Der Jesuit
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Sechster Abschnitt

Die Taufe. – Trennung. – Unschuldige Liebe. – Zug in die Berge. – Der gute Jesus in den Wildnissen. – Fernandez. – Der Flüchtige. – Der Fürst der Wildnisse. – Das Bild des Erlösers. – Reue, Bekenntnis und Versöhnung. – Sehnsucht nach außen. – Der Doktor in den Wäldern. – Der Vorposten. – Hauptquartier zu la Guasta. – Brigadier und Assistent. – Gezwungener Verrat. – Kriegssturm. – Das Asyl in den Felsen. – Die verdächtigen Fremden. – Whites Edelmut. – Die Flucht aus den Felsen. – Strand, Schiff und Heimat. – Der Maierhof zu St. Dominica. – Xavers Brief. – Schluß.

Die Abiponer, eifersüchtig, ihr Wort zu halten, wenn sie es gleich im Rausche gegeben, von Dankbarkeit für den Pater Luis durchdrungen, weigerten sich der Taufe nicht, die mit so vielen Feierlichkeiten stattfand, als in der Savanne nur anzuwenden waren.

Nach dem Hauptmanne Vereira, einem Neffen des Priesterfürsten vom guten Jesus in den Wildnissen, wurden alle Männer des Stammes Fernandez, nach der liebenswürdigen Kazikentochter Misinga alle Frauen und Mädchen Ines genannt. Als die Zeremonie vorüber war, kamen alle Führer der Abiponer auf Luis zu, drückten ihm die Hände, küßten sein Kleid und sagten: »Wahrlich, du bist ein guter Mann, was auch Pilagoterigenat sage, die wir ins Freie gejagt haben, daß sie nicht wiederkomme. Du hast uns den Großvater und des Kapitans Tochter wiedergegeben, und deinen Gott mit uns geteilt. Wenn du uns ernähren und nicht strafen willst, so begehren wir, mit dir nach deiner Heimat zu ziehen. Wir haben deine Hütte verbrannt, wir wollen sie wieder aufbauen; wir wollen dein Volk werden und nicht in das Gebirge mit dem fremden Manne gehen, weil wir dort unsere Pferde schlachten müßten. In deinem Lande hingegen ist's eben, und Wild und Gras und Wasser fehlt nicht, und, weil du Misinga erhalten, wirst du uns auch nicht verlassen, und darum lieben wir dich.«

Die Antwort des Pfarrers war bejahend und des redlichen Alten Brust hob sich freudiger bei dem Gedanken, in seinen entvölkerten Pflanzort wieder neue Kinder des Segens einzuführen. Alle Bedenklichkeiten des jungen Vereira widerlegend, beschloß er die Heimkehr an der Spitze der Abiponer, und bat seinen Vetter nur, die Fremden nicht verlassen zu wollen, die nicht nach St. Dominica zurückkehren durften. Vereira versprach's mit aufrichtiger Herzlichkeit und jedes ging seinerseits dahin, die Vorbereitungen zur nahen Trennung zu treffen. In dem Getümmel, das dadurch entstand, begegnete dem Doktor Münzner Justine, die ihn unter der Menge ausgespäht hatte. Schnell zusammengetroffen, standen beide einander gegenüber. Justines Antlitz drückte Verlegenheit, Münzners staunende Ueberraschung aus.

»Ein Wort, mein Herr,« sprach erstere schüchtern, »ein Wort der Bitte, mein Herr, wenn Sie es anhören wollen. Sie haben gestern großmütig und edel meines Vaters Leben beschützt – mit Ihrem eigenen Leben; ich erfuhr es heute erst durch den Vater; ich war gestern blind vor Schmerz; ich danke Ihnen aus voller Seele; ich bitte um Vergebung meiner Härte. Ich bitte Sie, zu meinem Vater zu kommen, der nach Ihnen verlangt. Schlagen Sie ihm die Wohltat, mir die Gelegenheit nicht ab, Ihnen aufs neue dankbar verpflichtet zu werden.«

Sie schwieg erwartend, sie hatte viel über sich und ihren Groll gewonnen.

Münzner stand beschämt vor der Tugend eines Kindes, das seinen Vater über alles liebt. »Meine beste Jungfer...« erwiderte er, »... wenn Sie wüßten, wie Ihre Worte mein Herz berühren...« Er vollendete nicht; Tränen, die seine Augen nur mit Gewalt zurückdrängten, verhinderten ihn daran. Aber als er seinen Freund wieder sah, dahin siechend auf armseliger Matte, aller Arznei, aller Bequemlichkeit entbehrend, und dabei ruhig und geduldig, wie ein schon Abgeschiedener, da kamen dennoch die Tränen aufs neue über ihn, und er wurde ihrer nimmer Meister. Ueber den Senator bückte er sich, legte seine Stirne an die fieberhaft brennende des Kranken und sagte nur die Worte: »So uns wiedersehen, mein Freund?«

»Ach! schon genug, daß wir uns noch wiedersahen!« erwiderte der Senator, »ich war des Lebens überdrüssig geworden. Meine Krankheit nahm zu. Meine Tochter wieder zu sehen hoffte ich nicht mehr. Die Zeit schlich mir träge dahin. Endlich dachte ich, es sei das beste, den Anguaybaum aufzusuchen, von dem mir die Quaranier so viel sagten. Sein Balsam sollte mich heilen, oder die Mühseligkeit des Wegs mich umbringen. Euch nicht im voraus zu beunruhigen, hielt ich den Vorsatz geheim, führte ihn ohne Euer Mitwissen aus. Der zweite Morgen unserer Reise war auch schon der letzte meines armen Führers. Mit unserer Reisetasche und meinen Kleidern beladen, ging er vor mir her. Ein Tiger, der mit schon blutigem und dampfendem Maule aus dem Dickicht mit entsetzlichem Sprunge setzte, riß ihn zu Boden, schleppte ihn unbarmherzig in das Gestrüpp. Ich floh – beinahe unbekleidet, ohne Speise, und ohne den Weg zu wissen. Ein Abiponer fand mich am Abend, beinahe verschmachtend am Boden liegend und brachte mich in das Lager seiner Horde. Die Wilden verpflegten mich menschlich, aber vielleicht ist der Name St. Dominica, den ich stammelte, mit eine Veranlassung zu euerm Unglücke gewesen. Zu meinem Glücke. Ich habe Sie wieder gesehen, mein Freund. Ich darf hoffen, in Ihren und der Tochter Armen zu sterben.«

»Ich gehe nach Dominica zurück,« antwortete Münzner verlegen und trübe, »meines Standes Pflicht ruft mich nach Europa.«

»So ist es wahr?« seufzte der Senator, wehmütig die Hände faltend, »Sie wollen mich verlassen, während ich mich an Sie gewöhnte, wie das Kind an die Mutter! Sie mich verlassen, und ich hänge an Ihnen!«

Münzner zeigte bedeutend auf Justine, die bleich und schweigend gegenüber saß.

»Sie haben eine vortreffliche Tochter,« sagte der Doktor.

»Ja; Dank sei dem Vater im Himmel!« versetzte Müssinger, Justinens Hand drückend, »sie ist gut, aber ihre zärtliche Liebe genügt dem Sterbenden, dem Schwerbeladenen nicht. Ihre heiligste Pflicht hält Sie hier zurück.«

Münzner schwieg, sinnend, widerstrebend, vergleichend, in schwerem Kampfe. Justine erhob sich, trat vor ihn und sprach mit einfacher rührender Milde zu ihm: »Ja, mein Herr! Ihre heiligste Pflicht. Mein guter Vater würde, fürchte ich, in Verzweiflung geraten, wenn Sie von uns scheiden. Sie haben verstanden, sich mit ehernen Banden an sein Herz zu ketten; zerreißen Sie es nicht mit der Fessel!«

»Wie, Mademoiselle?« fragte Münzner schwankend, »Sie, Sie halten mich auch zurück? Sie, die mich haßt – die mich verachtet?«

»Ich bin nicht unversöhnlich,« sagte Justine mit vieler Klarheit, »ich habe Sie nie verachtet ... Gott! nein! gefürchtet habe ich Sie, und verabscheue noch Ihr Kleid! Aber – könnten Sie zweifeln, daß ich Ihnen das Verderben meines Hauses aus voller Seele vergebe, wenn Ihre Gegenwart auch nur um eine Stunde meines geliebten Vaters Leben verlängert? Bleiben Sie daher; ich beschwöre Sie jetzt so aufrichtig, als ich Sie gestern aus diesem Zelte wies. Teilen Sie mit mir die Sorgfalt für meinen Vater.«

Münzner konnte nicht widerstehen; nicht dem Bitten des Senators, nicht der einfachen Rede der Tochter. »Sie sammeln glühende Kohlen auf mein Haupt,« sagte er, »ich bleibe bei Ihnen, meine armen Freunde. Kömmt die Zeit, die unumgänglich die Erfüllung meiner Ordenspflicht begehrt, so finde ich auch über St. Sebastian meiner Reise Ziel.«

»Recht, mein Freund,« sagte Pater Luis, der, die letzten Worte hörend, mit Vereira und James in das Zelt trat. »Vergessen Sie den guten Jüngling nicht, der nicht nach Dominica zurückkehren kann, ohne das Kleid zu nehmen, das er nicht liebt, und der durch den Anteil, den er an Ihrem Schicksale nimmt, wohl auch Ihre Teilnahme verdient.«

»Darf ich?« fragte James schüchtern, ohne kaum die Augen gegen Justine aufzuschlagen. »Mein Retter!« rief der Senator freudig, drückte ihn an seine Brust und weinte, »womit kann ich dich belohnen, was du für mich getan? Ich bin ein Bettler geworden, mein guter James. Ich habe nichts, als mein schwaches, kaum noch schlagendes Herz! Ich muß verhungern, wenn nicht Wilde mich speisen, oder mitleidige Christen mich unterstützen.«

»Ihr Unterhalt ist die Sorge dieses Mannes,« antwortete Luis, auf Vereira zeigend, »Ihre Heilung dürfen Sie getrost von seinem Oheim erwarten. Im übrigen sind Sie kein Bettler. Ihr Testament muß Ihnen zugestellt werden. Ich werde an den Provinzial berichten.«

»Hoffen Sie nicht darauf,« sagte ihm bekümmert und leise Münzner ins Ohr, »der Empfangschein des Dokuments wurde mit dem Pfarrhause ein Raub der Flammen.«

Ines, von ihren Eltern begleitet, trat herein, lief auf Justine zu, umarmte sie unter heftigem Schluchzen, nahm unter den lebhaftesten Gebärden von ihr Abschied und sagte alsdann zu Luis gewendet: »Alles ist bereit, mein Vater! führe uns alle, die der Jungfrau Gnade erweckte, in unsre zweite Heimat. Wir folgen dir!«

Luis blickte auf die Freunde, die er verließ; sein Auge wurde feucht. Seinen besten Segen legte er auf Müssingers Haupt und verließ, ohne ein Wort zu reden, das Zelt. Alle, bis auf Justine, die beim Vater blieb, folgten ihm.

»Um Gottes willen!« sprach er zu den Männern, die seine Hände schüttelten, »macht mich armen alten Sämann nicht weich und kindisch. Keinen zärtlichen Abschied. Ich brauche alle meine Kraft, um in meinem einundsiebzigsten Jahre wieder da anzufangen, wo ich vor vierzig Jahren anfing. Wohl werden neue Hütten zu Dominica entstehen, wohl werden viele meiner Kinder wieder dahin zurückkehren und Gott mir beistehen, daß ich die bekehrten Widersacher zum Frieden leite. Für einen erschöpften Greis ist aber das Werk dennoch groß und zweifelhaft. Laßt mich daher ohne Kummer und Schwäche scheiden. Ueber den Himmeln sehen wir uns wieder und ich will der erste sein, der auf dem Platze ist. Gott, Glück, Heil und Segen – kurz – Gott mit euch!«

Er wendete sich rasch um, nach der Gegend zu, wo die Abiponer zu Gaule saßen, Vereira folgte, eine Träne zerdrückend, seinem Beispiele und ging zu seinen Leuten. »Lebt wohl, Vater Luis!« rief James, »eine Seelenmesse für die arme Lainez!« rief ihm Münzner nach. Ines kam hastig auf James zu, ängstliche Unruhe in den Blicken.

