nase. Da verlor der Teekessel seine Sicherheit; denn er wußte wohl, wieviel hundert Paar Strümpfe in ihm ausgekocht worden waren; aber er hatte keine Ahnung davon gehabt, daß ihm der Harzseifengeruch noch in der neuen Gestalt anhaften könnte. Es wurde ihm ganz eng und schwül in der Gesellschaft, und er dachte nur noch daran, wie er wohl entrinnen und wieder dahin zurückkommen könnte, wo ihm wohl gewesen war, und wo ihn alle in Ehren gehalten hatten; denn er war ein sehr tüchtiger Waschkessel gewesen. Da war die Revolution auf einmal zu Ende. Da sagte die Frau vom Hause, wo der Eisschrank stand: ›Nein, diesen ekligen Eisschrank, den sie mir in der Revolution gegen meinen guten alten Schrank aufgedrungen haben, will ich nicht mehr; alles Eis, das daraus kommt, schmeckt nach Zwiebelsuppe. Solche Suppe nämlich hatte die Kupferpfanne immer besonders schmackhaft geliefert. Lulu, werf Er ihn zum alten Eisen.‹ Da packten Lulu, der Bediente, und Lala, die Dienstmagd, den Eisschrank von beiden Seiten an, und mit einem furchtbaren Wurf schmissen sie ihn auf den Haufen von altem Eisen, Knochen und Kehricht nieder, der im Hinterhof lag, und so gewaltsam war der Wurf, daß alles am Eisschrank krachte. Als nun die ehemalige Kupferpfanne fühlte, daß ihr alle Glieder auseinandergingen und alles ein schlimmes Ende nehmen mußte, rief sie stöhnend: ›Oh, wäre ich nie in die Revolution gegangen! Wäre ich doch daheim über meinem gemütlichen Kohlenfeuer! Oh, wäre ich nie‹, – da war sie gänzlich verkracht. An demselben Tage sagte die junge Dame, auf deren Tisch der Teekessel stand: ›Nun hab ich genug von diesem Harzseifensieder; ich will einen geborenen Teekessel haben und nicht einen nachgemachten; fort mit dem!‹ Da erfaßte der Diener den Teekessel und schmetterte ihn auf den Haufen Abgang im Hinterhof nieder. Das war gerade derselbe Hinterhof, auf den die Stiefschwester geworfen worden war, und der Stiefbruder zerbrach sich und ihr im Falle die letzten Knochen. Da schrie er vor Schmerzen auf: ›Oh, wär ich nie in die Revolution gegangen! Oh, wär ich wieder daheim in meinem friedlich dampfenden Waschhaus!‹ Da wurde er noch völlig zusammengequetscht von den alten Revolutionsflinten, die von oben herunter geworfen wurden. – Nun ist die Geschichte aus.«

»Ja, sie hatten recht, wären sie doch nicht in die Revolution gegangen«, sagte Kornelli teilnehmend.

»Ja, und ich habe auch recht«, rief Dino siegesstolz aus; »siehst du, Kornelli, wie das geholfen hat, daß du nicht mehr an deine merkwürdige Beulengeschichte denken konntest. Du hast keine einzige Runzel mehr auf der Stirn, und deine Haare hast du alle weggestrichen; du bist wie ein ganz anderes Kind; man kennt dich gar nicht mehr.«

Wirklich hatte Kornelli im Eifer des Zuhörens und um kein Wort der Geschichte zu verlieren, alle ihre hereinhängenden Strähnen zur Seite gestrichen; denn diese genierten sie sehr in den Augen, und weil sie nun gar nicht daran dachte, warum sie so herunterhängen mußten, hatte Kornelli mit raschem Griff alles aus der Stirn gewischt, und ihr ganzes Gesicht war hell geworden bei der spannenden Erzählung.

»Komm, sieh selbst, wie du aussiehst«, forderte Dino sie auf, indem er den kleinen Spiegel von der Wand nahm und ihn Kornelli vorhielt.

»Nein, ich will nicht sehen, wie es aussieht!« schrie sie auf, und augenblicklich hatte sie alle Haare wieder tief im Gesicht, bis in die Augen hinein, und die Stirn in viele Runzeln zusammengezogen.

»Tu nur nicht gleich so«, sagte Dino, den Spiegel wieder aufhängend, »ich bin nur froh, daß ich jetzt ein Mittel kenne, wie ich dir helfen kann. Das will ich nun auch anwenden, du mußt nur jeden Tag kommen. Versprich mir's, dann wirst du sehen, wie du alles vergessen wirst, was dich so ängstlich machte, und zuletzt denkst du gar nicht mehr daran und wirst wieder ganz lustig.«

Kornelli schüttelte den Kopf. »Nein, das glaub ich nicht«, sagte sie; »du kannst ja nicht machen, daß es nicht immer ärger kommt«, sagte sie, ein wenig mehr Haare ins Gesicht ziehend. Sie schlug Dino aber doch zum Versprechen in seine Hand ein. Es hatte ihr selbst so gut gefallen, bei Dino zu sein, daß sie sehr froh war, wiederkommen zu dürfen.