»Wie, mein Herr und Freund?« sagte sie, »dort steht ein Pferd für Euch gezäumt. Zögert Ihr? Kommt!«

»Nein, mein gutes Kind!« antwortete James, »ich kann, ich darf nicht mit dir gehen.«

Alle Röte trat von den Wangen des Mädchens zurück. »Nicht?« stammelte sie, »nicht? Jago! nicht mit mir?«

»Es würde mein Unglück sein, Ines! ich müßte darin vergehen!«

»Unglücklich sollt Ihr nicht sein, Herr, wo Ines glücklich ist. Nicht sterben, wo Ines lebt. Aber Ines wird arm sein, wird sterben, wo Ihr nicht seid.«

James schwieg erschüttert. Mit dem Weinen kämpfend fuhr Ines fort: »Sagt mir wenigstens, wo Ihr hinzieht. In jene blauen Berge? in die Gegend, wo das große Wasser sein soll?« James nickte. »Ich ziehe mit Euch, Jago!«

James erschrak. »Was willst du tun, Ines?« fragte er, »welch ein Gedanke?«

»Höret, Jago. Mein Vater, der Kapitän, ist aus dem Stamme der Ruhaker entsprungen, und hat sich die Mutter aus dem Stamme der Yaaukaniga geholt, und sie folgte ihm, alles dahinten lassend.«

Das Erstaunen des Jünglings stieg. »Ines, welche Rede?«

»Ich will Euer Weib sein, Jago, wenn Ihr mich leiden könnt!«

»Ines! wo denkst du hin? Deine Eltern ...«

»Eltern und Brüder willigen ein. Es ist eine Ehre für sie. Kommt mit uns, oder lasset mich mit Euch gehen.«

»Keines von beiden; Ines! vergiß mich, und folge einem andern wackern Manne. Ich darf nicht annehmen, was mir deine Unschuld bietet.«

Ines weinte heftig, »Gesteht es nur!« sagte sie schluchzend, »die Sennora ist schöner, als ich. Bedenkt aber, Jago, daß sie eine Ketzerin ist.«

James lächelte wider Willen. Dieses Lächeln zerschnitt das Herz der Indianerin. Empört wollte sie fliehen; er hielt sie, gut machend, sanft zurück, sah ihr ehrlich ins Auge und sprach: »Behalte mich lieb. Die Sennora wird nicht mein Weib. Ich muß ohne Gattin bleiben, wie Pater Luis und Xaver.«

Ines lächelte etwas zufriedener. »Nehmt mich auf Eure Pfarre, Vater Jago,« begann sie nun, »ich will fromm sein und Euch bedienen, wie den guten ehrwürdigen Vater Luis; unverdrossen und freudig, wie man der heiligen Mutter dient.«

»Und du wolltest den ehrwürdigen Vater verlassen?« fragte James mit gelindem Vorwurf, »gerade jetzo, wo er deiner Hilfe am meisten bedarf? und die Eltern verlassen, die du kaum wieder gefunden? mir in die rauhen Berge folgen, wo vielleicht der Mangel meiner harrt? Besinne dich.«

Ines schlug die Augen nieder, wischte sich die blinkenden Tropfen von der Wange, verbiß den neu aufquellenden Schmerz und antwortete: »Ich danke Euch, Vater Jago. Ihr habt mich erinnert, daß ich meine Eltern und den Vater Luis zu pflegen habe. Ich will Euch gehorchen; ohne Murren. Die Mutter im Himmel wird mich ja beruhigen. Denkt meiner, betet für mich.«

Sie reichte ihm zögernd und dennoch sehnend die Hand und wendete sich halb von ihm. Er drückte die Rechte der Jungfrau. Schnell zog sie die Finger aus den seinen, rief mit ausbrechender Klage: »Ach! und dennoch werdet Ihr sehen, Jago, daß niemand in der Welt Euch liebt, wie ich es tue!« riß sich kräftig von ihm los und eilte wie ein fliegender Vogel den Landsleuten zu. Wie betäubt sah ihr James nach, und als ob mit der unschuldvollen liebenden Indianerin ein Teil seines Herzens sich losgerissen hätte. Augenblicklich setzte sich die Abiponerhorde in Bewegung. Ines saß weinend, ohne zurückzuschauen, auf ihrem Pferde. Neben ihr ritten die tröstenden Eltern, und Luis, der noch einigemal zurückblickte, mit seinem Tuch winkte und endlich unter dem Schwarme der Neubekehrten verschwand. Der Zug wurde dem Auge undeutlicher. Die fernen Grasspitzen wuchsen immer höher an die Pferde der Fortziehenden hinan. Endlich ragten nur noch die schwankenden Speere am Horizonte hervor, und James stand noch immer mit untergeschlagenen Armen da, den zerrinnenden Schattenbildern nachstarrend. Das Horn der Krieger des guten Jesus rief ihn wieder zum Leben empor. Der Senator wurde soeben, auf einer bequemen, von Stauden geflochtenen Tragbahre vorüber geschafft, um von dem sanftesten Tiere getragen zu werden.

Stumm schloß sich James Justinen an, die sorglich ordnend und ängstlich beobachtend dem Vater folgte. Der junge Mann gewahrte Tränen in Justinens Augen und fragte bescheiden nach deren Ursache.

»Ich weine der guten Ines nach,« antwortete Müssingers Tochter, »dem Mädchen, das mich, ohne mit mir reden zu können, inniger liebte, als irgend eine Seele auf der Welt. Ich möchte fast bedauern, daß sie ihre Eltern fand und ihnen folgte. Sie hätte sich nicht von mir getrennt. Jetzt bin ich allein, denn auch die arme Lainez fraß des Feindes Schwert, oder das Feuer!«

»Allein, beste Jungfer?« fragte James mit schonendem Vorwurf, »sind wir Ihnen nicht geblieben? werden Sie unsre freundliche Hand zurückstoßen? haben Sie noch nicht gelernt, mir zu vertrauen?«

»Ach, mein guter Monsieur!« sagte Justine entgegen, »Eurem Herzen – ja selbst dem des Doktors – vertraue ich gern mich selbst und den Vater an. Euerm Kopfe jedoch nur ungern. Die Wüste schmiedet uns zusammen. Verargt mir's jedoch nicht, wenn ich befürchte, daß ein leichteres Verhältnis uns wieder scheide in Groll, in Meinung, in Erinnerung. Ich kann mich nicht deutlich aussprechen. Denkt jedoch an die Kette eines Sklaven, die ihn mit einem andern verbindet, obschon sein Geist von Kette und Gefährten sich frei zu machen wünscht.«

»Das ist mir genug,« entgegnete James sehr gekränkt und blieb weit hinter Justine zurück. Der Zug setzte sich in Bewegung und ging langsam der Abendkühle entgegen. Im tiefsten Dunkel gelangten die Reisenden an den Fuß der Berge. Hier wurde der Kranke auf die Schultern rüstiger Träger genommen, und von vielen Harzfackeln umgeben, ging's bergan. Die Pferde flohen in die Savannen zurück. Bloß die Maultiere für Vereira, Justine und den Pater blieben bei der kletternden Schar. Die Morgenröte fand sie auf der Berghöhe, in romantischen Waldpfaden, die immer noch bergan führten, bis sie in eine trockne, steinigte Fläche ausgingen, ringsum von niedersteigendem Wald begrenzt, eine Schlucht ausgenommen, durch welche sich eine herrliche Fernsicht zeigte.

»He acqui el nuestro paraiso del buen Jesu en los bosques!« rief Vereira mit Löwenstimme, nach der Ferne deutend, und warf sich unter dem Schatten der letzten Bäume nieder. Die Seinigen folgten jubelnd seinem Beispiele, und der Zug rastete, damit die Sonnenhitze vorübergehen und jedes Auge sich an dem schönen Anblick ergötzen möge.

»Das gelobte Land!« sagte Münzner zu seinem Zögling, auf das Tal deutend, das sich unter ihren Füßen ausbreitete. Es schien zur Ruhe geschaffen; ein versteckter, stiller, reizender Erdwinkel. Die Abhänge von schwellendem grünen Rasen belegt, hin und wieder nur von Felswänden unterbrochen; aber auch diese lebten, denn silberne Sturzquellen entsprudelten ihnen, umnickt und umwinkt von steinsprengenden blühenden Bäumen. Lang, schmal und halbmondförmig zog sich das Tal in der Tiefe entlang, bewässert von murmelnder Flut, bepflanzt mit üppigen Bäumen, durchschnitten von ruhigen und in Fülle liegenden Feldern, von heitern gelben Fußpfaden, geschmückt mit zierlichen Kabanen, mit Hütten von Rajen oder Rohr erbaut. Da, wo das Tal sich krümmt, lag eine ansehnliche Gruppe von Häusern, leicht und schlank gebaut mit schmucklosen Dächern, im Schatten von kleinen dichten Hainen hinan gehend bis zum Saume der ringsum schützenden Wälder. Eine freundliche Sonntagsruhe schien über das Tal gebreitet. Die Felder unbevölkert, keine Herde auf den Triften, kein Mensch in Feld und Flur und auf den Wegen.

»Es ist heute Feiertag,« erläuterte Vereira, »und alle unsre Greise und Weiber samt ihren Kindern in der Kirche. Die rüstigen Männer sind alle hier unter den Waffen bei mir, und nur der Oheim mit den Schwachen hütet das Haus. Wartet nicht auf Glockenklang und Chorgesang. Beides ist nicht Sitte bei uns, damit der fernhindringende Schall nicht unser Dasein dem Feinde verrate; denn Feind ist uns jeder Portugiese, jeder Spanier, der im Dienste seines Herrn und bewaffnet kömmt. Die Portugiesen tun in neuester Zeit dergleichen, als wollten sie wirklich das Innere ihres Landes sich eigen machen, und ihr äußerster Wachtposten la Guasta ist kaum sechs Wegstunden vom guten Jesus entfernt. Allein die schroffe, steinige Wüste, die uns gegen jene Seite hin umgibt und versteckt, wird die Weichlichen schon abhalten, ihre Entdeckungslust weit zu treiben. Wäre es auch ... wehe ihnen! Lebendig käme das Detachement nicht aus unserm Tale.«

»Aber, Herr,« fragte James verwundert, »man rühmt ja Eures Oheims Milde, und die patriarchalische Gutmütigkeit, die die Grundlage seiner Regierung ausmachen soll. Wie vereint sich das mit Eurem kriegerischen Tun und Eurem Stand?«

»Ich bin nicht geistlich,« antwortete Vereira lächelnd, »und wenn ich in einer Kutte gehe, die dem Kleide des heiligen Franziskus ähnlich sieht, so geschieht das bloß, um meines Oheims Uniform zu tragen; eigentlich, um mich vor dem Volke als den sogenannten Kronprinzen vom guten Jesus in den Wildnissen zu legitimieren,«

»Mein Onkel, der ein tapferer Soldat in den Karabiniers von Arragon gewesen, denkt übrigens wie ich, daß der Friede nötigenfalls nur durch den Krieg erhalten werden könne. Die Jünger Loyolas und die Statthalter des Königs Johann sind uns gleich verdächtig. Wahrlich, mein Vater, wäret Ihr nicht ein kaltblütiger Deutscher, der mehr Ehre im Leibe hat, als ein Portugiese oder ein Franzose, bequemer schweigt, und die Gastfreundschaft des guten Pater Luis – welcher leider auch Euer Kleid trägt – genug zu schätzen weiß, um ihn, der Euch empfahl und uns, seine Verwandten, nicht zu verraten, ich würde Euch nicht mitgenommen haben. Mit einem Portugiesen macht man übrigens nicht so viel Federlesens. Man schießt ihn vor den Kopf, und er mache dann was ihm beliebt.«

»Sie sollten eine Armee kommandieren,« antwortete Münzner lächelnd.

»Beim heiligen Jakob!« fuhr der kampflustige Fernandez fort, »das wäre eben meine Freude. Ein Kommando gegen die Portugiesen! Ihr werdet Euch freilich wundern, wenn ich Euch sage, daß unser Haus selbst aus Portugal stammt; daß einer unsrer Vorfahren selbst vor achtzig Jahren den Holländern – Gott verdamme die Krämer – das Land längs den Küsten abnahm; das brasilische, meine ich. Aber der Undank, womit man ihn belohnte, bewog unsre Linie, die schon früher nach Spanien verpflanzte, in spanischem Dienste zu bleiben, bis denn endlich auch hier der Dienst so schlecht wurde, daß sich mein Onkel geistlich machte, und später auch mich vermochte, meinen Freibrief zu nehmen. Ich war Leutnant unter den Pikenierern des Regiments der Milizen zu Lima; hing aber gerne Schärpe und Federbusch beiseite, da mich der Onkel beschied. Seitdem suchen wir uns nun in dem Lande, wo unser glorreicher Verwandter Wunder der Tapferkeit getan, zu behaupten; dem König Johann und allen Jesuiten des Königreichs zum Trotz. Unter anderm, Pater Xaver, tut mir die Liebe, und legt Euer Kleid ab.«

»Wie?« fragte Münzner überrascht, »verstehe ich Sie, Sennor Vereira?«

»Nichts Leichteres,« fuhr der junge Mann leicht und lebhaft fort, »Ihr werdet mich verbinden, und Euch einen bessern Empfang bei meinem Oheim bereiten, der schon vor dem schwarzen Rocke allein einen unüberwindlichen Abscheu hegt.«

»Das tut mir leid,« entgegnete der Doktor, kälter werdend, »ich lege aber den Rock nicht ab.«

»Wie? diese Gefälligkeit versagt Ihr mir?« fragte Vereira. »Stellt Euch nicht gewissenhaft, wo es unnötig ist, Pater Luis hat einige Worte fallen lassen, die mir bewiesen, daß Ihr selbst Euern Stand nicht besonders liebet. Was soll denn das Sträuben?«

»Wenn ich auch den Fall setzen möchte, daß ich meinen Orden nicht liebe,« entgegnete Münzner, »so ehre ich ihn doch, und verleugne seine Insignien nicht. Ohne den Befehl oder die Erlaubnis meiner Obern lege ich das Kleid nicht ab.«

»Ihr macht mich lachen,« sprach Vereira etwas bitter, »Ihr sprecht von Euern Obern, in einer Wüste, fünfzig Meilen von jeder Mission, noch weiter von einem Ordenshause entfernt. Macht es, wie ihr Herren es mit den Fasten macht, dispensiert Euch selbst.«

»Wenn es den Umgang mit Protestanten gelte, so könnte ich's auf mich nehmen,« versicherte Münzner mit unerschütterlichem Ernste, »gegen Religionsbrüder lüge ich nicht. Der Papst hat unser Gewand geheiligt und bestätigt. Ich darf es mit Stolz überall zeigen, wo man zur Messe geht.«

»In unserm Gebiete nicht!« fuhr der junge Fernandez auf, »ich verbiete es Euch!«

»So werde ich umkehren müssen!« entgegnete Münzner entschlossen und stand auf.

Vereira hielt ihn zurück.

»Wenn ich Euch nun gehen ließe?« sagte er mit scharfem Blicke. »Versuchen Sie es. Ohne Lebensmittel, ohne Begleitung, ohne Obdach? In Gottes Namen! Wollt Ihr um Eures Ordens Ehre willen in der Savanne verschmachten? In Gottes Namen! Euern Zögling halte ich zurück, wie Euern Freund. Ich stoße Euch allein, ganz allein, hinaus. Es sei, lebt wohl!«

James, der mit gespannten Blicken Vereiras Gesicht gehütet hatte, hielt den Pater auf, den Fernandez plötzlich freundlich umarmte.

»Ihr seid ein Mann!« sagte er, »Eure Gesellschaft ist zu beneiden, daß sie solche standhafte Glieder zählt. Kommt getrost mit mir; ich will meinen Oheim schon stimmen, daß er über dem Mann den Rock vergesse. Wäre ich ein legitimer, nicht ein wilder Prinz, ich würde Euch, allem Vorurteil zum Trotz, zu meinem Beichtvater und Hofkaplan erheben. Ich liebe die entschlossenen Menschen sehr, und Eure erste Handlung müßte sein, mich mit jener wunderhübschen Deutschen zu trauen; denn wahrlich, sie gefällt mir wohl, und verdiente Besseres, als nur die Königin dieser Wildnisse zu sein.«

Der eifersüchtige Blick James' folgte dem glühenden, den Fernandez nach Justine sandte, die, ein lebendes Bild der Pietät, unfern saß, den Vater pflegend, wartend, erheiternd. Eine trübe Ahnung schlich durch des jungen Engländers Gehirn, und es sank ihm ein Zentnerstein von der Brust, als Fernandez sich erhob und sein Maultier bestieg, um vorauszureiten. Er empfahl den übrigen, sich zu ordnen und bald nachzukommen. Darauf verlor er sich, nur von seinen Hunden und einigen Schützen, die seitwärts durch die Büsche strichen, begleitet, in den Wald, der nach dem Tale hinunterführte.

Er war, in Gedanken vertieft, nicht allzuweit bergab geritten, als in dem Gebüsche seine Hunde anschlugen, und ein Jäger seinen Gefährten pfiff. Zugleich raschelte es in dem Gestrüpp des Abhangs, wie das Geräusch eines Laufenden, und in der Tat riß sich auch ein Mann mit der größten Gewalt durch Busch und Hecken; kraftlos an einem Steine niedersinkend, als er den Reiter vor sich erblickte. Fernandez stutzte nicht wenig ob der fremden Erscheinung und sprang vom Sattel, den Säbel in der Faust, denn der Niedergesunkene trug portugiesische Uniform.

»Ha! Elender! was machst du hier?« rief er ihm rauh entgegen und schwang die Klinge.

Der Entkräftete warf einen mutigen Blick auf den Bewaffneten, schloß dann die Augen und erwartete den Streich.

Dieses Benehmen machte die Hand Vereiras sinken. »Wer bist du? wie kömmst du hierher?« fragte er milder und winkte den Schützen, die nachdrangen, ferne zu bleiben.

Der Fremde antwortete in schlechtem Portugiesisch: »Ich bin Soldat... will's nicht mehr sein... lieber sterben!«

»So? Was hat man dir getan? Woher kömmst du?«

»Von La Guasta, Heute war unser Detachement abgelöst, und auf dem Rückmarsche noch unfern von dem Wachthause mißhandelte mich der Knabe, der Fähnrich. Ich warf ihn zu Boden – entfloh; hier bin ich. Tötet mich, liefert mich aber nicht aus.«

»Du sprichst wie ein Mann; du bist auch einer und doch kein Portugiese, wie ich vernehme.«

»Ich bin ein Fremder. Ein elender Seelenverkäufer hat mich in diese Gegenden gebracht. Ein portugiesischer Kaper bemächtigte sich unsers Schiffs und verhandelte mich an die Soldateska auf der Küste von Fernambuk; diese sendete mich weiter in das Land. Nie fand ich Gelegenheit zu entkommen, als heute, aufs äußerste getrieben.«

»Wohin wolltest du?«

»Ich weiß nicht Weg noch Steg. Lieber in den Tod, als zurück.«

»Recht. Du weißt nicht, wer ich bin, wer jene Leute sind, die mir folgen?«

Der Soldat sah nach der Höhe, wo zwischen grünen dämmernden Blättern die Spitze des Zugs erschien und sagte gleichgültig: »Ich kenne, auf Ehre, nicht Euch, nicht Eure Leute, und will nichts von Euch, als entweder den Tod auf der Stelle, oder Freiheit und ein Stück Brot; ich bin den ganzen Tag gegangen und gelaufen, und sinke um vor Hunger und Müdigkeit.«

Ein Schütze reichte ihm eine erquickende Frucht und Fernandez fuhr fort: »Es soll dir nichts mangeln, als die Freiheit, die ich dir auf ein paar Tage nehmen muß, damit man sehe, welch ein Vogel du bist; ob ehrlich, oder Spion!«

»Spion? Herr! ich bin ein Engländer! ...«

»So? ich hätte das an deiner Mundart merken sollen. Dein Name?«

Dem Fremden wurde die Antwort erspart. Ein Schrei der Ueberraschung ließ sich aus der Mitte des Zugs vernehmen.

»Vater,« rief Justinens Stimme, »um Gottes willen! sehen Sie auf. Es geschehen Wunder! Herr Birsher! Georg Birsher!«

»Wer ruft mich?« fragte um sich blickend der Soldat und stand wie versteinert, die Braut, ihren kranken Vater, James, den Doktor vor sich sehend. Er rieb sich die Augen, die Stirne, wollte auf Justine zugehen, und fuhr schnell und erschreckt vor dem Senator zurück. Müssinger, der Ueberraschung unterliegend, vermochte kein Wort zu stammeln. Ein heftiger Krampf packte seine kranke Brust, er sank, wie mit dem Tode kämpfend, zurück. Jammernd warf sich die Tochter über ihn. Vereira gab Befehl, den rätselhaften Fremden festzuhalten. Es geschah.

»O ja, ihr Freunde!« rief Georg außer sich seinen Schergen zu, »reißt mich hinweg von diesem Anblicke, der mein Herz zerschmettert. Ich bin nicht kalt, bin nicht ruhig in diesem Augenblicke. Ich kann den Mörder nicht ins Auge fassen!«

Auf einen Wink des Fernandez wurde Georg schnell fortgeführt, und schnell folgte ihm der Zug, damit der dem Tode nahe Kranke sobald als möglich unter Dach und die Obhut des heilerfahrnen Priesterfürsten komme. Einen wohltuenden Gegensatz zu der Bestürzung, die über die Europäer gekommen war, machte das Betragen des Doktors. Von Freude leuchtend, ging er dem Troß zur Seite, betete still, betete laut, streckte die Arme gen Himmel und sagte: »Wie kann ich dir danken, du gnädiger Herr dort oben, daß du mich diesen Tag sehen ließest? Wahrlich, James,« sagte er zu dem neben ihm tiefsinnig und betrübt einher Schleichenden, »was ich nicht zu hoffen wagte, ist eingetroffen. Ich sehe den Armen wieder, den ich unglücklich machen half; ich sehe ihn frei unter Freien. O Herr! hast du über meinen armen Freund beschlossen, so erhalte seine Sinne nur eine Stunde noch bei voller Kraft, daß sich von ihm löse, was ihn quält; denn dazu ist jetzt der Augenblick, dazu der Ort, und ich will dich loben ewiglich!«

»Nur einen Abglanz Ihrer Stärke!« bat James, blaß wie ein Sterbender, mit inniger Klage, »nun ist jede Hoffnung auf mein irdisch Glück dahin! Selbst die Wüste vereint mich nun nicht mehr, mit der, die ich liebe; die Unschuld, die an mir mit voller Seele hing, wies ich schnöde von mir. Ich muß allein stehen, belohnt für mein hinterlistig Streben, bestraft für den Trug, zu dem meine Jugend verleitet wurde. Vater Münzner! kehren Sie mit mir nach Dominica, nach Assumption zurück! Euer bin ich nun, ihr schlauen und geschäftigen Ordensleute! Ich will mich an eure Selbstsucht, an den Schein eurer Tugend ketten, da mich die Wahrheit verläßt und die Liebe!«

»Du betrübst mich, mein Sohn!« entgegnete Münzner kräftig. »Wo ist die Stärke, womit du prahlst? Wo das Wohlwollen gegen die Menschheit, das dich auszeichnete? Du willst jetzo diesen Rock nehmen, indem du ihn verachtest? Weiche zurück von der Sünde! Denke sie nicht. Dem schwachen Erdensohne ist's erlaubt, es ist sein Los, getäuscht zu werden, harmlos die Schlange zu nehmen, die ihn alsdann tötet. Wer aber mit der Erkenntnis das Böse tut, ist verächtlich. Mich, den Schwergetäuschten, laß immerhin an dem Platze fallen, der mir zum Kampfe angewiesen wurde. Treu meinem Schwüre, weiche ich nimmer aus dem Streite, der mich verdirbt. Dir verbiete ich aber jetzo, ferner an den Orden zu denken. Du würdest darinnen ein Ungeheuer, während ich nur schwach war. Laß ab! Deinen Wortbruch nehme ich auf mich, weil ich ihn verschuldete.«

James warf sich weinend an des Pflegers Brust. Beide zu sich gekommen sahen sich um. Sie standen im Tale, an der Pforte eines luftigen Hauses. Eine Doppelreihe von Jungfrauen und Kindern bewegte sich heran, bunt und festlich gekleidet, Früchte in den Händen, und boten sie mit stiller Gastfreundlichkeit den Ankommenden. Unter dem leichten Vordache des Hauses, über welches sich zwei Palmen lehnten, stand der Fürst des guten Jesus, in der einfachen, groben Tracht des heiligen Franziskus, mit nackten, sandalentragenden Füßen, vom dürftigen Strick umgürtet. Der einzige Schmuck des hochbejahrten Mannes war sein weißes Haupthaar, der wie aus Schneefäden gesponnene Bart, der zum Gürtel herniederfloß, und die heitern, wohlwollenden Augen in dem braunen, ehrwürdigen Gesichte. Er sprach mit einfachen Worten den Segen über alle und richtete milde Trostworte an Justine, wie an den Senator, der sich mühsam von seiner Ohnmacht erholte.

»Dies euer Haus, meine Gastfreunde!« sagte er, »Heil den Fremden, die es wohl meinen, wie wir es mit ihnen machen wollen! Heil dem Kranken, denn Gott will, daß er genese! Heil den Abwesenden, und vorzüglich dem guten Vater Luis, denn er gab uns Gelegenheit, barmherzig zu sein, und Freude bringe ihm dieser Abend!«

Der Senator wurde in das Haus gebracht und wie mit Zauberschnelligkeit war ein Trank bereitet, von welchem der Vater Franzisko viel versprach und erwartete. Alles Volk hatte sich ohne Geräusch nach seinen Häusern begeben; die stille Sabbatruhe war wieder allenthalben eingetreten, alles verödet; nur auf Felsspitzen rings um das Tal gewahrte das Auge bewaffnete Schildwachen, die das Tal in die Ferne mit Späherblicken hüteten. Franzisko, der Fürst dieser Wildnisse, saß neben dem Kranken, der in eine heftige Krisis fiel. Des Priesters Hand verließ den Puls nicht, wie die Augen der knieenden Justine die Züge des Vaters nicht verließen. Fernandez lehnte in der Ecke und beschaute das Mädchen, das ihn sehr anzog; James kämpfte, unfern sitzend, mit seinem Herzen; mit gefalteten Händen stand Pater Xaver an der sehr großen Fensteröffnung, die beinahe eine ganze Seite der Stube einnahm, mit einer Balustrade versehen war und die Aussicht auf einen großen Platz gewährte, mit Rasen bewachsen und frei; von Platanenreihen im Halbkreise umringt. Ein einfacher Altar erhob sich in seiner Mitte, und, beinahe die Baumreihe überragend, stand hinter dem Altare ein riesengroßes Bild des Heilands, sitzend und sprechend: Laßt die Kindlein zu mir kommen! Der Kopf der Bildsäule, ein Meisterwerk von Schnitzarbeit, sah ernst und sanft in das Zimmer, und nach ihm gewendet lag der Kranke, zu ihm gewendet betete Xaver.

Des Senators Zustand besserte sich indessen, aber eine große Schwäche befiel ihn. Die Türe öffnete sich und ein Mann, zurückgehalten von einigen Wächtern, wollte herein. Franzisko winkte ihm, leise näher zu kommen. »Der Kranke hat nach Euch verlangt,« sagte er, »schont seinen Zustand!«

Georg trat, um viele« gefaßter, mit ruhiger Stimme auf den Senator zu, der ihm schwach die Hände entgegen reichte. »Ich ahne,« sagte Georg, »was Sie bewogen haben mag, meine Nähe zu fordern. Sie glauben an der Pforte des Todes zu stehen und wollen ein qualvolles Bekenntnis in meinen Schoß wälzen. Lassen Sie die traurige Pflicht. Versöhnen Sie sich mit dem Himmel; ich habe Ihnen vergeben, und auch mein armer Vater, der uns jetzo sieht, wird die Grausamkeit die Sie an ihm begingen, nicht rügen. Er wird bei dem Ewigen um des Mordes willen, den Sie an ihm verschuldet, um Gnade bitten.«

Des Senators Körper zitterte. Justinens Busen hob sich heftiger. Münzner trat langsam näher. »O wie ist es möglich,« seufzte Georg, sich selbst vergessend, und in den Anblick des Kranken verlierend, »daß dieser Mann, in dessen Gesicht jetzt die engelgleiche Sanftmut liegt, daß dieser gerade gegen den Gastfreund seine Wut kehren, daß er ihn erwürgen konnte! Was ist der Mensch?«

»Ein Irrender, Herr Birsher,« antwortete Münzner, »und auch Sie sind im Irrtum, versöhnlicher, verzeihender Sohn. Hier ist Ihr grausames Gericht, hier ist die Folter nicht zu fürchten, hier ist keine Rücksicht auf öffentliche und geheime Lebensverhältnisse zu beachten, Herr Senator. Reden Sie mit dem jungen Ehrenmanne, daß der grimmigste Verdacht weiche, daß der eine bezeichnet werde, der die meiste Schuld an Ihrem Unglück trägt.«

Der Senator erholte sich ein wenig, und redete dann zu dem jungen Birsher. »Sie sind ein klarer Engel, Herr, Sie vergeben mir unbedingt, ob Sie gleich scheinen, das schrecklichste von mir zu glauben. Und dennoch – wahrlich, Herr – so viele Schuld ich an Ihres Vaters Hinscheiden habe ... verflucht sei meine Hand, wenn sie je sich an dem edeln Manne vergriffen.«

»Wie?« fragte Birsher. Justine atmete freudig auf.