Täglich wanderte Kornelli nun wieder nach dem Häuschen der Marthe hinüber, und diese weinte vor Freude, wenn sie einmal wieder nach so langer Zeit Kornellis frohes Lachen aus dem Stübchen ertönen hörte; denn sie hatte einen großen Kummer im Herzen darüber, daß das früher so fröhliche Kind so ganz verändert war. Sie ließ am liebsten die Kinder allein miteinander; denn dann unterhielten sie sich fortwährend mit der größten Lebhaftigkeit. Dann ertönte von Zeit zu Zeit immer wieder ein herzerfreuendes Gelächter, und Marthe dachte, das sollte durch nichts gestört und unterbrochen werden. Sie hatte wohl bemerkt, wie es mit Kornelli war. Da konnte sie einer neuen Geschichte von Dino mit einem Feuereifer zuhören, als ob sie vorweg alles selbst erlebte; und in dem brennenden Eifer wurde alles Haar zurückgeworfen, die Augen fingen an zu funkeln wie vorzeiten, und ein hellachendes Gesicht schaute zu dem Erzähler auf; alles andere war vergessen. Erinnerte aber irgend etwas Kornelli an ihr eigenes Leben und Wesen, so war plötzlich aller Sonnenschein aus dem Gesicht verschwunden, die Stirn in Runzeln gezogen, und die schauerlichen Strähnen hingen wieder tief in die Augen.

So suchte Marthe die Kinder so ungestört als möglich bei ihren Unterhaltungen zu lassen. Sie erhoffte soviel für Kornelli von diesem täglichen Zusammensein mit dem frohen Kameraden, auf dessen sonniger Stirn nie eine Falte zu sehen war und der so schnell die Schatten auf Kornellis Gesicht verscheuchen konnte. Sobald aber Kornelli das Häuschen verlassen hatte und ihrem Garten zuwanderte, kam alles in den alten Zustand, und Marthe, die dem Kinde jedesmal sorglich nachschaute, konnte gut sehen, wie die schrecklichen Haarsträhnen schon wieder das liebe Kindergesicht entstellten. Dann seufzte sie tief auf und sagte bei sich: Es ist wie eine Krankheit; wer doch da helfen könnte! Oh, wenn unsere selige Frau das sehen müßte, ihr einziges, liebes Kind so entstellt!

Kornelli war erstaunt, daß es schon wieder Sonnabendabend war; die zwei letzten Wochen waren so schnell vergangen.

Sie lief durch den Garten, unter dem Pflaumenbaum lagen die letzten prächtig ausgereiften dunkelgoldenen Mirabellen. Kornelli hob sie auf; sie waren so schön anzusehen; aber dies Jahr hatte sie keine Freude daran haben können. Sie nahm die Früchte mit und legte sie, bei Marthe angekommen, auf den Tisch.

»Oh, wie schöne, goldgelbe Pfläumchen, die schmecken gewiß wie lauter Honig!« rief Dino aus, »sie sind von dem Baum in euerm Garten. Wenn die Sonne am Morgen daraufschien, glitzerte es an allen Zweigen rotgolden, wie an einem Weihnachtsbaum.«

»Ja, sie sind von dem Baum, willst du sie essen?« fragte Kornelli.

»Ja, gern, aber du mußt mithalten«, sagte Dino.

»Nein, ich will nicht«, gab Kornelli zurück. »Versuch, ob sie gut sind. Wenn du sie nicht magst, so kannst du sie nur liegen lassen; die Vögel können sie haben.«

»Oh, da gibt es ja gar nichts, das so süß und kräftig zugleich schmeckte, wie diese Goldpfläumchen!« rief Dino aus, indem er eine nach der andern von den sonnedurchkochten Pflaumen behaglich verspeiste.

»Wie schade, daß ich nicht gewußt habe, wie gern du sie magst; du hättest mir es aber auch sagen können«, meinte Kornelli. »Jetzt sind ja gar keine mehr auf dem Baum; das sind die letzten, die im Gras lagen. Aber weißt du, jetzt kommen die Rosenbirnen; die sind noch besser, von denen will ich dir alle Tage bringen.«

»Ja, das wäre recht nett, so ein Birnengelage täglich mit dir abzuhalten«, sagte Dino, die letzte rötliche Pflaume erst noch bewundernd, bevor sie vertilgt werden sollte; »aber du hast gut sagen, Kornelli; du bleibst unter dem schönen Birnbaum, und ich habe abzufahren, um täglich wieder hinter den Schulhausmauern zu kauern und zu bedauern.«

»Du gehst doch nicht fort«, sagte Kornelli erschrocken.