»Ich bin zugrunde gerichtet, sagte ich dem Mahnenden, dessen Güte ich nicht ahnte, ebensowenig als seinen Namen,« fuhr der Senator fort, »ich muß sterben eher, als mich bankrott bekennen; ich riß die für mich geladene Pistole aus der Schublade. Herrgott! wollen Sie mich morden? fragte Ihr Vater auffahrend, und in selbem Augenblick sank er, der von der Reise bereits Ermüdete, von schlafloser Nacht Erhitzte, von dem unangenehmen Geschäfte und dem plötzlichen Schrecken aufgeregt, vom Schlage getroffen zu Boden. Mein Entsetzen ... wer beschreibt es? Ich wollte dem Röchelnden die fest zugezogene Halsbinde lüften ... ich war ungeschickt, um so schneller starb er unter meinen Händen; und der entsetzliche Gedanke, den nächsten Anlaß zu seinem Verscheiden gegeben zu haben, warf mich selbst zu Boden.«

Georg sann nach, als der erschöpfte Erzähler geschwiegen und fragte dann: »Wenn ich den Worten eines Sterbenden auch glaube, und die Lüge sitzt nicht auf Ihrer Stirne, woher Ihre Befangenheit, Ihre Angst ... woher das rätselhafte Schweigen gegen mich, da ein freimütiges Erklären alles beigelegt haben würde?«

Der Senator konnte nicht mehr reden, Münzner nahm für ihn mit erschütternder Wahrheit das Wort. »Ich gebe Ihnen mein heiligstes Priesterwort, im Angesichte des Heilands, der dort so hehr und rein sein göttliches Haupt in den Himmel hebt; der Senator spricht die Wahrheit. Dazumal war jedoch die Schlange seines Bewußtseins ihm so schreckend, daß ihm selbst die nackte Wahrheit ein Greuel wurde. Seines vielseitigen Unrechts gegen die Gesetze seines Standes und seiner Vaterstadt bewußt, fürchtete er von deren harten und parteiischen Gerichten das Beginnen eines Prozesses, der ihn zu Boden gerissen, mehrere Jahre im Gefängnisse gehalten haben, ihn vielleicht, dem Schein zuliebe, seinem Leugnen zum Trotz, auf das Schafott – unschuldig unter das Schwert gebracht haben würde. So viel von seinem unerklärlichen Schweigen gegen den erregten Verdacht. Die Qualen seines Bewußtseins habe ich zu tragen, und dieses Bekenntnis ist nur eine geringe Vorbuße für das, was ich gegen Sie alle, meine Lieben, verschuldet habe. Klara – mein Freund – empfahl Sie meiner Liebe! Mit aufrichtiger Teilnahme an Ihnen hängend, wußte ich Ihnen keine bessere Wohltat zu bereiten, als den Eintritt in meine Kirche, die Wiedervereinigung mit Klara, jenseits des Fegfeuers. Ich bedurfte eines Bandes, Sie festzuhalten. Ich benützte den finstern Wahn, in dem Sie lagen, als ob Sie eigentlich durch ihre Drohung den ehrenwerten Vater dieses Mannes getötet; ich brauchte ihn als Schrecknis; ich zeigte Ihnen die Vergebung der entsetzlichen Sünde nur in dem Schoße des katholischen Glaubens. Endlich war mir das Werk gelungen, Sie waren unser; ich bemühte mich nun, Ihre Furcht vor dem eingebildeten Verbrechen durch die Lossprechung zu tilgen. Umsonst! der Wurm blieb, wurde schrecklicher, denn zuvor; Folge knüpfte sich an Folge, eine verderblicher, als die andere. Ihre Bekehrung wurde Sache des Ordens, ich sah Sie aus meinen Händen gerissen, völlig zum Abgrund geschleudert; ich sah die unseligen Wirkungen meines Beginnens, das in aufrichtiger Liebe entsprungen; ich schauderte selbst vor meinem Werte zurück, und mußte nun Stein zu Stein tragen, Trug auf Trug bauen, um ... o, lassen Sie mich schweigen! Sie aber, edler Georg, vergeben Sie mir, daß auch Sie endlich unserer Sicherheit Opfer werden mußten. Wenn Sie gewußt hätten ...! Wir fuhren auf demselben Schiffe; Sie in den Fesseln des Raums, wurden von dem Senator nicht gesehen. Zu Buenos-Ayres angelangt, mußte ich Sie, unserer Selbsterhaltung willen, Ihrem traurigen Schicksale überlassen ...! Welche Fügung des Herrn, daß Sie, statt nach Batavia geliefert zu werden, hierher kommen mußten! Hier sind alle Schleier gefallen! Hier sehen Sie das Ungeheuer vor sich, das Ihre harmlose Menschenliebe, Ihre Hoffnungen, Ihren Brautstand, vielleicht Ihr ganzes irdisches Glück, und die Glückseligkeit dieser beiden, und den Frieden jenes jungen Mannes unbarmherzig zernichten mußte! Gott sei Dank; endlich habe ich meine Gefühle reden lassen dürfen, und nun beginnen Sie mit mir nach Gutdünken.«

Georg und James wendeten sich entsetzt ab; Justine betrachtete den furchtlosen Mann des Jammers ohne Verachtung, nur mit Bangigkeit und innerer Freude über seiner zur Wahrheit gehobenen Seele Kraft, denn er hatte ja den Vater von der gefürchteten Blutschuld freigesprochen, und Birsher durfte ihnen nicht gerecht zürnen, und James war auch gerechtfertigter, als das Mädchen jemals vermeint hatte; und, wenn es Bedauern erregt, einen Gutdenkenden in Sünde versinken zu sehen, so erquickt den Kräftigen doppelt der Wiederaufschwung des neu erstarkten gefallenen Herzens!

Der Senator winkte dem Pater Xaver zu und lispelte: »Sie wollten mich um Klaras willen dem Paradiese weihen, mein Freund. Ich spreche Sie frei und danke Ihnen für diesen Augenblick. Ich hasse Sie nicht.«

»Nicht ich,« rief James weinend und an den Hals des Lehrers fliegend.

»Nicht ich,« setzte Georg edel entschlossen bei und drückte ihm die Hand, »alles, was wir um uns sehen, ist Gottes Werk, und so auch die Handlungen der Menschen, und auch so Ihr gutes, aber zum Unsegen bestimmt gewesenes Herz! Gott hat uns schwer geprüft; aber ist es nicht auch seine Schickung und sein Friede, daß wir uns hier zusammenfinden? Ich verzeihe, ich vergesse, ich hasse nicht Sie; was jedoch den Orden betrifft, der ...«

»O, mein Herr!« bat Pater Münzner weich, »auf mich allein die Schale Ihres Zorns! Ich habe niemand angeklagt, als mich allein. Ich habe zu büßen. Die Fremden, die Unschuldigen verschone Ihr Unwille. Ich dächte, der Geist der Duldung stände dem Protestanten wohl an. Verdammen Sie nur den, der das Ueble mit seiner Hand getan.«

Georg nickte ihm zu, ging zu dem Senator und gab ihm seine Hand. Schüchtern reichte er die Linke an Justine, die errötend, aber gerne sie annahm.

»Ich schwöre es,« rief er, »euch nie zu verlassen, meine Lieben, so lange das Geschick uns in der Irre, auf wüstem Meer des Lebens treibt. Laßt uns alle enge zusammentreten, vereint durch Not, durch Friede, durch Versöhnung. Liegt nicht das Elend hinter uns in der Alten Welt, und kann nicht das Glück aufs neue hier uns aufblühen?«

Sein Blick traf auf Justine. Er las in ihren Augen Freude und Vertrauen, »Gib mir deine Tochter, wenn du heimgehst, Vater!« sagte er zu dem Senator, und dieser legte die Hände des Brautpaares weinend ineinander. James hatte den Mut, seinen Landsmann glückwünschend zu umarmen, und Münzner teilte die hier stattgefundene Versöhnung und ihre Folgen dem Priester Franzisko und seinem Neffen mit.

»In diesem Tale,« sagte er, »wäre für die Leute ein stilles Glück zu hoffen, bis die Außenwelt wieder für sie zugänglich wird. Dürfen sie aber auf Ihren Schutz rechnen, mein Vater?«

»Jesus ist die Liebe und der gute Hirt,« antwortete Franzisko, »wer tugendhaft ist, wohnt gut in diesem Tale, und – wenn der den Portugiesen entflohene Mann nur unsere Felsengrenzen nicht verläßt, so ist er sicher immerdar.«

»Beim heiligen Jakob!« versetzte Fernandez, an seinen Säbel schlagend, »ich beschütze ihn selbst, weil er brav sein muß, da die schöne Deutsche ihn liebt, für welche ich gerne meine altspanische Ritterlichkeit bewähren möchte!«

So geschah es also, daß sie in dem kleinen Staat des guten Jesus in den Wildnissen eingebürgert wurden. Die Einwohner, ein harmloses Volk, aus allen Farben zusammengewürfelt, teils vom Unglück hierher verschlagen, teils im stillen Tal erwachsen, schlossen sich bald an die fremden Brüder an. Ein Haus von schlankem Rohre wurde denselben gebaut. Die Nahrung gab ihnen Vater Franzisko aus dem Vorrathause der Gemeinde, bis ihre Felder, ihre Bäume Früchte tragen würden; er gab durch seine Bemühung dem Senator das Köstlichste: die Gesundheit wieder. Die Seelenruhe des Mannes beförderte seine Heilung, und ehe achtundzwanzig Tage vergingen, so strich er schon mit seiner Tochter und mit Georg durch die freundlichen Fluren um die Kolonie. Die Liebe des Paares verjüngte seinen Geist, und, ungeduldig aufbrausend, wiewohl gutmütiger als in der verwichenen Zeit, sagte er zu seinen Kindern: »Ihr liebt euch; ihr wollt es nicht verhehlen! Warum wird mir nicht das Glück, euch verbunden zu sehen? Warum hat Franzisko noch nicht den Segen über euern Bund ausgesprochen? Ein Patriarch könnte es nicht besser, als dieser edle Mann.«

Justine und Georg sahen sich an, ernst, einverstanden, drückten des Vaters Hand und die Tochter sprach: »Nicht hier, mein lieber Vater! Hier herrscht nicht unser Glaube, und den Lockungen der andern Kirche seit langem widerstrebend, soll auch nicht die Einsamkeit den Sieg über mich erringen.«

»Nicht ewig,« redete Georg, »wird uns das Geschick an diesen Boden fesseln; ich ahne es, wir werden meine Heimat sehen und dann, Vater, dann knüpfen wir dort das Band vor dem unsichtbaren Gotte.«

Der Senator schlug beschämt die Augen nieder und Justine, um seine Verlegenheit zu endigen, setzte schonend bei: »Wie wollen Sie auch, daß ich glücklich sei, so lange noch ein Mann in unserer Nähe lebt, den die Leidenschaft beim Anblick dieses Bundes elend machen würde?«

Sie zeigte auf James, der unfern vorüberging, sinnend, brütend, gesenkten Hauptes, ohne sich umzusehen.

»Sie waren ihm hold, beste Jungfer!« sagte Georg, ihm nachblickend. »Der Unglückliche, daß er diesen Lichtblick seines Lebens nicht für sich gewann!«

»Zu meinem Frieden!« antwortete Justine. »Angezogen und zugleich abgestoßen von ihm, danke ich den Ränken, zu welchen ihn seine Erzieher verleiteten, meine Ruhe. Ich hasse die Falschheit, und nur redliche klare Besonnenheit kann mein Herz gewinnen. Darum rechnen Sie, mein bester Herr, auf dieses, wenn es Ihnen angenehm ist, und vor allem, lassen Sie uns samt und sonders auf baldige Erlösung nach der Heimat hoffen. Denn, nicht zu leugnen, daß hier in diesem Frieden, dieser Stille, nur ein geschmückter Kerker zu schauen ist.«

Justine sprach wahr. Franzisko übte, seinen Verhältnissen gemäß, die strengste Despotie; mit Wachen war das Tal umstellt, niemand sollte das Tal verlassen, auf die Fremden wurde das wachsamste Auge gehalten; besonders auf den Jesuiten, dessen Gewand, das er hartnäckig behielt, einen größeren Verdacht erregte, als die portugiesische Uniform, die Georg abgelegt hatte, um kein Aergernis zu geben. Und gerade Münzner mußte es sein, der plötzlich aus dem wohlgehüteten Gefängnisse entwich, ohne es selbst zu ahnen.

Bei all dem herzlichen Vergessen, das die Freunde ihm bewiesen, war der Stachel in seiner Brust zurückgeblieben. Er konnte sich nicht heimisch unter diesen Menschen fühlen. Seine Gewissenhaftigkeit trieb ihn, da der Senator genesen war, wieder nach dem heimatlichen Boden, vor die Schranken seines Provinzials. Der stille Kummer, worin sich James verzehrte, machte sein Herz bluten. Es quälte ihn, diesen Unfrieden eines geliebten Jünglings mit ansehen zu müssen. Botanik, eine Lieblingswissenschaft seiner jüngern Jahre, bot ihm Zerstreuung und Genuß. Er entfernte sich von den Landsleuten; er kletterte tagelang an dem Gestein der Höhen, durchkroch die Furchen des Talbodens. Die Wächter waren seiner Wanderungen gewöhnt worden. Dem schlichten einfachen Manne mißtraute keiner mehr; sie ließen von ihrer Achtsamkeit nach, und so kam es, daß der Pater sich eines Nachmittags, von seiner Forschbegierde verleitet, weiter verstieg als sonst, und sich mit einem Male hoch über den Wachtposten erblickte. Die herrliche Flora, die um ihn erblühte, führte ihn weiter. Die Waldpflanzen boten ihm einen blumigen Pfad, der ihn mehr und mehr verlockte, und, wie das Kind der Lockung süßer Früchte folgt, so folgte hier der Mann, dessen Herz sich seit langem wieder einer ruhigen Freude hingab, dem Streben seiner Wißbegierde. Aber immer weiter war er gegangen. Der Wald hatte sich hinter ihm mit tausendstämmiger Wehrmauer zugeschlossen. Nur der Laut der Vögel sprach zu dem Wandernden; nur die Furche, die von der mächtigen einsamen Schlange durch da« Gras gezogen wird, war sein Pfad, und endlich dämmerte es schon unter den hohen Bäumen, als er Halt machte und auf den Rückweg bedacht wurde. Wo jedoch diesen finden? Kein Sonnenstrahl mehr, noch kein Stern, grüne duftige Waldnacht allein. Münzner versuchte sein Heil, indem er aufs Geratewohl einen Seitenpfad einschlug, wo von ferne eine schwache Helle aufzudämmern schien. Je weiter er ging, je tiefer die Dämmerung wurde, je deutlicher wurde der helle Punkt; er blitzte auf, eine Feuerflamme redete zum Auge des Wanderers. Er förderte seine Schritte. Auf feuchtem Grunde an hochwachsenden, üppiggeblätterten Sumpfstauden vorüber, immer auf das Ziel zu, das die Gegenwart von Menschen verriet. Mochte das Raubgetier um und um in der Ferne heulen und krächzen; er verfolgte die Spur. Schon erkannte er einen flammenden Holzstoß, Menschen um denselben gelagert. Seine Annäherung, von dem rauschenden Gestrüpp verraten, erregte die Aufmerksamkeit der Lagernden. »Wer da!« rief eine portugiesische Zunge, und der Pater sah die Mündung einer Flinte gegen ihn gerichtet. »Ein Verirrter!« antwortete er, und im Nu umgab ihn die Schar der Aufspringenden; ein Dutzend von Männern in braune, grobe Mäntel gehüllt, mit herunterhängenden Hüten auf dem Kopfe, Säbeln an der Seite und Musketen in der Faust. Einer von ihnen, der unter dem Mantel eine Uniform sehen ließ, mit den Galonen eines Offiziers, fragte gravitätisch, daß die Zigarre zwischen seinen Zähnen nicht erlösche, woher der ehrwürdige Vater komme und wohin er wolle. Auf die unbestimmte Antwort Münzners, daß er sich verirrt habe, schüttelte der Offizier ungläubig den Kopf, küßte indessen den Pater die Hand und erwiderte: »Ihre Aussage ist dunkel, Ew. Hochwürden. Ich muß Sie ins Hauptquartier schaffen lassen, da Sie mir nicht angeben wollen, wo Ihr Wohnort ist.«

»Ins Hauptquartier?«– »Nach la Guasta; einige Stunden von hier entfernt. Sie werden gefällige Leute daselbst finden, mein Vater.« – »Aber mit welchem Rechte?« – »Ich bin Soldat, hochwürdiger Herr. Das entschuldige mich. Miguel und du, Olao, nehmt eine Fackel mit euch und führt den ehrwürdigen Herrn zu Sr. Exzellenz, dem Brigadier,«

»Welche Behandlung, da ich hier nur Schutz für diese Nacht suchte!«

»Befehl, hochwürdiger Herr! Geben Sie uns Ihren priesterlichen Segen, wenn es Ihnen gefällig wäre!«

Die ganze Truppe senkte sich auf die Kniee. Münzner tat das Verlangte, und nachdem ihm noch von allen aufs inbrünstigste Hand und Kleid geküßt worden war, mußte er sich auf den Weg machen. Der Offizier bot ihm Zigarren und einen Tropfen Wein zur Erfrischung. Niedergeschlagen und geärgert verweigerte Münzner beides und folgte den Soldaten, die alle ersinnliche Ehrfurcht und Frömmigkeit gegen ihn bewiesen, ihn jedoch nicht aus den Augen ließen, die gespannte Flinte im Arme haltend. So verging die Nacht auf gefährlichem, halsbrecherischem Wege. Das Morgenlicht fand den Verhafteten auf der steilen und öden Bergplatte la Guasta. Abgründe ringsum; in der Tiefe Wälder; ein dürftiges Wachthaus bot ein Obdach; aber der sonst öde Ort wimmelte von gelagerten Soldaten einiger Milizenkompanien, Strauchdieben ähnlicher, als geregelten Kriegern; in abgetragenen Röcken und zerrissenen Schuhen. Die durchlöcherten Hüte, niedergekrempt, saßen verwegen auf den ölglatten, schwarzen, hängenden Haaren, und das olivengelbe Gesicht wurde furchtbar und drohend durch die großen, schwarzen Feueraugen und den unordentlich gehaltenen Schnauzbart. Spielend, schlummernd, plaudernd lagen sie am Boden um Trommel und Fahne, die Waffen in Pyramiden zusammengestellt; sowie sie des nahenden Geistlichen ansichtig wurden, flogen die Hüte herunter, die Mannschaft lag auf den Knieen, und die Benediktion war das erste, was sie verlangten. In dem Augenblicke traten zwei Männer unter den Eingang des Wachthauses. Ein hoher Offizier, wie das Kleid verriet, und der Ungestüm, mit welchem das Militär aufsprang, ihm die Honneurs zu machen; dann ein Vater der Gesellschaft Jesu, der sehr verwundert schien, einen Bruder vor sich zu sehen. Münzner war erstaunt über dieses Zusammentreffen, das, in Mitte so vieler Waffen, einen bedeutenden Zweck zu haben schien. Der Sergeant Miguel berichtete. Der Brigadier näherte sich dem Pater Münzner bescheiden und fragte ihn: »Wollen Sie nicht aufrichtiger gegen uns sein, als gegen den Leutnant des Vorpostens, mein Vater? Sie sind, wie aus allem zu schließen, unbekannt in diesen unwegsamen Gegenden, und jede Ausflucht, die Sie ersinnen möchten, uns über diesen Punkt zu täuschen, würde vergebens sein. Wären Sie etwa bekannter in der Region, nach welcher wir unsern Marsch gerichtet haben? in dem Tale des guten Jesus in den Wildnissen?

Münzner erschrak. Die Ahnung vom Verderben seiner Freunde schoß durch seinen Kopf. Entschlossen, nichts zu verraten, leugnete er, ohne jedoch einen Vorwand zu finden, der seine Existenz in diesen Landen beschönigen konnte.

»Ich wiederhole Ihnen, mein Vater,« fuhr der Brigadier gemessen, ernst, aber immer höflich fort, »daß Sie Ihre Lage verschlimmern. Wir lassen uns nicht täuschen. Sie möchten sich die Folgen selbst zuzuschreiben haben. Woher kommen Sie? die nächste Mission liegt noch ferne von hier, und Ihr Gesicht scheint dem hochwürdigen Vater Assistenten der Missionobern zu St. Sebastian gänzlich unbekannt? Gestehen Sie, daß Sie ein Einwohner der wider des Königs Willen und Gottes Erlaubnis errichteten Kolonie in den Wildnissen sind.«

Münzner wollte sich auf sein Leugnen beschränken. Der Pater Assistent durchbohrte ihn mit den Augen, ohne ein Wort zu reden. Der Brigadier fuhr stolz und schneidend fort: »Es ist wahrscheinlich, daß die spanische Krone die aufrührerische Niederlassung auf Don Juans Eigentume begünstigt, und Väter der Gesellschaft Jesu aus ihrem Paraguay herübersandte, dieselbe zu regieren, möglich indessen auch, daß Sie das Kleid und die Tonsur bloß als Maske tragen, um verbrecherische Späherränke darunter zu verbergen. Mindestens sollten Sie Ihre Lektion besser gelernt haben. Wenn Sie, wie Sie vorgeben wollen, zu Santa Catalina als Vikar stehen, wie kömmt es, daß Sie hier aufgehalten werden konnten? Man pflegt keine botanische Wanderung auf fünfzig Leguas in der Runde anzustellen. Diese Gründe werden mich bewegen, Sie nach St. Sebastian abführen zu lassen, woselbst alles klar werden soll.«

Münzner bückte sich schweigend, sich in sein Schicksal ergebend. Der Pater Assistent winkte indessen dem Brigadier verstohlen zu, nahm den Doktor bei der Hand, fühlte ihn in ein einsames Gemach des Wachthauses und sagte hier zu ihm: »Mein verehrter Mitbruder im Herzen Jesu! Ich habe Sie durchschaut und bescheide mich, die Gründe ihres Betragens zu tadeln, weil ich dieselben gefunden zu haben glaube. Ihr Name, Ihre Verrichtung?«

Münzner nannte sich, seine Heimat, sein Profeßhaus, seine Sendung nach Amerika. Der Assistent lächelte zufrieden und sagte: »Ihr Name ist mir bekannt, das Haus Minhao zu St. Sebastian führt ihn in seinen Registern und Korrespondenzen. Ich fasse Vertrauen zu Ihnen, wie unsere Pflichten es wollen. Sie drücken sich aber nicht klar aus. Seit Ihrer Entfernung aus der Savanna unfern Dominica bleibt eine Lücke, die Sie nicht ausfüllen wollen. Wenn Sie dem Soldaten allein nicht Rede stehen wollten, kann ich's nicht schelten. Das Volk mit dem Degen nimmt häufig das Prä vor unserm Stande und Beruf. Mir gegenüber ist es ein anderes. Sie sollen wissen, daß ich auf Befehl des hochwürdigen Paters General zu Rom mich hierher verfügt habe. Längst haben wir Kunde von dem ›guten Jesus in den Wildnissen,‹ und den dort herrschenden Usurpatoren. Teils aber, um die spanische Krone in ihrer Unwissenheit zu lassen, teils aus Mangel an energischer Unterstützung unsers Statthalters, ließen wir die Einverleibung jener Gemeinden in den Schoß derer Missionen, die uns mit Fug und Recht gehören, dahin stehen. Endlich ist der Augenblick gekommen. Hinreichende Mannschaft unter dem Kommando eines Brigadiers begleitet mich. Wir stehen an den Pforten jenes lichtscheuen Staats, um ihn für den König und den Orden zu behaupten. Zwei Kundschafter des elenden Franziskaners, der dort regiert, sind in unsere Hände gefallen. Das Geheimnis unsers Anrückens ist unverletzt. Wir sind im Besitz aller nötigen Weisungen. Aus Ihrem Munde, dem eines Gebildeten, Vertrauten, wünsche ich nun den obigen Aufschluß zu erhalten. Weigern Sie sich noch, und stempeln sich dadurch als einen Teilnehmer jener Usurpation? als einen Verräter an den Interessen unserer Gesellschaft?«

»Mein Vater!« unterbrach ihn Münzner mit lebhaftem Unwillen bei der letzten Frage, »das Wohl unsrer heiligen Gesellschaft geht mir über alles, bin ich gleich das unwürdigste ihrer Glieder.«

»Sie sind zu bescheiden,« versetzte der andere mit schmeichelnder Ueberredung, »es hängt nur von Ihnen ab, auf der Stelle ein sehr Würdiges zu werden, indem Sie in meinem Wunsche den des gesamten Ordens befriedigen.«

»O, mein Vater,« rief Münzner bewegt, »erlassen Sie mir diese Notwendigkeit. Ich müßte Dankbarkeit und Freundschaft mit Füßen treten. Ich bin ein einzelner schwacher Mensch; ich kann Ihres Unternehmens Fortgang nicht aufhalten; aber Sie bedürfen meiner ebensowenig, um es zu beschleunigen.«

»Sind Sie ein Bruder der heldenmütigen Kongregation aus der der kühne und kluge Jakob Lainez, der glaubensstarke Xaver hervorging?« fragte der Pater Assistent mit dem Tone des Vorwurfs, »Wollen Sie eitle Privatverhältnisse vorschützen, wo die Gesellschaft von Ihnen ein so geringes Opfer, ein paar Worte, fordert? Sind Sie der Sprache der Vernunft und der Bruderliebe unzugänglich, so folgen Sie der Stimme des Gehorsams. Bei Ihrem Gelübde, Pater Xaver. Ich stehe hier an der Statt unsers würdigsten Generals und befehle Ihnen, mir ohne Umschweife alles mitzuteilen, was Sie wissen.«

Der Befehl erschütterte den Pater Xaver aufs äußerste. Eine grimmige Verachtung gegen den hartherzigen Gebieter war sein erstes Gefühl; Ehre, Furcht vor den beschworenen Statuten seines Ordens, das darauf folgende. Einen bittern Kampf aushaltend zwischen dem Vorteil der Freunde und dem gelobten Gehorsam, erblaßte er bei dem Siege des letztem. Was ihn aufrecht erhielt, war die Betrachtung, daß ja ohnehin die Kolonie bereits in den Händen der Bedränger sei, und daß seine Aussagen nur versöhnend, nicht verschlimmernd wirken konnten.

»Die Kundschafter, von denen Sie sprachen, mein Vater, haben Ihnen bereits entdeckt?«

Der Pater Assistent nickte gespannten Blicks mit dem Haupte.