Es war ihr gar nicht eingefallen, daß dieses Zusammenleben ein Ende haben könnte.

»Ja doch, ich muß, sonst bliebe ich noch lang hier bei der guten Frau Marthe. Die ist so gut, wie gar keine, außer meiner Mutter, eine Sorgfalt hat sie für mich, als wär ich ein Seidenwurm.«

»Ja, dann ist alles aus, wenn du gehst«, sagte Kornelli in einem Ton, als wäre Dino ihr Feind, dem sie die bitterste Kränkung vorzuwerfen hätte, und ihre Augen funkelten unter den schwarzen Haarsträhnen wie glühende Kohlen hervor.

Jetzt wandte sie sich ab, ganz so, als wollte sie sagen: »Dann will ich auch von allem gar nichts mehr wissen.« Aber Dino verstand den Sinn dieses Zornausbruchs.

»Nein, Kornelli, dreh du dich nur wieder um«, sagte er beschwichtigend; »gerade das Gegenteil von dem, was du sagst, kommt jetzt. Nun ist nicht alles aus, sondern es hat angefangen. Heute habe ich mit der Frau Marthe ausgemacht, daß ich übers Jahr im Sommer wiederkomme, und dann jedes Jahr immerzu, bis wir ganz alt sind und schon weiße Haare haben, du und ich.«

Aber Kornelli sah nur vor sich, was eben jetzt sein mußte; sie konnte sich nicht so schnell umstellen.

»Ja, bis übers Jahr ist's so furchtbar lang, daß du bis dahin hundertmal alles vergißt«, stieß sie heraus, als läge sie im heftigsten Streit mit ihrem Genossen.

»Nein, das tue ich nicht«, sagte Dino ruhig, »nicht ein einziges Mal, geschweige denn hundert; ich will dir's schon beweisen, Kornelli. Nun wollen wir noch recht lustig zusammen sein und uns freuen, daß ich noch vier Tage dableibe und daß ich nachher immer wiederkomme, und unterdessen wird dann auch das Geißlein groß, dann fahren wir zusammen aus; ich bin der Kutscher, und du bist die Dame im Wagen, das wird prachtvoll!«

Aber Kornelli kam zu keinem rechten Lustigsein mehr. Sie sah immer den Augenblick vor sich, da Dino Abschied nehmen und dann alles aus sein würde. Der Augenblick kam auch schnell genug heran, und als der Abschied im Häuschen der Marthe, wohin Kornelli am frühen Morgen gekommen, vorüber war und Dino davonfuhr, da legte Kornelli ihren Kopf auf den Tisch in ihre Arme gedrückt und weinte zum Erbarmen, und die betrübte Marthe saß neben ihr und weinte leise mit.

Am Abend desselben Tages, als das Nachtessen zu Ende war und Kornelli aufstand, um das Zimmer zu verlassen, sagte die Base: »Du hast heute kein einziges Wort gesprochen; es wird ärger mit dir, nicht besser; soll dein Vater, wenn er heimkehrt, dich schlimmer finden, als er dich verlassen hat?«

»Gute Nacht«, sagte Kornelli in unfreundlichem Ton und verließ das Zimmer ohne aufzuschauen.

»Es ist rein nichts mit ihr zu machen, du siehst es selbst, Betty, wenn du auch lange geglaubt hast, nach und nach würden wir doch eine Änderung zum Guten erreichen«, sagte Fräulein Dorner, als Kornelli die Tür geschlossen hatte. »Haben wir mit allem Wohlmeinen irgend etwas erreicht, das den Vater freuen könnte, wenn er wieder mit diesem Kinde leben soll? Anstatt sein einsames Leben zu erheitern, wird es ein steter Ärger und Anstoß für ihn sein. Schon dieser Anblick! Hast du je solchen Eigensinn gesehen, wie das Kind in dieser Richtung an den Tag legt?«

»Nein, wirklich nie«, entgegnete die Freundin; »es ist geradezu, als ob alle Worte die entgegengesetzte Wirkung bei dem Kinde gehabt hätten; die Entstellung des Kopfes wurde mit jedem Male ärger, je deutlicher man ihm machte, wie schrecklich es aussehe. Ich möchte wissen, wie dieser Eigensinn gebrochen werden könnte, ob mit ungeheurer Strenge oder damit, daß man Kornelli mit anderen Kindern zusammenbringt, die sie durch Auslachen kurieren würden.«

»Ich tue nichts und sage nichts mehr, es hilft ja doch nichts«, schloß Fräulein Dorner. »Mein Vetter soll selbst entscheiden, was mit dem Kinde getan werden soll. Aber eins weiß ich sicher, was man auch tut: dieses Kind wird seinem Vater niemals zur Freude werden.«


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