»So bin ich bereit, Ihnen der pflichtschuldigen Gehorsam und Demut zufolge, nicht länger das Wenige zu verhalten, was ich weiß.«

Der Verhörende begann seine Fragen. »Sie begriffen so gut als alles: die Lage, die Einwohnerzahl, die Regierungs- und Religionsform, die militärische Stärke, die Produkte der Kolonie zum guten Jesus.« Münzner wurde von einer Frage zur andern gezogen, mit dem subtilen Scharfsinn, der schon zum voraus aus den funkelnden Augen des Assistenten sprach. Der Jesuit notierte sich Namen und Zahlen in dem Taschenbuche und drang darauf, den Weg nach der versteckten Gemeinde deutlich angegeben zu wissen. Als nun Münzner mit der Behauptung der eigenen Unwissenheit hervortrat, und der Assistent immer dringender, immer härter wurde, so entschlüpfte dem staunenden Pater, nachdem er ungefähr die Himmelsgegend angegeben, nach welcher der ›gute Jesus‹ lag, die Frage: »Aber wie ist es möglich, mein Vater, daß die gefangenen Emissarien Franziskus – als Eingeborene des Tals – Ihnen nicht die genaueste Auskunft gegeben haben sollen?«

Der Pater Assistent antwortete nicht, aber wohl stürmte der Brigadier zornrot in das Gemach. »Sehen Sie die Folgen Ihrer Langmut, mein Vater?« rief er wie wütend, »hätten Sie doch zugegeben, daß meine Soldaten die Hunde von Topinambous, von elenden Indianern, mit brennenden Lunten zum Geständnis peinigten! Nun erfahren wir von den verdammten Spionen Franziskos keine Silbe mehr. Sie haben sich in ihrem Loche mit der Zunge erstickt und spotten unsrer, kalt und steif, wie sie sind!«

»Richtig, Ihro Exzellenz,« versetzte der Assistent lächelnd und kaltblütig, »die Bursche haben ihren Lohn dafür, und, wenn sie selbst schweigen, so redete doch der gute Pater hier um so mehr!«

Triumphierend wies er dem Brigadier die Schreibtafel hin. Dieser riß die Türe auf und rief hinaus: »In Ordnung, Soldaten! Die Sache hat sich gewendet! Wir ziehen nicht ab!« Münzner, die Bosheit seiner Handlungsweise durchschauend, sank aus die Bank und verhüllte sein Gesicht. »Sie haben mich bitter getäuscht!« sagte er, »ich bin nun der einzige Verräter. Jene Wilde, die für ihren und ihrer Freunde Herd starben, sind Heilige geworden!«

»Ihr blasphemiert!« rief ihm der Pater Assistent zu. »Eurer schwachherzigen Tücke setzte ich erlaubte List entgegen. Simson gebrauchte sie auch gegen die boshaften Philister. Ihr habt die Gesellschaft und den Heiland durch Euer Benehmen beleidigt. Ihr lebtet im Einverständnis mit dem Rebellen im Tale, mit den Untertanen des Franziskaners! Ich wittre eine schwere Schuld in Euerm Leben. Ich werde dafür sorgen, daß Ihr plötzlich nach St. Sebastian gebracht werdet, um in unserm Hause abzuwarten, was über Euch beschlossen werden dürfte. Mindestens ist's unsre Pflicht, solch heuchelnd Unkraut wieder nach Europa zurückzuwerfen, woher es uns gekommen.«

Er verließ den Pater Münzner in der trostlosesten Lage und ließ wirklich ein kleines Kommando beordern, das ihn auf der Stelle nach St. Sebastian führen sollte. Münzner wollte nun noch das letzte tun: um Schonung seiner Freunde, um gütige Behandlung seines Pflegesohnes bitten. Der Assistent verschloß seine Ohren vor ihm. Er wurde einsam bewacht. Erst nach mehreren Stunden, nachdem Botschaft von der Vorhut, die sich nach der, von Münzner bezeichneten Richtung, vorwärts begeben hatte, angekommen war, daß man von einem wohl verborgenen, noch nie entdeckten Klippenhügel das Tal überschaue und Häuser darin unterscheide, machten die Truppen, die heute unverrichteter Sache den Rückmarsch hatten antreten sollen, da ihnen Lebensmittel ausgegangen, Aufbruch. Im selben Augenblicke wurde Münzner auf das ledige Maultier eines Marketenders gesetzt und auf den, dem »guten Jesus« entgegengesetzten Pfaden, fortgebracht. Mit welchen Gefühlen er die lange Reise antrat?

Mutiger, mit hochschlagender Brust, mit Durst nach eingebildeten Schätzen, ging die Mannschaft des Brigadiers weiter, aber stille, behutsam, vorsichtig. Der Abend senkte sich nieder, als die Soldaten nach unsäglichen Mühen an den Rand des Talkessels gelangten und von den Höhen auf die stille Kolonie niederblickten. Die jenseits postierten Wachen gewahrten die furchtbaren Fremdlinge und Alarmschüsse durchzitterten die Luft. Rings um die Wachtpostenkette ging der Feuerlärm. Bald wimmelte es im Tale. Die rüstigen Leute liefen aus Höfen und Häusern zusammen. Waffen glänzten überall. Noch standen die Portugiesen unschlüssig, keines dienlichen Pfades ansichtig, der sie in Masse herunterführen möchte. Da wollte das Unglück, daß Montehol, der kühnste Kletterer aus Trazos-Montes, ein aufspringendes Wild verfolgend, sich längs den Felsen hinabwarf und in den vorsichtig verborgenen, von einem Wachthause verschlossenen Hohlweg geriet, der in die Talschluchten führt. Der unerschrockene Bursche schrie laut seinen Kameraden zu. Einige Schüsse aus den Schießscharten des Wachthauses streckten ihn nieder, aber – in seinem Blute schwimmend, von den Kugeln der Feinde zerfleischt, rief er, bis sein Leben verlosch: »Hierher! Milizen! Hierher! Es lebe der König und Portugal!«

Der willkommene Ruf hatte Erfolg. Die Menge stürzte sich in den Hohlweg, nicht aufgehalten von den mörderischen Schüssen, die geübte Hände hinter der Wehrmauer nach ihnen richteten. »Im Namen der Jungfrau Maria und aller Heiligen!« schrien die Soldaten und der vorarbeitende Trupp der Schanzgräber mit den Beilen in der einen und der Pike in der andern Faust, stürzten wie die Löwen auf das Tor des Verhaues, während ihre Hintermänner mit Granaten das Dach des Hauses in Brand steckten. Der Hohlweg war gedrängt voll von Stürmern, und diesem Andrang, wie dem Brande und den Axthieben der Pioniere mußten endlich Gatter, Angel und Riegel weichen. Der Wachtposten Franziskos war in zögerndem Rückzuge begriffen, und vom Tale herauf kam ein ansehnlicher bewaffneter Haufe, und aus großen Standröhren schossen die gegenüberstehenden Wachen und trafen nicht selten. Aber so günstig das Feuergewehr den Angegriffenen diente, so mutig sie unter der Anführung des tapfern Fernandez stritten und die Angreifer aufhielten, sie mußten ihrem Ungemach erliegen. Der Brigadier kommandierte donnernd, während seine ersten Reihen feuerten, den übrigen, die Bajonette auf die Musketen zu setzen. Es geschah; im Nu teilten sich die Schützen; die Rotten der mit dem fürchterlichen Flintendolch Bewaffneten warfen sich auf die Feinde; die neue, in diesen Tälern noch nicht gekannte Waffe tat in ihrer unwiderstehlichen Gewalt Wunder des Schreckens. Zerstreut und von panischer Furcht befallen kehrten sich Franziskos Leute zur Flucht. Die Fahne mit dem Kreuze, in der Faust ihres hingestreckten Trägers, blieb in den Händen der Sieger, die, über Waffen und Leichen wegschreitend, im Sturmmarsch das Tal betraten und sich den Häusern näherten. Vor den drohenden Bajonetten, vor den streifenden Seitenbanden der Schützen, rettete sich, wer konnte. Flammen gingen im Tale auf. Keiner der Krieger Franziskos hielt mehr das Feld. Weiber und Kinder, entwaffnete Flüchtlinge, warfen sich in den Staub, küßten des Brigadiers, des Jesuiten Füße, bettelten um Gnade.

Während diese Szene des Schreckens vorging, hatte sich Franzisko mit vielen Weibern und Greisen und einigen treuen Anhängern in eine Schlucht gerettet, die, in mannigfachen Windungen das Gebiet durchschneidend, und endlich, Waldströme und Sümpfe dem Forscher entgegensendend, nach den spanischen Besitzungen führt. Unter den mit dem Priester Fliehenden befand sich Müssinger, seine Tochter und James, den Georg gebeten hatte, nicht von der Seite seiner Freundin zu weichen. Er selbst wollte, ob streitend, ob beobachtend, sehen, wie sich alles gestalten würde. Unter schützenden Felsen, auf ihren dürftigen Habseligkeiten ruhend, erwarteten die Flüchtlinge Nachricht von dem Schauplatze des Gefechts, dessen Schüsse, vom Echo verdoppelt, zu ihren Ohren drangen, früher als ein belebendes oder entmutigendes Wort. Endlich erschien Georg, von dem Fernschusse eines Portugiesen an der Achsel gestreift, und brachte keinen Trost. Endlich erschien Fernandez, schwerer verwundet, mit dem Rest seiner Leute, und brachte die bare Nachricht des Unglücks. »'s ist aus mit uns!« rief er dem Oheim zu, »rettet Euch, Don Franzisko! Die schurkischen Portugiesen haben den Sieg durch ihre niederträchtigen Musketenspeere errungen. Hierher sollen sie jedoch nicht dringen. Diesen Paß verteidigen wir bis zu unserm Tode. Was mir aber das gallige Blut zum Herzen drängt, daß es bersten möchte vor ohnmächtiger Wut, ist, daß der Jesuit, der schändliche Deutsche, uns verraten hat. Er wurde seit gestern vermißt, und die scharfen Augen meiner Jäger haben ihn im Hintertreffen der Portugiesen neben dem Brigadier gesehen!«

»Münzner?« riefen alle seine Landsleute, »wäre es möglich?« Georg nickte schweigend. James sprang aber, von edler Ungeduld ergriffen, auf, und sprach: »Welche Verleumdung! Mein Pflegevater ein Verräter? Nein! er lügt, wer das behauptet!«

»Junger Mensch!« zürnte ihm Fernandez drohend zu, »Ihr vergeßt, daß ich einen Säbel trage, der –!«

»Der dem Dienste des Ganzen jetzo geweiht sein muß!« fiel Franzisko ein, herbeitretend; »in einem unnützen Kampfe um eines Wortes willen, soll sich Euer Blut nicht verspritzen, meine Freunde!«

Die Streitenden schwiegen beschämt vor der mahnenden Stimme des ehrwürdigen Alten. Zugleich ließ sich ein bedeutender Lärm in dem Lager der Flüchtlinge hören.

»Die Feinde?« fragte Franzisko, und das alte Soldatenfeuer blitzte aus seinen Augen, während seine Hand nach einem Säbel griff.

»Nicht doch, Oheim,« versetzte Fernandez, »der tapfre Neger Pablo hält mit seinen Schwarzen Wache am Eingange dieser Talschlucht. Die gegen ihre ehemaligen Zwingherren Erbitterten haben geschworen, eher zu sterben, als sich überwältigen zu lassen. Ich weiß im übrigen von einem Entsprungnen, daß die Portugiesen das Eindringen in diesen unbekannten engen Paß vermeiden werden, bis ihr Nachtrab angelangt sein wird.«

Ein Bewaffneter brachte die Nachricht, die ausgestellten Wachen hätten auf den Höhen gegen Osten einige Fremde in europäischer Kleidung ergriffen und sie herbeigeführt.

»Hätten uns die Elenden umzingelt?« fuhr Fernandez auf und ließ die Fremdlinge heranbringen. Vier sonnverbrannte Gesichter, in unscheinbarer Kleidung steckend, mit metallnen heiligen Bildern auf den Hüten und Rosenkränzen um den Hals; ohne Waffen, wie sie der Soldat trägt; bloß mit Messern, eisenbeschlagenen Stöcken und Feuerzeugen versehen. Aber nicht die Gestalten, nicht die Gesichter verrieten Spanier oder Portugiesen; ihre Sprache, ein unbeholfenes Kastilisch, zeigte vollends die in der europäischen Halbinsel völlig Fremden an. Sie brachten einen Paß, von dem Statthalter des Königs, zu St. Sebastian, vor, in dem sie als irländische Bergwerksleute angegeben waren, die auf Befehl der Regierung von Brasilien das Innere dieses Landes zu durchstreifen hätten, um nach edlen Erzen zu forschen, oder nach Demantgruben.

Mündlich berichteten sie, über einen Gebirgsstock gewandert zu sein, und sich in den unermeßlichen Geländen verloren und verirrt zu haben, bis der Zufall und das Schießen, das sie vernommen, sie hierhergeführt.

Franzisko, ihren Aussagen nicht mißtrauend, begnügte sich, sie zu fragen, ob sie portugiesische Truppen gesehen, und – auf ihre desfallsige Verneinung – sie unter einige Aufsicht zu stellen. Von dem unglücklichen Fürsten der Wildnis weggehend, begegneten die Fremden dem Master Georg. Befremdet blieb dieser, den ersten ansichtig werdend, stehen. Auch jenem fiel des Amerikaners Antlitz auf. »Georg Birsher!« rief er plötzlich. »Harry! Harry Haverly,« entgegnete der andere nicht minder freudig, und sie schüttelten sich treuherzig die Hände.

»Du hier?« fragte Harry englisch und mit beflügelten Worten, »wir glaubten dich vom Hai verschlungen!«

»Ach, Bruder!« entgegnete Georg, »wie steht's zu Neuyork?«

»In Hülle und Fülle. Ich verließ es erst vor einigen Monden, Dein Kompagnon führt, unerschütterlich deiner Rückkehr vertrauend, die Geschäfte fort, und das Glück hat seine Bemühungen tausendfach belohnt.«

»Aber du, mein Freund?«

»Verrate mich nicht an diese Menschen. Gib vor, daß du mich in Irland kennen lerntest. Klugheit! reinen Mund! ein andermal mehr.«

Die Wächter der vorgeblichen Irländer nötigten sie, weiter zu gehen, und führten sie an einen abgelegenen, von den übrigen getrennten Platz.

Fernandez hatte von ferne ihr Zusammentreffen mit Georg angesehen und sprach zu seinem Oheim: »Die fremden Leute haben unserer Kolonie Unheil gebracht. Alle sind mir als Portugals oder Spaniens Spione verdächtig. Wollen wir abwarten, daß sie uns – den Feinden so nahe – vollends verderben? Standrecht über sie. Wir wollen nicht ungerächt mindestens untergehen.«

»Junger Mann! wohin verleitet dich dein Zorn?« fragte der Alte verweisend. »Soll ich den letzten Schimmer meiner Patriarchengewalt mit einem Verbrechen besudeln? Laß uns lieber die Nachtzeit benutzen, um auf spanisches Gebiet zu flüchten. Santa Dominica nimmt uns unter verändertem Namen auf, und wir dürfen daselbst auf Ruhe hoffen.«

»O unglücklicher Ausgang schöner Pläne!« seufzte Fernandez. »Das Unglück soll uns jedoch in jenen fremden Gästen nicht weiter begleiten. Wir lassen sie zurück. Schuldig, werden sie bei unsern Feinden Schutz und Hilfe – unschuldig, Gottes bessern Beistand finden.«

Der Greis, von Fernandez' Argwohn ergriffen, willigte in dessen Wunsch und ließ die Anstalten zum nächtlichen Aufbruch in geheimster Stille vornehmen. Georg kehrte indessen nach der Höhle zurück, worin Müssinger und seine Tochter seiner mit peinlicher Ungeduld warteten. James stieß auf ihn. In der Dämmerung bemerkte Georg, daß der Jüngling seine portugiesische Uniform angelegt hatte.

»Wohin in diesem Aufzuge?« fragte Birsher staunend, »wollt Ihr Euch von den Unsern erschießen lassen?«

»Verzeiht, Herr, daß ich Euer Kleid nahm,« entgegnete James ein wenig heftig, »aber mir brennt's auf der Seele, daß Doktor Münzner ein Verräter sein soll. Ich will trotz Tod und Teufel hinüber, um zu erfahren, ob Fernandez wahr sprach – ob er log,«

»Wie, Sir White? Unter die Feinde?«

»Dies Kleid schützt mich und die Nacht. Und gelte es mein Leben, ich muß mich überzeugen, ob mein Pflegevater der Bösewicht ist, wofür man ihn ausgeben möchte. Lebt wohl, Mr. George, Ich bringe gute Botschaft, oder keine mehr in diesem Leben, Grüßt dann Justine von mir ... sagt ihr ... doch nein! sagt ihr nichts ... und seid glücklich!«

»James! reißt Euch das Feuer der Leidenschaft von hier? Was habt Ihr vor?«

Georg hatte gut ihm nachrufen; schon war er im steigenden Dunkel verschwunden. Auf geheimen, Thymian duftenden Pfaden kletterte James zum Ausgang der Schlucht hinab, und kroch, leise wie eine Schlange, an dem Hinterhalt der Negerpartei vorüber. Unfern an einem niederrauschenden Bache stand der Vorposten der Feinde, die es nicht wagen mochten, ohne Verstärkung in die Schlucht einzudringen. Rings an den Höhen brannten ihre Wachtfeuer. Mitten im Tale loderte ein Haus in vollen Flammen: Franziskos bescheidene Wohnung. Die meisten Soldaten des Piketts waren dem Brande zugekehrt, und James glitt durch Stauden und hohes Gras an dem Zelte vorbei, ohne bemerkt zu werden. Neben dem Bache sich haltend und in tiefes Dunkel verschleiert, näherte er sich den Hütten. Vor ihren Türen standen die zurückgebliebenen Einwohner, mit Schmerz und Händeringen auf die Trümmer ihres bisherigen bescheidenen Glückes sehend. Um den Betplatz war die größte Menge versammelt, und viele Soldaten standen, teils bewaffnet, teils in bequemer Ruhe, umher. Der Pater Assistent, begleitet von dem Brigadier und den Pionieren, fühlte hier ein merkwürdig Schauspiel auf. »Nieder mit dem Bilde, das hier die Heiden unserm Heiland zu Hohn und Spott errichtet haben!« rief er mit wilder Begeisterung, in seiner Hand selbst ein Beil schwingend, »nieder mit dem Götzenbilde eines wahnsinnigen Opferdienstes! Der elende Franziskaner hat euch, ihr Verblendeten, nur vorgespiegelt, daß diese Riesengestalt euern Erlöser vorstelle; er hat aber den Teufel hinein gebannt, wie die heidnischen Mexikaner in den gräßlichen Huitulopochtuli! Vergebung der Sünden dem, der mit tätiger Hand hier angreift, wie ich! Nieder mit dem Zauberblendwerk des verruchten Bettelmönchs!«

Er führte den ersten Streich nach dem Bilde des Erhabenen, dessen Jünger er sich doch prahlend selbst nannte, und zwanzig Fäuste wüteten wie der Blitz gegen die ehrwürdige Gestalt. Sie sank zerstückt in den Rasen. Ihre Trümmer flogen in das wilde Feuer des angezündeten Hauses, das der schadenfrohe Soldat mit allem erdenklichen Mutwillen, samt dem Garten, verwüstete, weil seine Hoffnung, Schätze darin zu finden, vereitelt worden war. An stillen Tugenden war das Tal reich gewesen, an Gold und Edelsteinen ärmer als das Grab. James, obgleich von dem empörenden Auftritte, den er mit angesehen, unwillig erregt, wie von dem rohen Geheul, womit die Soldaten, um das Feuer tanzend, das unsinnige Fest beschlossen, fühlte eine wohltuende Empfindung in seiner, von der Unschuld seines Pflegers überzeugten Brust. »Ich wußte es ja wohl!« sagte er zu sich selbst. »Irren mochte er in seinem Leben, ein Schurke war er nie; und in der Tugend Frieden schied seine Seele, wenn ihn auch ein Raubtier, ferne von unsrer Hilfe, zerfleischte!«

Mit zufriedenem Herzen machte er sich auf den Rückweg, unfähig, dem Soldatentumulte länger zuzusehen. Seine Eile erregte indessen Verdacht.

»Warum läuft der Kamerad?« fragten sich zwei vorüberstreifende Portugiesen, und »Halt!« rief eine Patrouille dem Eiligen zu. Der Korporal hielt ihm die Pike vor. »Wo ist dein Quartier? Dein Posten?«

»Dort beim Pikett, ihr Leute!«

»Bist unbewaffnet, Patron, und ein Ausländer?« – »Welche Fragen!« – »Halt da! das Feldgeschrei!« – »Die Jungfrau und alle Heiligen,« antwortete James auf gut Glück. »Gefehlt! halt! du bist ein maskierter Bursche; ein Spion! halt ein!«

Man ergriff den Entdeckten. In seiner Bestürzung kam eine englische Verwünschung über seine Lippen. »Heda!« rief ein alter Soldat, der einst auf einem englischen Schiffe gefangen gelegen, »das ist englisch, meine Freunde, die Ketzersprache! Bindet den unchristlichen Jungen!« – »Aber – meine Brüder ...!« – »Der Satanas ist dein Bruder!« fuhr ihn der Korporal an, »ich bin aber entweder verrückt, oder du bist der Deserteur, dessen Steckbrief uns auf dem Marsche hierher mitgeteilt wurde.« – »Sennor Korporal!« – »Aha, nun wird er höflich. Beim heiligen Täufer! Seht selbst, Kameraden! Groß, schlank: dunkle Haare, ernsthafter und kecker Blick, ohne Schnauzbart, ein Engländer! Er ist's, wir haben die achttausend Rees verdient, die auf seinen Fang gesetzt sind!«

»Wie?« fragte James, über Georgs drohende Zukunft erschrocken, nachdem der Jubel der geldhungrigen Soldaten sich gelegt hatte? »Ihr sucht den Engländer? Ein Preis ist auf seinen Kopf gesetzt?«

»Ja, beim heiligen Jakob!« hieß die Antwort, »wir hätten nicht nachgelassen, dich zu suchen, Ausreißer, damit ein Beispiel gegeben werde.« – »Mein Gott!« seufzte James für sich, »Georg in dieser Nähe, in solcher Gefahr? und Justinens Verzweiflung ...? Freunde!« setzte er schnell und entschlossen hinzu, »das Schicksal und die Reue überliefert mich euren Händen. Was wird mit mir geschehen?«

– »Ei, die Exzellenz wird dich zu deinem Regiment schicken, Bereite dich indessen zum Letzten. Hättest du bloß der Fahne und dem König den Eid gebrochen, kämst du mit Prügeln davon, aber du hast deinen Fähnrich geschlagen, und das kostet dir das Leben!« James schauderte. »So macht es denn kurz,« sagte er kalt und resigniert, »führt mich zu eurem Kommandeur! ich bin derjenige, den ihr sucht!«

Vergnügt und lärmend brachten ihn die Soldaten nach dem Quartiere des Brigadiers. Mitten in der Nacht brachte ein aus den Banden entsprungener Neger die Nachricht von des Jünglings Geschick, und wie er sich darein ergeben, in Franziskos Lager. »Wohl bekomm's dem Ueberläufer!« sagte Fernandez trocken, und kümmerte sich weiter nicht darum, mit wichtigern Angelegenheiten beschäftigt. Einen bei weitem tiefern Eindruck machte die Kunde der Begebenheit auf Georg, auf den Senator; einen unbeschreiblich bittern auf Justine. »James!« rief sie, mit dem ihr eigentümlichen Scharfsinn erratend, wie alles so gekommen, »wißt ihr denn, meine Lieben, daß er sich für unser Wohl hingegeben? O wie diese Tat ihn so glänzend aus dem zweideutigen Nebel seiner Vergangenheit hervorhebt! Wie wohltuend diese Kunde in ihrer Bangigkeit zu meinem Herzen spricht!« – »Wäre es möglich?« sagte der Senator, während Georg nachsinnend und betrübt vor sich hinstarrte, »wäre er dazu berufen, sich immer für die zu opfern, die seinem Herzen weh taten? die seinen liebsten Hoffnungen ein Hindernis waren? er dazu bestimmt, Georg von einer drohenden Gefahr zu retten?«

»Gewiß, gewiß!« versetzte Justine mit leuchtendem Auge, »zweifeln Sie nicht, mein Vater, sonst leugnen Sie den Edelmut in der Menschenbrust! Die wildeste Gefahr droht uns. Wenn morgen die Feinde dieses Tal erstürmt, wenn sie Georg gefangen hätten, auf welchen ihre Blicke gerichtet waren? Jetzt glauben sie ihr Opfer zu halten. Jetzt ist ihre Aufmerksamkeit beruhigt. Jetzt können wir hoffen, während der mutige James hingeht, um für den dankbarsten Freund in das Gefängnis zu treten.«

»Sagen Sie, den Todesplatz!« rief Georg mit heftiger Bewegung in ihre Rede, »Gefängnis büßt nicht das Vergehen gegen den knechtischen Gehorsam, das ich verübte. Darauf steht der Tod!«

Justine wurde fast ohnmächtig. Krampfhaft packte sie Georgs, des Vaters Hände. »Der Tod?« stammelte sie. »Entsetzlich! Gräßlicher als ich je gefürchtet! Den Tod? Herr Georg! Für uns soll er sterben? Nein! das dürfen wir nicht zugeben! Vom Arrest hätte ihn Fürsprache, einst vielleicht unser Geld, endlich gewiß die Zeit befreit ... aber den Tod leiden? Nein! nein! guter James! es müßte kein Tropfen warmen Bluts in unsern Adern rinnen, wenn wir hier noch zögern könnten! Kommen Sie, Vater! kommen Sie, Herr Birsher!«

»Wie? wohin?« fragten beide staunend. Das mutige Mädchen fuhr aufgeregter fort: »Hinüber ins portugiesische Lager, zu den Füßen des Kommandanten; ihm alles zu entdecken, bei ihm um des armen Mannes Freiheit zu betteln! Doch nein,« setzte sie bei, »ihr Männer versteht die Sprache der Bitte nicht; ihr seid nicht tätig, nicht stark in eurer trägen Betrübnis. Das Unglück rührt euch nicht, wie es das Weib ergreift! Bleibt! ich will gehen! allein! unbeschützt, unbewacht! Es müßte kein Gott über uns leben, wenn ich nicht zum Befehlshaber dränge! Ich kann freilich nicht wimmern, nicht weinen, nicht schmeicheln; ich habe es nie gelernt; aber der Wahrheit wird der Kommandant nicht widerstehen, und der Portugiese wird die Ritterlichkeit gegen Damen nicht verlernt haben!«

»Tochter!« rief Müssinger, sie zurückhaltend. »Was wollen Sie beginnen?« ermahnte Georg. »In tiefer Nacht? Des Wegs unkundig? Durch unsre und des Feindes argwöhnische Posten? Der Tod lauert auf Sie. Sie betrüben uns durch diesen Entschluß zum Sterben!« Justine warf einen sehr ernsten Blick auf ihn und entgegnete: »Monsieur, ich verstehe Sie nicht, ich werde an Ihrem Herzen irre. Wissen Sie nicht mehr, daß James meinen Vater gerettet? daß er mich über Land und Meer geführt hat? mich, Ihre Braut? er, der mich liebte? auf dessen Liebe ich jetzt erst stolz werde? Zu diesem allen mögen Sie wissen, daß ich ihm herzlich gut war, daß ich ihn jetzt doppelt ehre, nachdem so vieles ausgeglichen, nachdem er diese Heldentat begonnen! Und Sie, der starke, besonnene Mann, Sie, den ich vorzog aus Ueberzeugung, Sie können mir verwehren ... ?«

»Weil ich besonnen bin,« fiel Georg gekränkt und heftig ein, »wenn Sie an meinem ehrlichen Herzen zweifeln sollten!«

»Justine!« bat der Senator mit all der Lebendigkeit, die ihm sonst zu Gebote gestanden, »wenn du die Worte des Freundes nicht hörst, so vernimm die des Vaters. Was Georg Birsher nicht sagt, muß ich sagen. Deine heftige Begeisterung führt dich und uns ins Verderben! Geh' hin! verrate durch deine vergebliche und unbesonnene Fürbitte deinen besten Freund, deinen Bräutigam. Weihe ihn dem Tode, weil er an dir hing, und nicht weiter vor seinen Widersachern floh. James Unschuld muß an den Tag kommen. Sein Regiment wird ihn nicht erkennen, seine Täuschung entdecken, die Menschlichkeit des Statthalters ihn mit leichter Strafe belegen. Alles wird dann gut, und des Jünglings Bewußtsein versüßt ihm tausendfach die Haft. Du willst das gefährliche Spiel umkehren. Um den wenig bedrohten Freund zu retten, schleppst du den biedern Georg ins Grab; Georg, den du achtest und ehrst – Georg – dessen Weib du werden sollst – Georg, den du liebst, innig liebst – wenn sich auch dein Gefühl hinter die Maske der gleichgültigen Förmlichkeit flüchtet.«

Justine stand wie eine Bildsäule, mit niedergeschlagenen Augen. »Nicht so hart!« bat Georg den Vater. Müssinger fuhr jedoch, wie oben, fort: »Ich weiß, daß ich dein Herz verwunde; aber es ist von Erz und muß stark berührt werden, soll die reine Glocke wohltätigen Klang geben. Sieh, Justine, welchen Jammer du mir bereitest. Ich habe alles verloren: Habe, bürgerliche Ehre, mein eigenes Bewußtsein. Alles gut zu machen, habe ich nur dich. Von der Heimat, dem lieblosen Weibe und meinen Gütern geschieden, ist mein einzig Glück noch in der Hoffnung auf deinen Ehebund gegründet, Willst du durch den raschen, unüberlegten Schritt uns alle verderben? Dich zur Beute des Soldaten – ihn« auf Georg deutend, »zum Schlachtopfer, und mich zum verwaisten Greis machen?«

Die heftige Rede erschütterte die Tiefen in Justinens Brust. Eine Flut von Tränen schoß aus ihrem Auge, sie warf sich an des Senators Brust und schluchzte: »Vergeben Sie, grausamer Vater, ich hatte das nicht bedacht! Ich bin ja nicht böse; um Gottes willen; wie möchte ich, ohne zu schaudern, daran denken, den Herrn hier zu opfern, der mir so – wert, so achtbar ist? Glauben Sie das von mir?« setzte sie fragend und zu Birsher gewendet, bei, und mitten durch den Schmerz ihres Antlitzes zuckte ein anmutiges Lächeln, das Georgs trüben Ernst besiegte, daß er ihre Hand ergriff und sagte: »Bewahre mich der Allmächtige, daß ich solches von meiner Braut glauben könnte. Diese Stunde hat von der Vortrefflichkeit Ihres Hetzens ein neues Zeugnis gegeben, und für James bin ich unbesorgt, denn aus den Wolken hat der Herr Ihren – den heiligsten – Schmerz gesehen. Des jungen White Angedenken folge Ihnen unverkümmert in meine Heimat! Fern sei es von mir, es zu verwischen, meines Retters Gedächtnis, und wenn wir zur Heimat gelangen, und wenn Gold seine Fesseln brechen kann; mein ganzes Vermögen sei nicht zu viel, die Riegel seines Kerkers aufzuschließen; mein Haus nicht zu klein, den Vertriebenen auf ewig aufzunehmen!«

»Nicht also, Herr Birsher,« sagte Justine gemäßigt, »es sei uns eine Freude, in der Ferne sein Glück zu begründen; doch in unserer Familie weile er nicht. Ich würde Sie und mein eigen Gefühl beleidigen, wollte ich, indem ich dieses sage, einer eingebildeten, unmöglichen Schwäche mißtrauen. Ich bin eisern fest und eisern treu, mein Herr! aber James würde unglücklich sein, und – Sie werden sehen, ich müßte seinen Charakter nie gekannt haben, oder er schlägt unsern Antrag rund aus dem Felde, ginge es ihm noch so schlimm.«

»Es ist beinahe sonderbar,« versetzte Müssinger mit leichtem Lächeln, »daß wir hier so ernsthaft bereden, wie wir das Glück eines Menschen machen wollen; und uns selbst umschließt ja noch die Wüste, uns selbst blüht nicht die Hoffnung, jemals in den sichern Port von Neuyork zu gelangen ... wir selbst sind eher dem Schicksale unterworfen, unter der Portugiesen Säbel zu fallen, als jemals frei zu werden! Der gute, arme Münzner ist uns wahrscheinlich auf dem Wege zum Himmel vorangegangen, und uns fehlt noch die Heimat!«

»Ach, da« süße Vaterland!« seufzte Georg in seinem vaterländischen Idiome.

»Gesegnet sei es!« antwortete ihm eine Mannesstimme in denselben Lauten. Georg erkannte beim Schimmer der Laterne den Landsmann und Schulfreund, Harry Haverly. Dessen Gefährten traten vorsichtig und leise auch herbei. »Gott sei gedankt, daß ich euch hier finde,« fuhr Harry fort, »das weissagt uns ein gutes Glück, das wir nicht gehofft.«

»Was soll die rätselhafte Rede?« fragte Georg entgegen.

»So wißt ihr denn nicht,« sagte Harry, daß seit länger als einer halben Stunde der alte Bettelmönch mit seiner ganzen Schar in aller Stille abgezogen? Vor einigen Minuten kam, nachdem sich unsere Wache verloren, ein Neger, der uns die Kunde brachte, unsere Bande löste und sich eiligst davon machte. Wir gingen aufs Geratewohl umher, beratend, was wohl anzufangen sei, als ich das englische Wort hörte, das mein Herz erbeben machte. Wie kommt es jedoch, daß ihr nicht zu den Abgezogenen gehört?«

»Man hat uns mit Vorbedacht zurückgelassen!« entgegnete Georg nach einigem Ueberlegen, »ins Himmels Namen denn! Wer bis hierher half, wird auch weiter helfen.«

»So ist denn das Unglück noch nicht müde, uns zu verfolgen!« brach der Senator mit Unwillen aus. Justine beruhigte ihn durch ihren Mut. »Mein lieber Vater!« sagte sie, »folgten wir denn bisher dem Glücke? Welches war unser Los im Gefolge jenes alten Priesters? Flucht und Verfolgung; wie vor dem Einfall der Portugiesen ein Zwang, der dem freien Herzen widersteht. Wir sind uns jetzt selbst überlassen. Bessern konnten wir nicht anvertraut werden; mit uns wird der Herr sein! Vater! Herr Birsher! fassen Sie einen Entschluß, wie er sich auch gestalte; vergessen Sie in mir das zartere Weib. Ich werde alles unternehmen, weil es gilt, meinen schwachen Vater zu unterstützen.«

»Der Entschluß sollte nicht schwer fallen,« meinte Harry Haverly, »wir vier bieten unsre Hände zur schnellsten Flucht, wenn Sie es nicht vorzögen, nach dem portugiesischen Lager zu gehen, oder den Einmarsch der Soldaten in dieses Tal zu erwarten, der sich nach Tagesanbruch nicht verzögern dürfte. Es steigen Raketen aus dem benachbarten Tale auf, ohne Zweifel ein Zeichen für nachrückende Truppen.«

»Nein! nicht zu den Portugiesen!« riefen Justine und der Senator mit besorgten Blicken auf den gefährdeten Georg.

»So folgen Sie uns,« entgegnete Harry Haverly, »wir haben triftige Gründe, die Bekanntschaft jener Herren zu fürchten. Unsere Papiere und unsere Sendung sind nicht die richtigsten. Wir sind die Agenten einer Handelskompanie, die sich gebildet, um die spanischen und portugiesischen Besitzungen, die so sorgfältig vor uns geheim gehalten worden, zu erforschen und zu erwählen, wie hoch sich im besondern der Reichtum an Metallen und edlen Steinen belaufen möge. Wir sind alle von Neuyork und kehren dahin zurück, weil wir hier die Grenzen unserer Mission berührten. Ist es Ihnen gefällig, meine Freunde, unserem Trupp sich anzuschließen, so verbürge ich eine gute, fast bequeme Reise an den Strand. Die größere Zahl macht größern Mut, und einem Landsmann samt seinen Freunden zu helfen, ist unsere Pflicht.«

»Ihr seid falsche und unrichtige Gesellen,« sagte hierauf Birsher mit gerunzelter Stirne, »mit Spähern und Paßfabrikanten, und in Katholiken vermummten Protestanten habe ich nicht gerne zu tun, ich mag's euch nicht verhehlen. Da jedoch Gottes Hand uns so sichtlich hier zusammenfügte, mag's geschehen, wie du meinst.«

»Eine große Ehre, wackerer Georg!« erwiderte Harry Haverly lachend, »du warst von jeher ein steif und altklug gehender Bursche. Du siehst jedoch, daß dein gerader Gang dich nicht um ein Haar breit weiter brachte, als uns die Schlangenlinie. Wir sind dem Sittenprediger nicht böse, und denken, er werde zu besserer Einsicht kommen.«

»Wollen wir uns auf den Weg machen, so denke ich, wir tun es alsobald!« rief Müssinger ungeduldig, »Auf, meine jüngern Freunde! Wenn mein altes Herz nach Freiheit dürstet – wo bleibt eure Sehnsucht?«

Alle erklärten sich bereit. »Werden Sie nicht zu schwach sein, allein zu gehen, mein Vater?« fragte Justine, »stützen Sie sich auf meinen Arm. Ich ermüde nicht unter dieser Last.«

»Lasse mich!« antwortete Müssinger. »Ich fühle mich stark; Glieder, Herz und Gewissen frei und leicht. Sollte ich dennoch ermatten, ein Blick aus meine beherzte Tochter würde mich schnell kräftigen.«

Von den Streiflichtern des nahenden Morgens geführt, betraten die Wanderer die Pfade, auf welchen die Neuyorker Diamantenspione hergekommen waren. Haverly wußte mit ziemlicher Bestimmtheit den Weg zurück zu finden. Die Schwierigkeiten häuften sich nach und nach. Mühen und Bedürfnisse wurden fühlbar. Alles jedoch überwand der menschliche Mut im Verein mit der gütigen Natur. Hatte ein steiniger Absturz die Füße der Wanderer gelähmt und ihre Geduld erschöpft, flugs breitete sich ein herrlicher Wiesenteppich aus, sie zu versöhnen. Hatte glühende Sonne ihren Scheitel versengt, schnell erstanden vor ihnen duftende hallende Schatten des Waldes. Quälte sie Hunger, die nächsten Büsche gaben wohlschmeckende Früchte; peinigte sie der Durst, der nächste Fels gab einen silbernen Quell. Sie flohen die Nähe wilder Menschenhorden, das wilde Tier ging ihnen aus dem Wege, und von Tag zu Tag wuchs ihr Vertrauen und ihre – selbst des verwundeten, von Justinens Hand gepflegten Georgs – Kraft. Da stiegen sie endlich hernieder aus den Gebirgen in die Täler, in das trauliche Dorf, in die stille Pflanzerwohnung, wo neben dem Fleiß, der Genügsamkeit und der Frömmigkeit, auch die Gastfreundschaft zu Tische sitzt, und als sie an die erste Kirche kamen, wurden ihre Gefühle noch milder und erhebender. Die Protestanten standen entblößten Hauptes, mit andächtigen Mienen, vor dem Tempel der feindlichen Religionspartei, die Gegenwart des Allmächtigen, dem sie zu danken hatten, in diesen Räumen, wie in ihren eigenen Kirchen, ahnend. Der Senator betrat allein das kleine Gotteshaus, warf sich nieder vor dem schlechten Bilde des Altars; er war, wie das Kirchlein, der heiligen Klara geweiht. Hier betete er zu dem Ewigen mit Worten, hier in Gedanken und Gefühlen zu der Klara, die er auf Erden gekannt, die er in dem Himmel verehrte. Hier gewann er neues Vertrauen auf eine leitende Vorsehung; hier nahm er Abschied von dem Kultus, dem er nur kurze Zeit, im Verborgenen, angehört. Denn ihm bedünkte, als ob Klaras Stimme aus den Wolken riefe: »Dein Unglück begann, seit du falsch gegen mich gewesen. Du hast gebüßt, und der Glaube, den du damals leichtsinnig gelogen, hat dir die Buße recht schwer gemacht. Ermutige dich jedoch, tritt aus dem Kreise, der dich nur wie ein Zauber umschließen konnte. In meiner seligen Wohnung ist nur eine Wahrheit. Getrost! wir werden uns wiederfinden.

Aus der Kirche getreten, warf sich Müssinger an der Tochter, des Eidams Brust und sagte heftig, aber gerührt: »Nehmt mich jetzt hin, meine Kinder. Ich bin jetzo wieder ganz der eurige geworden. Nehmt den Bettler hin und macht mich wieder reich im Abglanz eurer Liebe!«

Nun ging es im Fluge vorwärts, denn in einem von bevölkerten Ortschaften entlegenen Meierhofe fanden die Herren Haverly und Kompanie ihre Wagen, mit rüstigen Pferden bespannt. Immer mehr dem Uferlande sich nähernd, jauchzten die Reisenden ihrem Ziele entgegen. Kein gefürchteter Alkade – sie bückten sich alle vor dem Namenszuge des königlichen Statthalters auf dem zweifelhaften Passe – hinderte die Fahrt. Nirgends ein Soldat von dem Milizenregimente, in welchem Georg hatte dienen, die Messe besuchen und leiden müssen. Unverrückt ging eben und gerade der ersehnte Weg. Dort lag endlich der Hafenort, umspült von schäumender Meeresbrandung. Dort flatterten die Wimpel des vertrauten Amerikanerschiffs. Keine Zeit wurde verloren. Die Agenten schlossen ihre Berichte, die Schiffer ihre Fässer und Kisten. Birsher führte triumphierend Braut und Vater auf das erwünschte Fahrzeug. »Hier ist schon Heimatsboden!« rief er fröhlich, und alle dankten dem Lenker über den Sternen, als der letzte Ballen, der letzte Passagier an Bord gekommen. Die Anker wurden gelichtet, die Flaggen aufgezogen, und hinaus in das ruhige Meer trieb der von siegreichen Hoffnungen befrachtete Kiel. Die See war gnädig, wie der Himmel es bisher gewesen. Die Fahrt war mit Segen bekränzt. In kurzer Zeit wurde die Strecke zum Asyle zurückgelegt. Endlich, an einem lieblichen Morgen, kaum hatte die Sonne die Nebel überwunden, riß sich die Ansicht einer freundlichen Stadt vor den entzückten Reisenden auf. Hier die Reede, dort der Flaggenturm; hier die Festung mit ihren Fahnen und blinkenden Waffen, dort die lebendigen Landungsplätze; Gewimmel von Schiffen um sie her, wehende Wimpel, blendende Segel; die Kanonen donnern von Schiff und Kastell, »Hurra!« rufen die ungeduldigen Matrosen. »Neuyork!« ruft Georg Birsher, und drückt frohlockend, und allen förmlichen Zwang vergessend, die geliebte und liebende Justine an die Brust. Stadt, Festung, Hafen und das darin webende Volk, ankerhaftende Schiffe und bewegliche Meereswellen nimmt der Edle zu Zeugen des Eides, den er ablegt, seine Liebe glücklich zu machen – und Georg Birsher hat nie sein Wort gebrochen!


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